Dienstag, 16. Juni 2009

Schillerlocken! Schillerglocken! Und zur Feier eine 3. Teilüberschrift: Schillertage!


Schiller hier, Schiller da! Geht man einkaufen, bekommt man Schillerdollar aufgeschwatzt wie nichts Gutes. Damit soll man "Dinge" kaufen können. Dinge, die der Mensch braucht? Ein Rabattsystem ohne Kundendatenerfasssung, wie sympathisch! Eines ist klar: Schiller's on the road again. Und zwar: in Mannheim! What's up with Schiller in Mannheim?

Seien wir ehrlich: Der Großteil der Menschheit musste "Die Glocke" nie lesen beziehungsweise auswendig lernen. Genauso viele Menschen kennen die Fischverballhornung "Schillerlocken" nicht - und das mit gutem Grund! Ach, Hamlet ist nicht von Schiller, genauso wenig wie die Schillerlocken? Wieviele Menschen wissen das überhaupt? Und das man Shakespeare nicht trinken kann?

Der Mannheimer kennt Schiller gut! Er kennt ihn so gut, dass er weiß, wie Schiller aufgeführt werden muss! Er weiß es sogar besser als Schiller selbst. Manchmal zumindest. Wenn mal wieder ein Gastspiel ansteht, von Leuten, die Schiller überhaupt nicht verstehen können,, eben weil sie nicht aus Mannheim sind. Schließlich hat Schiller ganze drei Jahre in Mannheim verbracht: Geduzt und ausgebuht, um hier einmal den hochverehrten Max Goldt in fremdem Kontext zu zitieren.

Der Herr Schiller: Musste aus Stuttgart flüchten und bekam in Mannheim ein Jahr lang einen Job als Theaterdichter. Damals gab es noch keinen 1-Euro-Job und auch noch kein Jobcenter. Der Herr Dalberg vom Nationaltheater hat den Flüchtling aufgenommen und ein Jahr später wieder gefeuert. Warum nur? Vielleicht wegen der Malaria-Anfälle oder auch wegen der expliziten Aufsässigkeit des jungen Dichters. Beides keine besonders guten Voraussetzungen für einen Job auf Lebenszeit. Das war früher so wie heute!

Dann kam die ganz große Armut, beinahe wie mit Hartz IV, nur ohne Geld und ohne Sachleistungen. Wenn der Herr Schiller nicht in Leipzig aufgenommen geworden wäre, wäre er in Mannheim wohl elendig verreckt. Ich sehe da Parallelen zum Schaffen und Dasein des Autors dieser Zeilen. Auch nur geduzt und ausgebuht. Und dann? Ein Jahr lang zeigt man heuchlerisches Interesse, und dann: Pustekuchen, heiße Kartoffel und Undank allenthalben. Drohender Umzug in den Osten der Republik.

Wenn er dann tot ist, und postmortem berühmt, dann sagt Mannheim: Der war mal bei uns, ein ganz Großer! Richten wir ihm doch ein paar E. Karst-Tage aus und huldigem dem armen Tropf zwei Wochen, indem wir seine Texte, Lieder und Gedichte spielen (der konnte schließlich mehr als nur bloggen!). Wilhelm Genazino hat das früher begriffen und ist rechtzeitig nach Heidelberg ausgewandert. Ob ihm das etwas genutzt hat? Nun, er wird nicht arm in Mannheim vergammeln, das ist sicher!

So hat auch Schiller arg gehustet und viel gefiebert, bis er Mannheim endlich verlassen hat und fortan in Saus und Braus sein kurzes Leben geniessen durfte. Man möchte sich vorstellen, dass ihn die Mannheimer mit Schimpf und Schande aus dem Ländle getrieben haben, bewaffnet mit Fackeln und Mistgabeln. Händler der bäuerlichen Genossenschaften riefen auf zur Vertreibung und vertickten ihre landwirtschaftlichen Gerätschaften zu diesem Behufe.

Mannheim biss sich hinterher in den Arsch: Wieder einmal hat man jemanden weggejagt, der kurz darauf woanders berühmt wurde. So ein Mist aber auch! Doch strategische Denke vermochte aus der Not heraus eine Tugend zu machen und dem Herrn Schiller zu Gedenken ein Fest zu bereiten, zwei Wochen lang: Theater, Oper, Konzerte und Vorträge - was ganz was Feines und besser als nix!

Leider gibt es die bis in die 60er Jahre hinein stattfindenden Schilleraustreibungen nicht mehr: Das ist natürlich Geschichtsrevisionismus der übelsten Sorte! Denn was gibt es Schöneres, als noch einmal zu sehen, wie der Schiller von den Mannheimern fortgejagt wird. Am Ende der Schillertage wäre dies ein würdiges, ein ehrliches Spektakel. Schade drum!

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