fleißiges Bienchen: Ich! |
Was habe ich damals gelästert, als der Boxhamsters- Gitarrist eine Arbeitskarriere dem soliden Musikerhandwerk vorzog. Zur Platte "Prinz Albert" gab es zu diesem Anlass eine Single mit dem Titel: "Weilo goes to Geldverdienen!" Ich finde, es steht einem Punkrocker nicht zu, durch Arbeit Geld zu verdienen. Aber was soll's?
Ich war selber nie Punk, ich war auch nie Goth oder Wave (heute hieße es wohl "Emo"), ich war nie irgendwas. Habe ich immer gehasst, diese Kategorien. Die Mädels konnten sich aussuchen, was sie in mir sehen wollten. Leider haben Sie's dann doch gemerkt. Ich trug vorzugsweise schwarz, dazu Schnallenschuhe von Shelleys oder Doc Martens von Doc Martens und eine "freche", gegelte Stachelfrisur. Ich wollte nirgends dazu gehören, ich wollte einfach sein. Wenn man zwischen den Stühlen sitzt, dann riecht es zwar schnell nach Schritt. Doch man ist auch schneller wieder weg.
Gearbeitet habe ich eigentlich immer. Und weil ich mit 22 Jahren gemerkt habe, dass Arbeit nicht so richtig Laune macht, vor allem, wenn man sie für andere tut, da habe ich dann "irgendwas mit Menschen" studiert. Seitdem hatte ich dann meine Ruhe wenigstens vor Fulltime- Jobs. Bis kürzlich. Da habe ich einen 40- Stunden Job angenommen, damit ich hernach mal etwas Geld in der Tasche habe und mein Arbeitslosengeld am Ende etwas aufgestockt wird.
Ich kann nicht sagen, dass mir diese Arbeit keinen Spaß macht. Was fehlt, ist der Spaß der Freiheit, was fehlt ist die Zeit. Plötzlich muss man seinen Alltag richtig organisieren. Eine Beziehung mit einem Menschen zu führen, der in einer anderen Wohnung lebt, wird dadurch sehr schwer, wenn man selbst einen Haushalt zu führen und noch einige Interessen mehr hat als abends erschöpft TV zu schauen. So ganz nebenbei versucht man halt doch, Körper und Geist fit zu halten - ein zeitaufwändiges Unterfangen. Wo hat da bitteschön die Kunst ihren Platz?
4! Das ist doppelt so viel wie 2 und vier mal so viel wie 1! Aber nur halb so viel wie 8 und nur ein Drittel von 12! Wenn es einfach nur die Stunden an Zeit wären, die mir tagtäglich für Musik, Text oder Malerei zur Verfügung stünden, mit 4 Stunden wäre ich sehr zufrieden. Aber so lange dauert der Job: 4 Monate! Für andere mag das lächerlich klingen. Für mich bedeutet dies einen erheblichen Einschnitt in meine gesamte Lebensführung. Der Tag ist für mich zu kurz geworden.
Und wer mal ehrlich zu sich selbst ist: Um damit zurecht zu kommen, darf man keinen einzigen kreativen Gedanken in der Birne haben.* Sonst wird man wahnsinnig. Weil die Umsetzung von Ideen kein Stückwerk aus Stunden ist, sondern vielmehr ein Cluster aus zusammenhängender Zeit. Jeder freie Gedanke bleibt dann solange im Hirn gefangen, bis er stirbt. Klug macht das nicht. Und frei auch nicht, wie die perversen Technokraten des Dritten Reichs beliebten zu "scherzen".
Ich will nicht jammern. Ich erzähle nur von der Zurichtung des Menschen durch (Lohn-)Arbeit. In dieser Erzählung spielt die eigene Erfahrung eine große Rolle. Dabei ist mir bewusst: Ich habe diese Arbeit nur für vier, immerhin gut bezahlte, Monate. Für die Einen ist das nur ein Klacks. Für mich ist das wie Knast! Ich habe noch dreieinhalb Monate abzusitzen. Und Sie?
* Sorry, RonJustice! Die Ausnahme bestätigt die Regel
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