Mittwoch, 8. Dezember 2010

Selbsterkenntniss ist der erste Schritt auf dem Weg zur Besserung: Ich bin zu dumm!

Erste IQ-Tests als Pennäler haben mir geradezu Schwachsinnigkeit attestiert. Ich durfte dann trotzdem meine Mittlere Reife machen und habe dann noch ein paar Jahre gebraucht, um meine Fachhochschulreife dranzuhängen und auch ein Studium. Das soll nichts heißen: Wer würde behaupten wollen, dass Akademiker schlau sein müssen? Wäre dem so, dann sähe es aber ganz anders aus mit der Wirtschaft und der Politik, das können Sie mir glauben!

Ein Beispiel aus der Industrie soll uns verdeuten, wie sich Dummheit mit Nichtskönnertum elegant paart: Ingenieure entwerfen, ja wie heißen sie denn (zu dumm), solche Fahrradständer, die es eigentlich nur erlauben, dass jedes zweite Rad dort abgestellt werden kann. Das ist deutsche Ingenieurskunst oder aber die Rache des Autofahrers am schwächeren Verkehrsteilnehmer.

Ein Beispiel aus der Politik? Gerne: Landesbanken!

Oder vielleicht der Wirbel um das Enthüllungsportal WikiLeaks bzw. der Mensch, der seinen Kopf dafür hinhält. Wahrscheinlich bin ich nicht klug genug um zu verstehen, was schlimm daran sein soll, wenn eine Gruppe Menschen geheim- oder unter Verschluss gehaltene Dokumente veröffentlicht. Es handelt sich ja nicht gerade um eine Top-Secret-Angelegenheit, wenn das US-Militär der Öffentlichkeit das Video vom Mord an Reuters-Mitarbeitern vorenthält. Das fällt wohl eher unter die Rubrik "Vertuschung".

Man muss hier wirklich trennen zwischen Top-Secret und Verschlusssachen. Diese Trennung wird an dieser Stelle jedoch nicht gemacht. Was Geheimdienste über unsere Kanzlerin oder den Außenminister sammeln, ist jedenfalls völlig harmlos und diplomatisch völlig irrelevant. Die beiden sollten froh sein, dass man überhaupt über sie spricht. Und dass Staaten und Staatsdienste versuchen, (peinliche) Informationen zurückzuhalten, liegt wohl in deren eigensten Interesse und ist daher verständlich, wenn auch nicht löblich. Soviel verstehe ich dann doch noch.

Aber dass die gesamte Presse deren Argumente nachhechelt, ist befremdlich! Bislang dachte ich immer, dass es die Aufgabe der Presse sei, das zu tun, was Assange durch WikiLeaks macht: Dinge herauszufinden UND sie zu veröffentlichen. Die Presse gilt zwar als eine (inoffizielle) Säule der Demokratie, aber nicht als Stütze des Staates. Im Zweifelsgrund sollte sie opponieren was das Zeug hält. Doch hier herrscht seltsame Einigkeit. Es gibt dafür ein Wort: Staatspresse!

Man kann sie sich bildhaft vorstellen, die Redaktionen der Magazine und Zeitungen, wie sie da sitzen und sich die Köpfe zerbrechen über Nachrichten, die an die Öffentlichkeit sollen und jene, die unter Verschluss bleiben, weil der Inhalt zu brisant ist. Sie müssen geradezu körperlich leiden, weil sie es sich selbst auferlegt haben, nur noch Pressemitteilungen von Bund und Wirtschaft zu veröffentlichen, all das für eine bessere Welt. Diese Presselandschaft braucht keinen Staat mehr, der sie zensiert. Sie genügen sich selbst vollauf. Und dann kommt da plötzlich so ein smarter Typ wie Assange daher und bricht einfach den globalen, sozialen Frieden mit einem Enthüllungsportal. Frechheit, das!

Da ist man ja froh, dass dieser Gutmensch doch seine Schwächen hat und gleich zwei Frauen am selben Tag zu ungeschützten Geschlechtsverkehr gezwungen haben soll. Dieser fiese Drecksack, Mistkerl, Schweinehund! Wenn man ihn schon nicht wegen Geheimnisverrat drankriegen kann, dann doch hoffentlich wenigstens deswegen? Wäre ja noch schöner, wenn so einer frei herumlaufen dürfte. Der fickt doch bestimmt auch Priester!

Andererseits wirkt es geradezu hilflos, wenn dieser womöglich platzierte Vorwurf WikiLeaks zu Fall bringen soll. Wird nicht klappen: Assange macht ja wohl kaum alles alleine, es gibt wahrscheinlich viele Helfer und Sympathisanten. Außerdem ist er nicht rechtskräftig verurteilt und gilt bis dahin schlicht und recht als unschuldig. Doch etwas Rufmord kann der (Staaten)Sache nicht schaden, nicht wahr? Und wenn noch ein paar Banken und Provider mitziehen, dann kann man den Sumpf gut trockenlegen.

Was müssen die alle eine Heidenangst haben! Gottseidank bin ich zu dumm, um das alles zu verstehen!

P.S. Es beruhigt mich mehr als dass es mich ängstigt, wenn ich erfahre, dass arabische Staaten offiziell zwar hinter Ahmedinejads Iran stehen, inoffiziell aber den großen Satan USA um Unterstützung bitten.

P.P.S. Jede Zeitung klopft sich selbst auf die Schulter, wenn es ihr gelingt, Unrechtssysteme zu stürzen oder Missstände aufzudecken. Aber wieso wird Assange dafür kritisiert, wenn er ankündigt, ein bis zwei Banken zu Fall zu bringen?

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