Sonntag, 29. Juni 2008

Meine letzten 10min in der EM 2008! Ein Echtzeit-Report!

15:22 Uhr: Okay, okay, heute geht es um den EM-Titel, und damit geht es für viele Leute um die Wurst. Trotzdem ist das noch lange kein Grund, mit einem hundertfach beflaggten Sportflitzer durch die Stadt zu rasen und die restliche Welt mit ultra-öden Hits von den ultra-öden Sportfreunden Stiller zu behelligen, so wie es eben gerade passiert ist. Auch Fanatismus, dies sei an dieser Stelle einmal gesagt, hat seine Grenzen. Dahinter herrscht die Peinlichkeit.

17:34 Uhr: Heute Nacht endet es! Das Leben nach der EM beginnt bald, das kann ich schon fühlen. Ich freue mich sehr darauf. Es wird sonntags wieder neue Tatort-Folgen geben, und man kann sich endlich wieder in einen Biergarten setzen, ohne von dem ganzen Fußballgedöns behelligt zu werden. Hoffentlich fällt es niemandem ein, während der olympischen Sommerspiele in China einen Autokorso für jede gewonnene Medaille zu starten. Allein schon der Gedanke daran...

18:05 Uhr: Meine liebe Frau C. und ich haben uns vorgenommen, heute Abend lieber den Rowan Atkinson Film zu schauen. Nur in den Werbepausen wollen wir zum Fußball zappen, um zu erfahren, ob C. heute Nacht schlafen kann oder nicht. Die Arme tritt morgen in der Früh' ihre neue Arbeitsstelle an. Nicht nur deshalb wünsche ich mir, die spanische Mannschaft möge gewinnen. Das zu verkraften ist Deutschland immerhin selbstbewusst genug. Bei einem EM-Sieg würde Deutschland jedoch viel zu selbstbewusst, und davor muss man ja auch irgendwie Angst haben!

20:37 Uhr: Ach Mist, den Rowan-Atkinson-Film kenne ich schon. Wir bleiben mangels Alternativen trotzdem dabei. Rowan Atkinson heißt im Film Johnnie English und spielt einen trotteligen Agenten im Geheimdienst ihrer Majestät. Wie lustig: Es ist eine James Bond Parodie. Mike Myers macht dasselbe als Austin Powers aber viel besser. Trotzdem okay, aber irgendwie möchte es keine Werbepause geben. Ich kann mir vorstellen, dass es einfach keine Werbeaufträge gegeben hatte. Kein Wunder, bei dem Event im Ersten. Andererseits ist es sowieso mucksmäuschenstill draußen, es scheint also noch nichts passiert zu sein.

21:18 Uhr: Die erste Werbepause. Was passiert im Fußball? Wir schalten zum ARD, und ich muss zuerst einmal klären, wer welche Trikots trägt. Meine liebe Frau C. ist da viel fachkundiger und erklärt es mir: Die deutsche Mannschaft trägt immer weiß. Dies erklärt sich nur Sekunden später von alleine: Ein roter Spieler schießt ein Tor und Mannheim jubelt nicht. Muss also ein Treffer für die spanische Mannschaft gewesen sein. Gibt es nun tatsächlich eine ruhige Nacht? Und wird deutscher Größenwahn gestoppt wie anno 1946?

21:26 Uhr: Und muss die Kamera zeigen, wie das Blut aus Ballacks Gesicht spritzt? "Der Kapitän am Boden, Deutschland am Boden!" sagt die Sprechmaschine im Fernsehen. Woaah, etwas weniger Pathos, Herrschaften, bitteschön. Und dann gibt es einen Freistoß, doch andernorts ist die Werbung zu Ende und wir wollen sehen, wie Johnnie English durch ein Abflußrohr in das Schloss des Bösewichts Pascal Sauvage gelangt. Und am Ende Great Britain rettet.

21:47 Uhr: Denn der Film ist mangels Werbepausen schon zu Ende, während in der ARD erstmal Halbzeit ist. Laaaangweilig! Och nö, das Spiel geht doch schon weiter. Auch laaangweilig! Meine liebe Frau C. und ich entschließen uns, das Spiel nicht 45min am Stück zu verfolgen und machen den Fernseher lieber ganz aus. Anhand des gelegentlichen kollektiven Aufstöhnens und Fluchens in der Nachbarschaft glaube ich denken zu dürfen, dass wir beide offensichtlich viel mehr Spaß haben.

22:25 Uhr: Wir wollen doch noch mal sicher gehen, dass nichts weiter passiert ist. Beruhigt stellen wir fest, dass alles beim Alten ist. Und auch die restlichen sieben bis acht Minuten geschieht nichts. Am Ende des Spiels sieht man noch ein paar deutsche ZuschauerInnen weinen. Warum können die sich nicht einfach über den zweiten Platz freuen? Letzten Mittwoch war man ja auch nicht weiter, und da wurde gefeiert, bis der Nikolaus tot umgefallen ist. Wie bitte soll man Fußballfans verstehen können, so indifferent wie sie sind?

22:32 Uhr: Spanien ist EM! Ist sowieso ein hübscheres Land als Deutschland, und die spanische Küche ist auch viel besser. Spanien hatte früher übrigens auch mal ein faschistisches Regime, genau wie Italien und Deutschland. Nun ist aber genug. Jetzt wird der Televisor endlich heruntergefahren. Meine liebe Frau C. bekommt nämlich noch eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen. Damit sie träumt von Dingen, die schön sind und wichtig. Wie wäre es mal wieder mit einem guten Buch, liebe Fußballfans? Na, dann gute Nacht, Deutschland!

Donnerstag, 26. Juni 2008

Neues aus Bohmte! Doch Mannheim gehört die Zukunft!

Statistisch gesehen verbringt der Mensch der nordwestlichen Hemisphäre ca. 17 Jahre seines Lebens an Ampeln und anderen Verkehrszeichen. Zeit, in der man das Bruttosozialprodukt steigern und das Land endlich nach vorne bringen könnte. Schon arbeiten Arbeitgeberverbände daran, diesen Zustand endlich zu beseitigen. Immerhin haben sie es bisher hinbekommen, die Zigarettenpause und den Gang zur Toilette von der Netto- Arbeitszeit abzukoppeln.

Das von der EU geförderte Projekt Shared Space soll hier Abhilfe schaffen. Weniger Regeln werden den Verkehrsteilnehmer dazu zwingen, selbst nachzudenken und diesbezüglich vorsichtiger zu agieren - so hoffen es zumindest die Befürworter des Projektes. Das Städtchen Bohmte im Landkreis Osnabrück hat daher angefangen, Verkehrszeichen soweit wie möglich abzubauen. Doch es gibt einen kleinen Nebeneffekt: Nicht nur der Verkehr ist seitdem flüssiger, es gibt zudem auch weniger Verkehrstote.

Nach Expertenmeinung sind es damit viel zu wenige: "Wenn man dieses Problem nicht in den Griff bekommt, steigen die kommunalen Kosten rapide an. Jedes überfahrene Kind in der Vergangenheit war ein Kostenfaktor weniger in der Zukunft. Jedes überlebende Kind belastet nun langfristig die öffentlichen Kassen, und das sogar gleich doppelt!" Unser Sozialsystem setzt in der Tat eine große Zahl von Unfalltoten voraus. Wird diese unterschritten, ist es bald essig mit dem feinen Leben.

Denn jeder nicht getötete Verkehrsteilnehmer wird später womöglich einmal Arbeitslosengeld I oder II empfangen, nur um später Rente abzukassieren. Im günstigsten Falle jedoch nimmt er einem anderen die Arbeit weg und macht diesen damit zum Sozialfall. Wie man immer wieder sehen kann, bergen die pfiffigsten Ideen unkalkulierbare Gefahren. Das ist nicht nur bei der Sache mit dem Biodiesel so gewesen, und deswegen empfehlen Experten auch, sich am besten erst gar nichts mehr einfallen zu lassen. Kommt ja eh nichts dabei raus.

Längst hat die Stadt Mannheim auch hier die Nase vorn: Als leuchtendes Beispiel an Regulierungswut beeindruckt Mannheim nicht nur Anrainer- Städte. Auch in den Metropolen dieser Welt stellt Mannheim das Ideal einer regulierten und wandlungsunfähigen Stadt dar. Sicher muss man auch hier zugeben, dass es dort trotz der vielen Verkehrstoten noch eine relativ hohe Arbeitslosenquote gibt. Doch erstens wäre die ohne den verschwenderisch ungünstig gehaltenen Verkehrsfluss noch viel höher, und zweitens als es ist! Außerdem arbeitet man bereits daran, die natürliche Selektion auf der Straße zu beschleunigen:

"Wir müssen uns überlegen, wie wir unachtsame Verkehrsteilnehmer besser vor Schadenersatzverpflichtungen schützen können. Die ständige Kriminalisierung dieser für unsere Kassen so wertvollen Ressource kann nicht unser Ziel sein. Es kann doch nicht sein, dass beispielsweise die Mitarbeiter in den Arbeitsagenturen Prämien für eine erfolgreiche Vermittlung eines Arbeitslosen abkassieren, aber ein KFZ- Führer für dessen erfolgreiche Eliminierung abgestraft wird. Wir sind doch hier nicht in der DDR, und mit der Agenda 2010 hat das auch nichts mehr zu tun!" So Heiner G. vom Ausschuss für soziale Selektion in der Stadt Mannheim.

Praktisch umgesetzt wird dies bereits durch eine für Fußgänger enervierende Ampelschaltung, bei der man sich nie sicher sein kann, ob diese nun funktioniert oder nicht. Dies soll dazu verleiten, die Straße auch bei Rot zu überqueren. Fahrradwege münden geschickterweise überraschend in Straßen ein, so dass die Unfallgefahr drastisch erhöht wird. Auch die Verordnung, jeder KFZ- Führer habe sich zur Erhöhung der Fahrunsicherheit ein Mobilfunktelefon ans Ohr zu halten, wirkt wahre Wunder, wenn sich auch nicht jeder daran halten mag. Sorgfältige Kontrollen sollen dies in der Zukunft gewährleisten.

Aber auch in anderen Bereichen setzt die Stadt Mannheim auf bewährte Standards: So soll das kohleverbrennende Großkraftwerk Mannheim (GKM) ausgebaut und um einen Block erweitert werden. Man hat die Zeichen der Zeit erkannt und wehrt sich zum einen gegen die "Klimawandel- Lüge", zum anderen belehrt man das unmündige Gesindel, das sich Bürgerschaft nennt: Wer nämlich keine Atomkraftwerke will, der muss halt Schmutz einatmen. So einfach kann das sein. Und deshalb gilt: Städten wie Mannheim gehört die Zukunft!

Nachtrag vom 29.6.08
Beinahe hätte ich es vergessen, wie konnte ich nur? War das doch der Anlass für diesen bösen, bösen Text: Die an sich gute Idee, nämlich den Cityring für Fahrradfahrer etwas sicherer zu machen, indem man einen Fahrradweg anlegt, wurde leider verworfen. Die anliegenden Gewerbetreibenden fürchten so sehr um ihre Kundenparkplätze, dass sie lieber ein paar Tote in Kauf nehmen als auch nur einen Meter Fahrbahn abzugeben. Für ein paar Dollar mehr ist man eben zu allem bereit. Und mir wirft man Zynismus vor...

Sonntag, 22. Juni 2008

Endlich weichgekocht! Meine ersten 10 Minuten EM 2008!


Freitag abend war in der Neckarstadt die Hölle los. Nachdem am neuen "alten Messplatz" ein "Rock gegen Rechts" Festival zelebriert wurde, ging man noch in den Biergarten des Alten Bahnhofs, mit wirklich nettem Ambiente unter Laubbäumen, die zu bestimmen ich zu fortgeschrittener Stunde nicht mehr in der Lage war.

Man regte sich u.a. über die Kuschelrocker "Heuser" auf, deren Sänger besonders mit folgendem Spruch auffiel: "Leute, seid gegen Rechts, ach was, seid gegen all das, was immer ihr wollt! Bloß steht zu Eurer Meinung!" Dass gerade Nazis gegen Ausländer sind und ebenfalls zu ihrer Meinung stehen, kam ihm offenbar nicht in den Sinn! Die Schogettes brachten ihre antifaschistische Message besser auf den Punkt: "Denne Nazis muss mer äfach in die Fress träde!"

Die Stunde war noch früh, das Spiel Türkei gegen Kroatien noch nicht zu Ende, und eines wurde deutlich: Nach 22Uhr rockt man in Mannheim nicht mehr gegen Rechts, denn Toleranz und Antirassismus darf nicht den Schlaf stören und ist daher bei Tage zu begehen. Andererseits: Die Nacht war ja noch nicht zu Ende. Und, liebe LeserInnen, ich habe tatsächlich mein erstes EM- Spiel auf dem Bildschirm goutiert. Oder, der Ehrlichkeit halber: Das Elfmeter- Schießen am Ende! Man will ja schließlich wissen, ob man sich in der Nacht auf Autokorsos einstellen muss oder nicht!

Man musste sich darauf einstellen! Kaum schoss die türkische Mannschaft das entscheidende Tor, bewegte sich der Korso in Richtung Innenstadt. Stundenlang. Riesenhaft. Mehr stehend denn fahrend. Und ich frage nun die geneigte Leserschaft: Wie kann das sein? Warten die Fans in ihren Autos und verfolgen das Spiel mittels I-Phone? Ist es die moderne Technik, welche das Raum-Zeit-Kontinuum schrumpfen lässt? Ist den Fußballfans die Technik der Teleportation bekannt und anverwandt? Und ist Benzin tatsächlich noch nicht teuer genug, wie Dimitri Taube neulich im godelta-blog nachfragte? Und wie wird das erst, gewänne die türkische Mannschaft die EM?

Hupkonzert hin, Herumgefahre her: Ich fand die türkische Feier grundsympathisch, denn hier freute man sich einfach, ohne jede Häme gegenüber geschlagenen oder noch zu schlagenden Gegnern. Einigen Aussagen nach freue man sich sogar, nun gegen die deutsche Mannschaft spielen zu dürfen. Sollte die türkische Mannschaft dabei verlieren, sei das nicht so schlimm, denn: Ey Alda, im Herzen sinwer Türken, doch leben tun wir in Deutschland! So in etwa drückten das auch die türkischen Jungs, mit denen ich arbeite, aus. Und Hand auf's Herz: Ich glaube ihnen!

Viel ruhiger war die russische Demonstration des gestrigen Sieges. Mag daran liegen, dass es nicht so viele Russen in Mannheim gibt, oder eventuell auch daran, dass ihnen nicht genug Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Oder man sich der steigenden Benzinpreise bewußt ist. Ich habe jedenfalls nachgezählt, und bin zu folgendem Ergebnis gekommen: Nur ein PKW fuhr hupend durch die Straßen der schönen Neckarstadt, und die Stimmung war eher lau.

Wie man sieht, so sehr ich mich der EM auch erwehre: Ich kann ihr nicht entgehen! Finde ich es doch reichlich seltsam, mit der Mannschaft eines bestimmten Landes zu fiebern. Aber ich habe ja auch keine Ahnung von Mannschaftsport jeglicher Form. Meinetwegen könnte man nämlich auch 22 Fußbälle auf das Spielfeld kullern lassen, dann gäbe es wenigstens keinen Streit und wahrscheinlich auch keine Fouls. Und wer am Ende gewinnt, ist mir ebenfalls vollkommen egal. Doch ich freue mich mit denen, die sich freuen. Und denen, die verloren haben, gehe ich aus dem Weg.

Mittwoch, 18. Juni 2008

Werd' erwachsen, Nerd! Arbeit oder doch lieber Lotto?


Es ist mir ja so peinlich, aber was soll ich machen? Das Leben ist teuer, besonders in Mannheim. Und so muss ich mir überlegen, wie ich zu Geld komme! Ja, Sie haben richtig gehört: Ich habe das böse Wort "Geld", die übelste Pfui-Bääh-Sache in meinem Universum schlechthin, in einem Zusammenhang mit dem schönen Verb "kommen" genannt.

Es ist nicht gelogen, wenn ich behaupte: In Berlin habe ich nur einen Bruchteil meines jetzigen Einkommens benötigt, um satt und sauber über die Runden zu kommen, Spaß inklusive. In Mannheim reicht selbst mein derzeitiger finanzieller Rahmen nicht aus: Das Bier ist hier rund 25% teurer (obwohl nicht besser), vom Wein will ich gar nicht sprechen. Die Miete ist doppelt so hoch wie in meinem Lieblingskiez Berlin-Neukölln, der wirklich sehr hübsch ist und gar nicht so verkommen, wie man gerne behauptet. Er ist in etwa so verkommen wie Neckarstadt-Ost und hat wesentlich mehr Charme als Mannheims Innenstadt.

Nun stehe ich vor einer schwerwiegenden Entscheidung: Ich, der Meister der Unverbindlichkeit, soll nun auf die böse Seite der Macht wechseln. Will ich, dass sich meine finanziellen Unzulänglichkeiten in Wohlgefallen auflösen, muss ich wohl oder übel ein Angestelltendasein fristen. Sie wissen schon, die Schlagworte: Sicherheit, Rentenanspruch, Krankenversicherung. Was für die meisten Menschen die normalste Sache der Welt ist, ist für mich allerdings ein herber Rückschlag.

Habe ich doch schon vor Jahren dem guten alten Erwerbsleben Adieu gesagt, um mich fortan den schönen Dingen des Lebens zu widmen: All das zu tun, was Spaß macht, und trotzdem dabei etwas Geld verdienen. Genug, um lecker Sachen zu schnabulieren, Kultur und anderes, z.B. bohéme- mäßiges zu genießen. Oh, liebe Freunde des Hühnchendöners, ich sage Euch: Dieses Leben war schön und voller wunderbarer Dinge. Und es mangelte mir an nichts. Seit ich aber in Mannheim bin... ach, ihr wisst schon!

Doch wie kommt man zu Geld, ohne sich selber zu verraten? Trete ich eine Arbeitsstelle an, dann nehme ich ja jemand anderem dieselbe weg. Kann man denn in Zeiten des Mangels überhaupt mit gutem Gewissen eine Arbeit annehmen? Eine, die zudem noch so gut bezahlt ist, dass man am Kreislauf des Konsumwahns wieder teilhaben darf? Welche Arbeit kann man denn überhaupt vertreten?

Alle Tätigkeiten im Bereich des Kontrollwesens scheiden schon mal aus. Diese Arbeit ist unserem Nachbarn mit Blockwartmentalität vorbehalten. Ich wäre zu verständig und ließe jeden Falschparker oder Schwarzfahrer entkommen, der mich mit seinen treuen Hundeaugen anschaut und lieb erläutert, wie es mal hierzu und mal dazu kam. Auch Jobs im Geldwesen sind Tabu, da (s.o.) Geld Pfui-Bähh ist und man mit so was nicht handelt, wenn man von einer besseren Welt träumt. Doch leider lässt sich hiermit am meisten Geld verdienen.

Genauso wie bei den Versicherungsgesellschaften, die aus mündigen BürgerInnen unmündige Etwasse machen. Wer dort arbeiten möchte, darf ebenfalls keinerlei Skrupel haben, wenn er nicht an ständigem Herzeleid verrecken möchte. Manche verraten ja sogar ihre eigenen Freunde und Verwandten, nur "für ein paar Policen mehr". Es ist ein gar widerliches Geschäft, da Sicherheit unfrei macht! Denken Sie mal d'rüber nach!

Mit den anderen, den "ehrlichen" Jobs kann man heutzutage keinen Blumentopf mehr gewinnen, und verhungern ohne Arbeit ist deshalb wesentlich angenehmer als mit ihr. Aber auch wenn ich meinen Fähigkeiten entsprechend arbeiten möchte: z.B. Texter für eine Agentur ist kein schöner Beruf, weil man den Rest der Menschheit mit seinen "lustigen Sprüchen" in der Werbung zu Tode quält. Man will ja nicht Verantwortlich sein für die Verdummung einer ganzen Gesellschaft.

Haha, liebe(r) LeserIn, sehr witzig! Ihr Einwand, ich hätte ja auch keine Skrupel, meine ach so witzigen Ergüsse HIER zu posten! Mich kann man aber einfach wegklicken, die Werbeplakate sämtlich zu entfernen ist jedoch weitaus schwieriger, wenn nicht sogar strafbar. Ich lasse Ihnen wenigstens noch eine Wahl! Und wenn es Sie beruhigt: Ich verdiene dabei noch nicht einmal besonders, manchmal sogar gar nichts!

Mir scheint es so, als sei die ehrlichste Art und Weise, zu Geld zu kommen, einen Lottogewinn einzufahren. Und dank des Arbeitsmarktes zur Zeit ist die Chance, zu gewinnen, beinahe so groß wie die Chance, einen ausreichend bezahlten Job mit Zukunftsperspektive zu bekommen. Außerdem schadet man damit wenigstens niemandem. Raubtierkapitalisten ohne Scham und soziales Gewissen hingegen haben die besseren Karten. Scheiß- Spiel!

Samstag, 14. Juni 2008

No Logo! Off the herd!

BionicWoman sagt, es gäbe nichts traurigeres als Menschen, die vorher noch Bestandteil einer Gruppe waren, später aber alleine anzutreffen sind. Man denke an heimkehrende FaschingsteilnehmerInnen, deren Blume im Revers längst abgeknickt, deren Schminke längst verlaufen und deren Perücke verrutscht ist.

Genau das dachte FarmerBoy am Mittwochabend im Supermarkt. Das von ihm nicht goutierte Fußballspiel ist schon zu Ende, und eine ganz offensichtlich todtraurige junge Frau mit Deutschlandlogo im Gesicht steht am Alkoholregal und greift sich missmutig was Hochprozentiges. Ein Häufchen Elend, enttäuscht vom verlorenen Spiel. Das kommt davon, wenn man sich die falschen Farben ins Gesicht schmiert.

Es soll Menschen gegeben haben, die geweint haben als die deutsche Mannschaft verlor. Sogar Leute, die vor einigen Jahren den Sachbuchklassiker "No Logo!" von Naomi Klein propagiert haben, finden plötzlich nichts mehr dabei, kleine Fläggchen aus dem Fenster zu hängen. Die Emotionalisierungsmaschine hat also funktioniert. Auf irgendwas muss man ja schließlich stolz sein können hier, wenn schon nicht auf sich selbst.

Montag, 9. Juni 2008

5 Tage EM 2008! Aber ein Ende ist in Sicht!

So, jetzt ist also seit ein paar Tagen EM und es ist natürlich alles viel schlimmer gekommen als ich befürchtet habe. Tatsächlich gibt es kaum einen Ort, an den man sich als fußballscheuer Mensch flüchten kann. Dass die meisten Bars und Kneipen die Spiele in ihrem Inneren zeigen müssen (zumindest in der Innenstadt), ist da nur ein kleiner Trost. Zumindest kann man sich draußen beinahe ungestört bei einem kühlen Bier vergnügen, während die Fans sich in stickigen Kabuffs aufhalten müssen. Recht so!

Tatsächlich aber ist die Belästigung durch Fußballfanatismus permanent. Denn jeder Genuss wird von kollektivem Stöhnen bzw. Gejubel begleitet. Jetzt mal im Ernst: Ist es wirklich nötig, jedes mal ein Feuerwerk zu starten, bloß weil z.B. deutsche Millionäre den unterbezahlten, polnischen Kartoffelbauern einen Ball nach dem anderen ins Tor schießen? Das wäre in etwa so, als würden deutsche Manager für jeden entlassenen Arbeitnehmer eine Flasche Champagner köpfen. Was sie ja laut Volksmund tun!

Interessant allerdings ist: Plötzlich machen Menschen aural auf sich aufmerksam, von denen man sonst das ganze Jahr nichts gehört hatte. Verhuschte Existenzen, von denen man gar nicht wusste, dass es sie gibt, nutzen die Europameisterschaft, um ihre Existenz unter Beweis zu stellen. Sie schreien und ächzen, sie stöhnen und jubeln und haben doch keinen Sex. Diese armen Menschen müssen ihre Gefühle und Regungen offenbar zwei Jahre lang unterdrücken, nur um sie zu den Meisterschaften WM bzw. EM feuerwerkartig ejakulieren zu lassen.

Freundlicherweise jubelt man dabei auch den nicht-deutschen Mannschaften zu, zumindest solange diese nicht "mit dabei" sind. Am Ende hat man doch noch Wunschgegner, denen im Finale ordentlich "in den Hintern getreten" werden soll. Dennoch bleibt als Eindruck: Ich habe noch nie so viele beflaggte Fenster und Autos gesehen wie hier in Mannheim. Ich bin etwas betrübt, weiß ich doch: Aus Patriotismus ist noch nie etwas Gutes entstanden!

Und der deutsche Patriotismus ist immer so verkrampft. Es geht immer nur um das Recht, Flagge zeigen zu dürfen, weil "andere das ja auch dürfen". Seit dem Kindergarten weiß man doch, dass man "nicht alles darf, nur weil andere das dürfen." Selbst die infantilen Deutschen, deren Charts von DJ Ötzi und dem Schnuffelhasen angeführt werden, sollten das verinnerlicht haben.

Und so möchte ich schließen mit einem Gesang, der in der Nacht zum vergangenen Montag von einem offenkundig Betrunkenen circa eine Stunde lang krakeelt wurde. Besonders hervorzuheben ist die zwar etwas tumbe, doch unter Auslassung jeglicher phonetischer Wiederholung begangene Verkündung des Wortes "Deutschland":

"Deutsch! Land! Deuheutschland! Deueueueutsch! Land! Deutschlaaaaaaaand! Doiiiiiiiiiiii 'tschland! Deutschland! Deut-schland! Deu 'tsch land! Doioioioioioitsch-land! Deuheutsch-lahahahahahand! 'tschland! Deutschlnd! 'schlnd! nd! Ende!

Freitag, 6. Juni 2008

Schwule können keinen Fußball! Frauen auch nicht!

Der Herr Daum ist ja schon ein Spezialist. Es dürfe im Fußball keine Homosexuellen geben, weil die Kinder z.B. in der Kreisjugend geschützt werden müssten. Es ist klar: Homosexualität ist erstens ansteckend, zweitens weiß jeder, das Homosexuelle Kinderschänder und -verderber sind und drittens üben sie sowieso einen schlechten Einfluss auf die gesamte Gesellschaft aus. Am schlimmsten ist: Schwule können keinen Fußball!

Herr Daum, ohnehin leuchtendes Beispiel für die Fußballjugend und Erstwahl zum Autor des noch zu schreibenden Buches "Mit Koks zum Erfolg! Ansichten eines Clowns!", hat damit den Nagel auf den Kopf getroffen: Der Fußball muss harter Männersport bleiben, denn Tunten ersetzen das Leder sofort durch Wattebäuschchen, wenn sie erst mal das Sagen haben. Dann ist das alles nichts mehr und mit dem Fußball geht's bergab.

Sollte es im Männerfußball tatsächlich Homosexuelle geben, dann verbergen sie es entweder gut oder sie entsprechen schon längst nicht mehr dem Klischee des warmen Bruders bzw. der schrillen Tunte. Gerade dann aber sollte es kein Problem mehr darstellen, sie in die Mannschaft zu integrieren. Nun sind aber Fußballer nicht gerade die intellektuelle Speerspitze der Schöpfung und lassen oft eine mangelhafte Bildung des Verstandes und des Herzens durchblicken.

Seltsam ist das schon. Denn ist es fast undenkbar, dass es gerade im Mannschaftssport keine homoerotischen Vorfälle geben soll, wo man doch so oft ganz unter sich ist und sogar zusammen duscht. Und tatsächlich lassen die bundesdeutschen Fußballer vergleichsweise nach: Sind sie etwa schon von den Schwulen unterwandert worden? Wird der Männerfußball etwa heimlich durchfeminisiert? Tütü statt Trikot? Es kann nicht sein was nicht sein darf!

Es ist natürlich anzunehmen, dass es homosexuelle Spieler gibt. Warum auch nicht? Wer allerdings seine homoerotischen Neigungen zugibt bzw. offen zeigt, kann die ganze Teamatmosphäre empfindlich aus dem Gleichgewicht bringen. Und die Fankurve gleich mit. Das ist gefährlich! Um selber jeden Verdacht zu zerstreuen, muss er also hart gegen sich selbst und andere sein! "Schwul, das sind die Anderen, und ich bin es nicht, also weg mit ihnen!" Solche homophoben Züge könnte man auch mit einem leicht abgewandelten Sinnspruch Robert Gernharts beschreiben: Die größten Kritiker der Elche sind selber welche!

Der Herr Daum steht mit seinen Ansichten sowieso nicht alleine. Doch mit solcherlei homophobem Geschwätz diskriminieren Daum und Konsorten nicht nur homosexuelle Männer, sondern auch die fußballspielenden Frauen. Denen wird ja ebenfalls wenig Verständnis für den Fußball zugestanden. Wenn Schwule nämlich zu weibisch dafür sind, was sind dann erst die Frauen? Sollen sie doch Wassergymnastik machen! Aber auf dem Spielfeld haben die Handtäschchen schwingenden Mamis nichts zu suchen.

Man(n) könnte sich aber auch fragen, wer 2006 Weltmeister geworden ist und wer nicht. Schließlich sind die Frauen gut genug, um das angeknackste Selbstbewußtsein der Deutschen zu stärken, wenn es mal wieder nichts wurde mit der Weltmeisterschaft. Plötzlich gab es so etwas wie Anerkennung für den Frauenfußball. Aber nicht für lange, und Anerkennung ist nie genug, wenn sie ohne jedes Bekenntnis zur finanziellen Ausstattung bleibt.

Während die kickenden Männer längst Multimillionäre sind und offenbar nur noch mit Prämien aus ihrer Lethargie zu reißen sind, müssen die Frauen neben dem Fußball noch arbeiten, um finanziell über die Runden zu kommen. Ein starkes Defizit, und unwirtschaftlich ist es noch dazu: In der Wirtschaft setzt man ausschließlich auf Gewinner und nicht auf Verlierer. Und was ist Fußball anderes als ein Wirtschaftszweig?

Na ja, wie dem auch sei: Wenn es mit der EM 2008 nichts wird, und man(n) geknickt die Fahnen einholt, dann sind es vielleicht wieder die Frauen, die den Deutschen einen Sieg schenken. Denn als reproduktive Kraft der Gesellschaft ist es schließlich ihre Pflicht, geschlagene Männer wieder aufzurichten. Und solange sie wissen, wo der Hammer hängt und wer die Familie ernährt, ist das auch gut so!

Dem Autor allerdings ist es vollkommen wurscht, wer mit wem und wie etwas gewinnt. Von ihm aus könnten die Teams auch gemischtgeschlechtlich spielen. Am Ende hat er nur was gegen Idioten. Und die findet man schließlich überall. Manchmal halt eben vor der Kamera.

Kein Kieferbruch! Vorbereitung zur EM 2008

Jetzt geht's wieder los: An den einigermaßen hübschen, aber völlig überflüssigen Autos wehen nun wieder vollkommen hässliche, nutzlose Fahnen jeglicher Couleur. Von den Balkonen weht's ebenfalls und in ein paar Tagen werden auch die ersten Gesichter entsprechend bemalt sein! Die EM 2008 geht dieses Wochenende los, und der Mob versammelt sich wieder zum gemeinsamen Fest.

Ich persönlich finde ja: Menschen, die nationalstaatliche Insignien benötigen, um ihr Selbstwertgefühl zu steigern, sind genauso arme Würstchen wie Leute, die sich gar nichts dabei denken, wenn sie sich Nationalfarben in Gesicht schmieren. Das ist ästhetisch nicht hübsch anzusehen und spricht nicht für die geistige Verfassung der Bevölkerung, egal welcher Herkunft sie ist. Distinktionsgewinn durch nationalstaatliche Symbole geht nun mal gar nicht.

In meinen zumindest kritischen, vielleicht auch noch antideutschen Umfeld in Berlin gab es die Überlegung zur WM 2006, allen Fahrzeugen mit Deutschlandfahnen einen Naziaufkleber aufzupappen. Wir entschieden uns dagegen, weil wir eine körperliche Gefährdung der Betroffenen in Kreuzberg/ Neukölln nicht ausschließen konnten. Nicht jeder Fahnenschwenker ist ein Nazi, und sowieso gilt: kein Mensch verdient einen Kieferbruch. Egal, was für ein Depp er sein mag! Also, liebe Kinder: Macht so was nicht zu Hause!

Internationale Sportwettbewerbe setzen nationalstaatliches Denken voraus. Sie fördern völkisches Gedankengut: Wenn es UNS gibt, dann gibt es auch die ANDEREN. Selten aber sind die ANDEREN gleichwertige Menschen. Eher noch sind sie WENIGER gleich, schlimmstenfalls aber sind sie minderwertig. Indem man sich in eine Gruppe einschließt, schließt man andere daraus aus. Nicht viele Menschen sind souverän genug, um solche Spiele nüchtern UND mit Herz zu verfolgen.

Sicher, die Bevölkerung soll sich wieder gut fühlen können. Jeder Staat versucht, eine Identifizierung mit ihm möglich zu machen, eine Corporate Identity, wenn man es so will. Dies funktioniert in der Regel aber nur durch die selbstbewusste Abgrenzung von anderen Nationen. Gemeinsame Siege und oder Niederlagen stärken dabei das Kollektiv. Dadurch wird Nationalbewusstsein erzeugt, ein Stolz auf gänzlich abstrakte Begebenheiten.

Ein Staat ist aber nun nichts anderes als ein abstraktes Gebilde. In seinen vollkommen willkürlich gesetzten Grenzen binden sich mehrere Bevölkerungsgruppen zu einem Gemenge. Es ist pures Glück oder elendes Pech, in diesem oder in jenem Staat geboren zu sein. Der Staat tut nichts dafür, dass jemand Bestimmtes in ihm geboren wird (dem Himmel sei Dank), und der dort Geborene selber auch nichts. Was unterscheidet mich also von anderen Menschen in anderen europäischen Staaten?

Ich würde soweit gehen zu behaupten, dass ich vielleicht mit Londonern mehr gemein habe als mit Frankfurtern. Von Münchnern ganz zu schweigen. Die Berliner z.B. unterscheiden sich in ihrer Mentalität sehr stark von den Mannheimern. Wo ist da die konkrete Verbindung zum "Deutschen"? Kann es etwas so "Deutsches" geben, dass man es in der globalisierten Welt nicht überall finden könnte? Wie kann ich also auf so ein Abstraktum wie Deutschland oder die Leistungen seiner Nationalmannschaft stolz sein können?

Ich kann nur auf meine eigene Leistung stolz sein. Meine Leistung manifestiert sich möglicherweise noch im regionalen Raum, und so könnte ich voller Stolz über meine Region sprechen. Alles andere liegt nicht mehr in meiner Verantwortung. Ansonsten bin ich froh, in Deutschland geboren zu sein. Aber für seine Grenzen zu kämpfen wäre ich nicht bereit. Ich halte das Nationalprinzip für überholt, und ebenso sollte man den Begriff "Stolz" endlich entsorgen oder neu definieren.

Allen anderen wünsche ich viel Spass bei der EM 2008. Möge das Met fließen und die Gedanken beflügeln.

Dienstag, 3. Juni 2008

Craig Bjerring im BlueHouse! Auch gut: Melt-Banana in der Feuerwache!

Schon seit Monaten frage ich mich, was es denn mit den Folk- und Countrykonzerten in der Karibikbar "BlueHouse" auf sich hat. Denn besucht man die Homepage des Etablissements, wird man sofort von einem Rastaman angesprochen, so dass man die Seite ganz verschreckt wieder wegklicken möchte. Es könnte ja sein, so die Angst, dass aus dem Monitor viele kleine Reggeamännchen gestolpert kommen und das Arbeitszimmer belagern. Soviel zum Thema Rassismus und Xenophobie!

Natürlich war ich nicht abgeschreckt, sondern schwer interessiert und besuchte mit meiner lieben Frau C. vergangenen Mittwoch das Konzert des Kanadiers Craig Bjerring, der Vergleiche mit dem großartigen Bonnie "Prince" Billy aushalten muss. Man kann sagen: Es war ein sehr hübsches, intimes Konzert. Begleitet von seiner Akustikgitarre und einem Akkordeonspieler gabe Bjerring wunderbar zarte Songs zum Besten. Mehr kann man dazu kaum sagen.

Das BlueHouse selber ist wirklich sehr klein, ich denke es passen dort maximal 20 Leute hinein. Schade war, dass nicht mehr als 10 zahlende Gäste kamen, wo doch der Eintrittspreis mit 5Euro geradezu untypisch günstig für Mannheimer Konzerte war. Die bezahlbaren Cocktails habe ich nicht probiert, werde dies aber bei nächster Gelegenheit tun. Denn leider gibt es biermäßig nur Produkte der Brauerei Welde zu trinken. Während das "Pils" nach Limo riecht und wie Cidre schmeckt, kann man das Weizenbier jedoch gefahrlos und mit Genuss trinken.

Nach soviel Ruhe und Bedächtigkeit braucht man auch mal wieder was auf die Ohren. Deswegen war letzten Samstag ein Besuch in der Feuerwache angesagt. Mannheims sympathischte Konzertveranstalter "Brandherd" ließen Melt-Banana aufspielen, eine japanische Noise Rockband mit deutlichem Hang zum Lärm. Die Vorband, liebe Leute, habe ich verpasst, da diese tatsächlich pünktlich zum Konzertbeginn anfing. Werden Konzerte jatzt doch noch zu richtigen Kulturveranstaltungen mit verbindlichen Zeitangaben?

Die vier Bandmitglieder von Melt-Banana jedenfalls droschen auf ihre Instrumente ein wie nichts Gutes. Wunderbarer Gitarrenlärm mischte sich mit knarzigem Bass und teilweise verzerrtem Schlagzeug. Die Sängerin füllte die weniger hochfrequenten Passagen mit ihrer Stimme aus, die sonst gnadenlos übertönt wurde. Das alles aber war ein großer Spaß, und nach einer knappen Stunde hatte man Mitleid mit dem Schlagzeuger und volles Verständnis dafür, dass das Konzert zu Ende war.

Somit sehe ich meine seit Jahren in den Raum gestellte These bekräftigt: Lärm auf der Bühne = Maximum an Spaß / Man kann dabei überhaupt nichts verkehrt machen. Leider bemerkte ich erst viel zu spät, dass man an der Theke Ohrenstöppsel kaufen konnte. Irgendwie hätte ich aber erwartet, die bekäme man zur nicht ganz billigen Eintrittskarte gratis dazu. Doch der leichte Druck auf den Ohren auch noch am nächsten Tag gab mir ein Gefühl von Nachhaltigkeit. So soll es sein!

Manchmal, wenn Mannheim es möglich macht, sich gleich zwei Mal in der Woche via Kultur zu vergnügen, hat man die leise Hoffnung, sich doch noch heimisch fühlen zu können, in dieser ansonsten so düsteren Stadt.