Sonntag, 29. März 2015

Der EZB-Turm brennt schlechter als ein Asylbewerberheim! Ich kaufe Eure Grünanlagen und bebaue sie mit Townhouses!

Kleine Story zum Anfang: Übelgelaunter Bully kommt mir entgegen, ich laufe eng an einem Stand vorbei, keine Chance auszuweichen, war eigentlich auch nicht nötig, Platz war genug für 10 von uns. Aber Bully steckt augenscheinlich absichtlich den Ellbogen raus und rammt mir die Schulter. Ohne den Ellbogen wäre gar nicht passiert. Er beschimpft mich auf's Übelste, ich hätte nicht aufgepasst, ich Vollpfosten, Wichser und natürlich: Yuppie!

Entschuldige, bloß weil ich mich nicht so scheiße kleide wie der Rest der männlichen Bevölkerung innerhalb und außerhalb Berlins bin ich noch lange kein Yuppie. Ich trage zwar Casual Wear, mische aber Flohmarkt mit Neuem. Also völlig yuppieunverdächtig, vielleicht eher noch Hipster (bäähhh), aber ohne Rauschebart und dafür mit trainierten, muskulösen Beinen. Hätte ich eine Brille auf, sie wäre jedenfalls kein Fake!

Aber bitte, wenn Ihr es so wollt, bin ich halt Yuppie: Ich kaufe Eure Grünanlagen und Brachen, bebaue sie mit Townhouses und verkaufe sie an chinesische Immofonds. Und dort, wo gerade Eure Hunde hinscheißen, lasse ich eine neue Mall entstehen, erbaut von unbezahlten Asylbewerbern und gemietet von ausbeuterischen Textilverkäufern. Ich weiß, wie das geht!

Wenn ich doch nur könnte... oder auch nur wollte... Das Motiv des verbohrten 100%- Kerls scheint hingegen klar: Alle, die nicht so sind wie ich, haben hier nichts verloren. Da ist es egal, ob ich ein Unternehmer bin oder auch nur ein therapiebedürftiges kleines Würstchen wie jener rempelnde, rüpelnde Walking Dildo. Jeder gegen jeden, so scheint es auszusehen in dieser Welt.

Wir regen uns auf über ständig beleidigte Muslime und sind selber dauernd beleidigt. Wir sind beleidigt wegen der puren Existenz andersdenkender oder deren Gesten: Da zeigt den zufällig in Schland geborenen Menschen ein zukünftiger griechischer Finanzminister 2013 den Stinkefinger (oder auch nicht) und im Land herrscht der Ausnahmezustand. Ich selber zeige Schland schon seit Jahren den Stinkefinger (in echt!), ernte jedoch nur Kopfschütteln. Ist doch alles schick hier, wem es nicht passt, kann ja in die DDR rüber machen. Im Zweifelsfall gehöre ich jedoch zur "Volksgemeinschaft" und genieße Sonderrechte. Igitt!

Bedrohlicher finde ich, dass die Menschen hierzulande gerade jenen Regierungen ein Übermaß an Misstrauen aussprechen, die zumindest dem Anschein nach alles versuchen, Ihren Landsleuten zu Diensten zu sein, um ihnen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Die Deutschen scheinen die Demokratie noch nicht verstanden zu haben und wählen stattdessen alternativlose Politik. Wäre ja noch schöner, wenn Politik auch der Bevölkerung nutzen würde. Da würde ja keiner mehr was arbeiten. Außer mir, selbstverständlich!

Wir sehnen uns geradezu nach der Überwindung der Demokratie, in der ja von uns gefordert wird, uns zu beteiligen, sei es nur um zu wählen zwischen den Parteien. So viel Freiheit macht uns angst. Was, wenn wir falsch entscheiden? Dann sind wir ja selber schuld! Besser wäre es, wenn einfach die anderen Schuld sein könnten. Im nationalen Taumel ist es natürlich sicherer, gleich ganze souveräne Staaten in Haft zu nehmen.

Die faulen Griechen, die korrupten Italiener, die streikwütigen Franzosen, die unfähigen Spanier und die drogendealenden Asylbewerber: es ist klar, wer schuld daran ist, dass wir hungern müssen wie nach dem, wie wir wieder meinen zu müssen, unverdient verlorenen WW2. Wir opfern uns auf für die europäische Idee, also weg mit der europäischen Idee! So einfach ist das! Bildung stört da übrigens nur, so was brauchen wir nicht: Bildung macht unsere Kinder schwul!

Noch vor wenigen Jahren hieß die Staatsschuldenkrise übrigens noch Bankenkrise. Das war aber schlecht für das Image der systemrelevanten Banken, also hat man sie umbenannt. Seitdem bezahlen die Bürger der EU für das Unvermögen und die Gier einiger Weniger. Die wegzuputzen ist jedoch schwer. In Frankfurt hat sich kürzlich einmal die Wut gegen die vermeintlich Unantastbaren gerichtet, das war allerdings mal wieder zu viel des Guten. Viel leichter und besser ist es hingegen, die alten Ressentiments zu pflegen. Ein Asylbewerberheim brennt auch viel besser als der vollverglaste Turm der EZB.

Warum aber die "Südländer" für ihre angebliche Faulheit beneiden? Warum tun wir es ihnen nicht gleich und werden auch etwas fauler? Antwort: Weil wir es schon längst sind! Wir wollen es uns nur nicht eingestehen und pflegen den Mythos des arbeitsamen Deutschen. Wenn man sich jedoch umschaut in Betrieben, Büros und Behörden, wird da auch nur mit Wasser gekocht. Über die Menge der Arbeit zu jammern heißt noch lange nicht, dass sie auch erledigt wird.

Schlendrian ist King, auch in Schland. Aber so ist er, der gute Deutsche: Steht mit der Schippe an der Baugrube und überwacht die Arbeit. Und wenn der Vorarbeiter kommt, sagt er: Schau mal wie groß die Grube geworden ist, die ich gegraben habe! Mit etwas Glück schmeißt der Vorarbeiter in dort hinein und lässt die Kollegen das Loch wieder zuschaufeln. Man wird doch nochmal träumen dürfen.

Freitag, 20. März 2015

Das Leben ist schön und bietet kostbare Erlebnisse! Heute: Baby-SUV und aromatisierende Kinder!

Ja fein, das Wetter ist heiter und auch etwas Wärme dringt an meine gefrostete Seele, auch wenn ich vor lauter Büro davon wenig herausbekomme. Dann quetsche ich ein Quäntchen Zeit in ein Schnapsglas und sitze, schwupps, vor meinem derzeitigen Lieblingscafé. Nun, so warm ist es um Vier doch nicht mehr, trotz Sonnenbefall, und so sitze ich, schwupps, drinnen, schnappe mir eine Zeitung und warte darauf, worauf ich mich am meisten freue:

Auf Eltern und ihre Kinder. Es ist ganz wunderbar, ganze Sippen von überforderten oder scheißegalen Eltern mit ihren herrlich verzogenen Kindern jeden Alters zu beobachten, wie sie plärrend und oder hektisch ins oder vors Café einschlagen wie ein mit Alien-DNA verkeimter Meteorit. Es treten auf:
  • Das ein-Meter-große Kind mit der ebenso großen Eistüte, wo man nicht weiß, wer wen schlussendlich verspeisen wird
  • die an fremde Café-Tische ungefragt herantretenden Kinder, die den Kaffee ganz hervorragend zum Schwappen bringen können. Wozu noch Telekinese betreiben oder Poltergeister rufen? Schaff' Dir Kinder an, dann hast Du beides!
  • Eltern, die ihre plärrenden Kinder hektisch im Café herumtragen und damit das Kind zwar nicht beruhigen können, dafür aber unter Garantie die Kopfschmerzgrenze der anderen Gäste auf ein gerechteres Niveau senken können
Den Vogel hat heute eine trächtige Mutter in Begleitung ihrer besten Freundin (?), zweier Kleinkinder mit Tretrollern untendran, eines davon mit bis zum Hals vollen Windeln, sowie einem Kind im leichenwagenfarbenem Kinder- SUV. Die Kinder fahren mit den Rollern ein, direkt bis zur Spieleecke, die Mutter versperrt mit ihrem SUV den Durchgang links von der Theke, während sie und ihre Freundin (respektive Erzieherin? Au-Pair-Milf?) die Theke in Beschlag nehmen. Habe ich erwähnt, das beide Erwachsene (?) einen Rucksack tragen?

Andere Gäste drängen sich zwischen meinem Tisch und dem Kinderwagen vorbei, die Kinder in der Spieleecke zerlegen ein Magnetbuchstabenspiel, das kleinere aromatisiert vor sich hin und die Mutter samt Freundin (Haushälterin? Yoga-Beauftragte? Natur-Kosmetik-Guru?) macht Pause vom vielen Erziehen und lässt sich jedes Kuchenstück einzeln zeigen, als sei sie im Schuhgeschäft. Die Freundin (Lebenspartnerin? Gouvernante? Sozialassistentin?) schnappt sich das erste Gedeck aus Kaffee und Kuchen und ruft eines der Kinder, dass sie selbstredend völlig ignoriert.

Na dann macht ja eine weitere Aufforderung wohl wenig Sinn. Abgang Freundin (Liebhaberin? Tupper Ware - Verkäuferin? Haushaltshilfe?), bleiben noch die Mami, zwei Kinder mit Tretrollern, ein überdimensionierter Kinderwagen mit Automatik-Getriebe, Allradantrieb und Kind darin. Besorgt betrachtet der Wirt die Spieleecke und das angerichtete Chaos, Magnetbuchstaben lernen fliegen, und da wagt das Monster tatsächlich das Wort an die Kinder zu richten: Na? Räumt ihr das nachher wieder weg?

Die Mutter sagt: klar räumen die das wieder weg! und geht hin und sagt ihren Kindern: räumt ihr das bitte weg? Das allerdings scheint eine noch unbekannte Wortfolge zu sein, weshalb die Kinder nur verdattert schauen. Zur Verdeutlichung hebt Mami ein paar Buchstaben auf und legt sie in die zugehörige Schachtel. Das größere Kind durchschaut die Intention, nimmt die Schachtel und leert sie wieder aus.

Da ist es wohl einfacher, die Spielsachen selber aufzuräumen, sagt sich die Mami. Sie sagt sich aber auch: Halt, Moment mal, wer ist denn hier der Dienstleister? Ich habe die Unordnung nicht gemacht, meine Kinder wollen sie nicht beseitigen, also lautet die logische Schlussfolgerung: Der Wirt muss aufräumen!

Denkt's, tut's also doch nicht, nimmt ihren Kaffee und ihren Kuchen, räumt den Kinder-SUV umständlich aus dem Weg Richtung Ausgang, die Kinder mit den Tretrollern hinterher, nicht ohne noch einmal in der Tür stehen zu bleiben und mit den Kindern ausführlich den weiteren Verlauf des Nachmittags zu erörtern. Partizipation wird nämlich groß geschrieben, in der Erziehungsbranche.

Ich habe mich bis dahin wirklich und wahrhaftig amüsiert und auch manchmal leise kichern müssen. Als ich mich dann wieder dem Lesen widmen wollte, dachte ich erst an ein Satiremagazin. Es war allerdings die TAZ, der ich unter dem Einfluss guter Laune zwischenzeitlich die Ernsthaftigkeit abgesprochen hatte. Obwohl: Der Titel heute war tatsächlich Satire!