Samstag, 30. März 2013

Democracy for Dummies Lesson 2: You can call me Pfusch!

Auf meine kleine Insel hab' ich's dann doch nicht geschafft. Mir ist kalt um's Herz, so fällt's mir schwer, aus dem Bett zu kriechen und einem Tagewerk nachzugehen: Es ist kalt und grau draußen, vom Frühling keine Spur. Und auch keine Ahnung davon, wie lange er noch braucht. Nur die Uhr wird heute Nacht umgestellt so wie jedes Jahr. Als ob sich damit alles ändern würde außer meinem Tagesrhythmus. Außerdem bedeutet die Zeitumstellung heuer nur, dass der Frühling noch eine Stunde später kommt. Prima!

Bin immer noch auf der Suche, nach einer Arbeit, die mich nicht zu Tode langweilt. Habe sogar ein oder zwei Stellen gefunden, mich darauf beworbe, doch was soll ich sagen? Man erkennt mein Genie einfach nicht! Meine Erwartungen also etwas herunterschrauben? Ganz ehrlich: Lieber hocke ich deprimiert im Bett und starre trübselig aus meinem Schlafzimmerfenster, als dasselbe tödlich gelangweilt von einem Bürofenster aus zu tun. Jedes zusätzliche Stockwerk, in dem sich dieses Bürofenster befindet, ist ein zusätzlicher Anreiz, sich hinauszustürzen.

Worst Case Scene: Wegen der Erderwärmung bricht Eis aus den polaren Gletschern und bahnt sich den Weg in den Golfstrom. Die Fische darin und das Krill bekommen einen Schnupfen, weil die warme Meeresader sich deutlich abkühlt und uns in Europa mächtig kalte Luft bringt. Die Folge: Der Winter bricht nicht ab und bleibt uns erhalten. Wir müssten nur nach Süden ziehen, am Besten nach Afrika ganz runter, doch halt: Da gibt es ja keine Arbeit nicht. Toll: Oben verhungern wir, weil kein Getreide im Schnee wachsen will, und unten will uns keiner.

Naiver Gedanke Nummer 1: Unsere PolitikerInnen sind natürlich vollkommen ahnungslos. Sie stimmen über Gesetze ab, die sie nicht verstehen. Eigentlich sollten sie diejenigen sein, die aus den Bürofenstern springen. Gut, einige Leute wählen sie ins Amt. Und sie wählen nun ja auch keine Experten, sondern Menschen, in die sie ihr Vertrauen setzen, dass sie das Richtige zu tun. Dazu können PolitikerInnen Experten fragen, wenn sie selber von nichts eine Ahnung haben. Leider tun sie es nicht! Sie werden von Experten beraten, die so tun, als würden sie freiwillig ihre Dienste anbieten. Dabei stehen sie in Wirklichkeit im Dienst der Wirtschaftslobbyisten.

Dies führt nicht gerade dazu, dass die direkten Interessen der Bevölkerung vertreten werden, sondern die von einigen Wenigen. Die es freilich verstehen, darzustellen, dass ihre Interessen die Interessen aller sind: Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es den "Leuten" auch gut. Sagen sie schon seit Jahren. Stimmt aber nicht. Im Verhältnis geht es der Wirtschaft schon zu Zeiten Helmut Kohls stetig besser, während sich für die "Leute" bestenfalls nichts verschlechtert hat, schlimmstenfalls jedoch deutlich schlechter wurde. Alle Macht geht vom Volke aus? Demokratie musss man sich schon leisten können!

Naiver Gedanke Nummer 2: Und wir glauben auch noch, unsere Würde durch die Mitarbeit in diesem System zu bewahren zu können. Jetzt frage ich mal provokant: Was ist das für eine Würde, wenn ich keine Wahl habe? Wenn ich in einem Land lebe, in dem jeder Bürger zumindest im Durchschnitt reich ist, und zu jeder Arbeit, ob sie mir gefällt oder nicht, gezwungen werden kann, weil ich eben nur im Durchschnitt reich bin, aber real gegen die enorm reichen 10 Prozent der Bevölkerung keine Chance habe? Wenn sich eine Gesellschaft ein paar Superreiche leistet und gleichzeitig auch wachsende Armut? Wo ist da die Würde von Geburt an? Bei den superreichen 10 Prozent?

Naiver Gedanke Nummer 3: Ich hole mir meine Würde zurück! Es wird sowieso viel zu viel gearbeitet. Apropos Würde: Würde weniger gearbeitet werden, würde auch weniger hergestellt und damit weniger verbraucht. Und wenn doch etwas gebastelt wird, dann ohne eingebaute Obsolenzen. Dann hält alles lange und muss nicht dauernd nachproduziert werden. Ohne die teuren Obsolenzen könnte wahrscheinlich genau so billig produziert werden. Das Erdklima könnte sich vielleicht erholen, zumindest aber die Arbeitnehmer. Doch ganz im Gegenteil: Die Produktivität der bundesdeutschen Lohnsklaven hat sogar zugenommen. Und das, obwohl der Krankenstand so hoch ist wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik.

Naiver Gedanke Nummer 4: Ja ist die Welt denn irre? Während die einen aufgrund des hohen Drucks krank werden, arbeiten die anderen eben noch mehr. Und werden dann wahrscheinlich ebenfalls krank. Es wachsen ja genug ausbeutungswillige Idioten nach. Was mir jedoch aufgefallen ist: Es wird zwar mehr in weniger Zeit produziert, doch sinkt der Wert des Hergestellten stetig. Das liegt vielleicht daran, dass keiner mehr die Zeit hat, die Dinge richtig anzupacken. So Sachen wie: Vorher nachdenken, bevor man anfängt zu arbeiten. Sich mit KollegInnen austauschen. Erfahrungen auswerten, reflektieren, Kosten nicht nur überschlagen, sondern ausrechnen usw.

Dann könnte so ein Mist wie mit dem Stuttgarter Bahnhof oder dem Großflughafen BER wohl nicht passieren. Doch leider: Alle müssen sich immer furchtbar beeilen, unter größtem Zeitdruck agieren. Dadurch werden allerdings auch viele Fehler gemacht. Und diese Fehler müssen korrigiert werden, was dazu führt, dass alles viel länger dauert und viel teurer wird, als die knappe Kalkulation es vorgesehen hatte. Tja, so ist das: Kapitalismus ist die Ursache für großen Pfusch. Siehe auch: Kölner Dom oder jeden beliebigen Betrieb, in dem Menschen zusammengepfercht sind und tun was sie tun müssen.

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