Montag, 22. April 2013

Brüderle wird neuer Familienminister! Aber vorher sollen die Kinder ihre Schulden abbezahlen!

Ein paar Gedanken, die mal wieder keinen interessieren werden: In Flugzeugen wird zur Sicherheitsbelehrung immer wieder eingebleut, dass sich die Erwachsenen zuerst um sich selbst kümmern sollen und dann um ihre Kinder. Das hat den Hintergrund, dass Kinder den ggf. betäubten weil erschöpften Erwachsenen in den seltensten Fällen eine Herzmassage oder eine Sauerstoffmaske angedeihen lassen können. Im übertragenen Sinne kann man sagen: Kinder können erst gerettet werden, wenn die Eltern gut versorgt sind.

Was in Flugzeugen oder der Ersten Hilfe seine Anwendung findet, muss sich im Alltag nicht widerspiegeln: Die Interessen des Kindes werden den Interessen der Eltern übergeordnet. Gänzlich unentspannte Elternteile befinden sich im dauerhaften Nestanflug, um es ihren die Hälse aus dem Nest streckenden Nachwuchs recht zu machen un ihm alles in den Hals zu stopfen, was unterwegs so anfällt.

Was sollen die ehemaligen Menschen, die nun Eltern sind, auch anderes tun (Eltern by accident sind hier ausgenommen)? Unser gutes altes Wachstum funktioniert ja nur unter der Voraussetzung des grenzenlosen Konsums und der sofortigen Bedürfnissbefriedigung. Das ist Reproduktion par excellence, Marx hätte sich gewundert, wie weit das noch führen kann.

Nun, Kinder kriegen ist ein Rückfall in den Naturalismus, wenn sonst vom Leben enttäuschte Menschen sich Sinnstiftung durch den Zustand des Kinderhabens verprechen. Das Offensichtliche lässt sich dadurch nicht ausblenden: Elternschaft führt zu einer noch engeren Bindung an die Entfremdungsgesellschaft. Nur die partielle Unabhängigkeit durch Kinderlosigkeit kann zu einigermaßen freien Entscheidungen des Individuums führen. Mit Kindern ist das völlig unmöglich, von wegen Verantwortung und alledem.

Nun glauben ja viele Leute, dass die Kinder von heute morgen unsere Rente sichern werden. Als zukünftige ArbeitnehmerInnen fielen sie demografisch ins Gewicht. Manche Leute finden zudem, dass kinderlose Menschen eine Sondersteuer bezahlen müssten, weil ihre verhinderten Nachfahren keine Beiträge ins Sozialsystem leisteten. Ich sage dazu aber nur: Von welcher Rente wird da gesprochen?  Und was passiert, wenn der Nachwuchs arbeitslos ist und nicht einzahlt?

Davon abgesehen, dass Kinder sehr viel Geld kosten, bis sie überhaupt in der Lage sind, einen gesellschaftlichen Mehrwert zu erarbeiten. Damit ist nicht nur der Verbrauch elterlichen Einkommens gemeint, der teilweise bis zur Midlife Crisis des Nachwuchses geleistet wird. Gemeint sind auch die sozialisierten Kosten wie Vorsorgeuntersuchungen, KiTa, Schule, Spielplätze, Ausbildung etc. Rechnet man diese Kosten gegen, kann man davon ausgehen, dass kaum eines der Kinder jemals einen bereinigten Beitrag in die Sozialversicherungen zahlen wird, weil sie niemals in der Lage sind, ihre gesamte Schuld an der Gesellschaft abzutragen.

Und jetzt kommt auch noch das Betreuungsgeld hinzu. Andere nennen sie liebevoll die Herdprämie (nun, da ich das Wort erwähnt habe, erwarte ich voller Sehnsucht einen anonymen Beitrag, der voller humanistischen Pathos in Erziehungsfragen steckt). Dies ist das Lebenswerk von Frau Schröder, der lustigen kleinen Frau mit dem Mondgesicht. Wäre Frau Schröder keine Frau, man würde ihr offenen Sexismus vorwerfen. Sagen wir's mit Robert Gernhardt: Die größten Kritiker der Elche sind selber welche.

Frau Schröder, ihres Zeichens Familienministerin, ist so weit im Gestern der Genderdebatte verortet, dass man sich fragt, ob sie nicht vielleicht ein zeitliches Paradoxon darstellt: Noch bevor alle Frauen gleichen Lohn und gleiche Aufstiegschancen haben, sollen sie nun die Möglichkeit haben, darauf auch zu verzichten. Ist das Ignoranz, Dummheit oder einfach nur katholisch? Dass diese Frau nun aber in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr als Ministerin zur Verfügung steht, sondern sich lieber um ihre Familie kümmern möchte, ist nicht nur die konsequente private Umsetzung ihrer eigenen Politik.

Sie ist vergleichbar mit jenem anderen Schröder, der sich seinen Ruhestand durch Geschenke an die russischen Erdgasoligarchen erkauft hat und nun im Vorstand von Gazprom sitzt. Frau Schröder hat sich hingegen ihr Betreuungsgeld erwirkt, damit sie alimentiert zu Hause sitzen und ihrer sogenannten weiblichen Bestimmung nachgehen kann. Der Unterschied ist: Vom Betreuungsgeld können wenigstens ein paar gutsituierte Elternpaare profitieren, von Gazprom profitiert nur Herr Schröder selbst.

Doch wer kommt nach der Familienministerin? Man kann ja davon ausgehen, dass die gleichsam wankelmütige wie strunzdumme Bevölkerung der BRD auch beim nächtsten Mal die jetzige Koalition wählt und uns Frau Nahles (Christin und Mutter!) bis auf weiteres erpart bleibt. Ich schlage entsprechend Herrn Brüderle vor: Der ist zwar von der FDP, hat aber ein an der Realität geschultes Sendungsbewusstsein, was die Geschlechterverhältnisse in der heutigen BRD betrifft. Herr Brüderle steht für einen offenen Sexismus in der Gesellschaft, der dann wenigstens diskutiert wird.


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