Sonntag, 12. Juli 2009

Mannheim ist keine Kulturstadt! Vom sozialdemokratischen Verständnis der Kunst!

Meine liebe Frau C. hat mich wieder mit Neid erfüllt: Sie war kürzlich in Frankfurt zu besuch bei einer Kollegin, und nach eingehenden Tapas-Studien traf sie andere KollegInnen und einen alten, in die Mainmetropole umgezogenen, Freund, die gerade auf dem Weg zu einem Konzert waren. Nun hatte meine liebe Frau C. an diesem Abend alles: gutes Essen, Freunde und ein CasualConcert.

Nun ist NoMeansNo nicht unbedingt mein TopFavorit, wenn es um musikalische Ereignisse geht. Doch leider muss ich sagen, dass es tatsächlich eines der Interessanteren in letzter Zeit gewesen wäre, und ich mich hier in Mannheim schon seit längerem nach einem Konzert, das der Rede wert wäre, sehne! Denn fassen wir einmal ins Auge, was denn hier so ansteht: Ach nein, ist mir doch zu doof und viel zu traurig! Langeweile steht an, und zwar bis Dezember - und das ist nicht gelogen!

Wenn schon ein Auftritt von Andreas Vollenweider & Friends im September das erträglichste Event darstellt, dann liegt es mit der hiesigen musikalischen Erbauung im Argen. Selbigen hatte ich in den 80ern einmal in einer seriösen Musiksendung gesehen. Seine albernen Verrenkungen an der Harfe stießen mich zwar ab, doch die Musik tat ihr Übriges: Nun ja, zu der Zeit fand ich auch Mike Oldfield gut! In den Zeiten vor gigantischen MP3Sammlungen gab es eben auch nicht so viel Musik wie heute - da durfte man nicht wählerisch sein.

Soviel zu den faulen Ausreden! Bleibt aber eines festzustellen: Mannheim ist kein Ort gehobenen (Pop)Musikgeschmacks! Lärmten vor Jahrzehnten noch die Einstürzenden Neubauten durch den Rosengarten oder John Cale im Capitol, ist heute Tristesse angesagt. Das nun wohl jährlich stattfindende Festival im Schlosshof bietet - mit Verlaub gesagt - abgestandenen PopRock, wobei Pink im letzten Jahr tatsächlich noch etwas wie Glamour geboten haben mochte (Superstardom eben), aber am Samstag mit Raemonn (OneHitWonder/ öd) und Silbermond (Deutschrock/ brav) definitiv in den Niederungen seichter Unterhaltung angelangt ist.

Für eine Stadt, die sich rühmt eine PopAkademie zu haben, bietet Mannheim recht wenig. Einzig positiv mag man den Feuerwachenableger "Brandherd" werten, hier organisieren Kenner inmitten von Banausen recht nette Konzerte. Aber schon die Feuerwache nimmt einfach, was überhaupt nach Mannheim kommen will (na gut, Wire und Notwist waren sich nicht völlig zu schade, mussten ihre Konzerte leider aber inmitten meines MaltaTrips verlegen). Die SAP-Arena muss allerdings so wirtschaftlich sein, dass sie gar kein Risiko eingehen kann.

Mein Physiotherapeut klagt über mangelnde Auftrittsgelegenheiten für seine Band: Es gäbe in M. wirklich kaum Orte, an denen man zu fairen Konditionen auftreten könne. Man ist es ja gewohnt, dass alternative Musikformen Schwierigkeiten haben, ein Forum zu finden. Aber dass selbst Heavyrocker das nicht hinbekommen, spricht Bände (mich würde nun das Bild interessieren, dass Ihnen jetzt als adäquate Beschreibung meines PT durch den Kopf geistert).

Wenn aber nun selbst die PopAkademie für ihre Bands kaum andere Auftrittsgelegenheiten hat als in den eigenen Räumen, dann beweist das doch, wie halbherzig die ganze Sache angelegt ist: Der Mannheimer möchte abends Totenstille haben, aber trotzdem stolz darauf sein dürfen, dass sein provinzielles Kaff irgendwas mit Kultur zu tun hat! Dieses Missverhältnis ist geradezu lächerlich!

Wie möchte unser aller liebster OB denn bitte seine vielbeschworene Kreativwirtschaft anziehen, wenn Kreativität im Ansatz schon erstickt wird? Das ist nun wiederum keine Frage nur von PopMusik, sondern betrifft das ganze, sozialdemokratische Verständnis von Kunst und Kultur. Da ist es dann ganz natürlich, dass Künstler genauso viel Ladenmiete entrichten müssen wie kommerzielle Unternehmungen. Dafür gibt es doch Kulturförderung?

Tja, die armen Schweine (siehe Kunstladen) müssen dafür aber Integrationsarbeit im Stadtteil leisten - Kunst im Auftrag der Politik. Das ist, einfach gesagt, eine große Scheiße! Wiederum andere können Projektgelder beantragen, müssen aber 75% der geförderten Summe gegenfinanzieren. Wer von der Stadt 1000 Euro erhält, muss dann 3000 Euro entweder einnehmen oder diese Summe investieren. Künstler können das: Die schwimmen in Geld und verkaufen ihre Kunst im Dutzend!

Das alles könnte so einfach sein: Leerstand gibt es schließlich genug, da sei einmal das Stichwort "Zwischennutzung" genannt. Dann wäre einmal über eine sinnvolle Kunstförderung nachzudenken - schließlich kommt Kreativwirtschaft dahin, wo Kreativität auch eine Basis hat, nicht umgekehrt! Ich jedenfalls biete mich der Stadt Mannheim als Kulturbotschafter an - und das für ein lächerliches, jährliches Salär von nur 50.000 Euro und einem Etat von 70.000 Euro. Das ganze wäre auf fünf Jahre angelegt und brächte der Stadt mehr ein als nur leeres Geschwätz und irgendwelche verzweifelten PrestigeFestivals!

Solange muss ich aber warten, bis wenigstens eine Band wie NoMeansNo nach Mannheim kommt. Ganz ehrlich: Ich selber wollte dort auch nicht spielen!

2 Kommentare:

Totenstille hat gesagt…

Dieses "provinzielle Kaff" hätte sicher nichts dagegen, wenn Sie nach Frankfurt zögen. Wir brauchen mehr Leute, die selbst aktiv werden, und nicht noch mehr Reden schwingende Nörgler.

holz e. von bald hat gesagt…

Dieses provinzielle Kaff hat mich längst los: Ich gehe zurück nach Berlin, spätestens im November. Übrigens bin ich selbst Kulturschaffender und schreibe solche Texte nicht von ungefähr. Nirgendwo kam ich mir so unwillkommmen und mich mit soviel Desinteresse versehen vor wie hier! Und ich sage es deshalb deutlich (und stehe mit meiner Meinung nicht alleine): Mannheim ist verschnarchteste Stadt von Welt, und nicht die Nörgler gehen weg von ihr, sondern letztendlich die Kreativen.