kriegswichtig: ein Herz |
Antisemitismus stellt ein Problem dar, überall auf der Welt. Aber in der BRD ist dieses Problem auch ein Symptom einer noch viel größeren Problematik: Der Alltagssemitismus (sic!) bedient Klischees und Vorurteile, teilweise werden diese unbewusst, in "automatischer Rede", geäußert. Ein schweres sprachliches und damit bildungsbedingtes Defizit, wie ich meine. Hinzu gesellt sich der unbedingte Wunsch, missliebige Menschen herabzustufen. Das große Problem heißt wohl: Chauvinismus!
In unserer Gesellschaft werden ganz offensichtlich Frauen, Behinderte und Juden (u.a.) als minderwertig erachtet. Wer einen anderen Menschen herabsetzen möchte, würde ihn niemals als "Ungar/ Franzose", "Mann/ Junge" oder "Hetero" beschimpfen (warum eigentlich nicht?). Umgekehrt aber ist die Schmähung gelungen, wenn er ihn als "Jude", "Mädchen" oder als "Schwuchtel" bezeichnet. Es gibt natürlich haufenweise andere Beschimpfungen, und sie wechseln sich im Laufe der Zeit ab (wer erinnert sich nicht "gerne" an den "Nigger" zurück?) Allein der "Jude" als Schimpfwort weist auf eine offenbar ungebrochene Tradition zurück.
Woran mag dieses Bedürfnis nach Beschimpfung nur liegen? Finden wir zu unserer eigenen Größe tatsächlich nur dadurch, indem wir andere kleiner als uns machen? Und wie kommt's überhaupt, dass genannte Gruppen als minderwertig oder fehlerbehaftet gelten? Und wie kommt's, dass wir uns dermaßen betitelt in unserer Ehre besudelt fühlen? Liegt es am gesellschaftlich akzeptierten Menschenbild, das stets von dieser diffusen, imaginierten Normalität ausgeht? Dann wird's aber Zeit für die vielbeschworene Vielfalt, möcht' ich sagen. Und beleidigt werden kann schließlich nur der, der sich hernach beleidigt fühlt.
Wenn Worte andere in ihrer Würde nicht mehr herabsetzen können, dann werden sie auch nicht mehr benutzt. Im Kindergarten hat's uns jedenfalls geholfen. So kann es funktionieren: Wir lassen konstruktive Kritik an uns heran, und pubertäres Geschwafel lassen wir an uns abperlen. Wir denken uns: Hey, wenn Dein Leben scheiße ist, dann änd're was dran, aber lass' es nicht an mir aus, okay? Aber wenn ich genauer darüber nachdenke: Wahrscheinlich hilft das auch nicht, unsere Welt ein bisschen weniger islamo-, judäo-, homo-, gynäko- und vor allem anthropophob zu machen.
So, bevor ich mich hier weiter um Kopf und Kragen schreibe, höre ich besser auf. Die o.g. Studie gibt es übrigens hier... als PDF. Wer über den Begriff "Doppelstandards" gestolpert ist, dem wird hier... geholfen.
2 Kommentare:
Ist jemand über den Begriff "Doppelstandard" gestolpert?
Hierzulande stolpern sie ja noch nicht mal über Stolpersteine.
In der dir wohlbekannten regionalen Sauerkraut- und Blutwurstzeitung gibt es neuerdings eine Rubrik in welcher 'Nils Nager' versucht, Kindern und meinetwegen auch Jugendlichen mit autistischen Smartphone'zügen', Begrifflichkeiten 'näher' zu bringen.
WAS IST ANTISEMITISMUS? wurde wie folgt erklärt:
"Sind Menschen Juden gegenüber feindlich eingestellt, nennt man das Antisemitismus. Diese Leute reden zum Beispiel schlecht über Juden, also Menschen die sich zum Judentum bekennen. Das ist eine Religion wie Christentum und Islam..."
So, und jetzt werde ich weiter an meinem Staus arbeiten, damit ich künftig mehr bei Diskussionen 'ernte' als 'nur' ein lautstarkes "Halts Maul!".
Ich bin mir sicher, ich werde es noch schaffen, irgendwann 'jüdisches Schwuchtelmädchen' genannt zu werden....
Diese Erklärung der SundWZeitung ist natürlich sehr kindgerecht, blendet aber irgendwie den "latenten" Antisemitismus in Fußballstadien (Fußballstadiums auf neudeutsch) aus. Jüdisches Schwuchtelmädchen hingegen nimmt sich aus wie übertriebenes Gemetzel in Filmen wie Braindead.
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