Dienstag, 16. September 2008

Stiefmütterchen Experiment spricht mit vier Stimmen zu Mannheim! Nur wenige hören zu!

Was früher einmal Independent war, war später Alternative und ist heute im Mainstream angekommen. Es ist die bittere Wahrheit, dass Bands wie Coldplay heute in der gleichen Liga spielen wie einst Queen und die Metallica-Luschen das schlechtere Äquivalent zu Deep Purple sind. Doch kann man sämtlichen vorgenannten Bands heute kaum mehr eine künstlerische Bedeutung zusprechen. Money talks, that's it! Und deswegen ist die Krise der Musikindustrie auch eine Kunstkrise: Wer beliebige Musik absondert, darf sich nicht wundern, wenn diese ebenso beliebig aus dem Netz gesaugt wird und auf der Festplatte verschimmelt, dabei höchstens mal eine Aufführung im Shuffleplay der Musikhandies findet.

Die "PopHauptstadt" Mannheim will ja immer so besonders sein, bekommt aber leider auch nichts anderes hin als den DurchschnittsPop von der Popakademie und die omnipräsenten Söhne Mannheims mit Xavier Naidoo an den Eiern. Christenkram, gefälliger Pop mit GähnMessage - dabei föllig belahnglooos, so dass man noch nicht einmal die korrekte Rechtschreibung anwenden möchte. Die Kunst und die Freude an der Musik muss man sich woanders abholen, unten bei den Kleinen. Bei denen sich Madonna und Konsorten schamlos bedienen dürfen, wenn deren Erzeugnisse beginnen, hip zu werden.

Eigentlich müssten die MannheimerInnen ja ausgehungert sein nach dem echten Scheiss und die Konzerte des Feuerwachenablegers "Brandherd" goutieren wie Drecksau. Denn hier wird man so gut wie nie enttäuscht, und wenn doch, tut's finanziell nicht arg weh. Also: Was ist los? Sind die Mannheimer StudentInnen und Nerds vollends im kulturellen Nirwana angekommen und geben nicht die Bohne für die etwas abseitigere Musik? Plündert man mittlerweile die Platten-, pardon CD-Sammlung der Eltern und revoltiert nicht mal mehr popkulturell? Tötet das Studium von Jura und BWL jeden Sinn für Ästhetik?

Heute abend also der MannheimAbstecher zum 10jährigen Bestehen des GagarinRecordLabels mit Ergo Phizmiz, Pete Um und EchoKrank sowie ein DJ-Set des Labelgründers Felix Kubin. Kennt keiner? Macht doch nix! War nämlich trotzdem superlecker und großes Entertainment. Alles grundsympathische Zausel, die Spaß an ihrer Musik haben und sie dennoch oder gerade deswegen in ein Konzept einbetten. Besonders hervorzuheben sind die elektronischen Miniaturen des SydBarrettLookAlikes Pete Um, ein Dandy von Gottes Gnaden, der nichts weiter braucht als einen defekten MD-Player, ein Glas Bier und ein Mikrofon, um das Publikum zu begeistern. Dazu eine pointenreiche Lyrik, knapp gehalten und dabei noch an Oscar Wilde erinnernd. Klasse!

Das Konzert wäre womöglich besser besucht gewesen, wenn deutlich gewesen wäre, dass EchoKrank zur Hälfte aus StereoTotal besteht. Hier erinnerte alles etwas an die frühe NDW, als alles noch gut war und die Texte von Alltag, Stadt und der farbe Grau handeln durften. War trotzdem Klasse, und on Top gab's dann noch ein Tutti mit allen beteiligten Musikern - zwar alles Männer, aber dennoch erbaulich. Den Musikern hat's Spaß gemacht, und dem Publikum auch. Wer's verpasst hat, war einfach nicht mutig genug, auch mal was außerhalb der vom Feuilleton gehypten Acts zu testen. Ach so: Im MaMo gibt's ja nur zwei Kulturseiten! Wie lautet deren Motto noch? Kultur in fünf Minuten?

Wer allerdings kulturelle Vielfalt erhalten möchte... ach was rede ich da? Will doch eh' keiner! Lassen wir Brandherd sterben und uns abdriften ins Mittelmaß! Irgendwann finden wir auch Xavier Naidoo gut, irgendwann mögen wir sogar Stefan Raab und irgendwann lieben wir es, einfach zu Hause zu bleiben, wo's warm ist und gemütlich. Einfach Augen und Ohren zu und durch. Lasst uns doch einfach als träge und tumbe Masse durch's Leben wandeln. Ach, das tun wir bereits? Schon wieder nur: Ach so... Dabei könnte man es auch einfach nur geniessen, wenn mal was geboten wird, hier in Mannheim.

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