Sonntag, 22. Juni 2008

Endlich weichgekocht! Meine ersten 10 Minuten EM 2008!


Freitag abend war in der Neckarstadt die Hölle los. Nachdem am neuen "alten Messplatz" ein "Rock gegen Rechts" Festival zelebriert wurde, ging man noch in den Biergarten des Alten Bahnhofs, mit wirklich nettem Ambiente unter Laubbäumen, die zu bestimmen ich zu fortgeschrittener Stunde nicht mehr in der Lage war.

Man regte sich u.a. über die Kuschelrocker "Heuser" auf, deren Sänger besonders mit folgendem Spruch auffiel: "Leute, seid gegen Rechts, ach was, seid gegen all das, was immer ihr wollt! Bloß steht zu Eurer Meinung!" Dass gerade Nazis gegen Ausländer sind und ebenfalls zu ihrer Meinung stehen, kam ihm offenbar nicht in den Sinn! Die Schogettes brachten ihre antifaschistische Message besser auf den Punkt: "Denne Nazis muss mer äfach in die Fress träde!"

Die Stunde war noch früh, das Spiel Türkei gegen Kroatien noch nicht zu Ende, und eines wurde deutlich: Nach 22Uhr rockt man in Mannheim nicht mehr gegen Rechts, denn Toleranz und Antirassismus darf nicht den Schlaf stören und ist daher bei Tage zu begehen. Andererseits: Die Nacht war ja noch nicht zu Ende. Und, liebe LeserInnen, ich habe tatsächlich mein erstes EM- Spiel auf dem Bildschirm goutiert. Oder, der Ehrlichkeit halber: Das Elfmeter- Schießen am Ende! Man will ja schließlich wissen, ob man sich in der Nacht auf Autokorsos einstellen muss oder nicht!

Man musste sich darauf einstellen! Kaum schoss die türkische Mannschaft das entscheidende Tor, bewegte sich der Korso in Richtung Innenstadt. Stundenlang. Riesenhaft. Mehr stehend denn fahrend. Und ich frage nun die geneigte Leserschaft: Wie kann das sein? Warten die Fans in ihren Autos und verfolgen das Spiel mittels I-Phone? Ist es die moderne Technik, welche das Raum-Zeit-Kontinuum schrumpfen lässt? Ist den Fußballfans die Technik der Teleportation bekannt und anverwandt? Und ist Benzin tatsächlich noch nicht teuer genug, wie Dimitri Taube neulich im godelta-blog nachfragte? Und wie wird das erst, gewänne die türkische Mannschaft die EM?

Hupkonzert hin, Herumgefahre her: Ich fand die türkische Feier grundsympathisch, denn hier freute man sich einfach, ohne jede Häme gegenüber geschlagenen oder noch zu schlagenden Gegnern. Einigen Aussagen nach freue man sich sogar, nun gegen die deutsche Mannschaft spielen zu dürfen. Sollte die türkische Mannschaft dabei verlieren, sei das nicht so schlimm, denn: Ey Alda, im Herzen sinwer Türken, doch leben tun wir in Deutschland! So in etwa drückten das auch die türkischen Jungs, mit denen ich arbeite, aus. Und Hand auf's Herz: Ich glaube ihnen!

Viel ruhiger war die russische Demonstration des gestrigen Sieges. Mag daran liegen, dass es nicht so viele Russen in Mannheim gibt, oder eventuell auch daran, dass ihnen nicht genug Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Oder man sich der steigenden Benzinpreise bewußt ist. Ich habe jedenfalls nachgezählt, und bin zu folgendem Ergebnis gekommen: Nur ein PKW fuhr hupend durch die Straßen der schönen Neckarstadt, und die Stimmung war eher lau.

Wie man sieht, so sehr ich mich der EM auch erwehre: Ich kann ihr nicht entgehen! Finde ich es doch reichlich seltsam, mit der Mannschaft eines bestimmten Landes zu fiebern. Aber ich habe ja auch keine Ahnung von Mannschaftsport jeglicher Form. Meinetwegen könnte man nämlich auch 22 Fußbälle auf das Spielfeld kullern lassen, dann gäbe es wenigstens keinen Streit und wahrscheinlich auch keine Fouls. Und wer am Ende gewinnt, ist mir ebenfalls vollkommen egal. Doch ich freue mich mit denen, die sich freuen. Und denen, die verloren haben, gehe ich aus dem Weg.

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