Sonntag, 28. April 2013

In der Retrohölle #27: Ein Versuch über Social Media und ihre Bedeutung für das Erwerbsleben!

Erinnert sich noch jemand an SecondLife? Ich musste kürzlich daran denken: Das war diese virtuelle Plattform, in der man sich einen Avatar zulegen, durch eine künstliche Welt spazieren und mit Avataren anderer vom Leben gelangweilter Nutzer interagieren konnte. Dummerweise war SecondLife mehr Hype als virtuelle Realität (sic!): Denn der Avatar ist nachweislich durch eine Welt voller (Kartei-)Leichen gewandelt, die sich seltsam hin- und herwiegend im Standby- Modus befanden.

Das, liebe Kinder, war lange, bevor FaceBook zu dem daten- und zeitraubenden Monster wurde, das es heute ist. SecondLife gibt es übrigens auch heute noch. Der ganz große Unterschied zwischen beiden Plattformen ist: Bei FaceBook sitzen die eigentlichen Avatare VOR dem Bildschirm und warten auf Fremd- bzw Fernsteuerung (vielleicht schauen sie sich gerade noch Foodporn- Fotos an oder laden selber welche hoch). Bei SecondLife warten die dumpfen Avatare IM virtuellen Raum auf eine vom Nutzer gesteuerte Aktion.

Sozialromantisch betrachtet könnte man sagen: Die SecondLife- Nutzer hatten Besseres zu tun als ihre Zeit in einer virtuellen Welt zu verbringen. Oder sie hatten schlicht nicht genug Geld, um sich Lindendollars einzutauschen, mit denen sie nutzlosen virtuellen Kram kaufen konnten, der in der echten Welt nicht funktioniert. Viel wahrscheinlicher aber ist, dass sich die SecondLife- Nutzer einen Account bei FaceBook zulegten und nun glauben, sie hätten deshalb Freunde oder irgendjemand würde wirklich mögen, was sie den lieben langen Tag dort an die große Glocke hängen.

Kleine Kinder zeigen ihren Eltern schließlich auch gerne und mit großem Hallo ihre ins Töpfchen gemachte Häufchen. Es ist offenbar auch der explizite Wunsch angeblich erwachsener Menschen, aus jedem kleinen Pups, der einem einmal entfahren ist, etwas gaaanz Großes zu machen. Twitter funktioniert auf ähnliche Weise. Selbst wenn sich die Nutzer einmal pseudojournalistisch betätigen und nicht über ihre eingewachsenen Zehennägel twittern, kommt dabei nur großer Mist heraus (siehe: Boston).

Kann man diesen grenzdebilen Zustand weiter Teile der Gesellschaft kritisieren, ohne einen Blick in deren Lebensrealität zu werfen? Wagen wir es: Sie gehen arbeiten und stellen Dinge her, die niemand braucht, dann bewerben und verkaufen sie diese. An ihrem Arbeitsplatz treffen sie auf Menschen, die dumm herumstehen und wie sie selber darauf warten, fremd- bzw. ferngesteuert zu werden. Mit dem eingesteckten Gehalt wackeln dann alle los und kaufen sich Dinge, die sie nicht brauchen, mit denen sie sich jedoch für die Zumutungen des Erwerbslebens entschädigen möchten.

Tja, vielleicht wird nun deutlich, warum SecondLife nicht funktioniert hat: Der Sinn der Sache war ja wohl, der Realität für ein paar Stunden am Tag zu entkommen, indem man sich ein zweites Leben aufbaut. Als die Nutzer schließlich erkannt haben, dass dieses zweite Leben exakt so aussieht wie das (ir)reale (surreale?), zweite Leben, nämlich die Arbeitswelt, da haben sie es schließlich aufgegeben und sich eine Plattform gesucht, mittels derer man der Arbeitswelt gaaanz in echt entkommen kann. Und das für viele Stunden: Das geht nur mit FaceBook!

Nachtrag: Nun wollte ich meinen Unmut über eine bekannte (ultrabekannte) Social- Media- Seite äußern und habe sie deshalb in FuckBook umbenannt. Nun gibt es aber tatsächlich eine Sexual- Media- Seite namens Fuckbook. Deren Sinn erkenne ich sogar an. Doch hat mein Text nun eine gänzlich andere Bedeutung. Ist korrigiert. Sorry.

1 Kommentar:

autumnsmile hat gesagt…

ich bin immer noch auf secondlife unterwegs....es nennt sich inzwischen myspace...