So, liebe Kinder, jetzt gibt es etwas Staatsbürgerkunde. Ich weiß, meistens nutzt das gar nichts, wie wir an unseren älteren Brüderinnen und Brüder aus den neuen Bundesländern immer wieder sehen können. Denn schließlich mussten die alle in der Schule ihren Marx lesen und hätten erkennen müssen, dass der real existierende Sozialismus überhaupt nichts oder nur ganz wenig mit dessen Gesellschaftsvision zu tun hatte. Hatten sie aber nicht!
Ich war sehr traurig, als die Jubeldeutschen aus dem Osten nach der sogenannten friedlichen Revolution die Marxstatuen niederrissen. Der olle Marx konnte doch nichts dafür, was die Staatslenker der DDR aus seiner Idee gemacht hatten. Das ist ja so, als würde man alle Platten seines Lieblingsmusikers verbrennen, bloß weil irgendein Dummbeutel eine schlechte Coverversion aus einem sonst tollen Lied gemacht hat.
Der Kommunismus ist jedenfalls eine tolle Idee, und den Sozialismus hat schon Jesus von Nazareth erfunden. Oder so ähnlich. Der Sozialismus setzt, ähnlich wie die Nächstenliebe, eine besondere Reife im Menschen voraus. Im Grunde ist das Eichhörnchen als hortender Einzelgänger der Antichrist im Sozialismus. Gefragt ist hingegen der gemeinschaftliche Broterwerb bei Unterlassung jedweder Egotrips. Dass macht den Sozialismus auf jeden Fall besser als den Kapitalismus, der ja auch schon streng riecht und immer mal wieder ohnmächtig wird.
Nun, jetzt wird es etwas knifflig, weil ich zwei grundverschiedene Wirtschaftsformen mit diversen Staatsformen vergleichen möchte, was aber eigentlich nicht erlaubt ist. Das ist sozusagen der sogenannte Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Ich versuche es trotzdem, weil: Die DDR hätte durchaus, trotz Sozialismus, demokratisch, also so richtig, nicht nur halb, sein können. Auch eine Diktatur oder eine Kleptokratie kann kapitalistisch sein. Griechenland hat innerhalb von 50 Jahren beides bewiesen.
Die Bundesrepublik Deutschland, nun kommen wir zum Staatskundeunterricht, hat die Staatsform der parlamentarischen Demokratie inklusive Kapitalismus-Verdikt. Das bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger des betreffenden Staates ihre parteilosen oder parteigebundenen Vertreter in der Kommune, im Bundesland und in der Republik wählen. Diese gewählten Personen nennen sich Politikerinnen und Politiker und haben meistens nichts anderes gelernt als zu reden und die anderen Politikerinnen und Politiker zu beschimpfen und der Lüge zu bezichtigen.
Wie der Islam gilt die parlamentarische Demokratie als ein zu exportierendes Kulturgut. Zumindest war das früher einmal so. Bei der Anerkennung einer Nation stand eine demokratische Verfassung, zumindest aus bundesdeutscher Sicht, stets im Vordergrund des Interesses. Nun aber regiert uns die CDU mit einer Kanzlerin, die früher Staatsratsvorsitzende in der pseudodemokratischen DDR war.
Seitdem wird keine Demokratie mehr exportiert, sondern nur noch Rüstungsgut oder andere Sachen, die die Welt nicht wirklich braucht, in Länder, die eigentlich auch niemand braucht. Dorthin wird trotzdem zu unschlagbar günstigen Preisen, (made in Germany!) verkauft. Die Wirtschaftsform hat die Staatsform verdrängt. Und da die jeweilige Politik immer auch absolut alternativlos ist, kann man gut und gerne sagen, dass sich die Demokratie hierzulande abschafft. Denn die Demokratie lebt von der Alternative. Ohne sie ist sie unbrauchbar.
Wenn also selbst die Politikerinnen und Politiker demokratieverdrossen sind und alles tun, um demokratische Prozesse zu umgehen, und die Wählerinnen und Wähler großteils nicht mehr zur Wahl gehen, dann sollte man einmal, leise wenigstens, die Systemfrage stellen. Wo wollen wir also hin?
Zurück zu charismatischen Führerfiguren, die immer auch Blender sind (z. B. KT von Guttenberg, Hitler u. dgl.) wollen wohl einige, doch gottlob nicht die Mehrheit. Die Vertreter der Industrie und Arbeitgeberverbände sehnen sich nach einer Rückkehr zum Feudalismus, haben aber zu großen Respekt durch Anschauungsmaterial aus Nordafrika, Griechenland oder Spanien bekommen, um noch unverschämter werden zu können, als sie ohnehin schon sind. Der Sozialismus ist leider auf ewig verseucht, man findet wirklich kaum noch jemanden, der die Gleichung DDR resp. UDSSR = Sozialismus resp. Kommunismus aufzulösen in der Lage ist.
Dann bleibt ja nur noch die gute, alte Anarchie. Nicht die Bierdeckelanarchie der Dorfpunks, die lediglich den Berufsstand des Polizisten verdrängen möchte. Nein, die klassische, die altgriechische Variante, die vom Menschen die allergrößte Reife verlangt, die man sich nur vorstellen kann: herrschaftsfrei zu walten und nicht trotzdem, sondern deswegen, Chaos und Ungerechtigkeit zu vermeiden. Aus sich heraus wirken, nach dem Motto: Was Du nicht willst was man Dir tue, das füg' auch keinem ander'n zu! Eine Gesellschaft gegenseitigen Einverständnisses.
Jaja, jetzt hör' ich manche wieder unken: Das klappt doch nie, dafür ist der Mensch nämlich gar nicht gemacht! Er ist viel eher ungut, korrupt und ein Biest, das lieber mordet als teilt! Dann sage ich: Man soll nicht immer von sich ausgehen, wenn man andere beurteilen will. Man muss zudem auch an das Gute glauben, um Gutes tun zu können. Außerdem ist eine Idee oder eine Vision zu haben immer noch besser, als vor lauter Alternativlosigkeit den Kopf in den Sand zu stecken! Das lasst Euch mal gesagt sein!
P.S. Es ist wie's ist und wie es war, deswegen bleibt's so immerdar!
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