Eigentlich fanden ja alle meine FreundInnen Berlin ganz furchtbar, da dort eine "Servicewüste" sei, man würde ganz unfreundlich bedient, wenn überhaupt, und man hätte stets den Eindruck, die VerkäuferInnen wollten gar nichts verkaufen. Sie waren damals alle einer Medienkampagne ausgesetzt, die den Osten der Republik - aus welchen Gründen auch immer - schlecht machen wollte. Keiner meiner damaligen FreundInnen hatte jemals in Berlin was anderes als einen Döner gekauft, weil ja alles andere so sauteuer sei.
Wunder über Wunder! Keine Ahnung, wo sie sich aufgehalten haben, in meinem Berlin war das jedenfalls nicht. Wer die ganze Zeit nur blöde Sehenswürdigkeiten abtourt wie den "Checkpoint Charlie" und ähnlichem Gedöns, muss sich jedoch nicht wundern, wenn er in einem fort geneppt und gedemütigt wird. In F'Hain, Mitte und Kreuzkölln (wie man das so nennt dort), herrscht die reinste Form der Kundenzentriertheit, und teure Sachen gibt nur vereinzelt in doofen Abzockerläden, die auf noch doofere Kundschaft aus den Provinzen der Republik warten.
Man lernt: Es lohnt sich, FreundInnen in Berlin zu haben, die wissen, wo es lang geht. In Mannheim hingegen können einem selbst sehr gute FreundInnen kaum weiterhelfen. Grundsätzlich ist hier ja alles teuer, und wenn man nicht mit Händen und Füßen zappelt, wird man noch nicht einmal wahr-, geschweige denn ernstgenommen. Es ist so, als würden sämtliche Angestellten in der Stadt an ihrer eigenen, zukünftigen Arbeitslosigkeit arbeiten. Selten habe ich so bocklose Menschen erlebt.
Ich bin ja ein sehr einfacher Kunde, habe genaue Vorstellungen von dem was ich möchte und kann sie knapp und präzise formulieren. Genau so eine knappe, präzise Frage hatte ich an eine namensbeschilderte Dame in einem innerstädtischen Baumarkt gerichtet, wo mir prompt und schnippisch entgegnet wurde, sie sei nicht zuständig, ich solle jemand anders fragen. Und außerdem wolle sie mal wissen, ob ich wohl die Arbeit anderer tätigen würde, hmmm?
Drei offene Briefe an wenig motivierte Kundenabfertiger:
Liebe Servicefachkraft der gehobenen Einräum- und Sortiertätigkeit, sicher übernehme ich auch mal die Arbeit anderer, denn ich bin ja kein herzloser Mensch. Selbstverständlich hat auch das seine Grenzen, zum Beispiel würde Möbelpackern auf Anfrage meine Arbeitskraft verweigern, das ist schließlich schwere Arbeit. Aber grundsätzlich bin ich hilfsbereit und jederzeit in der Lage, eine freundlich gestellte Frage zu beantworten bzw. weiterzuleiten. Das hat rein gar nichts mit Selbstausbeutung zu tun, sondern mit den Grundprinzipien des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Außerdem kann ich nicht wissen, wer mir helfen oder doch nur Regale einräumen darf.
Liebe Servicekräfte der Bewirtschaftung in Gaststätten: Ich habe gar nichts dagegen, wenn man ab und an mal nachfragt, ob ich etwas bestellen möchte. Und nach einer gewissen Zeit kann man mal wieder schauen, ob ich noch etwas benötige. Es ist allerdings sehr unfreundlich, so zu tun als existierte ich gar nicht. Ich weiß, ihr habt manchmal viel zu tun, aber nicht immer. Manchmal sitze ich auch beinahe alleine, und ich frage mich dann, ob ich zu alt, zu jung, zu dick oder zu dünn für eine Bestellung bin. Bitte sagt es mir, denn das macht mich traurig und belastet meine Selbstwahrnehmung.
Lieber Fachverkäufer des Elektrokaufhauses neben Karstadt: Es kann mal sein, das eine Kundin Stunden braucht, um sich für eine Waschmaschine zu entscheiden. Ebenso klar ist, dass Sie für die Unterbesetzung des Geschäfts nicht verantwortlich sind. Aber bitte: Man kann doch einem Kunden, der seit 30 Minuten um Sie herumscharwenzelt und hin und wieder provokativ neben einem bestimmten Kühlschrank stehen bleibt, doch mal kurz eben signalisieren, dass Sie ihn gesehen haben und so bald wie möglich kommen werden. Und lieber Kollege im oberen Stockwerk: Vielleicht ist es doch nicht so aufwendig, eben mal nachzuschauen, ob unten gefundenes Modell auch in silber verfügbar ist. Aber Sie sagen ja lieber: "Machen Sie etwa auch die Arbeit anderer Leute?"
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen