Mittwoch, 31. Oktober 2007

Kündigen macht Spass! Einfach mal ausprobieren!

Seien wie ehrlich zu uns und zu allen anderen: Die typischen Eckpfeiler der "Mannhaftigkeit" befriedigen nicht wirklich. Einen Baum pflanzen, ein Bordell besuchen, ein Kind zeugen? Nein, es gibt Besseres! Und zudem bleibt uns die Realität eines schuldig, nämlich: Den kongenialen Gegenentwurf mit den Eckpfeilern echter "Frauhaftigkeit".

Doch woran sollen sich junge Leute orientieren? Man muss ja überall hin "mitziehen", von der Mode bis zum unbedingten Willen zur Karriere. Das an sich stimmt schon traurig, und wenn man bei der Verfolgung eines Lebeszieles noch irgendwelchen idiotischen Vorgaben folgen muss, ist man gleich noch todtraurig! Vorausgesetzt man spürt noch was!

Ich kann Abhilfe schaffen, muss dazu aber schon wieder einen Doppelpunkt setzen. Hier, da ist er, genau hier: Ein toller und Glück verheissender Eckpfeiler echter "Menschhaftigkeit" ist, wenigstens einmal im Leben den Job gekündigt zu haben. Oder, wer mental eher "light" unterwegs ist, kann auch einen zur Verlängerung angebotenen Vertrag eiskalt ablehnen. Knallharte ArbeitnehmerInnen, so hört man, lehnen auch schon mal einen neuen Job ab. Das alles macht großen Spass und verblüfft Freund wie Feind!

Eines ist dabei Voraussetzung: Man braucht dafür Rückgrat und ein gutes Selbstwertgefühl! Mit der Einstellung "Hauptsache Job" und "Wenn ich dann nichts mehr finde?" ist die Chance zum Glück vertan. Im Gegenteil, man muss viel üben, um "Ach Nö!" sagen zu können und dabei auch noch souverän zu wirken. Allen Unentschlossenen lege ich hiermit Melvilles "Bartleby" ans Herz. Lest und lernt vom Titelhelden, der jeden Arbeitsauftrag mit den Worten "I prefer not to!" verweigert. Na gut, später verweigert er sich allem und stirbt folgerichtig.

Man muss aber auch nicht alles bis zum bitterern Ende nachahmen. Interpretiert und variert, ihr Leichtmatrosen! Ich freue mich sagen zu dürfen, dass O. aus Berlin z.B. mit den Worten "Ich stehe Ihnen nicht mehr zur Verfügung" einem Ausbeuter begegnete, der urplötzlich wieder Interesse an seinen Diensten hatte. Recht so! Es ist an der Zeit, dass ArbeitnehmerInnen zurückschlagen und den Job wechseln bzw. annehmen, wie es ihnen passt. Wem ein Job gefällt, der soll natürlich bleiben dürfen, ich will da mal nicht so sein. Aber sonst ist die Kündigung ein echter Ausgleich an Gerechtigkeit. Sonst hört man ja immer nur von "Entlassungswellen" und eingeschüchterten ArbeitnehmerInnen.

Ich aber möchte in Zukunft von "Kündigungswellen" hören, die das Land erschüttern und Arbeitgeber verunsichern! Arbeitgeber müssten sich endlich wieder richtig Mühe geben, wenn sie jemanden einstellen möchten. Ich bin mir aber nicht so sicher, ob die Baden- Württemberger wissen, dass sie es sich leisten könnten, den Arbeitgeber unter Druck zu setzen. Schliesslich liegt die Arbeitslosenquote im Ländle bei läppischen 4,4%. Da sollte man doch wieder was Neues finden können, nachdem gekündigt wurde! Oder etwa nicht? Auch egal, es zählt allein der Mut!

Es ist unverzeihlich und auch etwas befremdlich, dass ArbeitnehmerInnen Ihre KollegInnen öfter und länger sehen als ihren Lebenspartner. Da stimmt doch was nicht! Wer das aber in Ordnung findet und sich lieber auf der Arbeit herumdrückt als Zuhause, der sollte jedoch seine Lebenspartnerschaft kündigen, gelle?

Ansonsten aber gilt: Wer am Ende seiner Tage noch nie gekündigt hat, ist sein Lebtag ein Weichei gewesen und hat auch sonst nicht viel begriffen! Ganz im Gegensatz zum Autoren dieser Zeilen, der eine erfreuliche Bilanz vorzuweisen hat und im gesamten Freundes- und Bekanntenkreises zur Avantgarde gehört. Er hat bisher zwei Jobs gekündigt, drei Jobs nicht verlängert und fünf Jobangebote nicht angenommen! Der Autor, der alte Angeber! Der mal wieder!

Donnerstag, 25. Oktober 2007

Gekreische um die Sicherheit! Und Datenschutz?

Als FarmerBoy noch MetroBoy war, musste er für ein großes Marktforschungsinstitut telefonische Umfragen machen. Was bedeutete: nichtsahnende BürgerInnen zu terrorisieren! Es war nicht auszuschliessen, dass viele Menschen nicht an einer Umfrage interessiert waren, mitunter wg. des Datenschutzes.

MetroBoy akzeptierte dies gerne, obwohl er nur für die beendeten Interviews bezahlt wurde. Er hatte jedoch ein großes, gütiges Herz und entschuldigte sich vielmals für die Störung. Doch er hatte Zweifel an der inneren Konsequenz der zu Befragenden: Denn war es nicht so, dass die meisten Menschen ihre persönliche Sicherheit durch ein Telefongespräch gefährdet sehen, aber völlig bereitwillig an PayBack- und Miles'nMore- Systemen teilnehmen, wo sie sich und ihre Konsuminteressen samt Anschrift für ein Plüschtier pro Jahr an gewiefte Vermarkter verscherbeln?

Und ist es nicht so, dass die selben ach so datenbewegten BürgerInnen sich keinerlei Gedanken darüber machen, was die Videoüberwachungen in Gebäuden und an öffentlichen Plätzen eigentlich so alles aufnehmen? Klaro, die Installationen dienen der Sicherheit der BürgerInnen. Und tatsächlich lässt die Kriminalität in videoüberwachtem Gebiet nach - um sich lediglich in andere Gegenden zu verlagern.

Gewerbe- und Handeltreibende mögen die Videoüberwachung: Sie hält ihnen Diebe, Jugendliche und Störenfriede vom Laden fern bzw. sie werden per Hubschraubereinsatz durch die Polizei entfernt. Alle sind froh, dass das Geld da bleiben darf, wo es einer kapitalistischen Werteordnung gemäß hingehört: Bei den Konsummächtigen! Sollen die Diebe doch bei ihresgleichen klauen, und die Störenfriede sollen gefälligst ihresgleichen stören.

Für FarmerBoy, der früher ja MetroBoy war, ist es eine gute Nachricht, dass die Videokameras in der Mannheimer Innenstadt abgeklemmt werden sollen. Es wird einfach nicht mehr genug gestohlen, als dass sich der Betrieb noch lohnen würde. Eigentlich könnten Handel und Gewerbe ja zufrieden sein, doch es regt sich Protest. "Die Sicherheit! Die Sicherheit der KonsumentInnen!" rufen sie und sehen doch nur ihre Läden leergeräumt.

Was man ja nicht so kapieren mag am Kapitalismus ist, dass der relative Reichtum einiger Weniger die Armut von vielen bedingt. Oder wie CountryGirl zu sagen pflegt: "Man kann das eine nicht ohne das andere haben!" Die Armen jedoch wollen nicht vertrieben werden, sondern sich an prominenter Stelle produzieren und rufen: "Schaut her, da bin ich und Eure Sicherheit ist mir ja sowas von piepschnurz!"

"Jawohl!" ruft da sein einarmiger Kumpel, "ihr wisst gar nicht mehr wie schön das Leben sein kann, weil Ihr ständig die Hosen bezüglich Eurer Zukunft voll habt! Geht nur und kauft Euren noch ungeborenen Kindern eine Rundum- Versicherung, damit sie später für jedes aufgeschlagene Knie und jeden Kratzer Schadensersatz bekommen. Baut Euch von mir aus Alarmanlagen aus purem Gold in Eure Häuser! Aber lasst uns mit Eurer bescheuerten Videoüberwachung in Ruhe!"

Kurzes Getuschel unter den Gammlern, dann spricht wieder der Einarmige: "Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Gönnt den armen Call- Center- Agents die mickrigen paar Euros, die er für ein Gespräch mit Euch verdient! Euer Gelaber tut ihm mehr weh als Euch, und er braucht das Geld tatsächlich! Er verdient mit viel Glück im Monat ungefähr so viel wie Ihr heute beim Shopping ausgegeben habt!"

Leider wird die Ansprache durch einen nahenden Hubschrauber unterbrochen, und bald schon seilen sich vermummte Hundertschaften ab, um die "Gammler" wegen Landfriedensbruch zu verhaften. Man hat Probleme damit, dem Einarmigen Handschellen anzulegen. FarmerBoy indes zieht es vor, noch ein paar Schritte zu gehen!

Doch was hat FarmerBoy, ehemals MetroBoy, aus all dem gelernt? Er hat folgendes gelernt: Sicherheit und Datenschutz sind zwei paar Schuhe! Und aus Sicherheit entsteht Langeweile! Der Beweis: So eine Geschichte könnte sich in Mannheim niemals zutragen!

Dienstag, 23. Oktober 2007

Commandante Mehdorn, der Streik und die Solidarität!

LokführerInnen tragen eine große Verantwortung. Sie ist viel größer als die von z.B. Herrn Mehdorn. Trotzdem verlangen die LokführerInnen keine 3100% Gehaltserhöhung. Nein, sie gäben sich schon mit 31% zufrieden. Commandante Mehdorn ist nicht amused: Er braucht alles Geld, um die endgültige Privatisierung der Bahn voranzutreiben. Die wird übrigens für uns alle sehr teuer: siehe Großbritannien.

Unser Problembär, der Herr Beck von der SPD, findet die Forderungen der GDL (Gewerkschaft der LokführerInnen) nicht in Ordnung: Sie gefährdeten den Betriebsfrieden! Tatsächlich wurde vor kurzem ein für die Bahn gültiger Tarifvertrag abgeschlossen und die GDL fährt tatsächlich eine Sonderfahrt. Vielleicht war der Betriebsfrieden ja vorher schon gestört?

Außerdem hat man auch sonst nichts dagegen, wenn ArbeitnehmerInnen im selben Betrieb für die selbe Arbeit weniger Geld bekommen: Zeitarbeitsfirmen (pfui!) und "vorsichtige" Einstiegsgehälter auch für erfahrene ArbeitnehmerInnen (doppelt pfui!) sorgen dafür. Und selbst in vielen ArGen der Republik gibt es zwei Einkommensgruppen, je nachdem ob man über die Kommune (gut!) oder über die Bundesagentur für Arbeit (schlecht!) eingestellt ist.

Es geht bei dem Streik der GDL aber noch um mehr als nur den Betriebsfrieden und Geld: Hier wird sich zeigen, ob es sich in der nicht gerade streikerprobten Republik überhaupt lohnt, für seine ArbeitnehmerInneninteressen einzutreten. Allzuoft gingen die Gewerkschaften gegen die Interessen ihrer Mitglieder faule und unnötige Kompromisse ein, so dass nicht immer klar war, auf welcher Seite sie eigentlich stehen.

Gelingt der Bahnstreik, wird er wohl andere Gewerkschaften ermutigen, dasselbe zu tun. Das Gelingen setzt allerdings die Solidarität der Bevölkerung und anderer Gewerkschaften voraus. Und genau da liegt das Problem: Solange der gemeine Arbeitnehmer dem anderen alles neidet und seine einzige Sorge seiner Pünktlichkeit am Arbeitsplatz gilt und er dem Diktum des unbedingten Arbeitswillens unterliegt, wird die Bestimmungshoheit über Gehälter und Arbeitsbedingungen allein beim Arbeitgeber liegen. Traurig, das!

Montag, 22. Oktober 2007

Up to Date! Down to Earth!

Ja ja, ich weiss: Ich vernachlässige hier sträflichst meine mir selbst aufgebürdete Pflicht, hier an dieser Stelle regelmäßig zu schreiben. Doch bin ich mitten im Broterwerb und möchte mich hinterher höchstselbst um meine liebe Frau C. kümmern.

Da bleibt nicht viel Zeit und Muse für wilde Schreiberei und tiefgreifende Erlebnisse, die berichtenswert wären. Die Arbeitswelt ist kaum der Rede wert, und über die Aktivitäten mit meiner lieben Frau C. zu schreiben, das wäre wohl zu intim. Wir fühlen uns wohl, das muss genügen.

Heute wurde gebacken und gekanapee't, dass es nur so eine Freude war. Im Kino sah man dann den nicht mehr ganz so neuen Fatih Akin. Trotz aller Befürchtungen ob des Vorgängers "Gegen die Wand", der ja sehr niederschmetternd war, muss ich sagen: Guter Film! Nicht brillant, aber immerhin gut.

Ansonsten habe ich seit 2 Wochen einen Auftrag über 250 Taschen, die ich mit meiner Firma bemybag.com zu produzieren gedenke. Was auch hoffentlich klappt. Aber wie immer ist die Zeit nur knapp bemessen, so dass ich bis Ende November Tag für Tag bunte Taschen nähen muss. Es ist nur eine meiner vielfältigen und erschreckenden Schrullen, dass ich meine Sachen nur ungern aus der Hand gebe und ihnen damit sozusagen das "Meisterprädikat" aufstempeln möchte.

Liebe Handwerkskammer: das Wort "Meisterprädikat" ist an dieser Stelle nur Metapher! Ich täusche nicht vor, einen Meisterbrief zu besitzen - wenn auch dieser als Relikt einer mittelalterlichen Zünftewirtschaft und Produkt des barbarischen 3. Reiches so allmählich seine Bedeutung verlieren sollte. Nicht alles, was unter Hitler geschah, war gut! (Wenn ich die ebenfalls non-PC- These von Eva Herman mal ins Gegenteil verkehren darf!)

Gehabt Euch wohl und lasst es Euch gut gehen. Wir hören voneinander - bald!

Mittwoch, 17. Oktober 2007

Wie mich Jens Friebe einmal nicht kannte!

Wie mich Jens Friebe einmal nicht kannte, weil ich als MetroBoy viele Gelegenheiten ausliess, dessen Konzerte in Berlin zu besuchen und schliesslich auch ihn kennen zu lernen. Als FarmerBoy jedoch muss man jeden besuchen, der in die Feuerwache kommt. Erste Randbemerkung: Mein Kumpel R. bekannte irritiert, dass dies sein erstes komplett rauchfreies Konzert gewesen sei. Und sehr wahrscheinlich auch nicht sein letztes!

Der Sound: Der unvermeidliche, sich im Publikum befindliche Provinzmucker war auch wieder da. Er hatte Freude daran, die Band auf die schlechte(?) Tonqualität hinzuweisen und zugleich Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Der Mann am Mischpult rief ihn zu sich. Freilich nicht, um den Mucker zu unterwerfen, sondern ihn am perfekten Klang am Tonthron laben zu lassen.

Gespielt wurde: Gitarrenpop in C86- Manier mit klug- naiven Texten. Gespielt wurde das von: Einem begnadeten Entertainer mit starkem Hang zum Narzissmus, einem positiv getrimmten Sarkasmus und leichter Publikumsverachtung. Dazu gab es eine niedliche, aber amtliche Bassistin und einen älteren Herrn mit OLiBa am Schlagzeug.

Zweite Randbemerkung: In der Herrentoilette klebte ein Hinweis auf das Anarchistenradio im Bermudafunk. Muss ich mir sonntags zwischen 13 und 14Uhr unbedingt mal anhören. Noch eine Randbemerkung: Kennt jemand schon das Bier namens "Apostel- Bräu"? Angesichts solcher Bier- Konkurrenz kann man verstehen, warum der Mannheimer sein "Eichbaum" so sehr schätzt.

Das Publikum? Würde mal sagen, so um die 30. Ein paar Jahre mehr vielleicht, gerne auch ein paar weniger. In ihrem Bemühen, trendig zu sein, fiel keiner besonders auf. Vorteil in einer kleinen Großstadt: Schon nach wenigen Monaten kennt man die Hälfte aller BesucherInnen der einschlägigen Konzerte. Das kann sich aber auch als Nachteil erweisen, ich bin da noch etwas unschlüssig.

Ansonsten: Gute, wenn auch nicht fesselnde Unterhaltung. Besonders: Schönstes Merchandise- T- Shirt überhaupt und zugleich Titel eines Songs: "Du freust Dich ja gar nicht!" Kleine Anregung vom klugscheissenden Autoren: Druckt den Spruch auf Männerunterhosen!

Frage des Herrn Friebe an das Publikum: Wo könne man denn nachher in Mannheim noch was losmachen? Man sei für jeden Tipp dankbar! Reaktion des Publikums: Betretenes Schweigen einerseits, hysterisches Kichern andererseits. Keine Tipps? Vielleicht nachher! Man möchte dem Herrn Friebe zu später Stunde doch nicht etwa das Rhodos anempfehlen? Dann sollte er aber keine Zugabe mehr geben! Zu spät...

Mittwoch, 10. Oktober 2007

FarmerBoy denkt nach! Macht aber nichts!

FarmerBoy hieß vor seinem Umzug nach Mannheim noch MetroBoy. Daran musste er mal wieder denken, als er über die Kurpfalzbrücke in Richtung Fußgängerzone ging und die Läden dort eingehend betrachtete.

Es war nämlich so: MetroBoy hatte einmal den Auftrag, gegen gutes Geld Praktikumsplätze für SchülerInnen zu akquirieren. Er war dafür in Berlin- Neukölln unterwegs, genauer gesagt in der Karl- Marx- Straße. Die ist bitte nicht zu verwechseln mit der Karl- Marx- Allee, in der Erich Honecker damals seine Panzer Gassi führte und die Love- Parade gottlob nie statt fand.

Die Karl- Marx- Straße war in der Vergangenheit eine beliebte und recht lange Einkaufsstraße. Es reihte sich ein Geschäft an das andere, eingerahmt vom Karstadt am Hermannplatz und vom Hertie am alten Rathaus. Es gab dort auch edle Boutiquen zuhauf in Familientradition und mit exklusivem Angebot.

Doch wie es sich so verhält, wurden die Vermieter gierig und wucherten die Mieten hoch. Ein Geschäft nach dem anderen schloss rechtzeitig oder ging pleite, und ihrer statt siedelten sich Döner- Läden, Call- Shops, 1€- Buden und Handy- Geschäfte an. Sie alle konnten aufgrund minimalem Einsatz und garantiertem Umsatz bestehen. Es wäre aber bösartig, MetroBoy zu unterstellen, er freute sich nicht mit ihnen und ihrem Erfolg, auch wenn er den Eindruck hatte, dass die Inhaber sich selbst und ihre MitarbeiterInnen ausbeuteten.

Die Kundschaft hingegen wurde zunehmend ärmer, und so blieben von den Traditionsunternehmen zuletzt allein Karstadt und ein paar Klamottenläden übrig. Am Hermannplatz ist noch der Hauch einer Metropole zu spüren. Karstadt denkt aber seit Jahren darüber nach, die Filiale am Hermannplatz zu schließen. Die übrigen Geschäfte mit Tradition protestieren heftig dagegen. Man spricht sogar von Ghettoisierung und Verelendung und übertreibt gewiss. Doch man sehnt sich nach den alten Zeiten zurück.

Diese Gedanken beschlichen FarmerBoy, ehemals MetroBoy, als er wahr nahm, wie viele Tand- und Handyläden in der Kurpfalzstraße so vor sich hin verkaufen. Und er erinnert sich an ganz früher, als es das "Prinz" noch gab: Ein super Laden und so gut sortiert, dass man sich all die "gute" Musik dort anhören konnte, die man sich später über den Malibuversand aus Hamburg jedoch viel billiger bestellen konnte.

Aus irgendwelchen Gründen hat das "Prinz" dann schliessen müssen, und seitdem steht das Gebäude leer. Oder doch nicht ganz: Angeblich hatte sich ein türkischer Modeanbieter ein Jahr dort halten können, musste aber wegen der großen Konkurrenz aufgeben. Auch der Karstadt möchte seine Pforten schliessen, und FarmerBoy fragt sich, was dann wohl aus der Kurpfalzstraße wird.

Es scheint sich sehr zu lohnen, Gebäude leer stehen zu lassen. Offenbar lohnt es viel mehr als sie günstig zu vermieten. Eine Alternative wäre ja, einzelne Räume übergangsweise gegen Zahlung der Nebenkosten an KünstlerInnen oder prekäre Dienstleister zu verpachten. FarmerBoy wäre sehr daran interessiert. Aber Mannheim ist da noch nicht so weit, FarmerBoy muss das endlich einsehen.

Eine weitere Alternative gibt es ja auch noch: Weniger horrende, mehr realistische Mieten für die Läden verlangen! Damit sich das Risiko berechnen lässt und man als UnternehmerIn wieder mal mutig sein kann. Aber dann müssten die Vermieter Not leiden, vielleicht sogar (ver)hungern. Und das will ja auch keiner. FarmerBoy ist ziemlich ratlos. Hmmm!

P.S. MetroBoy ist es gelungen, in zwei von ca. hundert Geschäften Praktikumsplätze zu akquirieren. Karl Marx sei Dank war sein Honorar nicht erfolgsabhängig.

Sonntag, 7. Oktober 2007

Ganz viele ganzs'! Und ein paar unds'!

Bald ist ja das internationale Filmfest Mannheim- Heidelberg. Es wird bestimmt ganz spannend und voller strahlender Filmbeiträge sein. Und gewiß wird auch die langweiligste Zielgruppe aller Zeiten bedient: Die alternativen Tanten mit ihren Seidenschals und die Onkels in den Cordanzügen, kurz: Hanf- Klamottenträger, LehrerInnen, PädagogInnen, StudentInnen der Sozialwissenschaften, Atlantis- Kino- UnterstützerInnen etc.

Es werden ganz sicher eine Menge Filme über das Leid anderer Menschen in den unbekannteren Gegenden dieser Welt gezeigt werden. Und man wird sich in ihnen ganz kritisch geben, vielleicht sogar schlimme Missstände anprangern. Also kommt alles darin vor, was man in den unendlichen Weiten der Medienlandschaft recherchieren könnte, wenn man nur nicht zu bequem dazu wäre. Im richtigen Film hingegen bekommt man nicht nur die Information, sondern gleich auch noch die dazugehörige Emotion, sozusagen als Instant- Nahrung für das Hirn.

Wie wenig muss man über das aktuelle Geschehen informiert sein und wie abgestumpft muss das direkte Befinden darüber sein, dass man zu den Welt- Miseren noch bewegte Bilder braucht, um sie emotional ganz, ja so richtig ganz, sogar voll ganz und wirklich zu erfassen? Und dann im Kino und die Minuten danach ungehalten, ja sogar richtig empört über das Gesehene sein kann? Und warum geht man nicht ins Theater, wenn man die Katharsis braucht?

Die mir unangenehme Sorte Mensch, die in ihrem Leben nichts mehr anderes fühlen kann als Betroffenheit und doch nichts weiter kennt als sich selbst, braucht die Stimulanz durch das Kino. Man geht ja sonst tagtäglich zur Weide um zu Grasen und zu Blöken, und hinter dem Zaun hört die Welt bekanntlich auf. Das ist kein "Unterschichten"Problem. Viele mir bekannte Menschen aus eher bildungsaffinen Schichten interessiert nichts weiter als Job, Familie und Freizeit. Und das ist öde!

Doch auch sie brauchen Input. Und wo was flimmert, da gucken sie auch hin! Dort ist die perfekte Futterstelle, an der die Schafe mit gezielter Information/ Emotion gemästet werden können. Dementsprechend zeigen viele Filme nichts weiter als die Abbildung einer Realität, die man im wirklichen Leben gar nicht wahrzunehmen in der Lage ist. Doch das sind keine Spielfilme mehr, sondern Dokumentationen!

Lustigerweise sind einige Filme, die als Dokumentationen angekündigt werden, die eigentlichen Spielfilme, da sie mit Realitäten und deren Wahrnehmungen spielen (siehe Michael Moore). Die darzustellende Realität wird dabei so oft gebrochen, bis sie zur Absicht des Filmemachers passt.

Ich selbst werde mir bestenfalls Filme anschauen, die eine Utopie anbieten, deren Protagonisten sich bewegen, und seien es nur Millimeter. Mein Horizont soll sich erweitern durch kluge Kunst. Schließlich bin ich hier der Klugscheißer! Ich brauche allerdings kein Infotainment, keinen mahnenden Zeigefinger, sondern kleine, gut erzählte Geschichten. Davon soll's ja auch so manche geben in der nächsten Zeit.

Und um noch einen drauf zu setzen: Der Animationsfilm "Ratatouille" ist einer der besten und klügsten Filme, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Der Streifen beweist, das (Film)Kunst nicht todernst und schwer sein muss. Er erzählt eine kleine Geschichte auf amüsante Weise und hat gleich zwei würdige Botschaften. Um das zu haben, kann man sich allerdings auch zum 1000sten Mal sich selbst oder sich gegenseitig zermürbende Menschen, Esoterik- Dialoge und Betroffenheitsgefasel anschauen bzw. anhören. Jeder soll's so halten, wie er glaubt er hat's verdient.

Samstag, 6. Oktober 2007

Stille Tage in Catatonia! Wozu auch Kunst?

Es ist ja nicht so als streckte ich den MannheimerInnen meine Hand nicht entgegen. Allein, man will sie nicht packen! Es ist auf Dauer frustrierend, mit Menschen zu verkehren, denen der Alltag nahe ist, aber das Abstrakte keinen Platz in ihrem Leben findet. Mir fehlt hier ganz besonders: die intellektuelle Debatte.

Als ich gestern Abend während einer kleinen Feier meine kleine Idee für eine Ausstellung präsentierte, herrschte betretenes Schweigen, so dass ich mein Ansinnen nach einigen Erklärungsversuchen aufgeben und schleunigst in ein anderes Thema überleiten musste. Die Idee war aber nun folgende:

In jüngerer Zeit bemühen sich KünstlerInnen und Medien gerne um das Bild des "guten Deutschen", der den Nazis zu Hitlers Zeiten Paroli bot und zivilen Ungehorsam übte. Diesen mag es gegeben haben. Doch werden im Umgang damit aus den wenigen "guten Deutschen" stets ganz viele und plötzlich gibt es nur noch wenige "böse Deutsche", bis zum Schluss nur noch ein böser übrig bleibt: Hitler, der dem kleinen Mädchen das rosa Kaninchen stahl und alle Verbrechen ganz alleine beging.

"Sind wir nicht alle ein bisschen Hitler?" sollte den Rahmen bilden, den "Hitler in sich selbst" zu suchen und mittels Fotografie zu finden. Die so entstandenen Bilder würden in einer grandiosen Ausstellung präsentiert werden, mit allem Piepapo und Drumherum. Die ansonsten kunstinteressierte Mischpoke war nicht amüsiert, und schlimmer noch: Es gab noch nicht mal Einwände oder Kritik am Vorhaben. Und ohne Diskurs findet Kunst einfach nicht statt. Ich muss mir entweder neue Bekannte suchen oder demnächst ein paar Tranquilizer einwerfen.

Ich möchte nicht von meinem Bekanntenkreis auf ganz Mannheim schließen. Doch mein erstes Kunstprojekt in diesem Ort wurde ähnlich aufgenommen: Während ich versuchte, Wählerstimmen für meine OB- Kandidatur zu sammeln, schlugen mir folgende Satzfragmente entgegen: "Is' doch eh alles schon gelaufe!" über "mer kenne sie ja gar net!" bis zu "sie habe ja gar kei Programm, warum soll ich sie dann wähle?". Die Angesprochenen waren übrigen nicht ü50, wie man annehmen könnte, sondern überwiegend a30.

Schliesslich bin ich heute Nachmittag mit einer neuen Idee wach geworden: Es wird einen Videoloop geben, in dem ich höchstpersönlich und apathisch vor mich her sabbernd in einer kahlen Ecke sitze werde, während meine liebe Frau C. ein Schild mit der Aufschrift "Mannheim" durch das Bild trägt. Die Videoinstallation trägt den Namen "Stille Tage in Catatonia!"

Dienstag, 2. Oktober 2007

Freizeit- Terror in Mannheim! Aber anders!

Wie ich erst vom Land nach Darmstadt zog, um dann nach Berlin und schließlich nach Mannheim zu gehen: Das ist eine ganz zauberhafte Geschichte mit allerlei Verwünschungen drin. Allein, ich werde sie hier nicht erzählen!

Ich fühle mich von Mannheim terrorisiert. Es handelt sich dabei um ein ähnliches Gefühl des "terrorisiert-seins" wie jenes, dass mich einst in Darmstadt gepackt hatte und schließlich zu einem der 107 Gründe wurde, die Stadt zu verlassen. Grund 24 z. B. war die Regentschaft Kochs in Hessen. Grund 98 war das Problem, keine noch so dämliche Party verpassen zu können, weil bis zur nächsten Party abermals ein voller Monat verstreichen und man sein Leben deswegen acht Wochen ungefeiert fristen musste.

Seien wir ehrlich: Ich gehe auf die 40 zu, mit maßvollen Schritten zwar, doch unumkehrbar. Auf Parties mit pubertären Jugendlichen oder naiven Studenten habe ich längst keine Böcke mehr. Ich will ja niemanden betreuen oder erziehen, sondern feiern! Allerdings: Wo ist es denn, "das Programm" für angehende Senioren wie mich?

Mannheim ist fest in der Hand der ganz Jungen. Es ist voller Knaben mit lustigen Bärtchen und Mädels mit ohne was an an. Für die Kleinen gibt's Belanglos-Pop und die auf dem Land üblichen Trend- Backlash's: Bis hier mal was interessantes live ankommt, riecht es anderswo schon streng, sehen wir der Wahrheit doch mal ins Auge. Und für die ganz Alten wird Roger Cicero, Michael Bublè oder Joy Fleming gegeben. Tanz den Geronto!

Und die Mittelalten? Was machen die? Der Fehler bei denen liegt im System: Sie glauben, Familie und Job seien alles und so verlieren sie ihr Mitbestimmungsrecht im Nightlife und fangen an, schlechte Musik zu hören oder schales Bier zu trinken. Schade, dass viele Menschen hier in ihrer eigenen Mittelmäßigkeit ersaufen und eigentlich schon mit ihrem Leben abgeschlossen haben. Doch was ist mit dem Terror, von dem ich eingangs sprach?

Terror ist allein der Zwang, gegen alle gesundheitlichen Bedenken einen Event besuchen zu "müssen", weil: Wer weiß denn, wenn mal wieder was los ist? Terror, das ist ebenfalls das Bier, dass man auf Veranstaltungen goutieren muss: Die Getränke der Marke Eichbaum sind nur halb so famos wie allgemein behauptet wird!