Sonntag, 22. Februar 2009

Alles was man selber nicht ist! Fasching, Alltag, Mannheim, Berlin!

Es wäre leider nicht so erquicklich gewesen, über die Fastnacht in ein weitgehend karnevalsresistentes Berlin zu flüchten: Echte Freundschaften sind wegzugsbedingt auf einen kleinen, aber umso erfreulicheren Haufen Menschen zusammengeschrumpft, welche der Umstand eint, gerne einmal die Stadt, die sie so froh macht, zu verlassen: für Tage, Wochen, Monate. Diesbezüglich hätte es ein Problem mit der Unterbringung meiner Person gegeben. Außerdem wird mir die ehedem vertraute Stadt zunehmend fremder, so dass ich immer weniger Lust verspüre, dort alleine lustzuwandeln.

Der Künstler Holger E. (nicht verwandt mit dem Autor) findet ohnehin positive Aspekte an dem alljährlichen Umstand des Karnevals: Man könne sich dort bekleiden und etwas sein, was man sonst nicht sein könnte. Daher handele es sich um eine doch recht angenehme Veranstaltung. Ich teile die Meinung von E. nicht! Erstens verkleiden sich die wenigsten Menschen zu Fasching, sondern kleben sich nur Herzele auf die Backen und ziehen sich grüne Perücken auf's Haupt. Dies geht kaum als Verkleidung durch, sondern fällt wohl eher in den Rahmen des Vermummungsverbots, um ungestraft saufen und belästigen zu können. Fremde, die einen ohnehin nicht kennen, kann ungestraft an den Hintern gefasst werden, allein die Freunde der streng Feierwilligen erkennen den Menschen hinter der Fassade: Es ist derselbe, der sonst 51 Wochen im Jahr vor seinem Chef buckelt und sich auf die eine Woche freut, in der er lustig sein darf.

Meine liebe Frau C. hatte heuer das Vergnügen, einer Gruppe Mönche zu begegnen, die sie begrapschten und leutselig zu einem Irgendwas einladen mochten. Man muss dazu sagen, dass C. nur mal eben ein Ticket für W. Genazino in der Feuerwache kaufen mochte und selbst keinerlei Verkleidung an sich hatte, außer ihrem dezenten Lippenstift und ein wenig Lidschatten. Sie hatte sich die Grapscherei energisch verbeten, sagte sie schnaubend nach ihrer Rückkehr. Was sich diese Lackaffen denn einbilden täten, schließlich sollen sie sich an Ihresgleichen, also andere Verkleidete, halten und die neutralen, Unverkleideten, in Ruhe lassen! Ich musste meiner lieben Frau C. uneingeschränkt recht geben.

Selbst kann ich es mir auch nicht vorstellen, mich zu verkleiden, denn ich sehe genau so aus, wie ich mich gerne hätte. Dies ist ein großes Glück, das nicht jeder teilt! Bei genauerer Betrachtung allerdings stellt sich heraus, dass ich meinem Äußeren zum Fischgrätenanzug (Größe 52, leicht untersetzt) und den Lederschuhen (dunkelbraun, Größe 43) gerne noch einen weißen Knaufstock mit silberner Kugel und ebenso silberner Spitze hinzufügen würde, ich mich dies aber nicht so recht traue, da in Mannheim CamouflageKlamotten und CheMützen dominieren und man so gekleidet in den Ruf eines Dandys gerät! Von literarischen Zusammenhängen ausgehend frönt man hier eben weniger einem T. Woolfe oder G. Vidal, korrekt gekleidete Autoren immerhin. Welche Schriftsteller tragen gleich noch Schlabberlook? Ach, T. Meinecke, aber gegen diesen kann man wenig einwenden, mehr noch bewundern (trotz mieser, mannheimaffiner Kleidung). Zugeben muss ich allerdings, dass ich mich bisweilen auch schon verkleidet habe!

Ende letzten Jahres hatte ich Sorge für ein neues Einkommen zu tragen, weswegen ich mich auf diverse Stellen beworben hatte. Einer meiner Leser fand einmal, dass mir mehr Arbeit als vier Stunden täglich gut täte, und weniger Schreiben meinerseits den LeserInnen nur zuträglich sei. Daraufhin entschied ich mich, es einmal mit sechs Stunden täglich zu probieren. Es machte mich leider nicht glücklicher, und meine LeserInnen bekamen statt weniger nur schwierigeren Stoff zu lesen. Bevor nun einige LeserInnen wegdämmern, kommt nun endlich die Sache mit dem Verkleiden: Der 30StundenJob ging zuende, also schrieb ich ganz toll formulierte Bewerbungen. Trotzdem wurde ich zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Dafür fügte ich mir völlig andere, mir fremde Persönlichkeiten hinzu und tat so, als interessierte ich mich tatsächlich für diese Stellen. Man sah mir meine Verkleidung genau in dem Moment an, in dem ich mich selber zu fragen begann, was ich hier eigentlich mache und wo mich das überhaupt hinführen soll. In beiderseitigen Einvernehmen kündigte man mir also schon, bevor ich überhaupt eingestellt war.

Nur ein Arbeitgeber in Frankenthal war zäh und bombardierte mich mit Einstellungsgesuchen. Es täte mir furchtbar leid, ihn, den Arbeitgeber, so enttäuschen zu müssen, doch leider sei ihm ein für mich geeigneterer Lebensentwurf zuvor gekommen, so dass ich mich leider gegen ihn entscheiden müsse, schrieb ich ihm daraufhin. Ich wünsche ihm noch viel Glück auf seinem weiteren Weg usw. usf. Nach diesem Schreiben legte ich meine Verkleidung als Arbeitnehmer endlich zur Seite und zog mich als Freiberufler an, der Anzug passt mir wenigstens. Die Arbeitnehmerverkleidung war mir stets zu eng und zu klein. Sie hat kein Phantasierevers und keine Freiheitsknöpfe. Die Schuhe entbehren jeglicher Spontaneität und der Hut versperrt mir die Sicht auf das Wesentliche. Der Stock, den ich hier tragen muss, weist stets in die Richtung, welche mein Arbeitgeber vorgibt, und diese läuft meinen Interessen meist zuwider. Ich bin nun frei zu tun was mir beliebt, und das freut mich und meine liebe Frau C.

Da haben wir also den Kopf frei für das Literaturfesival lesen.hören. Als dann der Herr Genazino am heutigen Abend noch bemerkt hatte, dass er das Faschingstreiben sogar als ExMannheimer ganz befremdlich fände, fühlte ich mich einmal mehr verstanden. Und nachdem er aus seinem neuen Buch gelesen hatte, und ich mich daraufhin an ein paar frühere Bücher von ihm erinnerte, fühlte ich mich auch sonderbar nahe seinen Protagonisten, welche stets durch die Zustände dieser Welt verwirrt und deshalb äußerst sensibel wirken. Das wollte ich an dieser Stelle noch anmerken.

Dienstag, 17. Februar 2009

Eins, zwei, viele Arbeitsmärkte! In Ludwigshafen wird man geholfen!

Bei diesem Mistwetter macht sich schnell Langeweile breit: Man möchte nicht mehr vor die Tür, gräbt sich lieber zuhause unter der Bettdecke ein und sinnt seltsame und hanebüchene Dinge aus. So ähnlich muss es auch dem Sozialdezernenten Wolfgang van Vliet aus Ludwigshafen ergangen sein. Der hat sich ganz viele Gedanken machen müssen, weil nun jedes vierte Kind in der BASF-Town von Hartz IV lebt, und das geht nun gar nicht, auch wenn es irgendwie trendy in der BRD ist. Also ab zum Interview mit einer Mannheimer Zeitung:

Sein Rezept gegen die Folgen der Kinderarmut heißt Ganztagsschule und Hausaufgabenbetreuung. Soweit so gut, klingt spitze, funktioniert aber nur, wenn Geld fließt und nicht irgendwelche Freigesetzte dies ehrenamtlich tun müssen. Fachpersonal braucht's da schon, von wegen der Bildungsgerechtigkeit. Aber man ist ja dabei in Ludwigshafen und anderswo, ist ja längst dabei, ist ja dabei, jaja, ist ja gut!

Die Ursache von Kinderarmut ist zuerst einmal die Armut der Eltern. Offenbar verdienen viele Menschen einfach zu wenig und brauchen daher finanzielle Unterstützung vom Staat bzw. den Kommunen. Andere wiederum sind zu schlecht qualifiziert für eine ordinäre Arbeit. Für diese hat man den sogenannten zweiten Arbeitsmarkt geschaffen. Leider verdienen die Arbeitnehmer dort noch weniger und brauchen deshalb - richtig: erst recht staatliche Unterstützung. So kommen die Kinder aber nicht aus der Armut heraus.

Irgendwie ist da laut Herrn van Vliet auch nicht die Hartz IV-Gesetzgebung dran schuld, nein: Schuld ist einzig und allein die Tatsache, dass "...für gewisse Tätigkeiten keine Arbeit mehr da ist." Aha! So ist das also! Aber genau deswegen hat sich der Herr van Vliet etwas besonders Innovatives ausgedacht: Wenn erster und zweiter Arbeitsmarkt nicht ziehen, dann muss ein dritter Arbeitsmarkt her - ist doch logisch! Da gibt's auch nichts dran zu rütteln! Damit es für gewisse Tätigkeiten wieder Arbeit gibt!

Allein dieses Satzkonstrukt ist so dermaßen interessant, dass man gar nicht mehr fragen mag, was denn diese gewissen Tätigkeiten eigentlich sein sollen. Vor allen Dingen, wenn es für diese im dritten Arbeitsmarkt, der ja noch zu schaffen sei, Arbeit gäbe. Das ist jetzt aber irgendwie verwirrend, Herr van Vliet! Gibt's dafür jetzt Arbeit oder nicht? Außerdem wäre da noch zu klären, wie ein Arbeitnehmer seinen Kindern ausgerechnet via Arbeitsmarkt III (AM III) aus der Armut helfen soll, wenn AM II schon nicht ausreicht.

Kaum vorzustellen, ob Arbeitgeber dafür überhaupt noch was zahlen müssten, möglicherweise wäre der Job voll aus Steuern finanziert? (Wer sein Unternehmen darauf gründen mag, der soll bitteschön Pleite gehen und selber Leistungsbezieher werden!) Nicht auszudenken, dass in ein paar Jahren immer noch ein paar Menschen zu gering qualifiziert sind, um in AM III unterzukommen. Dann erfindet der Herr van Vliet ganz schnell den vierten Arbeitsmarkt, da dürften die Arbeitnehmer dann sogar noch Geld mitbringen. Wäre das nicht super?

Man sollte den allesamt erfundenen Göttern der Weltreligionen dankbar sein, dass Herr van Vliet nicht eigenhändig Arbeitsmärkte erschaffen darf. Sein Verständnis von sozialen Leistungen geht ohnehin kaum über den Wohlfahrtsgedanken hinaus: Die Vereine sollen's richten, wenn es um kulturelle Teilhabe und Bildung geht, und wer Hunger hat, geht einfach zur Tafel. Schön, dass sich die Stadt Ludwigshafen so einen wie den Herrn van Vliet überhaupt leisten mag, denkt man da. Denn ein Sozialdezernent, das wäre doch wirklich auch ein Job für den dritten Arbeitsmarkt, oder nicht? Damit es für gewisse Tätigkeiten endlich wieder Arbeit gibt!

Donnerstag, 5. Februar 2009

Wie die Welt geht oder auch nicht! SAP und der SV Waldhof!

Wer hätte das gedacht? Endlich kommen wir mal zusammen, der Fußball und ich! Sonst finde ich das Getöse um den Lederdoppsball ja eher öde und sogar ein wenig peinlich, auch irgendwie mentallegasthenisch. Dass sich so viele Menschen weltweit darum scheren, ist mir daher stets unverständlich gewesen. Millionäre spielen für viel Geld Fußball, geben unmittelbar danach, schwitzend, stinkend und stotternd, strunzdumme Interviews und machen dann auch noch grottenschlechte Werbung für Autos und Streichschokolade. Was soll das?

Nun aber hat der Klassenkampf Einkehr in den Stollenschuhsport gehalten, was mich persönlich sehr freut. Dönn dörr Doitttttsche Monnn kömpft oigentlöch nöcht gögön soine Orbeitgöberrr! Zumindest tut er das nur selten, und somit ist mir jeder Streik willkommen, solange es nicht sogenannte "notleidende Banken" sind, die streiken, sondern Menschen, die laufende Rechnungen, Eigentumswohnungen und uneheliche Kinder bezahlen müssen, wie es der Fall bei den Spielern und deren Betreuer des SV Waldhof sein könnte. Ich betone, dass dies eine reine Mutmaßung ist und keinerlei Wahrheitsgehalt beinhalten muss!

Zu den Fakten: Der HSV Waldhof ist schon seit Ende des letzten Jahres in der Bredouille, weil offenbar niemand in diesem Verein mit Geld umgehen kann. Vor vier Jahren erst musste beinahe Insolvenz angemeldet werden, nun schon ist der Verein schon wieder knapp bei Kasse. Wie kommt das? Ist ein beknackter Kassenwart dafür verantwortlich, sind zu wenige zahlende Zuschauer oder ist eine größenwahnsinnige Planung, die Geld verpulvert, das man nicht hat, schuld? Viel eher besteht der starke Verdacht, dass ehemalige Funktionäre ein- bis zweimal in die Vereinskasse gelangt haben. Warum auch nicht? In der Korrupto-BRD ist dies durchaus üblich! Die Staatsanwaltschaft Mannheim ermittelt jedenfalls.

Wo Geld fehlt, spart man selbstverständlich beim Personal! Und zwar, bei Regionalligisten ist das zumindest so, bei den Spielern. Sind eh nicht so wertvoll! Warum soll das hier, beim VRN Waldhof, auch anders sein? Und so stehen etliche Gehälter der Spieler des ICE Waldhof samt Tross aus. Und dies ist wahrlich ein Grund zum streiken, die befußballschuhten Füße in die Luft zu strecken und beim anstehenden Training Pina Colladas (zu schwul für Fußballer?) oder eher noch Fassbier zu bölken. Man sieht sie schon in ihren knappen Trikots, wie sie mit Streikplakaten durch die Stadt ziehen und die zuvor einem Schiedsrichter entwendeten Trillerpfeife betätigen.

In der ganzen Fußball-BRD hätte es Solidaritätsbekundungen und Spielerkrawalle geben können. Stell Dir vor, es ist Fußball und keiner geht hin? Doch der SAP-Milliardär Hopp sponsorte dem SSK Waldhof schnell noch einen sechstelligen Betrag, die Gehälter können nun ausgezahlt werden. Und da soll man noch sagen, ein Streik nütze nichts? Bei der SAP ist ja jetzt ohnehin Geld für allerlei SchnickSchnack übrig - dank unserem Landesvater, dem göttlichen und unfehlbaren, aber sehr gesprächigen Herrn Oettinger wissen wir nun versehentlich, dass SAP ein paar Arbeitsstellen abbaut.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) überprüft gerade, ob da ein Rechtsverstoß vorliegt. Ist auch gut so! Wenn ich nun aber in meiner Phantasie einmal vermischen darf, was nicht wirklich zusammen gehört: Schön, dass die SAP nun wenigstens Arbeitsplätze outsorced. Wäre ja auch zu blöd: Stell Dir vor es gibt Fußballverein, aber kein Spieler spielt mit! Zur Not könnte man ja auch ein paar Arbeitslose Ex-SAPler - als Streikbrecher- einsetzen. Schlechter würde der Fußball wahrscheinlich nicht! Für alle anderen Brötchenverdiener aber gilt es, daraus zu lernen: Stell Dir vor, es gibt gierige Halsabschneider und keiner arbeitet für sie!

Streik! Streik! STREIK! STREIIIIIIIK!

Montag, 2. Februar 2009

Ausbeuten oder Lottojackpot knacken! Wo der Winter Hausverbot hat!


Wie FarmerBoy schon einmal bemerkte, konzentrieren sich nur äußerst fade Menschen ausschließlich auf das Behelfswarentauschmittel namens "Geld". Da FarmerBoy aber ganz und gar nicht fade sein möchte, seine nähere Zukunft jedoch in einem Land ohne Winter und dafür mit Meerblick zu verbringen gedenkt, "staring-at-the-sea-alike", wie er zu sagen pflegt, steckt er in einem tiefen Dilemma. Denn dafür benötigt er einen relativen Reichtum an Geld, und somit müsste er seine Kräfte ausnahmslos faden Zeitläuften widmen.

Zudem steckt in dem Wort "Reichtum" ja schon das andere, nämlich "Armut" mit drin, was ja ganz einfach bedeutet, dass es ohne das eine das andere nicht geben kann und die Bedeutungen beider Wörter ja nur abklänge, wenn jeder Mensch gleich viel besäße, so dass Geld fürderhin obsolet sei, weil auch Besitz keinen Wert mehr an sich hätte und so weiter und so fort. Würde er also, FarmerBoy, irdgendwie reich an Geld, beinhaltete dies die Armut wenigstens einer, wahrscheinlich aber gleich mehrerer Personen.

Ergo gibt es überhaupt keine humane Form der Geld- und Wertanhäufung, selbst wenn man mal das ganze Finanztohuwabohu und dessen Ursachen beiseite lässt. Diesbezüglich sei übermäßiger Gelderwerb eine unsoziale, weil chauvinistische Tätigkeit. Dem großen Erdmännchen sei Dank, dass die meisten Menschen gar nicht in der Lage sind, ihre Mitbewerber monetär zu überbieten und zu übervorteilen. Doch leider gibt es einen kleinen Teil der Gesellschaft, der sein überbordendes Gehalt nicht nur über die Knochenarbeit vieler ärmerer Menschen erzielt und hinterher auch noch der Meinung ist, er habe dies irgendwie "verdient".

Das ist aber pfui! Unternehmer dürften nach dem FarmerBoy-Act nicht mehr Einkommen erzielen als ihre Mitarbeiter, und höchstens ein Spielgeld für den Ausbau der Unternehmungen dürfte einbehalten werden. Erhöht der Unternehmer seine Bezüge, muss er die seiner Mitarbeiter ebenfalls erhöhen, muss er sparen, spart er auch bei sich. Wie kann man überhaupt auf die Idee kommen, es gäbe eine andere Möglichkeit als diese, wenn man ernsthaft so etwas wie soziale Gerechtigkeit im Schilde führt? Gut, das riecht nach Sozialismus, aber es wäre dieses Mal ein guter!

Jetzt ist FarmerBoy wieder etwas vom Thema abgekommen. Wir leben ja nicht in einem Sozialismus und die meisten Menschen weltweit finden das auch gut so - worauf auch immer diese seltsame Erkenntnis beruht, äußerste Verwirrung, mangelndes Urteilsvermögen und Kadavergehorsam sind ein Teil davon. Da das Leben nun also keine immerwährende Geburtstagsfeier ist, und einfache Erwerbsarbeit kaum über Spiesserträume hinausführen kann, bleibt doch nur noch Lotto:

Lotto ist zur Zeit die einzige Form des legalen Gelderwerbs, bei der Aufwand und Einsatz sozusagen sozialisiert sind und ein Minimum an Risiko birgt, dafür aber ein Maximum an Ausschüttung ermöglicht. Der Haken daran: Es ist statistisch wahrscheinlicher, vom Blitz getroffen zu werden, als eine Lottomillion zu gewinnen. Der Zuckernuckel daran ist, dass alle Mitspieler dies freiwillig tun, also keiner zum Lotto spielen gezwungen wird. Wie am vergangenen Samstag sind sie deswegen dazu bereit, insgesamt 127 Mio. Euro einzusetzen, um sich in Massenhysterie einen fast unmöglichen Gewinn zu erträumen.

Erwerbsarbeit lässt diesen Enthusiasmus missen! Kein Wunder: Man wird dort stets unfair bezahlt, dafür aber schwer ausgebeutet, bekommt das vor-sich-hin-träumen verboten und wird noch dazu intellektuell ausgebremst. Und das alles nur, damit die Chefs das ausleben können, wovon die Arbeiter sonst nur abends träumen können. Das ist so unsexy wie sonst nur was, deswegen haben CountryGirl und KollegInnen die unfaire Variante des Lottospiels - Systemspielen - probiert und leider, wie soll ich es sagen, verloren stimmt ja nicht: Nein, ihr Einsatz wurde heute erst wieder privatisiert, das klingt besser! Es gibt zwei neue Multimillionäre zu vermelden, und dies in Zeiten der Finanzkrise! FarmerBoy sagt dazu: Herzlichen Glückwunsch!

Er selber spielt seit Jahren bei der Aktion Mensch mit und hat jetzt schon lange nichts mehr gewonnen. Allmählich ärgert er sich darüber, dass die anderen viel öfter gewinnen als er. Das kann wohl kaum mit rechten Dingen zugehen. So wird das nichts mit dem Haus an der ägäischen Küste, vor dem er abends sitzt und den Gezeiten Beachtung schenkt, während er mit dem Gehstock rhythmisch gegen die Bank schlägt und seine gepflegte, leichte Kleidung in den milden Winden leicht flattert. Seine Daunenjacke steht nun als Denkmal inmitten deutscher Lande, kalt und steinern. An der Ägäis ist sie nicht vonnöten: Der Winter hat dort Lokalverbot!