Montag, 23. März 2009

The kids are alright! Society not!


Es war ja nur mal wieder eine Frage der Zeit, bis die wahren Schuldigen ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden würden: Nicht ein Übermaß an Anpassungsdruck und emosozialer Problematiken sind verantwortlich für Amokläufe in Schulen, nein, es sind Computerspiele, aggressive Musik und Gewaltdarstellungen in Kino und Fernsehen. Man hat dabei noch vergessen, dass das Internet ebenfalls reichlich Menschenverachtendes in petto hält.

Fazit: Dies alles gehört verboten. Das ist jedoch einmal mehr viel zu kurz gedacht: sogenannte gewaltverherrlichende Spiele oder Filme veranlassen niemanden dazu, bewaffnet eine Schule zu überfallen. Sie zeigen allerhöchstens, wie das geht. Und dabei darf man nicht Papas Waffen vergessen. Mit der Wasserpistole wäre es zwar schöner, aber nicht so effektiv.

Das ist natürlich alles ein großer Quatsch! Wenn wie zuletzt Eltern aus Winnenden solche Verbotswünsche in einem offenen Brief ausdrücken, dann mag man das als erste, unreflektierte Reaktion in Folge eines Schocks werten. Wenn aber Politiker wie uns aller BuPrä Köhler ins gleiche Horn tuten, dann ist das lächerlich. Denn vernünftige Menschen wissen, dass jedes System DropOuts produziert, die sich darinnen nicht auszukennen vermögen und mitunter mit Gewalt darauf reagieren. Manche töten nur sich selbst, manche töten andere und dann sich selbst. Da ist kein Spiel, kein Film daran schuld!

Verbote gehören verboten! Im Umkehrschluss kann man nämlich sagen, dass Millionen von Kids Ballerspiele spielen und trotzdem nicht Amok laufen. Tausende von Menschen besitzen Waffen und töten niemanden. Andere schauen sich Metzelfilme an, die allermeisten ohne jeden Zwang zum Metzeln zu verspüren. Allen Amokläufern der letzten Tage ist ja noch eines gemein: Sie waren alle einmal Schüler! Keiner würde jedoch deswegen auf die Idee kommen, Schulen zu verbieten.

Gewaltdarstellungen sind so besehen Kartharsis, die Abfuhr ekelhafter und niedriger Gefühle, wie es die antiken Theater bezweckt hatten: Es ist dies die Verarbeitung von Gewalt durch Beobachtung und emotionaler Teilnahme daran. Gewalt kann auch bilden, wenn sie offensiv reflektiert wird. Ganz offenbar aber ist diese Gesellschaft unfähig zu dieser Reflektion, sie verdrängt lieber: Es kann nicht sein was nicht sein darf! Und sie hinterfragt nicht einmal das Selbstverständnis des Staates, der schließlich auf Gewalt gegründet ist, noch dessen Ideologie. Wäre aber besser sie täte es!

Ein guter Ansatz wäre es, den omnipräsenten Leistungsdruck zu vermindern, der auf Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen lastet. Wie der Staat gedenkt, mit seinem Souverän umzugehen, wäre ebenfalls eine Debatte wert, denn demokratische Staaten brauchen letztlich auch demokratische Verhältnisse! Auch die konsumistische Haltung des "haste was, biste was!" sollte einmal kritisch überdacht werden, dies eine große Aufgabe für die Apologeten des unendlichen Wirtschaftswachstums, welche den Menschen nur noch als Zielgruppe betrachten. Und letzten Endes kämen Eltern und Pädagogen einmal daran zu überlegen, ob es nicht besser wäre, Kinder zu erziehen statt sie sich selbst zu überlassen.

Möglicherweise könnte man mal wieder zum Vorbild werden, das seine Vorbildfunktion selbstverständlich und regelmäßig kritisch beäugt. Denn auch hieran fehlt es gemäß einer scharfen Wahrnehmung: Man kann nicht ernst genommen werden, wenn man Regeln aufstellt und sich nicht selber daran hält oder gar Konsequenzen bei Regelmissachtung fehlen. Derart bequeme Eltern brauchen sich nicht zu wundern, wenn ihnen die Brut dereinst auf der Nase herumtanzt. Und da sind dann auch nicht die LehrerInnen oder die ErzieherInnen schuld, liebe Eltern. Das seid ihr ganz alleine!

Das alles hilft zwar nicht gegen Amokläufe, schützt aber vor blindem Aktionismus. Aufgescheuchte Hühner nutzen niemandem etwas, ein gemeinsamer Plan hingegen schon. Einfache Lösungen sind nie die besten und man könnte noch ein paar Binsenweisheiten mehr platzieren, doch die sollen einmal genügen. The kids are alright! Society not!

Sonntag, 8. März 2009

Bei Rente muss ich weinen! Wo bleibt das bedingungslose Grundeinkommen?

Als ich kürzlich meinen vorläufigen Rentenbescheid überflog, musste ich ganz arg weinen. Dann schneuzte ich mich in ein Papiertaschentuch und las ihn eingehend. Daraufhin schluchzte ich noch mehr legte mich sofort in mein Bett: So macht es ja gar keinen Sinn mehr, überhaupt noch vor die Türe zu treten und irgendetwas zu arbeiten. Um mir zuzustimmen, nisteten sich Erkältungserreger bei mir ein und überzeugten mein Immunsystem, ihnen endlich nachzugeben.

Dabei habe ich bis auf die 4jährige Unterbrechung wegen eines Studiums immer brav gearbeitet, seit meinem 16ten Lebensjahr. Dass einige Menschen eine vergleichsweise hohe Rente zu erwarten haben, andere dagegen eine sehr mickrige, liegt in dem Trugschluss begründet, es gäbe in D eine soziale Markwirtschaft, also Tarifpartnerschaften, gerechte Einkommen und dergleichen. Tatsächlich stimmen die Einkommensverhältnisse schon lange nicht mehr!

Generell geht man davon aus, dass derjenige, der im Erwerbsleben ein hohes Einkommen erzielt hat, dieses auch "verdient". Er wird danach mit einer entsprechenden Rente "belohnt". Im Umkehrschluss heißt das aber: Wer ein geringes Einkommen hat, der "verdient" eben nicht mehr, weil er womöglich weniger arbeitet oder einen geringeren Bildungssabschluss o.ä. hat. Wenn dessen Rente gering ist, trägt er also selbst die Schuld daran.

Das kann so sein, muss es aber nicht. Natürlich steht bei manchen Menschen die Überlegung im Vordergrund, kein eintöniges Leben führen zu wollen und dafür real Einkommensverluste und dementsprechend eine Rentenminderung in Kauf zu nehmen. In der Regel aber suchen sich nur wenige Menschen ihre Zukunft selber aus, sondern reagieren entsprechend der Möglichkeiten innerhalb ihrer sozialen Kasten. Es steht hier also eher Glück als tatsächlicher Verdienst im Vordergrund.

Wer nun möchte, dass ich wieder ganz gesund werde und wieder lächle, muss sofort das bedingungslose Grundeinkommen durchsetzen. Alle dämlichen und unsozialen Transferleistungen wie ALG I + II sowie Rente und Sozialhilfe fielen weg, dafür hätte aber jeder Mensch ausreichend Geld, um ein sorgenfreies Leben führen zu können, frei von jeder Angst vor Arbeitslosigkeit oder Altersarmut. Nur der stressbefreite Mensch vollbringt gesellschaftliche und kulturelle Höchstleistungen.

Jaja, die Einwände kennt man: So etwas liesse sich gar nicht finanzieren, es würde dann ja keiner arbeiten usw. usf. Wie das funktionieren kann, zeigt der Film "Grundeinkommen" von Daniel Häni und Enno Schmitt. Dort wird sehr einleuchtend argumentiert, Fehleinschätzungen werden relativiert und die richtigen Fragen gestellt, wie z.B.: Wozu brauchen wir noch eine Arbeitsgesellschaft, wenn diese ohnehin nicht mehr in der Lage ist, ihre TeilnehmerInnen zu ernähren? Und - oh Wunder: 90% aller Befragten würden trotzdem arbeiten, auch wenn sie es nicht mehr müssten!

Selbst wenn das bedingungslose Grundeinkommen etwaige Probleme und unbekannte Risiken in seiner Umsetzung birgt: Immerhin handelt es sich um eine positive Vision für dieses Jahrtausend. Letzten Endes ist es immer besser, etwas Neues zu probieren. Das Risiko eines Scheiterns ist zwar immer und überall dabei. Ganz schlecht aber ist es, aus lauter Furcht und Zauderei an einem System festzuhalten, das bereits gescheitert ist! Film angucken, selber urteilen!

Sonntag, 1. März 2009

Den Geruch bekommt man nie wieder raus! Tiere und Menschen!

Der Frühling ist da, endlich! Und damit werden die Neckarwiesen wieder von allerlei Menschenvolk frequentiert: Kinderwagen schiebende Herrchen und Frauchen, ihre Hunde begleitende Mütter und Väter, singulär auftretende Personen wie auch Pärchen - mit beseeltem Blick schreiten sie voran, dem Ende eines Tages entgegen, einem Sonntag noch dazu. Allein das Unbehagen vor der bald beginnenden Arbeitswoche lässt sie leicht frösteln. Was soll's? Des Lewwe geht weider, wie man hier gerne sagt.

Wären Kinder wirklich die Zukunft einer Gesellschaft, man würde sie endlich ernst nehmen und für ihre Entwicklung Sorge tragen mit vernünftigen Schulen und einer Erziehung zur Mündigkeit. Doch wieviel Drang zur Selbstverwirklichung, wieviel Projektion eigener Wünsche steckt in einer Elternschaft, dass hier das Wesen des Kindes verschütt gehen mag? Man will es gar nicht wirklich wissen.

Ein Kind zu erziehen ist ein äußerst kniffliger Job, und daher mögen sich manche Menschen lieber für einen Hund entscheiden. Der singt das Lied dessen, der ihn füttert, entwickelt ebenfalls einen Charakter, bleibt aber immer treu. Teure Klavierstunden fallen weg, ebenso hat man keinen Ärger mit Lehrern und den Beamten von der Drogenfahndung. Hunde lassen sich im Gegensatz zu Kindern, den späteren Erwachsenen also, im Alter noch knuddeln, riechen dafür allerdings etwas strenger.

Ich selbst mag keine Hunde! Das ist eine Frage des Charakters dieser Tiere, denn Rudeltiere sind unkritisch und obrigkeitshörig. Außerdem ist meine Abneigung auch eine Frage des Geruchs. Im wahrsten Sinne des Wortes kann ich diese Tiere nicht riechen, auch wenn sie manchmal meine Aufmerksamkeit auf äußerst charmante Weise zu erlangen versuchen: Tatsächlich finde ich einige Hunde irgendwie sympathischer als andere. Aber für sie gibt es keinen Platz in meinem Herzen, und am allersympathischten sind sie mir in sicherer Entfernung.

Meine liebe Frau C. liebt Hunde und hätte am liebsten auch einen gehabt. Als sie mir dies einmal mitteilte, erschrak ich sehr: Den Geruch dieser Tiere bekommt man nicht mehr aus der Wohnung und der Kleidung heraus, und dauernd wird man angehechelt und vollgesabbert. Kinder hingegen ziehen irgenwann einmal aus, und es bleibt nur ein leeres Zimmer. Ich schaffte es, C. glaubhaft zu vermitteln, dass ich lieber ein Kind mit ihr hätte. Am Ende stand die Vereinbarung, dass wir weder Hund noch Kind haben würden. Dies war eine der typischen WinWinSituationen, wie ich sie manchmal für mich herbeizuführen vermag.

Ich denke, dass wir beide dennoch glücklich sind, und es mangelt uns an nichts. Alles ist vorhanden: Es gibt Kinder im Haus, deren Eltern unsere Nerven tagtäglich strapazieren, unsere Vermieterin hat eine Katze, die um unsere Fahrräder schleicht und Hunde gibt es in der Neckarstadt überall. Das großartige Erlebnis, ein Kind beim Erwachsenwerden zu begleiten, wenn auch nur die ersten Jahre, habe ich ebenfalls hinter mich gebracht, und was soll ich sagen: Elternschaft kann schön sein, aber es ist dem Urknall sei Dank nicht das letzte große Abenteuer im Leben eines Menschen!

Dies behaupten nur vom Leben gelangweilte, phantasielose Menschen mit stark begrenztem Erlebnishorizont. Von einem Kind erwarten sie dann, wenigstens ein Abenteuer zu sein. Was aber ist, wenn das Kind kein Abenteuer sein möchte? Sondern lieber ein undankbarer Psychopath oder ein unbegabter Plagegeist, der dem von den Eltern ausgeleuchteten Pfad gar nicht folgen möchte? Die Schwelle, ein Kind ins Heim zu stecken ist allerdings etwas größer als sie bei einem Hund wäre. Trotzdem gilt: Niemand möchte nur ein Abenteuer sein, auch kein Hund!

Bevor ich meine liebe Frau C. kennenlernte, war ich zu einigen Experimenten bereit: Da war auch die schöne Modeschöpferin aus Berlin, deren einziger Makel es war, einen sehr großen Hund ihr zugehörig zu zählen. Ich muss sagen, dass ich aufgrund mangelnden Willens und dem daher rührenden Unwissen die Rasse nicht benennen kann, so wie ich auch z.B. bei Zeugenvernehmungen bei Verkehrsdelikten nie den Fahrzeugtyp benennen kann. Etwas in mir blockiert die Aufnahme und Verarbeitung solch wichtiger Einzelheiten. Es ist dann für mich einfach ein blaues Auto, oder eben ein großer Hund.

Ich traf mich also mit der schönen Modeschöpferin und ihrem großen Hund, und bald küssten wir uns auch, also ich die Modeschöpferin, nicht den Hund (wer bis jetzt aufgepasst hat, ahnt das). Eines Tages ward ich zum Dinner eingeladen, in ihr nach Hund riechendes Apartment. Der anschließende Beischlaf war so lange angenehm, bis sich der Hund zu uns gesellte und mir einen kummervollen Blick zuwarf, während sein Schweif ausdauernd gegen das Bettgestell schlug. Nach dieser Erfahrung pflegten die schöne Modeschöpferin und ich einen freundlichen, aber distanzierten Umgang miteinander.