Samstag, 17. Mai 2008

Frau Z. und der Datenschutz! Lustiges aus den Benzbarracken!

Man stelle sich vor, man ruft bei der Polizei an, um aus welchem Grund auch immer eine Anzeige zu machen, und die zuständige Polizeidienststelle veröffentlicht das Gespräch im Internet. Voraussetzung natürlich ist, man hat eine Sprachstörung (z. B. Dialekt) und allzu genaue Vorstellungen über mögliche Bestrafungsarten (Einsperren, Seife mitgeben, eine auf's Maul hauen etc.). Wer soll sich da noch trauen, bei der Polizei anzurufen, wenn ja doch alles veröffentlicht wird? Andererseits: Etwas Abschreckung hat noch nie geschadet!

Einer Frau aus Mannheim ist genau dies passiert, als sie sich bei der Polizei über Ruhestörung beschweren wollte. Das eigentliche Gespräch ist zwar schon einige Zeit her, doch wurde es erst vor kurzem ins Netz gestellt. Seitdem beschäftigen sich ganze Internetforen unter anderem mit der Tatsache, dass örtliche Dialekte selten eine Begleiterscheinung geistiger Eliten sind. Was im Umkehrschluss aber nicht bedeuten soll, dass des Hochdeutschen mächtige per se die intellektuellen Stützen unserer Gesellschaft sein müssen.

Womit man sich aber leider nirgendwo beschäftigt: Dass in dem bei You Tube! ausgestrahlten, mit Untertitel versehenen Videomaterial der volle Name und die Adresse der Anruferin genannt sind. Beides hätte aber weggeschnitten werden können. Denn wer in der Lage ist, eine Audiodatei mit einer Videospur zu koppeln, der sollte auch in der Lage sein, bestimmte Audiosequenzen auszusparen, und sei es nur im Namen des offenbar läppischen Datenschutzgesetzes oder des sicherlich kindischen Dienstgeheimnisses.

Schließlich und letztendlich wurde dieses durch die örtliche Polizei mitgeschnittene Gespräch zu 100 Prozent illegal verwendet, und man darf sich fragen, wessen Geistes Kind der betreffende Mitarbeiter tatsächlich gewesen sein muss oder immer noch ist, um vertrauliche Daten einfach an die Gemeinschaft weiter zu leiten. Nicht umsonst müssen solche Daten des Datenschutzes wegen innerhalb weniger Tage wieder gelöscht werden (genauso auch Videoaufnahmen im öffentlichen Raum). Egal wie lustig sie auch sein mögen, veröffentlicht dürfen sie nicht werden.

Und lustig ist der Anruf, der in meiner Phantasie für viele der täglich zigtausend Anrufe bei der Polizei steht, tatsächlich. Denn man kann es kaum verneinen: Der gemeine Mannheimer klingt oft sehr drollig und ist dabei meistens sehr laut. Wer im Sommer die Fenster offen lässt, der weiß, wovon ich spreche. Und dass man den Text einer Videobotschaft untertitelt, ist nicht boshaft, sondern schlicht notwendig. Ohne die Übersetzungshilfe hätte ich den Inhalt des Anrufes tatsächlich nicht zur Gänze erfassen können. Und inhaltlich entspricht die Anzeige genau der geistigen Verfassung des Großteils der BürgerInnen 'tschlands: Es hat Ruhe zu herrschen im Karton!

Also kommt nicht nur Frau Z. dabei schlecht weg, sondern gleich eine gesamte, ausschließlich an spießbürgerlichen Werten orientierte Gesellschaft. Doch auch das sprachliche Leistungsvermögen des gesprächsführenden Polizisten wird weit überschätzt. Mag man bestenfalls noch annehmen können, dass er durch die sprachliche Anpassung Empathie erzeugen wollte, so ist beim besten Willen nicht nachvollziehbar, warum er den von Frau Z. als Wichser bezeichneten Ruhestörer ebenso als Wichser betitelte. Schon klar: Auch bei der Polizei arbeiten keineswegs nur Leuchten der Gesellschaft. Dennoch: Etwas Benimm sollte man schon erwarten können.

Deswegen ist es schade, dass Frau Z. zwar von Gaffern (Presse, Mob etc.) gewallfahrt wurde, nicht aber die für sie zuständige Polizeidienststelle. Dies kann jetzt nachgeholt werden: Besuchen sie das Polizeirevier Käfertal in der Ladenburger Straße 3, 68389 Mannheim. Übrigens hat You Tube! das betreffende Video mittlerweile entfernt, und die Polizei stellt mittlerweile Ermittlungen gegen Unbekannt an. Und ich tue mir schwer damit, einen Link zu dem noch im Netz erhältlichen Material zu setzen. Also lass' ich's sein!

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hm, Zustimmung für große Teile, Widerspruch für die Kritik an dem Polizisten auf dem Band: Der angebliche Ruhestörer ist nicht zugegen und hätte dieses Band eigentlich auch nie hören sollen. Daher finde ich die Reaktion vollkommen richtig. Er beschwichtigt und stellt sich - zumindest sprachlich - auf die gleiche Stufe wie Frau Z. Deeskalation ist in diesem Fall wohl ein ziemlich guter Gedanke. Und das macht er gut und noch dazu sehr humorvoll. Maximum Respekt daher an den Telefondienst.

Und zum Thema Veröffentlichen: Sicher ist es nicht die feine englische Art, Namen und Adressen zu veröffentlichen. Aber ich vermute mal, der Polizist, der die Aufnahme als erstes weitergeleitet hat, hatte nur einen sehr kleinen Verteiler mit "Vertrauten" - etwa so, wie man Abends in geselliger Runde von einem Erlebnis am Nachmittag erzählt. Ein Nachteil des Internets ist, dass man nichts mehr kontrollieren kann, was verfügbar ist.

Die gute Frau Z. schlägt einfach Kapital aus etwas, worüber insgeheim sicher auch der Herr Polizeipräsident herzlich gelacht hat...

holz e. von bald hat gesagt…

hallo monsieur d.,
danke für den kommentar. dass der polizist sich auf die anruferin eingelassen hat, habe ich ja auch vermutet, allerdings finde ich seine wiederholende wortwahl nicht angemessen.
und dass ein polizist überhaupt eine aufnahme weiterleitet, wenn auch nur im bekanntenkreis, halte ich für einen skandal.
ganz richtig hast du bemerkt, dass er die dynamik im hinblick auf freunde UND neue medien gewaltig unterschätzt hat.
bis demnähx
holger