Dienstag, 25. Dezember 2012

Berufe, die unter die Haut gehen #4: Sozialpädagoge

Habe ich meinen Humor verloren? RonJustice merkte diese Möglichkeit bezüglich der letzten Posts an. Ich hatte allerdings gedacht, die letzten Post seien sehr lustig. Diese Einschätzung jedoch scheint ein sicheres Anzeichen fehlenden Humors zu sein. Gut. Dann bin ich halt bösartig und nicht lustig. Es gibt auch nicht viel zu lachen.

Ein Teil von mir bedauert aufrichtig, dass die Welt am 21.12.2012 nicht untergegangen ist. Sicher, sterben möchte niemand, der sich lustvoll im relativen Wohlstand der Gesellschaft räkelt und von sozialen Geflechten unterschiedlichster Natur profitiert. Häuserbau, Kultur, Warenverkehr: Alles wunderbare Segnungen, die uns das Leben erträglich machen. Da sitzt man schön im warmen Zuhause, ob gemietet oder nicht. Wenn man was auf die Birne will, geht man ins Theater und die Wurst muss ja auch einer machen und dann verkaufen.

Wenn nur die Arbeit nicht wäre. Also die Lohnarbeit. Die Sorte Arbeit, die man glaubt, tun zu müssen um finanziell irgendwie über die Runden zu kommen. Um ein Zuhause haben zu können und auch die Wurst auf dem Brot. Um sich im Theater Stücke darüber anschauen zu können, wie doof das alles auch irgendwie ist. Da lässt sich ein Kulturbetrieb, der sich durch Selbst- und Fremdausbeutung über Wasser hält, über die Ausbeutung im Allgemeinen aus. Das ist, als äße der Bäcker sein Brot alleine auf und wäre selbst sein schärfster Kritiker. Das ist, als schlüge sich ein Zahnarzt selbst alle Zähne aus, um über die Anfertigung eines Gebisses seinen Swimmingpool finanzieren zu können. Das ist, als... ach, lassen wir das.

Das ist, als würde ein Sozialpädagoge (Diplom FH, staatlich anerkannt) dabei helfen, sich selbst überflüssig zu machen. Sozialpädagogen sind bessere Menschen, weil sie anderen Menschen dabei helfen, so zu werden wie der angenommene Durchschnitt der Gesellschaft. Deshalb sind Sozialpädagogen auch so furchtbar langweilige Leute. Das wäre weiter nicht schlimm, wenn sie nicht selbst davon überzeugt wären, so unglaublich unangepasst und flippig zu sein. Stellen Sie sich vor, Sie treffen an einer Theke einen sehr langweiligen Menschen, der von sich selbst glaubt, er sei witzig und verfüge über einen interessanten Charakter, total kritisch und unheimlich querdenkerisch sei er natürlich auch.

Wenn Sie nun das dringende Bedürfnis haben, Ihr Bier auszutrinken und schnell zu verschwinden, dann handelt es sich unter Garantie um einen Sozialpädagogen. Das sind Menschen, die jeden ihrer Sätze auf ihre pädagogische Wirkung hin abwägen müssen und niemals einen Witz über Minderheiten machen würden, es sei denn, man mache damit die Rohheit der Gesellschaft unter den furchtbar turbokapitalistischen Umständen deutlich, in denen SOLCHE Witze gedeihen können, pfui!

Sozialpädagogen sind Menschen, die anderen Menschen bei der Bewältigung ihres Alltags helfen sollen, z.B. indem sie mit ihnen gemeinsam Anträge oder andere Formulare ausfüllen. Selber können Sozialpädagogen das selbstredend nicht, geschweige denn eine Rechnung oder einen Sachbericht schreiben. Für so einen im Sinne der Berufsausübung unnötigen Quatsch hat man nicht studiert. Das Studium diente freilich dem Zotteln eigener Rastalocken und dem Üben des bedächtigen Teetrinkens, bei dem man im Schneidersitz die Schale mit beiden Händen hält und mit zu schmalen Schlitzen verengten Augen sanft, aber total kritisch und auch irgendwie aufmerksam über den Teeschalenrand blickt. Dieser Blick soll sagen: Ey, Du, das ist alles eine Sache der Wahrnehmung, weißt Du? Du musst da drüberstehen, so in echt, Du! Das ist zwar krass anstrengend, aber ey, weißt Du, das muss echt sein, ey!

Niemand, der noch alle Tassen im Schrank hat, sollte Sozialpädagoge werden. Wer schlecht bezahlt werden möchte und nichts lieber tut, als sich bis zur Verrentung mit dem unteren Rand der Gesellschaft abgeben zu müssen, braucht vielleicht selbst Hilfe. Dabei steht er vor der Wahl, entweder wirksam zu helfen und sich selbst überflüssig zu machen oder sein Klientel gerade so am Funktionieren zu halten, dass es nicht in Agonie verfällt und völlig wegknickt. Letzteres ist zwar sehr zynisch, ist aber bei den Ärzten abgeguckt: Völlige Heilung ist der Tod des eigenen Berufsstandes.

Sicher kann man auch als Sozialpädagoge Karriere machen: Man kann mehrere Fortbildungen machen und sich damit hoch verschulden. So eine Fortbildung kostet denn auch gleich mehrere tausend Euro. Das kann man machen, wenn man den Bildungskredit abbezahlt hat. Froh ist, wer Eltern hat, die ihr Geld nicht für den Aufenthalt im Pflegeheim verballern müssen. Man kann sich fortbilden in:

a.) Sich selber die Schuhe zubinden, ohne dabei umzufallen
b.) Sich solange selbst reflektieren, bis man nicht mehr weiß, wer man ist
c.) Wie man Gemüse unter den Aspekten des Gender-Mainstreamings anbaut
d.) Antisemitismus pflegen unter dem Deckmantel des Völkerrechts bei zeitgleicher Verdrängung der Tatsache, dass es im Grunde gar keine Palästinenser gibt
und
e.) Was tun, wenn das Haar unter den Rastalocken dünn wird?

Sozialpädagogen sind die Aasfresser der Gesellschaft. Sie leben vom geschaffenen Elend und müssen es erhalten, damit sie sich auch nächstes Jahr ernähren können. Erklärtes Ziel ist es, ihre Klienten an den Rest der Gesellschaft anzupassen und genau so fad und öd wie sie zu machen. Sie sind das Ketchup der sozialen Milieus, das gesellschaftlichem Leberkäs und Filetstücken einen identischen Geschmack zu verpassen trachtet. Was an sich nicht schlecht sein muss. Doch leider glauben Sozialpädogogen, damit die Welt zu verändern und zu verbessern.

Damit fällt auch dieser Beruf nicht in die engere Wahl.

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Berufe, die unter die Haut gehen #3: Bankier vs. Plünderer

Auf der Suche nach der Saugstelle
Glaubt man dem Maya-Kalender und Roland Emmerich (?), dann geht die Welt am 21.12.2012 unter. Das wäre zufällig der 83. Geburtstag meines Vaters und der ist 3 Tage vor Heilig Abend. Woher aber hätten die Mayas (geschweige denn Roland Emmerich) wissen sollen, dass der Weltuntergang exakt am 83. Geburtstag meines Vaters stattfindet? Ich bezweifle ebenfalls, dass sie damals schon geahnt hatten, wann das liebe Christkind dem kirchlich naiven Glaube nach geboren war, so dass sie den Weltuntergang genau drei Tage vor dessen Wiedergeburt als verkaufsförderndes Maskottchen datieren konnten.

Für mich persönlich stellt sich natürlich die Frage, ob ich mich denn überhaupt noch nach einer beruflichen Tätigkeit umschauen soll. Man kann ja nie wissen, ob die Welt nicht doch am kommenden Freitag untergeht und die ganze Mühe umsonst war. Wie wird der Weltuntergang eigentlich ausschauen? Wird er langsam und zäh geschehen, so wie eigentlich schon die ganze Zeit? Oder geht einfach das Licht aus? Wird das Universum in den Urknall zurückgesaugt und welche physikalischen Probleme entstehen uns daraus? Endet dann die Zeit? Das wäre allerdings schade, gerade jetzt, wo ich endlich soviel davon habe.

Aber so war es schon immer. Jedesmal, wenn ich von etwas hätte profitieren können, endete es kurz zuvor. Ein Beispiel: Als ich das Arbeitsamt letztes Jahr besuchte, bot man mir zuerst einen Existenzgründerzuschuss an. Doch dann stellte sich heraus, dass meine letzte Förderung nicht lange genug in der Vergangenheit lag. Nächstes Jahr, prophezeite meine Beraterin, ginge das wieder. Nun, als ich kürzlich aus gegebenem Anlass noch einmal nachfragte, da ging es plötzlich nicht mehr: Diese Förderungsart sei bereits Anfang diesen Jahres extrem zurückgefahren worden, so meine Beraterin. Nun sei es für hochqualifizierte Arbeitnehmer nicht mehr möglich, sie in Anspruch zu nehmen.

Nun frage ich mich, wie sich die klugen Leute aus der Agentur für Arbeit die Selbständigkeit vorstellen. Ist das freie Unternehmertum nun auf minderqualifizierte Arbeitslose abonniert? Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz, irgendwie. Allerdings, schaut man sich mal unsere financial leader an, wer weiß ob das nicht System hat? Ich bin sicher, minderqualifizierte Arbeitslose könnten die selben Leistungen vollbringen, wenn nicht sogar bessere. Zumindest könnte man leichter verstehen, wenn sie doch einmal scheiterten. Man würde sagen: Hey, denen hat eben die Qualifikation gefehlt. Selber schuld, wer denen die Verantwortung über Geld und Reichtum gibt.

Seltsam nur, dass angebliche Hochqualifizierte genauso grandios scheitern. Dabei ist Qualifikation ja ein Merkmal der Beschränkung auf ein Fachgebiet. Ich bin für die Wirtschaft tatsächlich minderqualifiziert. Eine gute Zugangsberechtigung, wie ich finde. Vielleicht sollte ich Bankier (oder neudeutsch: Bänker) werden. Ich denke, das ist kein schlechter Job, und dabei so krisensicher. Wenn ich zum Beispiel Mist baue, ich ihn zudem gemeinsam mit anderen baue und er seltsamerweise völlig gesetzeskonform ist, dann kann mir gar nichts passieren. Dann kommt die Rettungsroutine und alles wird gut. Alles was man können muss, ist die Leute bequatschen. Dass kann ich gut. Da bin ich hochqualifiziert (was mich allerdings vom Existenzförderungszuschuss meilenweit entfernt).

Ich muss lernen, Sätze zu bilden wie: Das konnte man in dieser Form und in diesem Ausmaß nicht voraussehen oder: Das war alles völlig legal und in Übereinstimmung mit der derzeitigen Gesetzgebung. Schädlich ist auch nicht zu fragen: Wo steht der Champagner? und schließlich hilft es, zu wissen, dass die besten Reisebüros gar keine sind, sondern private Unternehmer, die gleichzeitig Kunden meines Instituts sind. Ich glaube, eine Gesellschaft, die sich Bankiers leisten kann, der kann es nicht so schlecht gehen. Ein Hirte, der um seine Existenz bangen muss, würde ja auch niemals einen Wolf in seine Herde lassen und ihm erlauben, so viele Schafe zu reißen wie es ihm beliebt.

Ein Hirte, der im Überfluss lebt, vielleicht schon. Wahrscheinlich ist ihm langweilig und er sucht nach dem speziellen Kick, will es vielleicht einfach einmal sehen, wie weit er gehen kann. Brot und Spiele eben. Doch dann ruft der Wolf nach seinem Rudel, weil: er ist ein Rudeltier, und gemeinsam metzeln sie die Herde im Blutrausch, bis kaum ein Schaf übrig bleibt. Da greift der reiche Hirte so oft zum Rettungsschirm und kauft neue Schafe, bis es zur Rettungsroutine wird. Kluge Hirten würden die Wölfe schießen, aber vielleicht ist der reiche Hirte gar nicht klug, sondern einfach minderqualifiziert? Ja, liebe Agentur für Arbeit, hast Du Dir das auch wirklich gut überlegt, hmmm?

Zurück zum Text: Bankiers sind die Hofnarren einer Republik. Man leistet sie sich und lässt sich gar vortrefflich von ihnen unterhalten. Der Unterschied zum Hofnarren ist der: Wenn der Hofnarr keinen Spaß mehr macht, dann landet er in Ketten. Wenn der Bankier keinen Spaß mehr macht, dann behauptet er einfach, das läge am Pöbel, dass er nicht mehr arg lustig sein kann. Und dann liegt der Pöbel in Ketten. Wird's dann aber immer noch nicht lustig, dann liegt's an der Regierung und den Ketten, die sie dem Pöbel anlegt. Bei uns heißt es dann: Neuwahlen. Ich habe das Prinzip im letzten Post hinreichend beschrieben.

Fakt ist: Am Ende ist für die, denen das ganze Geld gehört, nichts mehr übrig. Dann gehört es denen, denen es eigentlich gar nicht gehört, die aber versprechen, darauf aufzupassen. Und dann ist es aber auch irgendwie bei denen verschwunden, keiner weiß wohin. So ein Pech! Trotzdem ist der Beruf des Bankiers gut. Er verspricht Wohlstand und ist wie bereits erwähnt krisenfest. In der Krise nennt man ihn Plünderer, doch nicht die Berufung, einzig die Berufsbezeichnung ändert sich. Deshalb muss ich mich dieses Mal auch gar nicht entscheiden. Es kommt halt darauf an: Geht die Welt am Freitag unter oder nicht? Falls nicht, werde ich Bankier!

Montag, 17. Dezember 2012

Berufe die unter die Haut gehen #2: Politiker vs. Münzautomat

Eines muss ich meiner ehemaligen Kollegin lassen: Sie hat von mir längst vergessene Begrifflichkeiten reaktiviert. Die Dame mit dem spröden Charakter ist eine große Anhängerin des Wortes: Lügen. Nicht, dass sie selbst gelogen hat (das weiß ich nicht). Nein, sie hat andere Leute der Lüge bezichtigt. Ein junger Mensch ist sparsam im Umgang mit der Wahrheit? Der lügt doch! Oder er versteht den Inhalt von vorangegangener Gesprächen nicht völlig und formuliert ihn frei nach eigener Interpretation? Der lügt!

Ich habe lange überlegen müssen, wann und in welchem Zusammenhang ich das Wort "lügen" zuletzt gehört habe. Ich hatte es nämlich fast vergessen. In meiner Welt gibt es Missverständnisse, aneinander vorbei reden und selbstverständlich die Wahrheit zu eigenen Gunsten verdrehen. Das trifft nicht ganz den Tatbestand der Lüge. Und da ist es mir eingefallen: Lügen, das entspringt dem Sprachschatz von Kleinkindern und Grundschülern. Oberstufenschüler gehen schon gewitzter mit der Wahrheit um. Die lügen selbst nicht und bezichtigen andere eher der üblen Nachrede. 

Dann ist mir eingefallen, dass besonders einfältige Erwachsene aus einer bestimmten Berufsgruppe auch gerne das Wort "Lüge" benutzen, um Konkurrenten in Verruf zu bringen: Politiker! Die Vorstufe des Politikers ist bekanntlich der Stand des Klassensprechers, dann folgt der Jahrgangssprecher und in Akademikerkreisen der AstA- Beirat oder die Mitgliedschaft im StuPa: Alles völlig stupide Ämter, die das kindlich naive Denken in den Adelsstand einer Berufung erheben.

Ich selbst war einmal Mitglied in der StuPa, und wenn es nur war, um die Beschlussfähigkeit zu sichern. Dann habe ich gemeinsam mit Gleichgesinnten auf einer studentischen Party den DJ gefesselt, geknebelt und in den Geräteraum verbracht. Um bei der Wahrheit zu bleiben habe ich ihm auch noch Sekt über den Kopf gegossen. Daraufhin durfte ich meine Ämter endlich abgeben und wir bekamen alle Partyverbot. Indes nahm man uns den Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung mittels schlechter Musik nicht ab und bezeichnete die Verteidigung an den Haaren herbeigezogen. Wir hatten uns schließlich nur in Notwehr verteidigt.

Was soll ich sagen? Politik ist mir in der militanten APO eben am Liebsten. Ich will nicht in die gut-böse- Rhetorik verfallen müssen, die Politiker so sehr mögen. Ich will guerillamäßig zuschlagen. Viele Politiker hingegen scheinen zu glauben, dass der Wahlpöbel ohne die gemeingefährliche Zuspitzung von Tatsachen die Zusammhänge und die zu verbreitende Botschaft nicht versteht. Hinzu kommen völlige Unfähigkeit und mangelnde Empathie. Anders sind solche politischen Ungetüme wie die Lebensleistungsrente, das Betreuungsgeld, geänderte Mietrechtsgesetze etc. doch nicht zu erklären. Und man hüte sich davor, solcherlei Schwachsinn nur einer Partei anzurechnen: Dämlichkeit ist keine Frage der Parteienzugehörigkeit. Sie ist eine Frage des Systems.

Wenn Sie mich fragen, sollte Politkermord deshalb eine legitime Form der Ausübung  echter sozialer Verantwortung sein. Aber leider macht man sich damit immer noch strafbar. Man tötet außerdem nicht nur den Politiker, sondern auch den Menschen dahinter. Politiker wachsen stark nach, doch der Mensch hinterlässt bei anderen eine Lücke. Wahrscheinlich. Am Besten wäre es doch, wenn Politik von Münzautomaten gemacht würde. Lobbyisten könnten vorne Geld einwerfen und hinten käme das passende Gesetz raus. Das wäre ungemein ehrlich und Transparency International würde sein Gütesiegel draufpappen. Alle vier Jahre kommt dann der Wahlpöbel, der den am wenigsten schlimmen Münzautomat wählt. Dazu wirft er einen Euro in den Automaten seiner Wahl ein und lässt sich einen Kaffee mit oder ohne Zucker spendieren. Der mit dem beliebtesten Kaffee gewinnt die Wahl.

Wenn ein Protestwähler mit der Axt zum Münzautomaten kommt, weil der wieder so doofe Gesetze gemacht hat, von denen man bestenfalls schon wieder nicht profitiert, und schlimmstenfalls dem verlorenen Geld hinterherheult, wenn die Wirtschaftsbosse wegen dem dummen Automaten nach außen grienen müssen, damit sie nach innen schmatzen können, wenn er also endlich zu Klump gehauen ist, der Apparatschik, damit er nicht weiter Unfug treiben kann, dann trauert niemand um ihn. Da wird einfach ein neuer Automat hingestellt, und wenn man Glück hat, dann gibt er wenigstens einen guten Kaffee aus. Die Anklage lautete dann auf Vandalismus, und das macht sich vor Gericht viel besser als Mord. Glaube ich. Man hört schon den Boulevard greinen: So sinnlos, die Tat! Und er hätte damit wohl recht!

Wenn ich nun zwischen den Berufen wählen müsste, würde ich lieber ein ehrlicher Automat sein als so ein formloser Haufen Politiker. Ein Automat hat kein Gewissen, das ihn morgens vom Spiegel her anschreit. Auch kennt er keine Dialektik, mit der er seine Wähler quält. Er kann nicht lügen und es wäre absurd, wenn er einen anderen Automaten der Lüge bezichtigen würde. Er könnte nur behaupten: Was man beim Automaten X vorne reintut, das kommt hinten aber nicht so exakt lecker wieder raus. Steckt Eure Münzen also lieber bei mir vorne rein. Aber wahrscheinlich wären sie eh alle gleich, diese Automaten: Dämlichkeit ist nämlich keine Frage der Herstellers. Sie ist eine Frage der Bauart.

Samstag, 1. Dezember 2012

Berufe, die unter die Haut gehen #1: Hund

Ich stehe nun auf den Scherben eines durch Enttäuschungen geprägten Erwerbslebens. Buhuuuh! Meine letzte Arbeit wäre schön gewesen, hätte meine Kollegin auch nur Ansatzweise kollegiales Verhalten gezeigt. Stattdessen Ellbogen und Konkurrenzdenken. Nun bin ich zurück aus der Hölle wie einst Orpheus, der endlich gemerkt hat, dass seine Euridike eigentlich eine doofe Zimtzicke ist. Zeit also, sich was Neues zu überlegen. Doch der Berufe Vielfalt ist groß, nur wenig aber wirklich interessant. Da muss es doch was geben? Vielleicht werde ich Hund!

Doch wer will schon Hund werden? Ein Hund ist bekanntlich der beste Freund des Menschen. Das ist perspektivisch ein bisschen wenig, sieht man einmal von der Vollverpflegung und Verhätschel- bis Vermenschlichung des Hundes ab. Hunde haben damit eine Konsumhaltung verinnerlicht, die ihresgleichen sucht. Hund sein ist vielleicht bequem, aber auch irgendwie doof: Die Leine nervt, die Bude von Frauchen ist viel zu klein und wenn man mit dem Schwanz wedelt, räumt man das Teeservice vom Tisch. Außerdem riecht ein Hund nicht besonders gut. Mit der hundseigenen, sensiblen Nase würde mich mein Eigengeruch sehr stören. Ich könnte mich selbst nicht mehr riechen.

Vielleicht wende ich mich daher lieber dem Beruf des Polizisten zu. Er hat erheblich mehr Vorteile gegenüber dem Hundestand: Ein Polizist verdient Respekt. Er darf eine Uniform tragen. Er hat keine Leine um den Hals. Wenn er mit dem Schwanz wedelt, dann bekommen seine "Kunden" es mit der Angst zu tun. Er ist nicht nur Freund, sondern auch Helfer des Menschen. Außerdem kackt ein Polizist nicht auf den Bürgersteig. Vermutlich. Vielmehr gibt er auf brave Bürgerlein fein acht, damit ihnen nichts passiert. Zumindest theoretisch. Doch wie kann man einen Polizisten vor Ungemach durch subversive Elemente bewahren?

Sind nicht auch Polizisten schutzbedüftige Wesen, die vor unehrlichem Gesocks wie Ausländern, Drogenkriminellen und Homosexuellen beschützt werden müssen? Wie das sächsische Innenministerium zu wissen vorgibt, haben all diese Menschen AIDS oder wenigstens Hepatitis. Und wenn dann so einer abgeführt werden muss, weil er vielleicht undeutsch (synonym mit Drogenkurier) oder einfach schwul (synomým mit dekadent) aussieht und sich dabei rechtswidrig zur Wehr setzt, vielleicht kratzt oder sogar beißt, dann steckt er die Polizisten ganz automatisch mit AIDS oder Hepatitis an. Daher sollen sogenannte Risikogruppen nun auf diese Krankheiten zwangsgetestet werden.

Polizisten haben sich bis dahin sicherlich längst schon infiziert. Man muss als so ein perverser kranker Ausländer einen Polizisten ja nur kurz anhusten und schwupps: schon hat er AIDS. Doch mittels Zwangstest wissen die Polizisten zukünftig wenigstens von wem und können Ansprüche geltend machen. Das aber reicht alleine noch nicht aus. Vor der Infektion kommt die Prävention! Daher sollte das sächsische Innenministerium auf eine Kennzeichnungspflicht Hepatitis- bzw. HIV- Infizierter beharren, weil: so geht es nun auch nicht! Wenn diese Risikogruppen gekennzeichnet sind, dann kann man sich ja vorher schon überlegen, ob man das subversive Element festnimmt oder besser gleich erschießt. Wenn man ehrlich zu sich selbst ist, tut man dem Todgeweihten damit einen großen Gefallen. Und man muss schließlich auch an die Kosten für das Gesundheitssystem denken.

Polizisten ist es nicht zuzumuten, einfach Gummihandschuhe zu benutzen. Schon Gummigeschosse sind eine Zumutung. Wer das Gesetz vertritt, braucht scharfe Waffen. Aber wenn Polizisten schon nicht auf den Bürgersteig kacken dürfen, muss der braune Brei halt woanders raus. Polizeiapparat und Verfassungsschutz sind strukturell bekanntlich auf dem rechten Auge blind (besonders der sächsische). Man sollte Polizisten, Verfassungsschützern und Innenministern daher Lätzchen um den Hals binden, damit sie sich gelegentlich den Mund damit wischen können. Aber die widersetzen sich ja auch erfolgreich dem Wunsch nach personeller Kennzeichnung vermummter Beamter. So ein Lätzchen kommt da auch nicht durch.

Und da kommt die Frage auf: Wer schützt zu verhaftende Menschen (Ausländer, linke Demonstranten, Radfahrer) vor Ansteckung durch Hepatitis- bzw. HIV- infizierte Polizisten? Sollte es da nicht einen Zwangstest für Beamte geben? Man könnte neben das Namensschild mit Dienststellennummer eine Gesundheitsampel anbringen. Da weiß der kriminelle Demonstrant oder Ausländer, dass er sich bei Verhaftung besser nicht wehrt, wenn der Beamte einen gelben (HIV- infiziert) oder gar einen roten Punkt (AIDS) auf dem Namensschild hat. Das könnte die Polizeiarbeit erheblich erleichtern und würde die bislang für den Staatsdienst diskriminierten Personengruppen in den Beamtenstatus verhelfen. Deeskalation durch biologische Einschüchterung - dass man darauf noch nicht gekommen ist?

Vielleicht sollte das Bundesland Sachsen jedoch lieber in die Entwicklung eines Wirkstoffes gegen ADIS investieren, anstatt den Menschen das verfassungsmäßig garantierte Recht auf informelle Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit zu verwehren. Dass man in Sachsen nicht einmal auf die Idee kommt, dass der Vorschlag mit dem Zwangstest für sogenannte Riskogruppen üble Erinnerungen an die großdeutsche Vergangenheit weckt, zeugt von Geschichtsvergessenheit oder, schlimmer noch, von böswilligem Revisionismus. Auf jeden Fall legt er nahe, dass die Nazis nicht vom Verfassungsschutz unterwandert sind, sondern umgekehrt der Verfassungsschutz von Nazis.

Dann doch lieber Hund werden! Da wartet nur der Maulkorb auf mich.