Mittwoch, 31. Dezember 2008

Mannheimer Abstürze! H7/12 und die Frechheit der Fotographie!

Kurz zuvor erwähnte K. noch, dass es in Berlin gerade ähnlich sei: Jetzt da sie allmählich wieder aus ihrem kulturellen und sozialen Tiefschlaf erwache, würfen die Freundinnen Kinder und deren Männer entwickelten sich zu geschlechtlosen Irgendwasse. Wie stets auf solche Repliken urbanen Lebens trank FarmerBoy einen kräftigen Schluck Bier und dachte zurück an die Zeiten, als er noch MetroBoy war. Und beschied K., dass er noch lange nicht so weit war, sich auf sein Altenteil zu setzen, Sie verstehen: Altenteil, nicht Hinterteil - HaHa! Er habe noch so einiges vor und wolle noch etwas erleben, ganz im Gegensatz zu den vorzeitig gealterten Mittzwanzigern hier, die entnervt abwinkten, wenn von ihnen eine intellektuelle Leistung verlangt würde.

Da war er also wieder, der MannheimBlues, dessen Strophen ein kärgliches Nachtleben umfing und im Mittelteil ein JammerSolo sondersgleichen enthalten sollte, das Schmacht, Trauer und auch etwas Todessehnsucht mitschwingen ließ. Daraufhin tranken K. und MetroBoy noch etliche Biere und begaben sich dann auf eine Ausstellung in H7/12, wo er für die Musik zuständig sein sollte und diesbezüglich sein NoteBook bestückt hatte mit Musik ausschließlich brillanter Natur. MetroBoy verdankte diesen Auftritt einer offensichtlichen Fehlinformation, in der kolportiert wurde, er habe einst regelmäßig in einem PrenzlBerger Club aufgelegt und dort ordentlich Meriten gesammelt.

MetroBoy indes tat niemals etwas dazu, diese Information zu belegen, und zum Ausgleich dazu tat er auch nichts, um sie jetzt zu widerlegen. Wozu auch? Solange seine Person noch den BerlinBonus hatte, wollte er doch den Teufel tun und in die Mittelmäßigkeit abtauchen. Außerdem würde das Partyvolk es selber merken, welche Pfeife respektive welches Genie die Datenbank zum kochen bringen würde. Zumindest aber wäre diese Pfeife/ dieses Genie in Berlin bekannt und somit würde man sicherheitshalber und zum Beweis der eigenen Hipness alles gut finden müssen, was aus der Festplatte kommt. Sonst käme man eventuell in den Ruf, ein Bauerntölpel ohne jede Großstadterfahrung zu sein.

Dass dies den MannheimerInnen jedoch gar nichts ausmacht, damit hatte FarmerBoy nicht gerechnet. Hip hin oder her, wenn Musik nicht wenigstens 10 Jahre seiner Zeit hinterherhinke, sei es einfach keine Musik, sondern so moderner Kram, den in 10 Jahren keiner mehr hören möchte. Da war er nun wieder, der Kunstbegriff: Musik wird plötzlich zu einer die Ewigkeit überdauernden Kunst erhoben, obwohl Millionen von Daten im wirklichen Leben unaufgerufen und ungehört auf irgendwelchen Festplatten verschimmeln. Andererseits hängen die selben Leute Gemälde in ihrer Wohnung auf, weil sie so hübsch zur Wandfarbe passen und nicht anders herum, die Wandfarbe gemäß gekaufter Kunst gestaltet wird.

Und wo wir gerade mal bei Kunst sind, erboste sich MetroBoy, was hier so ausgestellt würde, sei ja wohl Beweis genug für ein mangelhaft ausgeprägtes Kunstverständnis. Die Ausstellung nämlich beinhaltete einige sorg- und lieblos an die Wand gepinnte Fotografien in den Maßen von ca. 25x40cm, sämtlich ohne Titel und ohne erkennbares Konzept. Der Künstler hätte sich nun wirklich die Mühe geben können, die Fotographien von Campingausflügen und Haushaltsgeräten wenigstens in einen Kontext zu stellen, doch darauf angesprochen winkte er ab und befand, die Bilder müssen alleine für sich sprechen und alles andere sei SchnickSchnack.

Was K., ehemalige Studentin der Fotographie in London, beinahe wütend machte und sie ihm deshalb gewissermaßen unterstellte, er würde sich mit seiner Ausstellung eine große Frechheit leisten, ja sogar eine bodenlose Frechheit, was CountryGirl beifällig abnickte, die sich zuvor zurückhaltend mit einem "naja" über das Dargebotene ausließ, weil die Fotographien ja so gar keine Aussagekraft hätten und wie lieblose Schnappschüsse aussähen. Irgendwie war ab da der Wurm drin, und auch MetroBoys brillante Musiksammlung konnte nicht darüber hinweg helfen.

Er war sowieso schon etwas hinüber, alkoholbedingt. Jedenfalls funktionierte noch sein Verstand, nur leider viel zu langsam, und sein Körper verweigerte ihm in zunehmend rebellischer Weise die Gefolgschaft. Was seltsame Spasmen zur Folge hatte, einhergehend mit groben Patzern in der Bedienung des Notebooks. Sein Verstand dachte sich wunderbare Erklärungen dafür aus, leider waren diese zeitverzögert und aufgrund fehlgeleiteter Zungenmuskulatur auch lallend vorgetragen, so dass der verbal Bedachte nicht umhin kam, Unverständnis und Irritation darüber zu äußern. Am Ende sogar Missmut!

Dennoch wurde am Ende noch getanzt, was wohl dem insgesamt gestiegenen Alkoholkonsum geschuldet war sowie dem Grundbedürfnis des Menschen, sich irgendwann einmal bewegen zu müssen, egal auf welchem Mist hin dies geschieht. Somit ist die These erfolgreich widerlegt, wonach Drogen nicht hülfen, die Widrigkeiten des Lebens zu meistern, dachte MetroBoy bei sich und hätte es gerne laut gerufen, aber vielleicht tat er das ja auch ohne es zu merken? Jedenfalls starrten ihn plötzlich viele Gäste an und er sah sich in einer Ecke stehen und ein Heft in die Höhe halten.

Da fiel es ihm wieder ein: Das gemeinsam mit dem Künstler H. erstellte Kunst- und Kulturmagazin Holgér & Holgér musste noch an diesem Abend verkauft werden, doch weder H. noch MetroBoy hatten an adäquate Marketingstrategien gedacht, und so beschied letzterer in seiner betrunkenen Hilflosigkeit, das Geschäft aussehen zu lassen wie bei den Zeugen Jehovas. H.'s Einwand, dass auch die Zeugen Jehovas ihre Zeitschriften nicht losbekämen, half in MetroBoys besoffenem Zustand wenig. Zum Glück fiel er kurz darauf mit dem Kopf vornüber und delirierte heftig, was E. zum Anlass nahm, die Magazine an sich zu nehmen und sie einfach zu verkaufen, indem er die Gäste ganz klassisch in Verkäufermanier in Gewissensgewahrsam nahm.

Als MetroBoy wieder zu sich kam, befand er sich zusammen mit zwei anderen, unbekannten Herren in einem Bett mit Stofftieren. Glücklicherweise war er nicht nackt, und daher gab es wohl zumindest keine sexuelle Entgleisung zu beichten, wenn er später hündisch darnieder blickend vor CountryGirls Haustür stehen sollte. Doch erst einmal lag er in besagtem Bett mit Leidensgenossen und war voller unguter Energie. Er hatte einmal davon gehört, dass einige Menschen Geld in Stofftieren verstecken und es stand in der Tat einmal an, den Beweis dafür anzutreten. Die Leidensgenossen waren nur zu bereit, ihrem empirischen Drang nachzugeben, und was soll man sagen: Geld sieht anders aus!

Enttäuscht hinterließen die Leidensgenossen entstandenes Ungemach und begaben sich auf den Weg zu ihren Wohnungen. MetroBoy übte sich unterwegs noch im hündisch dreinblicken, was ihm aber Aussagen seiner Begleiter zufolge nicht gelang, ihn also dazu bewog, doch lieber nicht in CountryGirls Wohnung einzutreten, sondern eher noch davor zu nächtigen, bis der Tag anbräche und er den hündischen Blick endlich perfektioniert habe.

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