Donnerstag, 23. August 2012

Die Demokratie ist eine Last aus alten Tagen! Das Militär, das Militär, das Militär muss her!

vlt. etwas zu liquid: die Demokratie
Das Bundesverfassungsgericht erlaubt nun Einsätze der Bundeswehr im Inland. Damit ist u.a. der Einsatz militärischer Waffen z.B. zur Unterstützung von Polizeieinsätzen möglich. Da klingelt doch mein Spinnensinn: Nutzen nicht sämtliche Diktaturen Polizei wie Militär, um unliebsame Kundgebungen besorgter oder gar wütender Bürger*innen zu "zerstreuen? Unglücklicherweise fällt diese Entscheidung zusammen mit der faktischen Abschaffung der Wehrpflicht. Ab jetzt "dienen" in der Bundeswehr nur noch überzeugte und sorgsam ausgewählte Soldaten. Welches Klientel dies sein dürfte, kann erahnen, wer je in der Nähe US- amerikanischer Militärbasen aufgewachsen ist. Es handelte sich hierbei jedenfalls nicht um einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung.

Als überzeugter Antimilitarist war dies nämlich das Totschlagargument, dem ich mich nicht verschließen konnte: Wenn das Militär zum Großteil durch unfreiwillige Freiwillige durchsetzt ist, lassen sich inländische Aktionen zur Befriedung gegen die Bürger*innen nur schwer durchsetzen. Hier hoffte man auf gesunden Menschenverstand, der den Soldaten nicht auf seinesgleichen schießen lässt. Ein Heer von Freiwilligen hingegen singt das Lied dessen, wessen Brot es isst. Ganz davon abgesehen, dass die Bundeswehr auf Nazis geradezu magnetisch wirkt: Ein starkes Berufsheer stellt immer auch eine Gefahr für den Staat dar (der Staat im Staat!).

Man bekommt aber auch so leicht den Eindruck, dass es mit der Demokratie in der BRD nicht mehr so weit her ist. Gesetze werden unter Umgehung der Parlamente durchgesetzt, es herrschen dauernd Sachzwänge, deren Auflösung ausschließlich ohne Alternative ist. Ohnehin gibt es kaum noch Politiker*innen, die sich allein durch die Idee der Demokratie berufen fühlen, sondern vielmehr von der Idee einer ersten Karriere abseits wirtschaftlichem Leistungsvermögen geleitet werden, um dann eine zweite Karriere in der Wirtschaft zu beginnen: Eine Hand wäscht die andere!

Die Kinder der Demokraten fressen die Demokratie! Ihre Väter hatten noch eine Ahnung von Unrecht und Unfreiheit, leidvoll erfahren in der Diktatur. Sicher gab es anno dazumal Übriggebliebene, deren Überzeugungen in bürgerlichen Parteien wie CDU, FDP, in Staatsministerien wie Innen- und Außenministerium sowie den Geheimdiensten überlebt haben. Bundesdeutsche Politik hingegen haben Personen wie Willy Brandt (bevor er zum Flughafen wurde) oder Herbert Wehner, von mir aus sogar Helmut Kohl, geprägt. Sie waren ausgestattet mit einer klaren, demokratischen Haltung. Dieses Wissen und diese Überzeugung fehlt den Erben. Sie setzen zudem das geerbte Vermögen zweckfremd ein und riskieren dabei alles. Was anderes tut unsere erste Staatsratvorsitzende Angela Merkel?

Gesetze werden gänzlich unverhohlen im Sinne der wirtschaftlichen Interessen der Konzerne verabschiedet (s. ACTA- Abkommen etc.), nicht gewählte Politiker werden Staatsoberhäupter (Italien), die wirtschaftliche Souveränität von Staaten wird abgeschafft (Griechenland, Spanien), und die Pressefreiheit zunehmend ausgehölt (Ungarn). Wenn zudem gewählte Politiker*innen selbst nur noch von wirtschaftlichen Interessen (vor, während und nach ihrer Karriere) geleitet scheinen, dann ist Lobbyismus der Grabstein, nicht der Motor der Demokratie.

War Demokratie einmal höchstes Exportgut, gewinnt man heute eher den Eindruck, dass peu á peu Diktatur importiert wird. Weshalb sonst werden oder wurden autokratische Staaten von der BRD (und anderen europäische Staaten) hofiert (bis nichts mehr geht)? Der arabische Frühling mitsamt seinem Schrei nach Demokratie wurde sich selbst überlassen, und nun grämt man sich wegen der Erstarkung der Islamisten. Hat man bis dahin heimlich gehofft, dass die Aufstände niedergeschlagen werden und die Staatsgeschäfte weitergehen können? Wollte man durch die Duldung der Diktaturen experimentell feststellen, was der eigenen Bevölkerung zumutbar sein könnte?

Der liebste bundesdeutsche Exportschlager ist und bleibt der Panzer. Der Leopard 2 A7+ ist wunderbar geeignet zur Niederschlagung von Volksaufständen. Er ist innerstädtisch einsetzbar und kann mit Räumwerkzeug sowie leichter Bewaffnung bestückt werden. Solche "Geräte" (800 Stück) sollen nun an die Saudis geliefert werden (am Parlament vorbei entschieden), die ihrerseits schon dem König von Bahrain geholfen haben, die Demokratiebewegung in seinem Staat niederzuschlagen. Auch das Emirat Katar bekundet Interesse an 200 Panzern. Wozu wohl?

Die europaweiten Proteste gegen die Zumutungen der Bankenkrise, welche die Bevölkerung die Verluste der Privatwirtschaft schultern lässt, während in den Konzernzentralen längst wieder der Champagner überläuft, lassen uns fröstelnd ahnen: Es ist davon auszugehen, dass auch diesen Protesten in Zukunft militärisch begegnet wird, selbstredend mit geeigneter Bewaffnung. Heute schon werden Occupy- Camps zwangsgeräumt, und die Polizeieinsätze in Stuttgart 21 lassen den Schluss zu, dass ein Militäreinsatz wohl effizienter gewesen wäre.

Es ist dies, was Krieg schon immer war: Er ist die Umsetzung ökonomischer Interessen mittels Waffengewalt und Präsenz. Und dabei spielt es keine Rolle mehr, ob das Militär Krieg gegen die eigene Bevölkerung führt oder gegen ein anderes Land. Der Feind ist stets der, der sich den ökonomischen Interessen einiger Weniger entgegenstellt. Die Freiheit wird nicht am Hindukusch verteidigt. Bares Geld wird dort verteidigt.

Wenn die Bundeswehr tatsächlich die Freiheit schützt, dann ist damit stets die Freiheit des Kapitals gemeint. Wenn die Bundeswehr das Grundgesetz schützt, dann schützt sie eigentlich das Recht auf Eigentum. Sie müsste daher eigentlich Kapitalwehr heißen. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Souverän mit der Möglichkeit von Inlandseinsätzen dieser Bundeswehr einen Bärendienst erwiesen. Zumindest, solange man davon ausgeht, dass der Souverän die Bevölkerung ist und nicht die Wirtschaft.

Erstere wird derzeit erst gar nicht mehr gefragt. Sie stellt lediglich das Stimmvieh, mit dem die jeweilige Regierung ihr von rein wirtschaftlichen Interessen geleitetes Handeln legitimiert. Fragt sich nur, wie lange man darauf noch angewiesen ist: Ein Wirtschaftsunternehmen kann sich schließlich auch keine demokratischen Strukturen leisten.

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