Samstag, 6. Oktober 2007

Stille Tage in Catatonia! Wozu auch Kunst?

Es ist ja nicht so als streckte ich den MannheimerInnen meine Hand nicht entgegen. Allein, man will sie nicht packen! Es ist auf Dauer frustrierend, mit Menschen zu verkehren, denen der Alltag nahe ist, aber das Abstrakte keinen Platz in ihrem Leben findet. Mir fehlt hier ganz besonders: die intellektuelle Debatte.

Als ich gestern Abend während einer kleinen Feier meine kleine Idee für eine Ausstellung präsentierte, herrschte betretenes Schweigen, so dass ich mein Ansinnen nach einigen Erklärungsversuchen aufgeben und schleunigst in ein anderes Thema überleiten musste. Die Idee war aber nun folgende:

In jüngerer Zeit bemühen sich KünstlerInnen und Medien gerne um das Bild des "guten Deutschen", der den Nazis zu Hitlers Zeiten Paroli bot und zivilen Ungehorsam übte. Diesen mag es gegeben haben. Doch werden im Umgang damit aus den wenigen "guten Deutschen" stets ganz viele und plötzlich gibt es nur noch wenige "böse Deutsche", bis zum Schluss nur noch ein böser übrig bleibt: Hitler, der dem kleinen Mädchen das rosa Kaninchen stahl und alle Verbrechen ganz alleine beging.

"Sind wir nicht alle ein bisschen Hitler?" sollte den Rahmen bilden, den "Hitler in sich selbst" zu suchen und mittels Fotografie zu finden. Die so entstandenen Bilder würden in einer grandiosen Ausstellung präsentiert werden, mit allem Piepapo und Drumherum. Die ansonsten kunstinteressierte Mischpoke war nicht amüsiert, und schlimmer noch: Es gab noch nicht mal Einwände oder Kritik am Vorhaben. Und ohne Diskurs findet Kunst einfach nicht statt. Ich muss mir entweder neue Bekannte suchen oder demnächst ein paar Tranquilizer einwerfen.

Ich möchte nicht von meinem Bekanntenkreis auf ganz Mannheim schließen. Doch mein erstes Kunstprojekt in diesem Ort wurde ähnlich aufgenommen: Während ich versuchte, Wählerstimmen für meine OB- Kandidatur zu sammeln, schlugen mir folgende Satzfragmente entgegen: "Is' doch eh alles schon gelaufe!" über "mer kenne sie ja gar net!" bis zu "sie habe ja gar kei Programm, warum soll ich sie dann wähle?". Die Angesprochenen waren übrigen nicht ü50, wie man annehmen könnte, sondern überwiegend a30.

Schliesslich bin ich heute Nachmittag mit einer neuen Idee wach geworden: Es wird einen Videoloop geben, in dem ich höchstpersönlich und apathisch vor mich her sabbernd in einer kahlen Ecke sitze werde, während meine liebe Frau C. ein Schild mit der Aufschrift "Mannheim" durch das Bild trägt. Die Videoinstallation trägt den Namen "Stille Tage in Catatonia!"

1 Kommentar:

Lisbeth hat gesagt…

Hallo Holger,
hast dus schon mal mit dem "Büro" versucht??? Schau doch da mal rein!
http://www.angewandter.de/
ich hab ja auch ein paar jährchen in Mannem gelebt, und hab Mannheim durchaus als selbstkritisch und ein bissal crazzy erlebt. den "büro-angestellten" kannst durchaus mal im "blau" im Jungbusch über den Weg laufen!
lg aus Wien
Lisbeth

P.S.: ich muss leider auch immer wieder den "Hitler" in mir erkennen!