Mittwoch, 24. November 2010

Halt' die Fresse, Du Genexperiment! Die Bedrohungslage in der Bunzreplik!

Ich finde ja die Beleidigung bzw. Belobigung "Du Genexperiment" ganz super, weil sie ja offen lässt, ob ein Genexperiment was Gutes oder was Schlechtes ist. Beleidigung bzw. Lob ist wichtig in einer Gesellschaft sozialer Kälte. Sie bzw. es zeigt an, dass man an seiner Umwelt und seinen Mitmenschen teilhat. Leider hat mich noch niemand als "Genexperiment" belobigt bzw. beleidigt, und das finde ich schade. Mehr als "Schwuchtel" lässt sich eben aus der bildungsfernen Bunzreplik nicht rausholen.

Dafür kann aber tüchtig Panik geschürt werden. Nach unseres Innenministers sinistrer Erzählung (ist DAS nicht pulitzerpreisverdächtig?) ist die Bunzreplik nämlich äußerst gefährdet! Anschläge, meine Damen und Herren! Deshalb: Watch out for Koffer ohne Besitzer! Seit Jahren nun hoffen diverse Regierungen darauf, dass endlich einmal ein Anschlag auf die Republik stattfinden möge, damit die ganzen Sicherheitspakete ebenfalls endlich einmal eine Anwendung fänden! Man kommt sich ja so völlig ohne Terroranschläge, weltpolitisch betrachtet, vollkommen unwichtig vor.

Nun ja, vielleicht klappt es ja dieses Mal. Und deshalb bereiten wir die Bevölkerung insofern darauf vor, dass man sie zur Wachsamkeit auffordert. Von dem abgesehen, dass die Wahrscheinlichkeit viel größer ist, von einem Auto überfahren zu werden als zum Terroropfer zu werden, stellt sich auch die Frage: Inwieweit kann ein alleinstehender Koffer Beweisstück einer akuten Gefährdung sein? Auf Plätzen, im Bus oder auch in Straßenbahnen, okay!

Aber zum Beispiel im ICE? Da stehen und liegen doch überall Gepäckstücke unbeaufsichtigt herum. Und selbst, wenn sie zu jemandem gehören: Es könnte sich dabei ausgerechnet um DEN Selbstmordattentäter handeln, vor dem alle Angst haben! Und um die Paranoia zu verstärken: Es ist zwar immer der bärtige Mann mit Turban und Pluderhosen, der verdächtig wirkt - die Anschläge jedoch werden von absolut unverdächtigen Personen verübt! Im Grunde könnte jeder Businessman auf der Strecke Frankfurt/ München ein Selbsmordattentäter sein. Also: Watch out!

Nun, wenigstens die Bahn hat nun eine neue Entschuldigung für die üblichen Verspätungen, da die Bahnsteige nur so wimmeln von Schutz- und Begleitpersonal mit Sprengstoffspürhunden und Maschinengegenwehr. Da fühle ich mich doch gleich viel sicherer und überhaupt nicht manipuliert. Stehen wir jetzt alle unter Generalverdacht, oder was? Wird Misstrauen nun zum Volkssport?

Ist es ja schon längst! Der erweiterte Extremismusbegriff beinhaltet ja nicht mehr nur Islamisten und Rechtsradikale, sondern auch antifaschistische Arbeitsgruppen. Früher hat man die ja noch gefördert, man erinnere sich: Der Aufstand der Anständigen, wie ihn Gerhard Schröder noch ausgerufen hat, um das rechte Pack in seine Schranken zu weisen. Nun positionieren sich die "neuen Anständigen" unter Merkel gegen eindeutig linke bzw. antifaschistische Gruppierungen und werfen ihnen Nähe zum Extremismus vor. Sowas darf natürlich nicht mit Bundesmitteln gefördert werden, ist klar!

Antifaschisten machen auch mir große Angst! Schließlich verweigert sich hier eine Minderheit dem gesellschaftlich verbreiteten Konsens der sozialen Selektierung von Minderheiten wie zum Beispiel Migranten und Arbeitslose, der durchaus ins faschistoide hineinspielt. Dazu kommt noch die staatliche Gängelung, die den Einzelnen am liebsten völlig entmündigen würde und deshalb eindeutige Empfehlungen zu den Themen Erziehung, Gesundheit, Leitbildern und Sozialhygiene ausspricht. Der Staat als Kontrollfreak - das wäre dann wohl ein faschistischer solcher!

Da ist das kunterbunte Allerlei dieser linken Chaoten doch nur hinderlich! Am Ende lebt jeder gemäß seiner eigenen Fasson, das ist ja schon fast der Sozialismus pur, sowas! Das hatten wir schon und brauchen wir nicht wieder! Niemals nicht! Totalitarismus ist pfui! Deswegen hat der liebe Vater Staat ein wachsames und ein strafendes Äuglein auf jene, die da versuchen aus dem System auszubrechen oder es gar zu verändern. JA WO KOMMEN WIR DENN DA HIN, wenn Rechtsextreme nicht mehr ungehindert tun und lassen können, was Rechtsextreme nun mal zu tun pflegen? Eben!

Ziviler Ungehorsam, die Geisel der Demokratie! So sieht's aus! Man stelle sich vor, im Dritten Reich hätte es solch nonkonformes Pack gegeben. Das wäre DIE Katastrophe gewesen, einfach undenkbar: Das Ganze "Projekt" wäre gescheitert! Das geht natürlich nicht: Eine rechtsextreme Regierung muss deshalb vor Allem gegen "linksextreme" Gruppen und ähnliche Widerborste vorgehen. Linksextrem und widerborstig sind indessen alle, die gegen rechts sind! Zum Ausgleich aber sollte sich die Regierung selbst durch den Verfassungsschutz beobachten lassen. Weil: erweiterter Extremismusbegriff!

Übrigens: Laut Frau Merkel leidet "unser Land ... nicht an einem Zuviel an Islam, sondern an einem Zuwenig an Christentum!" Soviel zum Thema "Extremismus"! Ich finde jedoch, "unser Land" leidet an einem Zuviel an Dummheit und einem Zuwenig an Vernunft. Aber das ist ja nur meine Meinung, und die zählt nicht wirklich. Wir haben hier schließlich eine Demokratie, und in der werde ich vertreten von Leuten, die ich wählen soll, damit sie mir sagen, was ich meinen soll!

P.S. Na, ganz so schlimm ist es ja auch noch nicht, oder?
P.P.S. Der BND weißt in seinen Stellenanzeigen ausdrücklich darauf hin, keine Pakete oder Päckchen zu Bewerbungszwecken zu versenden. Auch keine Emails.

Dienstag, 23. November 2010

JaJa, ein Flop, ich geb's zu: Meine Kidnapping-Umfrage!

Ganze zwei Teilnehmer hatte meine großartige Umfrage zum Thema "Prominentenkidnapping durch eine wiederauferstandene RAF". Die Teilnahme ist sogar so gering ausgefallen, dass NOCH NICHT EINMAL ICH mich traue, sie auszuwerten und die äußerst unräpresentativen Ergebnisse zu veröffentlichen.

Heißt das nun, dass...
  1. ...die Umfrage viel zu beknackt war?
  2. ... die möglichen "Opfer" viel zu beknackt sind, um für eine Entführung in Frage zu kommen?
  3. ...dass meine Leserinnen und Leser von solch brachialen Methoden nichts halten, sich ergo äußerst verfassungskonform verhalten oder auf Versöhnung aus sind?
  4. ...niemand mehr die RAF kennt?
  5. ...man sich fragt, warum die Royal Air Force irgendwelche B-Promis entführen sollte?
  6. ...es wirklich Wichtigeres gibt als sich einen Kopf um irgendwelche B-Promis zu machen?
  7. ... freie Nennung...?
Apropos Listen: Aktuelles aus der Welt!
  1. Es gibt wohl Krieg im geteilten Korea
  2. wir gehen erst mit 70 in Rente
  3. einen (branchenübergreifenden) Mindestlohn wird es niemals nicht geben, NICHT MIT UNS!
  4. es soll demnächst schon wieder schneien, obwohl offiziell noch gar nicht Weihnachten ist
  5. Johannes Heesters wird zum fünften Mal 100
  6. im Mediamarkt gibt es jetzt wieder eine Schallplattenabteilung (das sind die runden, schwarzen Scheiben mit dem Loch in der Mitte und der Auslaufrille)
  7. Prince William und Kate Middleton heiraten
  8. Es gibt keine Krise, und es gab auch nie eine
  9. Griechen singen und tanzen doch nicht den ganzen Tag, aber ihren Müll räumen sie bis auf Weiteres auch nicht mehr weg
  10. Rundfunkgebühren abkassieren UND auf die Quote schielen schließt sich gegenseitig aus (nur nicht bei ARD und ZDF)

Samstag, 13. November 2010

Wen würd' die RAF heutzutag' entführ'n? Who the fuck...?

Während eines frühen, kurzen Trinkgelages mit meinem Freund J. in dieser Woche ging es nach einer Weile um: Politik! Und da wurde auch erörtert, dass nur wenige Politiker charismatisch seien. Es handele sich in der Mehrzahl um Politkarrieristen, die ja selber kaum über Lebenserfahrung außerhalb ihrer "Kaste" verfügen.

Sogar solche Ignoranten wie Helmut "Bunzkanstler" Kohl hatten noch Format im Gegensatz zu den Suppenkaspern und Suppenterrinen der Gegenwart. Auch Schröder (Gerhard) und Fischer (Josef) hatten wenigstens noch eine Vergangenheit, die diese Bezeichnung verdient. Aber die konturlose Bagage heutzutag'? Hat die noch eine Vision, der sie sich andienen möchte? Wohl kaum: Verwaltungsfachangestellte haben keine Visionen, sie töten sie vielmehr!

Lange Rede, kurzer Sinn: schnell waren wir dabei, uns zu überlegen, wen die RAF heute noch entführen könnte, ohne sich selbst und/oder die Entführten zu blamieren. Wir haben unzählige Namen durchgespielt, das können Sie mir glauben. Doch es war nicht einfach, nein! Den einen kennt die Durchschnittsbevölkerung nämlich gar nicht mehr (Kohl? Wer is'n des?), die anderen wie z.B. Lena (viel zu sympathisch), Rösler (kennichnich), Westerwelle (will niemand zurückhaben), BuPrä Wulff (unwichtig) oder Angela Merkel (wird ohnehin irgendwann einmal von den eigenen Leuten erschossen) brachten es auch nicht.

Arme BRD! Die RAF, sie hat einfach schlapp gemacht, weil es niemand mehr wert war, gekidnappt oder erschossen zu werden. Oder stimmt das etwas doch nicht? Man soll ja keine Chance vertun! Nun, genau deshalb starte ich hier eine Umfrage. Also nicht wundern, wenn hier irgend so ein PopUp aufgeht und zu einer Umfrage eingeladen wird. Mein Freund RonJustice gab mir dazu einen juristischen Rat, weil ich natürlich befürchte, dass ich mich mit sowas strafbar mache.

Er hat mich nicht wirklich beruhigt, aber ich solle auf jeden Fall darauf hinweisen, dass die Umfrage keinerlei Aufforderungscharakter birgt, dass das Ganze unter dem Deckmantel der Kunst geschieht und dass die Sache sowieso nicht ernstzunehmen sei. Jetzt frage ich Sie: Gibt es überhaupt irgendwas Gesagtes oder Geschriebenes von mir, das man ernst nehmen könnte? Sicherheitshalber habe ich meinen Blog zur Kunst erhoben.

Zum Schluss noch eine äußerst geschmacklose Frage, die ich aber trotzdem stellen möchte: Wenn Menschen durch einen Schlag auf den Kopf eine Amnesie erleiden und nach einem gezielten, zweiten Schlag ihre Erinnerungen wieder erlangen - wie ist das denn mit Wolfgang Schäuble? Kann er wieder gehen, wenn er zum zweiten Mal angeschossen wird?

Viel Spaß bei der Umfrage!

P.S. Entführung ist verboten und deshalb strafbar! Drüber nachdenken darf man allerdings!

Hier die Umfrage:
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Dienstag, 9. November 2010

Aber verflucht habe ich sie! Die blousonbejackte Intelligenzja der Täteräää!

Als die Mauer fiel, war ich nicht dabei. Ich war sowas von weit weg, dass es beinahe schon gar nicht mehr wahr war. Ich war so weit von diesem historischen Ereignis entfernt, dass ich bei der Nennung des Datums 9.11. gar nicht an den Mauerfall dachte, sondern eher an die Reichspogromnacht. Und ich bin dermaßen wenig für den Mauerfall sensibilisiert, dass ich selbst heute beim gesamtdeutschen NeunElf eher an das amerikanische NinEleven denke.

Ich bin im tiefsten Westen aufgewachsen, Frankreich war mir also viel näher als die sogenannte Zone. Hätte zum Beispiel das Elsaß aufbegehrt und das Tor zur Weinstraße gestürmt, so hätte mich das viel mehr betroffen. Doch die Elsässer wollten ja gar nie zur BRD gehören. Und die "Zonis" wahrscheinlich auch nicht. Ich glaube, die wollten vor allen Dingen einfach WOANDERS sein. Aber bloß nicht in der DDR. Wem konnte man's verdenken?

Die Stimmung bei den Pfälzern war jedenfalls egalitär. Es wurde ja überall in den Medien kolportiert, dass die unweigerlich nahende Einheit gar nichts kosten, nein, sogar noch Geld bringen würde. Auch nähmen uns die DDRler keine Jobs weg, weil es dort ja quasi die Vollbeschäftigung gäbe. Am Ende glaube ich, dass man die "Wessis" und die "Ossis" irgendwie angelogen hat, nur jeweils ein bisschen anders halt. Allen voran log die "Bild", die extra zur Feier den Mehrfarbdruck angewendet hat und "uns" fortan schwarzrotgold- umflorte Titelblätter schenkte.

Keiner hatte jedenfalls was dagegen einzuwenden, dass die Mauer nun "weg" war. Aber so richtig dafür war auch keiner. Es war halt EGAL, HAUPTSACHE ES GEHT SO WEITER WIE IMMER. Und dass der Kommunismus nicht käme, das war die andere Hauptsache. Leider kamen aber ganz viele DDRler und haben den Gebrauchtwagenmarkt leergefegt und dafür ein Geld hingelegt, so dass man Verkäufern wie den Käufern die Frage hat stellen müssen, ob sie noch ganz sauber sind.

Da ich just zu der Zeit selbst einen neuen Gebrauchtwagen brauchte, war ich irgendwie angeschissen. Denn die waren nun doppelt teuer, vielleicht sogar dreifach, weil die völlig beknackten und vom Kapitalismus entfesselten "Ossis" jede Dreckschleuder gekauft hatten, die einen halbwegs funktionstüchtigen 4-Takt-Motor hatte und es wenigstens bis in den Nachbarort schaffte, bevor sie vollends auseinanderfiel. Dieser Tatsache allein hatte ich es zu verdanken, dass ich mir einen Ford Escort mit Lufthutze, Front- und Heckspoiler kaufen musste, weil ich mir keinen anderen Wagen leisten konnte.

Äußerlich schon irgendwie ölig, hinterließ er zudem eine schmierige Schleimspur aus einer Emulsion von Kühlerflüssigkeit und Motorenöl. Das war eigentlich ein don't, doch in dieser infrastrukturell unterlegenen Gegend brauchte man ein Auto, um auch nur irgendwohin zu kommen. Denn obwohl es mir manchmal gelang, das ein oder andere Girl zu küssen: Sobald sie dieses Auto sahen, flüchteten sie schreiend und ließen sich fortan am Telefon verleugnen. SMS gab es noch nicht. Ich hasste die Ostdeutschen nicht, aber verflucht habe ich sie.

Derweil merkten auch die anderen BRDler der Umgegend, dass irgendwie nicht alles so dolle ist wie es ihnen verkauft wurde. Klar, die Gebrauchtwagenhändler hatten sich gefreut wie Bolle. Aber gleichzeitig ahnten sie, dass sie ihrem unwilligen Nachwuchs nicht mehr an den Kopf werfen konnten, dass er doch 'rüber gehen soll, wenn es ihm hier nicht mehr passt. Es gab ja gar kein Drüben mehr. Und somit auch kein Hüben. Das tat ihnen bestimmt mehr weh als der Solidaritätszuschlag und DIE LINKE zusammen.

Tatsächlich war die Bunzreplik (Helmut Kohl) ein Ort niederträchtigen Stumpfsinns, der sogar die blousonbejackte Intelligenzja der Täteräää in die Tasche steckte. Es gab weder Linienbusse noch Zugverkehr zwischen den Dörfern, dafür wenigstens überfüllte Schulbusse. Wer kein Auto hatte, war schlicht ein Verlierer und hatte es nicht besser verdient, sogar als Tramper noch gedemütigt zu werden. Antirassismus war außerdem gleichzusetzen mit Kommunismus, und wenn man auf Arbeit keine Witze über "Ausländer" machen wollte, wurde man als "rote Sau" aus dem Betrieb gejagt.

Die DDRler kamen dann doch noch und nahmen "uns" die Arbeitsplätze weg, und somit hatten wir keinen Platz mehr für die vielen "Asylanten", die ja alle "Scheinasylanten" waren. Obwohl die "uns" ja nicht die Arbeit wegnahmen, weil sie nämlich gar nicht arbeiten durften, war das "Boot" nun irgendwie voll. Und die "ganzen Ausländer" waren plötzlich Arbeitnehmer dritter Klasse. Habe ich schon erwähnt, dass wir uns vor lauter Stumpfsinn kaum noch in die richtigen Drogen flüchten konnten? Uns blieb doch nur der Grunge, und der tat uns weh.

Was hat uns die Wiedervereinigung nun eigentlich gebracht? Der Nutznießer des emanzipatorisch fortgeschrittenen Sozialismus übernahm aus dem Westen das Frau=Herd/ Mann=Arbeit- Prinzip und hatte auch sonst den Kapitalismus schneller begriffen als viele Westdeutsche, die ja bekanntlich mit dem Silberlöffel im Arsch aufgewachsen sind. Dafür hat nun jedes Kind das Recht auf einen Platz in der Kita. Allerdings muss man dazu einen Arbeitsplatz vorweisen. Den bekommt frau freilich nur, wenn sie für ihr Kind einen Platz in der Kita nachweisen kann.

Der Wiedervereinigung haben wir sowohl ein Erstarken der rechten Parteien zu verdanken als auch die damit einhergehende Verschärfung der Einwanderungs- und Asylgesetzgebung. Wir haben ihr Angela Merkel zu verdanken, und das ist wirklich nicht schön. Wir hätten auch ein besseres Schulsystem haben können, aber es schien ja so viel wichtiger, individuelles Karriereversagen nach sozialer Herkunft zu bestimmen, als einmal etwas richtig zu machen. Man hätte ebenso eine gemeinsame Verfassung haben können, aber wer weiß schon, was das wirklich bedeutet hätte. Und die Tittenmädchen von der Bildzeitung gibt es seit der Wende in Farbe, was für ein Gewinn. Das ist bitte nicht zu vergessen!

Wir verdanken der Wiedervereinigung den Wunsch nach jener Normalität, die einzig und allein das Vergessen der großen Schuld aus dem Dritten Reich meint und somit unsere Verantwortung für die Zukunft schleunigst abschaffen soll. Wir haben ihr zudem den Abschied vom rheinischen Kapitalismus zu verdanken, der wenigstens noch nett sein wollte zu seinen Opfern. Härte regiert die BRD nun, Unbarmherzigkeit und Profilierungssucht. Da hatte der biederdeutsche Stumpfinn vorvergangener Zeiten vielleicht noch einen Funken Herzlichkeit gehabt? Der wäre denn nun zur Gänze weg! Was soll ich also feiern?

Samstag, 6. November 2010

Macht mich zum Vorstandsvorsitzenden! Eine Initiativbewerbung!

Ihr lieben, börsennotierten Unternehmen! Ihr habt mir endlich eröffnet, was ich aus meinem so vor sich hin dümpelnden Leben noch alles machen könnte. Fortbildungen, Weiterbildungen und Zusatzstudium, Autodidaktik - dies alles sind Relikte einer vergehenden Zeit, einzig und allein dazu erfunden, Niedriglöhnern das letzte Geld aus den Taschen zu ziehen und ihnen damit zu suggerieren, sie könnten ebenfalls dazu gehören, wenn sie sich nur etwas anstrengen.

Dieser Erkenntnis ist es nun zu verdanken, dass ich mich bei Ihnen um einen vakanten (Vor)Sitz im Vorstand bewerben möchte. Ich bin hinreichend qualifiziert - nämlich gar nicht im eigentlichen Sinne. Ich verfüge garantiert über keinerlei Fachkenntnisse, dafür besitze ich ausreichend gefährliches Halbwissen. Damit bin ich laut dem Analysten Tiemo Kracht überdurchschnittlich qualifiziert zum Vorstandsvorsitzenden. Außerdem bin ich weiß, männlich (also kein sogenannter Schlitzpisser mit Befindlichkeitsscheiß' im Hirn) und habe meine Lebensmitte voraussichtlich schon überschritten. Ich könnte also als Grande Dame des Wirtschaftslebens durchgehen, würde man mich nur lassen.

Hinzu kommt: Ich bin mindestens genauso beliebt oder unbeliebt wie die in die Wirtschaft strebenden Politiker, vielleicht nur noch nicht ganz so bekannt. Vernetzt bin ich jedoch, und zwar unter Garantie mit einigen Ihrer Kunden Ihres Unternehmens, dass ja auch alsbald MEIN Unternehmen unter MEINEM Vorsitz werden wird. Allein der Vernetzungsgedanke scheint Ihrem Unternehmen keine Sicherheit gegen den vorübergehenden Absturz Ihres Aktienkurses zu bieten.

Vielleicht wäre es gerade deshalb besser, einen unbekannten, unverbrauchten Jemand zum Vorsitz zu bestimmen. Sollte der Kurs trotzdem fallen, kann der Wert des Unternehmens durch Entlassungen wieder hergestellt werden. Ohnehin finde ich: Es gibt viel Arbeit, jedoch auch viel zu viele Menschen, die sie sich teilen. Das muss anders werden. Beschäftigungsgerechtigkeit entsteht doch nur durch ständige, offensive Personalverheizung und Neueinstellung. Die Kosten für Heilung und Verteilung übernimmt der Bund. Jawoll: Kosten/ Verluste sind zu sozialisieren und Gewinne zu privatisieren. Das ist zwar etwas platt, aber die Aktienkurse sollten damit rasch wieder ansteigen?

Habe ich schon erwähnt, dass ich gut aussehe? Allein dadurch werden mir die Herzen, ja die Sympathien von Volk und Politik zufliegen. Meine Freundin meint, ich hätte ein süßes Lächeln. Dies gepaart mit etwas Unbarmherzigkeit, da kann sogar der Anitheld aus Patrick Süßkinds "Das Parfüm" einpacken. Gut riechen tue ich aber trotzdem. Und ich bin absolut und jederzeit bereit, meine Reputation und mein soziales Restgewissen für ein angemessenes Gehalt zu opfern. Das tue ich schon eine ganze Weile, in diversen mies bezahlten Jobs. Dann kann ich das doch auch für IHR Unternehmen für viel mehr Geld tun.

Ich kann Ihnen soviel sagen: So wie ich in der Lage bin, ein Bundesland zu regieren, so kann ich auch Ihr Unternehmen führen. Und ich werde Ihr Unternehmen genauso so lieben wie ich mein Bundesland liebe. Und ihm entsprechend meine Treue schwören, das können Sie mir glauben! Und wenn ich mal weg bin, dann freuen sich alle. Das ist so, das war so und wird immer so bleiben. Ganz ehrlich! Also, in diesem Sinne: Wer mich nimmt hat's gut! Für Gespräche stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Wenn es dann noch Häppchen gibt, na prima: her damit! Danke für Ihr Interesse!

Dienstag, 2. November 2010

Report aus der Gegenwelt! Hoffnung als Leitgedanke!

Als ich einmal rauchen wollte, da hatte ich einen Jemand höflich nach Feuer gefragt, denn selbst hatte ich keines dabei, ich Hobbyraucher. In diesem Zusammenhang ist von meiner Seite auch das Wort "Bitte" gefallen, und da hat mich der Gefragte schon mit ganz großen Augen angeschaut. Aber als ich hinterher, die Zigarette war schon an, noch "Dankeschön" gesagt habe, da war er doch reichlich irritiert, weil: "... das doch unnötig ist, dieses "Bitte" und "Danke", volle Zeitverschwendung also, und außerdem nur eine Floskel..." Das hat er wirklich gesagt und ein bißchen leid hat er mir auch getan, weil er das so sieht: Höflichkeit ist nur eine Floskel.

Meine "neue" Freundin C. findet, dass ich sehr aufmerksam bin. Ab und an erkundige ich mich nach ihrem Wohlbefinden, und außerdem kann ich mich an Dinge erinnern, die sie einmal gesagt hat, und wenn es ums Essen geht, dann weiß ich auch schon ein paar Dinge, die sie nicht essen mag. Es kommt vor, dass ich ihr zuhöre, wenn sie spricht. Das ist eigentlich schon alles, nun ja, fast alles, weil ich sie außerdem sehr lieb habe. Ich scheue mich sehr, dies unter dem Label "Aufmerksamkeit" zu verbuchen. Vielmehr stelle ich mir die Frage, mit was für Typen sie vorher zusammen war, wenn dieses meiner Ansicht nach völlig normales Verhalten so außergewöhnlich erscheint.

Mein guter Freund RonJustice hat eine Frau aus dem Osten, V. genannt, kennengelernt. Er hört ihr zu (sagt er, aber ich glaube ihm das sowieso, weil: das kann er, das mit dem Zuhören) und hat wahrscheinlich ein paar warme Worte für die offenkundig gebeutelte Seele. Sie findet das außergewöhnlich und hat sich deshalb in ihn verliebt und er sich auch in sie. Schwierig ist allerdings, dass V.s Freunde und Freundinnen sich nicht so richtig darüber freuen wollen. Sie haben jetzt auch schon festgestellt, dass sie, schon nach wenigen Wochen, irgendwie "so westlich" geworden ist, und auch ein wenig "kapitalistisch". Nun klingt das alles so, als hätten die Freundinnen und Freunde aus der ehemaligen DDR ganz große Vorbehalte, und die sind ja auch immer ein Anzeichen von großer Angst. RonJustice hat zu V. gesagt, dass sich seine Freunde für ihn freuen würden, anstatt sein Glück zu denunzieren. Ich für meinen Teil habe mich tatsächlich für ihn gefreut. Leider ist diese Freude nun getrübt, da die Sache mit V. nicht so richtig funktionieren will. Es kann halt keiner so richtig aus seiner Haut.

Als ich nach Berlin zurückgekehrt war, so ziemlich genau vor einem Jahr, da habe ich mir vorgenommen, diesen saisonsbedingten Griesgramen und Griesgräminnen mittels einem bezaubernden Lächeln zu begegnen. Wer da lächelt, dem schneit Freundlichkeit, gar Herzlichkeit entgegen. Dachte ich. Und manches Mal hat's sogar funktioniert. Aber oft auch nicht, und dann bescheinigten mir die antwortenden Blicke bestenfalls eine Geistesgestörtheit, schlimmstenfalls aber Ablehnung. Wahrscheinlich ist Freundlichkeit bzw. Herzlichkeit einfach nur aufdringlich und ich habe damit viele Menschen sehr aufgeregt. Mich selbst hat diese Erkenntnis nur enttäuscht.

Da ich sehr auf meine Umwelt achte, bin ich stets sehr bestrebt, niemandem im Weg zu stehen. Auch weiche ich gerne Menschen aus, wenn sie mir entgegen kommen. Dann musste ich aber beobachten, dass mir eigentlich fast nie jemand auweicht. Dies vor allem, weil viele Menschen gar nicht schauen, wo sie hingehen und möglicherweise glauben, dass andere schon für sie mitdenken werden. Weil ich aber auch mal irgendwo hinkommen möchte und nicht ständig zickzack laufen will, habe ich es mir angewöhnt, im entscheidenden Moment den Blick zu senken, und et voilà, schon wird mir der Weg freigemacht. Nie wieder ausweichen müssen - das ist ein gutes Gefühl. Ich kann mich schließlich nicht in Luft auflösen! Die nächste Übung ist es, den ankommenden Menschen fest in die Augen zu schauen, sie also durch Blicke zu dominieren und damit dirigieren.

Das alles klingt irgendwie paranoid? Stimmt, ist es auch, aber volle Kanne! Aber ich bin lieber etwas paranoid als der ewige Spielball von rücksichtslosen und unaufmerksamen Lebewesen. Ach, diese letzte Aussage ist jetzt auch noch so wunderbar redundant, ich könnte schreien vor Glück! Und es gibt auch noch andere Menschen, wie z.B. C. oder RonJustice oder... oder ... oder... Das macht Hoffnung!