der mannheimer an sich hat einige schlechte angewohnheiten: er spricht in einem schrecklichen singsang, er lässt sein automobil im stand laufen ("zu kalt, brauche heizung" oder "zu warm, brauche lüftung") und er schliesst sich und sein hab und gut für's leben gern ein!
das ist allerdings nicht erlaubt. und das hat gute gründe. der gemeine mannheimer tut es trotzdem und verlangt dies sogar von den mitbewohnern im haus. der alte herr K. aus dem vierten stock hat zwar einwände, da er im notfall den notarzt kommen lassen möchte, ohne ihm im erdgeschoss die tür aufschliessen zu müssen. aber er fügt sich der hausgemeinschaft, da er nicht besitz- und herzlos erscheinen möchte.
der schutz des eigenen wohls und seines eigentums geht dem gemeinen mannheimer über alles. dafür lässt er stadtweit überwachungskameras aufstellen, denn das verbrechen lauert überall! im notfall geht sein besitz über das leben der anderen, was zwingend ist:
der besitzende kann den lebenden nicht verstehen, da er selbst kein leben mehr hat: er schuftet, um seinen besitz abzubezahlen, ist vollends in den fallstricken des westdeutschen familienlebens gefangen, arbeitet 14std. am tag. die frau und mutter zieht verwöhnte kinder gross und nimmt beruhigungsmittel. wenn man sich dann abends nach getanem alltag in die voneinander getrennten betten legt, dann möchte man sich sicher sein, dass man für etwas lebt: das eigentum. und man schmiedet pläne: neues auto? neues sofa? neue kinder?
er kann nicht verstehen, wie man sein leben lieber ungebunden und ohne besitz und geld verbringen kann. es war doch schon immer so, man hortet und vergisst! da hält man sich doch dann auch dran. diese querschläger, die von der hand in den mund leben, wenn die mal wüssten, was verantwortung heisst!
insgeheim beneidet er die besitzlosen. aber um seinem leben nicht die grundlage zu verderben, steigert sich der neid in wut und das gefühl, dass etwas in seinem leben nicht stimmt. armer eigentümer! das hat er nicht verdient!
deswegen macht es mir überhaupt nichts aus, besuchern die haustür persönlich zu öffnen, mich tagsüber von kameras überwachen zu lassen und auch sonst: es kratzt mich herzlich wenig. eine gemeine phantasie habe ich trotzdem:
beim öffnen der schublade einer sauteuren küchenzeile rammt ein gütersammler sich eben diese in den magen, woraufhin er sich ruckartig nach vorne beugt, gerade noch dem offen daliegenden sauteuren küchenmesserset ausweicht, daraufhin aber das gleichgewicht verliert, in den flur torkelt und über das spielzeugauto von U. stolpert und ausrutscht. er bricht sich ein bein, ach was, beide, stösst sich den schädel blutig und schleppt sich gleich zum telefon, um den notarzt zu rufen. er schleift seinen körper dann zur tür, und als der notarzt endlich klingelt, will er ihm die tür öffnen.
"die verdammte letzte miteigentümerversammlung" kommt ihm in erinnerung, "hätte ich doch auf die lebenden gehört", aber es ist zu spät, er gerät in wut über sich selbst. ein herzinfarkt kommt, hilft ihm jetzt aber auch nicht weiter! "na, wenigstens kann der notarzt mir nicht die bude ausräumen" ist sein letzter gedanke. er schliesst die augen und an seinem geistigen auge ziehen ein kurzes leben und unglaublich viele besitztümer vorbei.
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