kriegswichtig: eine Plattform |
Herr Bold: Mein Name ist Holz E. von Bald.
Thomas Gottschalk: Na wie auch immer. Herr Bold, wie geht's, wie steht's?
Holz E. von Bald: Nehmen Sie bitte die Hand von meinem Knie...
TG: Mein Lieber, Sie - ich darf doch Du sagen? - Du bist...
HEvB: ... Sie dürfen nicht...
TG: ... Du bist also ein sogenannter Blogger und träumst bestimmt vom Umsturz des, ähhh, Systems, nicht wahr?
HEvB: Nein, eigentlich träume ich nicht vom Umsturz. Ich finde, es passt alles so, wie's jetzt ist.
TG: Wie jetzt?
HEvB: Na, 's ist alles knorke, so wie's ist.
TG: Entschuldige mal, das klingt in Deinem Blog aber ganz anders, mein Lieber. Salopp gesagt, kotzt Du ja so richtig ab. Ich hätte jetzt mehr Skandal erwartet, unsere Freunde vorm Fernseher wollen's so, gelle?
HEvB: Naja, das mit dem Abkotzen, das ist nur so ein Stilmittel. Grundsätzlich aber finde ich, dass alles in Ordnung ist.
TG: Und mit dem lieben Herrn Bundespräsidenten Wulff zum Bleistift hast Du auch keine Probleme?
HEvB: Nehmen Sie bitte endlich die Hand von meinem Knie... Der Herr Wulff, der macht das schon richtig. Schließlich ist er der oberste Repräsentant der BRD. Ihn zu beklagen hieße, das Amt des Bundespräsidenten in Verruf zu bringen...
TG: ... sehe ich ganz genau so...
HEvB: ... und seine Funktion ist ja auch, die Verhältnisse innerhalb der BRD zu repräsentieren. Endlich ein BuPrä, der als moralische Instanz auch wirklich nachlebt, was ihm vorgelebt wird.
TG: Häh?
HEvB: Nun, wenn Politik nach außen hin wie ein Selbstbedienungsladen wirkt, dann muss der BuPrä dies auch repräsentieren. Er repräsentiert genau genommen eine Bananenrepublik, und wir alle sollten uns ein Beispiel an seinem Verhalten nehmen.
TG: Das musst Du aber mal kurz erläutern...
HEvB: Gerne! Unsere Regierungskoalition ist mit dem Versprechen einer totalen Transparenz angetreten. Und ich finde, sie hat Wort gehalten. Transparency International hat keinen Grund zur Klage. Denn es ist überdeutlich, wem was zu Gute kommt und wofür. Ich erinnere da nur an die Senkung der Umsatzsteuer für Hotels. Oder die Bankenrettung. Oder die Abwrackprämie. Oder zuletzt der ESFS - auch wieder für die Banken. Da nimmt man kein Blatt vor den Mund. In diesem Sinne ist es auch folgerichtig, wenn die Verfehlungen einzelner Politikerinnen und Politiker benannt werden und auch sofort auch wieder verziehen werden. Das ist ein grundkatholischer Verhaltenskodex. Nur dass es hier nicht um Schuld, sondern um Fehler geht...
TG: Das ist mir eigentlich schon genug an Erläuterung, vielen Dank auch, mein Lieber, war schön, dass Du da warst und...
HEvB: ... von Guttenberg und Wulff, die sagen ja auch ganz offen, dass sie Fehler gemacht haben. Und da kann man sich doch auch als Bürger überlegen, ob man ja auch selber mal Fehler machen kann, und dann wird einem vielleicht auch verziehen, so nach ein paar Jahren Knast, da ist man dann ganz geläutert und rehabilitiert, während andere wiederum habilitieren. Oder wie ein Freund gemeint hat: "Entschuldigung, das mit dem unbezahlten Fernseher unterm Arm, das ist ein großer Fehler, aber Sie können mir glauben, wenn ich ihn wirklich hätte stehlen wollen, dann hätte ich es klüger angestellt." Man kann also niemandem mehr eine Absicht unterstellen. Wir alle sind Mängelwesen, und niemand lebt uns das besser vor als unsere Politikerinnen und Politiker. Wir sollten alle ihrem Beispiel folgen!
TG: Also willst Du sowas wie griechische Verhältnisse in Deutschland?
HEvB: Ach was, die Griechen. Die sind doch ganz arm dran. Die sind doch nur der Blitzableiter für all das, was bei uns nicht funktioniert. Es verhält sich doch so, wenn ich in einem Bild sprechen darf: Wenn zu uns nach Hause ein Handwerker kommt und alles noch viel schlimmer macht, als es vorher war, dann regen wir uns erst über den Handwerker auf. Wenn aber der Handwerker sagt, ja Entschuldigung, da habe ich wohl einen Fehler gemacht, dann freuen wir uns, dass er den offensichtlichen Fehler zugibt. Ist ja selten heutzutage. Wenn er dann noch über die faulen Griechen, Spanier, Portugiesen herzieht und behauptet, einer von denen wäre erst gar nicht bei uns vorbeigekommen, um die Sache in den Sand zu setzen, dann klopfen wir ihm auf die Schulter, bedanken uns bei ihm und geben ihm noch ein Trinkgeld für die Mühe.
TG: Du zeichnest jetzt aber gerade ein trübes Bild von der Intelligenz unserer Zuschauerinnen und Zuschauer, denen ich jetzt mal lächelnd zuwinke. Das ist nicht sehr nett vom Herrn Bold, gelle?
HEvB: Aber die Griechen sind viel schlimmer... oder gar die Spanier...
TG: Ach ja, stimmt. Die sollten lieber mehr arbeiten und weniger feiern und tanzen. Ich habe Dir unrecht getan, mein Lieber! Entschuldigung. Hier hast Du fünf Euro...
HEvB: Danke.
TG: Wo waren wir gleich stehen geblieben?
HEvB: Dort, wo die Bundesrepublikaner sich nur zu gerne ablenken lassen vom Ungeschick oder Unvermögen ihrer politischen Führer. Übrigens zeigen sie ein historisch einzigartiges Verhalten...
TG: ... das da wäre?
HEvB: Nun, die Bundesrepublikaner glauben tief in der Scheiße zu stecken. Und da steht dann einer am Rand der Güllegrube und reicht uns die Hand. Wir greifen die Hand und, das ist das Besond're, ziehen mit vereinter Kraft den anderen zu uns in unsere Scheiße hinab. Vernünftige Menschen würden versuchen, da raus zu kommen und sich hernach die Gülle von der Kleidung zu klopfen. Wir nicht! Wir wollen, dass es den anderen genauso schlecht geht wie uns. Das nennen wir dann Stabilität.
TG: Ich weiß nicht, diese Ausdrücke, mein Lieber: Stabilität? Gülle? Liebe Freunde vorm Fernseher, der Herr Bold, das ist schon einer, gelle... Deswegen machen wir jetzt auch gleich Schluss, wenn wir noch gehört haben, was Herr Bold uns zu tun rät?
HEvB: Wir müssen uns ein Beispiel an den Würdenträgern der Politik und der Wirtschaft nehmen: Wir müssen zuerst unsere moralische Integrität über Bord werfen, dann alles grabschen was uns in die Finger gerät und völlig schuldunbewusst Fehler eingestehen, wenn man uns dabei erwischt. Das ist menschlich, das ist katholisch. Das ist Banane, und das wiederum ist unsere Republik. Papa Schlumpf möge uns beistehen und unserer Seele gnädig sein!
TG: Na, mein Lieber, das war jetzt aber starker Tobak. Trotzdem schön, dass Du da warst, gelle? Dann mal servus, und wir begrüßen auch gleich den nächsten Gast, er ist Justitiar...
RonJustice: ... ähhh, nicht wirklich...
TG: ... ach, macht doch nix, mein Lieber... Ich darf Dich doch duzen, oder?
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