Dienstag, 24. Februar 2015

Mein großer Bruder Inkasso! Und: Gewissensbissemacherei am Mehringdamm!

Mähhh! Vor wenigen Jahren habe ich noch nicht verstehen können, dass sich manche Frauen so damit haben, ständig angeklickt, zerschnalzt und angepfiffen werden. Jetzt nennt mich einen Nazi, wenn Ihr wollt, aber meine früheren täglichen Passagen durch den Görlitzer Park haben mich eines Besseren belehrt. Dort stand bis vor Kurzem noch Dealer neben Dealer, und das Geschnalze, Gepfeife und Geklicke hat mich in meinem Wohlempfinden massiv gestört.

Nun hat der Innensenator von Berlin offenbar dafür gesorgt, dass an anderen Orten gepfiffen, geschnalzt und geklickt wird, ich kann es aber nicht bezeugen: Ich bin ja nach Friedrichshain gezogen, wo nun am RAW-Tempel Dealer stehen, die klicken, schnalzen und pfeifen. Von beiden Orten fühle ich mich nun verdrängt, nur der Görlitzer Park, da macht es mir nichts aus, weil ich dort nicht mehr hinkomme.

Der kleine Hitler in mir, das kleine PEGIDA-Schwein in mir, der vor Überfremdung bibbernde Spießer findet nun andere Unorte, denen er fernbleiben möchte. Einer meiner Lieblingsunorte, die ich gerne meiden möchte, aber nicht kann, befindet sich auf dem Weg zu meinem Gym. Will ich nicht ein fetter Spießer werden, muss ich da vorbei. Es hilft nichts!

Die Rede ist von, wie nennt man sie? Promoter? Leute, die von irgendwelchen Organisationen für Geld dazu angehalten werden, andere Menschen für Geld anzuhalten, also für irgendetwas zu spenden. Heute waren es irgendwelche armen Schlucker*innen mit roten Clownsnasen, die es nicht geschafft haben, mich anzuhalten, mir aber dermaßen auf den Sack gingen, weil sie gleich an zwei Straßenkreuzungen standen und sich mir rechnerisch vier mal in den Weg gestellt haben. Was soll das? Es gibt Menschen, die panische Angst vor Clowns haben! Und es gibt Clowns, die panische Angst vor mir haben sollten!

Was rege ich mich eigentlich so auf? Nun, erstens rege ich mich nicht auf, nein wirklich nicht, DAS REGT MICH ÜBERHAUPT NICHT AUF, IHR PISSBACKEN, KEINESWEGS! Jetzt kommt das PEGIDA-ABER: Aber es ist ja nicht so, dass es einem in Berlin an unerwünschter Ansprache mangelt! Überall wird man angehalten, angeklickt, angeschnalzt, angegurrt, so dass es keine Freude mehr ist. Es ist ja diese berechnende Ansprache, die vorne freundlich tut, aber hinten so voller humanitärer Gewissensbissemacherei steckt, dass die notorisch klamme Brieftasche in Gefahr ist.

Man sieht diese professionell-prekären Wegelagerer übrigens schon von weitem. Meine Körpersprache signalisiert stets LASST MICH IN RUHE, aber trotzdem werde ich IMMER professionell gutgelaunt um etwas Zeit angebettelt für eine garantiert gute Sache, die an sich bestimmt gut ist, aber zu etwas Schlechtem wird, weil ich deshalb angebaggert werde. Und weil Menschen, die bezahlt oder ehrenamtlich auf diese Weise Geld für die Sache besorgen müssen, eine Sache verkaufen wollen, die ihnen daheim in der WG völlig schnuppe ist und die auf die ganzen miesen Maden wie mich, die nicht ansprechbar sind und auch nichts geben wollen, scheißen oder platzhalterisch in Ego-Shooter-Spielen plattmachen.

In der U-Bahn versuchen Obdachlose und von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen ihre Zeitungen zu vertickern. Sie machen es uns leicht, freundlich Nein Danke! zu sagen, das haben sie verdient. Sie wollen uns was verkaufen, weil sie das Geld gut gebrauchen können und so ihre Würde behalten können. Unangenehmer ist es schon, einem einfachen Bittsteller ohne Ware die Hilfe zu versagen. Doch auch diese Menschen verdienen wie alle anderen unseren Respekt.

Ungefragt aufspielenden Musikern in der U-Bahn begegne ich allerdings weit weniger freundlich, weil: Wer will dieses Zeug schon hören? Doch zugehört bedeutet scheinbar immer auch schon verkauft. Jedoch: Wer will schon etwas verkauft bekommen, was er weder in Form noch Inhalt sich wünscht oder gar Bedarf angemeldet hat? Da könnte ich auch wildfremden Menschen meine Taschen ins Gesicht pressen uns sagen: Beschnuppert ist bereits gekauft, Arschnase, jetzt her mit den Mücken oder ich rufe meinen großen Bruder Inkasso!

Genauso verhält es sich mit Promotern, die sich in regelmäßigem Wechsel am Mehringdamm aufhalten und mich denken lassen: Ach nein! Lasst mich doch bitte bitte... war ein wirklich antrengender Tag heute, ich will nicht... Doch zu spät! Hätten Sie kurz eine Minute Zeit? Ich weiß wie lange so eine Minute dauern kann, schließlich war ich Mitarbeiter in einem Callcenter. Seitdem ich weiß, wie sehr man Menschen auf den Sack gehen kann mit unerwünschten Fragen, nehme ich mein Telefon nicht mehr ab, wenn ich die Nummer nicht kenne.

Red Nose Day, Greenpeace, WWF, IS-Sympathisanten, Sie-haben-doch-nichts-gegen-Tiere-Freaks und letztendlich Amnesty International usw. usf: Sie alle schicken arme Studenten gegen Erfolgshonorar hinaus in die Welt, sagen: Hier geht er lang, der Herr von Bald, den müsst Ihr werben für die gute Sache. Für mich ist aber nichts eine gute Sache, wo sich mir Leute in den Weg stellen und meine deutliche Körpersprache ignorieren. Wo bleibt da die Empathie?

Ich spende für ein paar wenige Organisationen, da komm ich dann selber drauf, danke, da brauche ich keinen, der mich darauf hinweist. Aber wenn sich mir Amnesty International in den Weg stellt und mich erst bei heftiger Gegenwehr ziehen lässt, dann würde ich gerne eine Organisation anrufen, die gegen Folter, Freiheitsberaubung und Verstöße gegen die Menschenrechte eintritt. Ach Mist!