Okay, ich weiß: Die letzte der jährlich 2mal stattfindenden Zeitumstellung ist schon wieder eine Weile her, doch man merkt die Auswirkungen meistens hinterher. Schuld an dem Ganzen ist der halbirre Benjamin Franklin, ein tugendhafter Charakter, der uns zwar den Blitzableiter bescherte, aber wofür? Er schlug jedenfalls als erster vor, die Uhr jeden Sommer um eine Stunde vorzustellen.
In Deutschland wurde der ganze Mumpitz 1916 eingeführt. Der Sinn der Sache wurde schnell klar: Es sollte lediglich der Zeitrahmen, in dem man bei Tageslicht schuften konnte, erweitert werden. Seitdem sparte der Arbeitgeber einiges an Strom ein, dafür musste allerdings der Handwerker Zuhause sein Licht länger brennen lassen. Die Lidl-isierung der Arbeit begann.
Der Konzern Lidl lässt seine MitarbeiterInnen ja nicht nur bespitzeln, sondern fordert eine gewisse unbezahlte Vor- und Nachbereitungszeit ein. Als Arbeitszeit zählt schließlich nur der Kundenverkehr. Auch hier wird dem Arbeitnehmer also eine Stunde gestohlen, das allerdings täglich. Und anders als beim Umstellen der Uhr bekommt er seine Stunde später nicht mehr zurück. Diese ist verloren in den endlosen Weiten der Wahnidee so called "Arbeitsgesellschaft".
Damit wäre auch erläutert, dass die Uhr im Winter wieder auf Normalzeit "zurück" gestellt wird, also alles gar nicht so schlimm sei. Doch weit gefehlt: Einige Subjekte der Gesellschaft (z.B. ich) können mit den ständig fehlenden und plötzlich wieder auftauchenden Stunden gar nichts anfangen. Der Biorythmus der Menschen ist so konservativ eingestellt, dass er auch geringste Abweichungen nicht ertragen kann und den Menschen am liebsten bibbernd und weinend im Bettchen liegen lassen möchte.
Die Verwirrung durch Zeit ist ein beliebtes Folterinstrument, welches auch in Abu Guhraib eingesetzt wurde. Der Probant wird dadurch mürbe gemacht und zum Reden gebracht. Sich der Zeitumstellung auszusetzen ist also Folter am eigenen Leib. Ich selbst habe deswegen die Lohnarbeit aufgegeben, um mich fortan dem härteren, aber freieren Leben eines Freiberuflers zu stellen. Aber ich glaube nun mal nicht an die arbeitende Gesellschaft. Dieses Bild vom Leben ist so endlos langweilig. Ich werde nun einfach eine Stunde "später" wach, und gehe dafür eine Stunde "später" ins Bett. Der einzige Makel ist, dass alle TV Serien nun eine Stunde früher beginnen. So kann man sich das Fernsehen auch abgewöhnen.
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass die Zeitumstellung in heutigen Tagen ausschliesslich zur Desorientung und Neu-Zurichtung der Menschen dient. Revolutionäres Potenzial soll im Keim erstickt werden. Wer morgens mit dem Kissen grantelt, neigt zwar zum Systemwechsel. Durchführen sollen ihn nun aber die anderen, man selber schiebt seine Zombiefresse schlafwandelnd ins Badezimmer und schiebt dann seinen emotionslosen Hintern zum Ausbeuter hin.
Jedenfalls ist der einst rein industrielle Zweck der Stromersparnis mittlerweile obsolet. Es wird eh Tag und Nacht gearbeitet, und innerhalb 24 Stunden gibt es ja nun nicht mehr Licht, bloß weil irgendein Depp nachts die Uhr heimlich umgestellt hat. Die Zeitumstellung ist also nicht nur historischer Unfug, sondern auch klimapolitisch kaum haltbar. Schließlich müssen die Haushalte wegen dem depperten Kram ihre Glühbirnen abends länger brennen lassen.
Ich fordere hiermit die sofortige Abschaffung der Sommerzeit, einhergehend mit der Forderung nach Abschaffung der Arbeitszeit sowie aller Zeiten überhaupt. Außerdem sollten alle Menschen abgeschafft werden, die immer etwas zu verbieten haben, bloß weil ihnen etwas nicht in den Kram passt. Ich plädiere für die Anschaffung von Vernunft und Gratisessen für alle. Was ist eigentlich aus dem bedingungslosen Grundeinkommen geworden? Warum spricht keiner mehr darüber?
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