Ist ja gut, ich gebe es zu: Wenn ich in großer Eile bin und ich zum Überqueren eines banalen Platzes amidst 2er Straßen circa 5 Minuten zu brauchen drohe, da jeder meiner Schritte von einer roten Fußgängerampel durchkreuzt wird, dann gehe ich schon auch mal über die Straße, ohne auf die StVO zu achten. Dabei verschaffe ich mir stets einen Überblick über die Verkehrsverhältnisse. Selbstmord ist mein Ding nicht!
Ich sehe es schlicht und einfach nicht ein, warum ich wegen eines roten Lichtreizes doof an einer Straße stehen bleiben soll, wenn sowieso kein Auto kommt. Wenn es regnet, wird man nur länger nass, und wenn die Sonne brezelt, dann nur länger Kirre. Auf jeden x-beliebigen Autofahrer muss gewartet werden, die ja gerade dann erst anrasen und nochmal schnell bei rot über die Ampel müssen, wenn der gemeine Fußgänger gerade grün hat.
Ampeln sind eine Plage und gehören einfach abgeschafft. Ich habe Augen im Kopf, und die müssen genügen. Schön wäre es, wenn Autofahrer auch Augen im Kopf hätten, doch stattdessen haben sie lediglich Rezeptoren, die durch Lichtsignale zwar optisch gereizt werden, aber diese nicht immer dem Recht- und Sicherheitsempfinden der Allgemeinheit entsprechend interpretiert werden. Und damit bringt der gemeine Autofahrer andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr.
Gehe ich aber blickenden Auges über einen berotlichteten Fußgängerüberweg, dann bringe ich nur mich selbst in Gefahr, wobei ich ob der plumpen Fahrtaktik anderer Verkehrsteilnehmer nicht wirklich sicher bin, ob die Methode des "bei Rot stehen, bei Grün gehen" mein Leben sicherer macht als das Motto "den Verkehr sehen und lebendig über die Straße gehen".
Bin ich deswegen ein schlechtes Beispiel für Kinder? Ich glaube kaum! Ich bin der Überzeugung, dass jedes Kind sicherer über eine Straße gelangt, wenn es mir affektiv hinterher läuft, als wenn es sich darauf verlässt, dass die lieben Autofahrer schon halten, wenn ihre Ampel rot ist. Wer sich blind an irgendwelche Regeln hält, der glaubt auch, dass es zum Kapitalismus keine Alternative gibt und dass sein Geld bei einer Bank gut angelegt ist. Oder das Atomkraftwerke sicher sind und umweltfreundlich.
Motorisierte Verkehrsteilnehmer fühlen sich stets im Recht. Wie bei den Affenhorden, die in der kürzeren Vergangenheit der Menschheitsgeschichte ihr Unwesen trieben, wähnt sich jene im Vorteil, deren technisches Arsenal ausgereift ist. Wer nun schon mal bei der IAA in Frankfurt war, der weiß: Menschen, deren Selbstwertgefühl schon allein beim Betrachten eines PKW größer wird, neigen zum Größenwahnsinn. Dem niederen Fußgänger oder Radfahrer werden sie nie den gehörigen Respekt erweisen. Sie belehren ihn, aber sie achten ihn nicht!
In den Quadraten Mannheims gibt es nun seit Monaten eine feine Regelung, welche es den Radfahrern erlaubt, sich entgegengesetzt zur Einbahnstraße fort zu bewegen. Nun gibt es dort beinahe täglich Auseinanderstetzungen zwischen motorisierten und pedalisierten Verkehrsteilnehmern, die nicht selten damit anfangen, als dass der geplagte PKW-Führer nochmal extra auf das Gaspedal tritt und entgegenlenkt, weil er glaubt, der Pedaltreter übertrete die Verkehrsregeln.
Das wahre Schwein im Straßenverkehr ist aber jener, der andere in Gefahr bringt, nur weil er im Recht ist oder es zu sein glaubt! Dumm ist das auf jeden Fall. Man darf ja auf keinen Fall auf etwaige Verfehlungen dieser Fußgänger und Radfahrer verweisen, weil diese sich ausschließlich SELBST in Gefahr bringen. Das ist ein kleiner, aber qualitativ erheblicher Unterschied zum aggressiven KFZ-Führer. Außerdem sollte man niemals jemanden für die Fehler anderer Menschen verantwortlich machen! Ich kann schließlich nichts dafür, wenn irgendjemand zuvor dem Autofahrer seinen Stinkefinger entgegen gereckt hat oder dieser ein verpfuschtes Leben führt.
Womöglich zurecht! Denn die Straßen sind viel zu schade, als dass man sie größenwahnsinnigen Autofahrern alleine überlassen sollte. Wer sich einmal mit dem Zweck einer Straße auseinandergesetzt hat, der weiß ohnehin, dass diese ursprünglich gar nicht nur für Fahrzeuge gedacht, sondern eher für Fußvolk und Handwägen. Damals war es ein friedliches Nebeneinander, Tote gab es nur wegen der Maut. Seit der erste pferdestärkengetriebene Wagen gebaut wurde, ist dieser Frieden zerstört! Regeln mussten her, zum Schutze des Fußvolkes.
Dass es eine StVO gibt, ist alleine der Tatsache geschuldet, dass Menschen zwar psychisch in der Lage sind, sich über andere zu erheben, aber physisch nicht in der Lage sind, ihre Fahrzeuge sicher zu führen. Ich kann mich noch erinnern, als in der Kreisstadt in der Nähe meines Geburtsortes die erste Fußgängerampel aufgestellt wurde: Nicht, weil die Fußgänger zu doof waren, eine Straße zu überqueren, sondern weil die Autofahrer zu dumm waren, ganz selbstverständlich auf ihre Mitmenschen zu achten.
Doch nun ist das Schutzprinzip einer Zwangsverpflichtung zum angeblichen Selbstschutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer gewichen. Die Straßen aber, sie gehören allen. Sie werden nicht unterhalten durch die im Umfang lächerliche KFZ-Steuer, und auch nicht durch Benzinsteuer. Diese Besteuerungen gehen drauf, um Schäden an Mensch und Umwelt zu bezahlen. Den größten Batzen macht die Mehrwertsteuer aus, und die bezahlen wir alle reichlich. Man soll jedoch nicht glauben, dass der Erwerb eines PKW den persönlichen MwSt-Beitrag erhöht, bei den Subventionen (die wiederum wir alle zahlen), welche die Automobilbranche erhält.
Umdenken heißt: Die Straße mit allen teilen und Umsicht walten lassen. Da braucht man am Ende keine Ampel mehr und auch keine 100 Verkehrszeichen pro Einmündung. Selber denken ist immer besser als bedacht zu werden. Das ist das Konzept des Shared Space, und es ist gut! Unbedingt nachlesen. Und nachmachen! Am Ende emanzipiert sich der Mensch noch von seinem stupiden Dasein und kann nach etlichen Tausend Jahren endlich das sein, was er zu sein glaubt: Die Krone der Schöpfung.
So aber, ist er nur ein beinahe unbehaarter Hominide, dessen höchste zivilisatorische Errungenschaft die Zahnbürste ist.
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