Mittwoch, 19. Dezember 2007

Wenig Hirn und wenig Sex! Über die Nebenwirkungen von Arbeit und den Zauber der Weihnachtsgulags!

Uff, jetzt ist das Jahr fast vorbei und man kann beinahe wieder aufatmen. Das Weihnachtsgeschäft ist ein hartes Solches, und natürlich will die ganze Welt in der letzten Woche vor Weihnachten Sonderwünsche in Rekordzeit erfüllt bekommen, weil: Hey, wir leben doch in einer Dienstleistungsgesellschaft, wo der Kunde (sic!) König und der Dienstleister Sklave mehrerer Lehnsherren (pardon: auch Lehnsdamen!) ist!

Nach Weihnachten ist es dann so, als stünde die Welt für ein paar Tage still und wolle sich erholen, und dann, mit Ach und Krach, fängt der ganze Schlamassel wieder von vorne an. Arbeit, sie drückt uns auf's Hirn und auf die Libido. Viel Arbeit verursacht doch bloß mentale Trägheit und lässt einen an alles denken, nur nicht an Sex. Warum tun sich die Menschen sowas an?

Wenn man sich schon unbedingt etwas für das nächste Jahr vornehmen will, gibt es den ultimativen Tipp: Weniger arbeiten und dafür ersatzweise mehr Spass haben. Ich denke, das wäre ein guter Tausch und täte allen Beziehungen gut. Ein Vorsatz, der so gar nicht schmerzt, ganz im Gegensatz von solchen schier unerfüllbaren (und/ oder stinklangweiligen) Vorsätzen wie "mit dem Rauchen aufhören" oder "Vegetarier werden" oder "mehr arbeiten".

Sicher ist das eine Empfehlung, die sich ganz auf meine Erlebnissphäre stützt. Bin ich doch beinahe ersoffen in Arbeit, nun zwar (die nächsten zwei Monate) reich, befinde mich dafür aber in permanentem Erschöpfungszustand. Wo bleibt da der Genuss? Das Dolce Vita? Das Wahre, Gute und Schöne? Ich weiss auch nicht!

Natürlich trug auch die Vorweihnachtsstimmung zu meiner persönlichen Ermattung bei. Klar, als Weihnachtsverächter, der bunten Lichtern und zuckersüßer Musik mit Weihnachtsmann- und Christkindlbezug so gar nichts abgewinnen kann, findet man das Gedöns einfach nur grauenhaft.

Man kann das alles jedoch meist weiträumig umgehen, und ein Kopfhörer in den Ohrmuscheln ersetzt Sangeskitsch mit adäquat klingenden, weil in schnafte Musik umgewandelten, Dateisätzen. So kann man selbst durch die Fußgängerzonen der Stadt gehen, vorausgesetzt man hält die Augen auf weihnachtsunverdächtiges gerichtet.

Ich muss aber auch sagen, dass ich dem Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Platz in Lu' nicht entkommen konnte. Mein Atelier befindet sich in unmittelbarer Nähe, und als ich es einmal satt hatte, dieses städteplanerisch an ein Gulag gemahnendes Holzhüttendorf weiträumig zu umgehen, beschloss ich, mitten hindurch zu walken.

Was ich besser nicht getan hätte. Denn Neurotiker wie ich sehen und hören keine glücklichen Kinder, zufriedene Erwachsene und blühenden Handel mit Tand und Gebäck, sondern eine stumpfsinnige Masse Mensch mit Bratwürsten statt Händen und verschmierte, plärrende Kinder.

Ich schlug mir den Weg frei durch einen Wald voller toter Gesichter in bunt leuchtender Umgebung. Es war wie in einer perfide durchwirkten Strafkolonie, deren Insassen jeden Fluchtinstinkt verloren hatten, so dass die drei Ausgänge aus dem Gulag gar nicht verschlossen sein mussten. Ich fand einen Ausweg und mache seither einen großen Bogen um die Holzhütten. Ich bin frei und ich lebe! Ach, wie schön kann die Welt doch sein, in Freiheit!

1 Kommentar:

red adventrice hat gesagt…

ich kann dir nur zustimmen: weihnachtsmärkte sind ein graus!! ich verstehe einfach nicht was am "unter freiem himmel stehen und frieren und schlechtes zeug trinken" amüsant ist, wenn ich doch alternativ hübsch im warmen mit leckeren getränken sitzen kann...
ich freue mich dass du nun wieder unter den lebenden weilst!!
lg
red adventrice