Montag, 30. August 2010

Der, dessen Name nicht genannt werden soll! Man muss auch mal was sagen dürfen!

Der, dessen Name hier nicht genannt werden soll (u. a. weil ihm ohnehin schon viel zu viel Aufmerksamkeit zuteil wird), bezeichnet sich selbst als bekennenden Christen. Dieses Bekenntnis hält ihn allerdings nicht davon ab, übelste Hetze gegen Minderheiten zu treiben und diese damit zu diskriminieren. Der, dessen Name hier nicht genannt werden soll, müsste dementsprechend seine Glaubensgrundsätze überprüfen.

Apropos Glauben: Der, dessen Name hier nicht genannt werden soll, sagt und schreibt Dinge, die allein seiner Meinung entsprechen. Dies wollen wir ihm nicht verbieten. Schließlich leben wir in einem freien Land, in dem man seine Meinung äußern darf. Leider, möchte man manchmal sagen! Dennoch müssen diese Grundsätze für alle gelten. Auch für den, dessen Name hier nicht genannt werden soll.

Man sollte aber auch die Grenzen des guten Geschmacks kennen und muss nicht alles in die Welt hinein posaunen, was man so vor sich hindenkt im stillen Kämmerchen seiner persönlichen, intellektuellen Verzweiflung. Auch wenn man Geld damit verdienen kann: Schließlich hat man ja auch eine soziale Verantwortung als sogenannter Leistungsträger! Da ziemt es sich nicht, die Bevölkerungsschichten gegeneinander aufzuhetzen. Und schon gar nicht mit Stammtischparolen!

Der, dessen Name hier nicht genannt werden soll, ist ein Intellektueller! Das darf man schon so sagen, zumindest nach Joseph Schumpeter: Er bezeichnet die Intellektuellen als "...Menschen, die zu reden und zu schreiben verstehen und mit ihrer Kritik öffentlich Dinge zur Sprache bringen, die an sich außerhalb ihrer eigenen Sachkompetenzen und Verantwortungsbereiche liegen. Ihre Erfolgschance beruht auf der Legitimitationsfähigkeit durch in der jeweiligen Gesellschaft verbindliche Grundwerte und liegt vor allem in ihrem Störpotenzial."

Heben wir einmal die Stichworte "Verantwortungsbereich" und "Sachkompetenz" zusammen mit der Präposition "außerhalb" hervor und setzen sie in einen Zusammenhang mit der im Folgesatz erwähnten Nomen-Adjektiv-Komposition "Störpotenzial", dann haben wir im Ungefähren die Parameter, in denen sich die Äußerungen von jenem, dessen Namen wir hier hier aber sowas von gar nicht nennen wollen, bewegen. Übrigens: Laut Wikipedia galt in der griechischen Antike ein Mensch, der Öffentliches nicht von Privatem trennen konnte, als ἰδιότης (idiótes). Heute sagt man schlicht "Idiot" und meint etwas anderes.

Der, dessen Name auszusprechen sich hier verbietet, hat nun ein Buch geschrieben. Man kann annehmen, dass er dies getan hat, um zu provozieren. Er hat gelernt, dass mit Provokation Geld verdient werden kann. Außerdem hört man ihm endlich einmal zu. Vielleicht wurde dem, dessen Name auf immer verschwiegen sein soll, in seiner Kindheit nicht so sehr zugehört. In der Erziehung kann vieles falsch gemacht werden.

Vielleicht ist der, dessen Name auf immer mit einer solch blutigen Blödheit in Verbindung gebracht werden wird, dass man ihn am liebsten gar nicht mehr aussprechen mag, tatsächlich emotional etwas vernachlässigt, und muss nun alles ausplappern, was ihm so alles nicht passt. Deswegen muss er überhaupt alles sagen dürfen, was seiner Meinung nach gesagt werden muss. Viele seiner Zuhörer und Leser geben ihm recht. Das sagt einiges aus, erklärt aber nicht das Wort "Intelligenz"!

Apropos Buch: Natürlich habe ich das betreffende Buch des Mannes, dessen Name hier getilgt wurde, aus Gründen der Ästhetik und der geistigen Reinheit, nicht gelesen. Das werde ich auch nicht tun. Es interessiert mich schlicht nicht, was jener, dessen Name ungenannt bleiben soll (allein der Pietät willen), zu schreiben hat. Außerdem wäre ich ihm dann auf den Leim gegangen. Es wird ihm aber auch nicht weh tun, wenn ich das Buch nicht kaufe und auch nicht lese, weil der Mann mit dem Geht-Nicht-Namen einmal gesagt hat, er würde auch für nur 5 Euro die Stunde arbeiten.

Für jedes Buch, das gedruckt wird, gibt es einen Verlag, der den Druck in Auftrag gibt. Der Verlag weiß in der Regel was er tut, so wie ein Dieb weiß, wenn er stiehlt. Vorher hat ja bestimmt einer das Buch gelesen, bevor es veröffentlicht wurde. Möglicherweise haben sich sogar Rechtsanwälte damit beschäftigt und dafür gesorgt, dass das Buch zwar ganz arg provoziert, aber nicht so arg, dass jemand, der sich beleidigt fühlt, dagegen klagen könnte. Genau so werde ich es hier auch tun!

Höchstens so eine kleine Klage wird möglich sein, die der, dessen Name hier nicht genannt sein soll, wahrscheinlich abwimmeln wird, weil er die besseren Anwälte hat. Dann gibt es ein flottes Urteil zu seinen Gunsten und er darf ab sofort und völlig legal diese bestimmten Sachen sagen, die einfach mal gesagt werden müssen und gegen die irgendein Dummerjan geklagt und vor Gericht kläglich verloren hat. Das Gesetz hat immer recht und verteidigt stets die geistige Avantgarde einer Gesellschaft. Das ist heute so und so war es auch schon vor 75 Jahren!

Und die einen, gegen die er seine Sachen gesagt hat, die nun mal gesagt werden müssen, die heulen laut auf und jammern und finden das ungerecht, dass einer plötzlich sagen darf, was er so denkt, obwohl das vorher gar nicht möglich war. Die anderen, die nun gerade finden, dass man eben diese Sachen auch laut und vor allen Dingen oft aussprechen muss, die freuen sich, weil sie endlich wieder sagen dürfen, was sie insgeheim schon immer gedacht haben, dabei aber geglaubt hatten, dass das, was man mal laut (und vor allen Dingen oft) aussprechen müsste, den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt.

Irgendwie ist das alles furchtbar ungerecht, und man sollte mehr auf die hören, die es ohnehin schon schwer haben. Leider aber, so muss man das schon sagen, haben es alle irgendwie schwer - ein jeder für sich ganz besonders! Ich wünsche dem, dessen Name hier nicht genannt sein darf, nicht aus justiziablen sondern aus ästhetischen Gründen wohlgemerkt, alles Gute und eine baldige Genesung vom neokonservativen Stumpfsinn und beende den Text hier mit folgendem Rätsel:

Wer ist gemeint mit "Der, dessen Name hier nicht genannt sein darf"?

a) Muhammed Ali
b) Guido Westerwelle
c) Holz E. Kart
d) Thomas Pynchon
e) jemand ganz anderes

Jede richtige Antwort wird mit "richtig" beantwortet!

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