Beinahe hätte sich das "Platzhaus" am neuen "alten Messplatz" in mein Herz geschunkelt, doch es sollte leider nicht sein. Zu hübsch waren die beiden kleinen Bungalows. Sie erinnerten fast an toskanische Begebenheiten, hätte man sie nicht in diesem spiesserdeutschen weiß angemalt. Natürlich war es ob der unvermeidlichen Bauzäune nicht möglich, das "Platzhaus" wirklich lieb zu haben, zumindest nicht für mich!
Der gemeine Mannheimer hingegen liebt Gitter und Absperrungen, was sich dem geneigten Fußgänger z.B. beim Überqueren der Strassen deutlich zeigt: Man wird durch ein kleines Labyrinth geschleust und am Ende wartet der Mann mit dem Bolzenschussgerät. Das ist fein und gefällt uns! Also goutieren wir den gerasterten Blick auf die Außenwelt durch den Maschendrahtzaun unserer Unbeweglichkeit, während der Latte Macchiato heiss und fingergespreizt geschlürft wird.
Doch alles hat einmal ein Ende! Es kann ja nicht sein, dass etwas einigermaßen ästhetisches auch so bleiben darf - nicht in Mannheim! Der Bauzaun ist tot, es lebe das Lochblech: Das "Platzhaus" ist nun vollverkleidet und wirkt ganz plötzlich wie eine Aldi- Filiale. Immer noch besser als Lidl! Herzlichen Glückwunsch! Ein Riesentrumm von Gebäude mit Würgreflexgarantie! Spitze!
Neben dem verhunzen von Gebäuden und öffentlichen Plätzen wird in Mannheim eine andere schöne Tradition gepflegt: Der gute alte Leierkastenmann spielt wieder in den Gassen. Morgens um Neun! Es gibt Menschen, denen könnte man den lieben langen Tag den Hals umdrehen.
Aber Moment mal: Ist das nicht eine schöne Tradition? Viel schöner als Kapitalismus, Feuerwehrfeste, Arbeit und Weihnachten zusammen? Ich sage da ganz deutlich: Nein! Nicht per se! Nicht zu jeder Uhrzeit, und auch nicht jeden Tag! Man muss ja allen Mumm zusammen reissen, um mal wieder NEIN sagen zu können, heutzutage.
Denn es kommen täglich neue Zumutungen auf uns zu, und da ist es eigentlich ganz schön, wenn ein paar alte dafür wegfallen. Unser Hirn ist schließlich nur soundso groß, deswegen passt da nur soundso viel rein. Alles was neu ist verdrängt etwas altes, das kosmische Gleichgewicht der Doofness ist nicht verhandelbar.
Jetzt kommt also neuerdings der Leierkastenmann, dazu noch frühmorgens, und allein seine Anwesenheit lässt mich existenzielle Dinge wieder vergessen. So kann das nicht weitergehen. Deswegen sage ich ganz entschieden NEIN zum Leierkastenmann! Geh' weg! Lass' mich in Ruhe! Wo ist der Mann mit dem Bolzenschussgerät?
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