Freitag, 19. September 2014

Den Aufstand proben: solidarisch die Ernte teilen! Salat für alle!

SoLaWi - solidarische Landwirtschaft: Bio-Bauern geben ihre Überschüsse an Zusammenschlüsse von Endkonsumenten ab. Erst mal eine super Sache. Meine Freundin C. gehört einem solchen Zusammenschluss an und koordiniert eine Friedrichshainer Gruppe (hier...).

Das kostet natürlich trotzdem ein Geld. Derzeit wird für eine wöchentliche Ration 80 Euro im Monat veranschlagt. Im Winter gibt es für dasselbe Geld zwei Wochenrationen. Ist an sich nicht viel, man kann eine kleine Familie damit ernähren. Nun ja, je nachdem was es gerade gibt. Für C. bedeutet die Koordination einen zusätzlichen Zeitaufwand, und alle Mitglieder sind dazu verpflichtet, zu regelmäßigen Ernteeinsätzen mitzufahren.

Moment mal: Ernteeinsätze? Reicht es den brandenburgischen Biobauern nicht, ihre osteuropäischen Erntehelfer und Langzeitarbeitslose auszubeuten? Müssen da auch noch idiotische Städter*innen für lau aushelfen? Nur damit die schlitzohrigen Bauern den Anbau verhökern können, mit dem andernfalls Biogas hergestellt oder der sonst unter den Acker gehoben würde? Die Ware ist selbstredend zweite Wahl.

Das ist natürlich ein älteres, lukratives Prinzip geschäftstüchtiger Bauern: Nehmt den verstädterten Primaten ihr Geld und lasst sie dafür etwas Landluft schnuppern, ein Feeling für echte Arbeit bekommen, ihrer Hände Lohn einholen. Dieses Prinzip ist ein zutiefst kapitalistisches und mein Groll richtet sich auf den von Arbeitgebern behaupteten Irrtum, der Arbeitnehmer müsse kein Geld dafür bekommen, wenn er arbeitet, er habe sogar dafür zu zahlen. Arbeit ist Luxus, meine Damen und Herren, und Luxus kostet!

Der Brandenburger hat den Kapitalismus ohnehin schneller und besser antizipiert als es ein durchschnittlicher, westdeutscher Bundesbürger jemals könnte. Er baut Zäune um seine Grundstücke wie die der Landbesitzer in Andalusien und bewacht seine Grundstücke mittels Hund und Schrotflinte. Passanten werden bei entsicherter Waffe beargwöhnt, und der Erleichterungsschnaufer ist nur ein kleiner, wenn der Brandenburger feststellt: Der Passant ist kein Neger und auch kein Zigeuner! Trotzdem bleibt die Waffe sicherheitshalber in Anschlag: Man weiß ja nie!

Warum sollte der brandenburger Biobauer da anders sein? Bauernschlau übertölpelt er die dummen Städter*innen und bringt es sommers fertig, ihnen fünf matschige Salate und ein paar holzige Radieschen anzudrehen, die noch am selben Tag verzehrt werden müssen. Oder er hat 10 Kilogramm Kürbis, die zwar länger halten, aber dafür eine abwechslungsreiche Küche verunmöglichen.

Wann habe ich zuletzt das gekocht, was ich wollte? Ich habe in letzter Zeit das gekocht und gegessen, was weg gemusst hatte. Sicher: Früher war das nicht anders. Das saisonbedingte Lebensmittelangebot führt uns zurück zu vorkonsumistischen Zeiten. Das könnte ein Segen sein, doch leider leben wir in einer völlig anderen Welt: Unser Leben wird bestimmt von Arbeitsprozessen, die im Gegensatz zu einer natürlichen Lebensart stehen. Das soll heißen: Wenn das Leben schon monoton ist, soll doch wenigstens die Nahrung ein Garant für Abwechslung sein! Ich will im Winter eine Orange aus Malta und keinen krüppeligen Apfel vom letzten Herbst, und ein Kohl aus Brandenburg ist kein Ersatz für eine Aubergine aus türkischen Gewächshäusern.

Die herkömmlichen Agrarproduzenten sind natürlich auch allesamt kapitalistische Unternehmen, und neben der Ausbeutung von Lohnabhängigen beuten sie zudem die Natur aus. Ich will hier sogar zugeben: Unter den Ärschen der Agrarzunft ist der Bio-Bauer der mit dem saubersten After! Trotzdem gibt es auch Grenzen. Ich will mich endlich wieder selbstbestimmt ernähren dürfen! Meine Gegner sind die SoLaWi sowie zynische Biobauern. Und C. ist ihr Zuchtmeister!

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