Sonntag, 23. August 2009

Einen Aufkleber, meine Stimme für einen Aufkleber!

Bislang dachte ich ja, ich sei hier der zur Militanz neigende Velo-Nutzer, der die siechen Verkehrsverhältnisse allerorten anprangert, sein Recht auf körperliche Unversehrtheit nachdrücklich wahrnimmt und notfalls auch mit Gewalt durchzusetzen versteht, um sich unangenehme Zeitgenossen auf zwei Beinen oder mindestens vier Rädern vom Leib zu halten. Ich sei also DER, welcher dem Abbau angestauter Frustration via Straßendominanz den Kampf allein ansagte, und diesennicht selten verbal und physisch Kämpfe austrüge.

Doch offenbar gibt es noch viel mehr dieser Querulanten, und ich befinde mich nicht immer in guter Gesellschaft. Es sei Vorsicht geboten, mit wem ich mich gleich tue, so sprach meine Zirbeldrüse mit Verve. Und so möchte ich mich allerliebst von jenem auf ein Wahlplakat gepapptem Aufkleber distanzieren und mich auch ein wenig darüber echauffieren:

"Dieses Plakat hängt extrem radfahrerfeindlich
ich werde diese Partei schon allein aus diesem Grund
nicht wählen!"
Na bitte, dann halt nicht! Aber die Begründung ist ja schon etwas einsam: Weil hier ein Plakat hängt, das irgendein armer Hilfsfuzzi aufgehängt hat, der froh ist um die paar Euro, die ihm die Partei für's Aufhängen eben so zahlt, wird jene Partei ohne Achtung ihres Wahlprogramms NICHT gewählt! Das wäre ja noch viel besser, als wenn man bestimmte Parteien wegen Dienstwagenaffären, einer Schmiergeldvergangenheit oder Steuermittelverschwendung etc. nicht wählen würde. Na, mit solchen Demokraten ist jedenfalls kein Blumentopf zu gewinnen, denn was bliebe dann noch übrig? Das Parteiensystem wollen wir uns jetzt aber nicht schlechtreden lassen, bitteschön!

Aber auch o.g. Fall ist eine Form politischer Teilhabe, die jede vermeintliche Politikverdrossenheit vergessen lässt: Jener Querulant, der eben noch zu bequem war, den aus Gewohnheit starr gehaltenen Fahrradlenker ein paar wenige Millimeter zu bewegen, um den Radius zur Umgehung des Hindernisses zu erweitern oder gar zu reduzieren, entwickelt plötzlich die ungeheure, aber leider ungute Energie, dieses Ärgernisses wegen einen Aufkleber zu verfassen, auszudrucken und ihn auch noch auf dieses vermaledeite Plakat zu pappen, welches übrigens total korrekt an einer Straßenlaterne angebracht ist.

Besser wäre es gewesen, einen Aufkleber auch für eben jenen Mottenhafen zu entwerfen, um darauf anzukündigen, dass man schon aus Prinzip nicht in einer Stadt leben wolle, die Straßenlaternen so blöde aufstellt, dass daran hängende Plakate geradezu stören MÜSSEN! Und wenn man schon einmal dabei ist, könnte man auch Aufkleber mit folgendem Inhalt auf falschparkende PKW kleben: "Wer so scheiße parkt, dem muss man schon prinzipiell eins in die Fresse hauen!" Oder einen für dumm umhergehende Passanten, den man ihnen an die Stirne tackern kann oder für äußerst langwierige Baustellen oder...

Gründe gäbe es genug! Aber wer hat schon die Energie für jeden Scheiß einen Aufkleber zu produzieren? Lieber Querulant, wir zählen auf Dich!

Freitag, 21. August 2009

Inglourious Basterds und andere Seltsamkeiten!

Wer den neuen Tarantino "Inglourious Basterds" schon gesehen hat, darf sich getrost fragen, ob er ihn gerne weiter empfehlen würde. ER ist bewusst gewählt, so scheint es doch sehr unwahrscheinlich, dass SIE ihn sich anschauen mag - ist der Film doch eher ein JungsDing!

Zunächst fällt auf, in einem Mannheimer Kino: Kaum einer nutzt um 18Uhr die vollklimatisierten Kinosäle, um der brütenden Hitze zu entkommen. Ferner ergibt es sich, dass sich unter den 20 anwesenden Personen mindestens 17 Studienanfänger befinden. Aufgrund mental mitgeschnittener Gespräche und einer gewissen Pauschalisierung kann kaum behauptet werden, dass sich hier eine geistige Elite bildet.

Einerseits dialektale Entgleisungen - geschenkt! Gerade in Mannheim dürfte es schwer sein, einen fränkischen, hessischen oder wie auch immer gearteten Sprachfehler zu korrigieren. Sei's also drum. Um ein Vielfaches beklemmender ist jedoch die Strunzblödigkeit, vom Namen einer Person auf dessen Herkunft zu schließen.

Obskure Szenen: So spielten mehrere deutsche Landser im Film eine Variante des Bierdeckelspiels. Es dürfte bekannt sein, dass man durch viel Fragerei den von anderen ausgedachten Namen erraten muss, der einem mittels Bierdeckel auf der Stirne haftet. August Diehl als Nazi erkannte, dass das in Ketten in die USA zu Ausstellungszwecken verbrachte Subjekt entweder ein "Neger" sein müsse - haha - oder eben "King Kong".

Ein anderer Protagonist - war es Till Schweiger? - hatte den schönen Namen "Pola Negri" auf der Stirne pappen, und Achtung, jetzt kommt's: Durch PopCorngeknurpse ward genuschelt in der Reihe hinter mir folgender, denkwürdiger Satz: "Hmm, Negri - das ist glaube ich auch so ein Neger!" Ja klar, wenn's schon im Namen steht, dann muss es wohl so sein! Und dass der Saudepp auch noch "Neger" sagte, lässt daran zweifeln, ob er im richtigen Film gewesen ist.

Man muss noch nicht einmal wissen, wer Pola Negri war. Wer es trotzdem wissen will: Sie war ein bleichgesichtiger Stummfilmstar der 20er Jahre und versuchte sich auch im Tonfilm im Deutschland der 30er. Sie war hübsch und hatte schwarze Haare (deshalb wohl der Name). So, das wäre dies! Und noch einmal zurück zu den Studenten: Bitte bitte bitte, von wegen 12jähriges Abitur, lasst das mal lieber! Bringt den Leuten einfach was bei, egal wie lange es dauert. Und dass man nicht mehr "Neger" sagt, sollte mittlerweile auch in Gymnasien vermittelt werden können.

P.S. Wenn der Film auch nicht wirklich guten Gewissens zu empfehlen ist, dann aber wenigstens Christoph Waltz: Der Mann, der ist gut - richtig gut!

Blog zieht um! Lot's in Mannheim!

Aus gegebenem Anlass eröffne ich zwei neue Blogs und werde diesen hier derweil schließen. Möge er ein abschreckendes Exempel sein für Menschen, die es nach Mannheim zieht. Mag er dennoch irgendwie erheiternd sein!

Wer nun trotzdem noch etwas Lust verspürt, die äußerst fluffigen Texte meiner Wenigkeit zu verfolgen, kann dies hier tun:

embedded textsprengsel
- mehr der Kunst fröhnende Texte
berlin g. plant - mehr ein Exponat alltagsbeobachtender Texte, wie lost in mannheim, nur ohne Mannheim (oder nur ganz wenig davon).

Also, man sieht sich wohl wieder, oder auch nicht! Freuen tät' es mich zwar, aber wer bin ich denn mir dies zu wünschen?

Eine Alternative, ein Königreich für eine Alternative!

Wahlen 2009/1.

Eine zukünftige Regierung hat den unmittelbaren Interessen der Bevölkerung zu dienen, und nicht denen einer Wirtschaft, von der wenige viel und viele wenig profitieren. Da können die Richtlinien auch ruhig einmal wirtschaftsfeindlich sein, zumal eine wirtschaftsfreundliche Politik ohnehin fast ausschließlich der Großindustrie zugute kam.

Der Mittelstand und all die kleinen Unternehmen hätten ja durchaus das Potenzial, die durch die Großindustrie wegfallenden Arbeitsplätze zu kompensieren, würden sie nur einmal anständig gefördert. Nun kann man aber mit hundert kleinen Betrieben weniger Aufsehen erregen als mit einem großen, auch wenn der an den Bedürfnissen des Konsumenten vorbeiproduziert (s. Opel).

Da folgt die Politik ganz dem unguten Impuls, dem auch eine Organisation wie Greenpeace folgen muss: Der Eisbär ist, wenn er noch klein ist, einfach viel knuddeliger als die Amöbe. Will Greenpeace erfolgreich Unterstützer sammeln, dann setzt man dort - logisch - auf den Eisbären. (Am Rande: Eisbären fressen keine Pinguine, weil diese am Südpol leben. Wäre es da nicht sinnvoll, die am Nordpol lebenden Eisbären in die Antarktis umzusiedeln? Da gibt es noch Eis und lecker Geflügel.)

Zurück zur Sache: Förderte man also kleinere Betriebe und behandelte die Großindustrie (zggm. schwammige Begrifflichkeit) endlich wie "Erwachsene", könnte zwar eine Abwanderung in "Billiglohnländer" stattfinden, aber: Erstens mal, welches Land hat denn noch billigere Löhne als Deutschland? Und zweitens: Wer glaubt denn wirklich, dass die Konzerne allein aus sozialen Gründen in D. verweilen? Eben! Die fühlen sich doch hier wohl!

Wahlen 2009/2.

Warum eigentlich war es für viele Menschen innerhalb des bundesdeutschen Staatsgebietes eigentlich so viel leichter, für einen amerikanischen Demokraten zu stimmen als für eigene, tatsächlich wählbare Politiker? Polarisiert am Ende doch die unglaublich festgefahrene Zwei-Parteien-Demokratie mehr als die kuntergraue Parteienlandschaft in D.? Man bekommt hier jedenfalls leicht den Eindruck, als sei die Demokratie ausschließlich ein Exportschlager für andere, naivere Länder, aber hier jedoch, da bräuchte man ja eine solche Institution nicht wirklich. Der Kaiser war doch auch irgendwie gut, da war wenigstens mal einer, der gesagt hat, wo es lang geht. Und der danach konnt' es auch, war aber rein menschlich betrachtet daneben.

Wer glaubt noch an die Demokratie? Hände hoch! Was, doch noch so viele? Na, dann geht doch wenigstens einmal wählen, Ihr Furzdeppen! In Afghanistan, im Irak oder im Iran geht zwar nicht alles mit rechten Dingen zu, aber immerhin um die Wurst! Die Leute dort wollen wählen und riskieren dabei, zumindest in A., den tuschierten Finger von gedankenreduzierten Taliban abgeschnitten zu bekommen. Hier aber, in D., läuft man allerhöchstens gefahr, auf dem Weg zum Wahlbüro von einem besonders eiligen Wichtigtuer überfahren zu werden. Doch das kann zu allen anderen Anlässen auch passieren.

Was also ist denn so schwierig, hier zu wählen? Na, weil angeblich fast alle Parteien dasselbe wollen. Was aber ganz und gar nicht das ist, was die WählerInnen wollen. Diese wollen ja nur, dass es ihnen besser oder zumindest nicht schlechter geht. Nun bekommt man aber schon seit 24 Jahren erzählt, dass der Gürtel enger geschnallt werden müsse. Zwischendurch ging es der Wirtschaft dann auch gut, und fast hätte der Arbeitnehmer davon profitiert, ach, wenn nicht die Wirtschaftskrise dazwischen gekommen wäre, so ein Pech aber auch!

Ja dem Herrgott sei Dank (wenn es ihn nur gäbe), dass es noch ein paar findige Politiker gibt, wie den Herrn von und zu Guttenberg, der adlig und gewiss keinem dreigliedrigem Schulsystem unterworfen einen Weg weisen kann, aus dem Sozialstaat hinaus in ein feudalistisches Wirtschaftsystem hinein. Dieser Mann ist derzeit der beliebteste Politiker in D.! Kein Wunder, er ist hochwohlgeboren und weiß darum, wo's lang geht. Mich würde sehr interessieren, was bei einer Umfrage darüber herauskommen würde, wenn es um die Zustimmung ginge, dem Herrn von und zu Guttenberg die Kaiserwürde zu verleihen oder nicht.

Tja, so ist das hier: Wer Geld und Würden besitzt, der muss ja auch was können. Auch erben will schließlich gelernt sein! Es kommt halt drauf an, was man draus macht! So wenig vertraut man also unserem Schulsystem (dass ja soziale Unterschiede geradezu manifestiert), als dass es Politiker hervorbringen würde, die nicht nur das untere Drittel der Gesellschaft verstünden, sondern auch aus ihm hervorgingen. Und deshalb weiß der eine Teil nicht mehr, wen er wählen soll, während der andere Teil nach dem ruft, der alles richtet. Und je mehr Schmerzen er uns dabei zufügt, desto besser muss er ja wohl sein!

Der Wähler in D., ein wahrlich masochistisch veranlagter Depp! Dabei gibt es ja doch Alternativen: Die Linken sind heuer geradezu erfrischend naiv und freundlich, wenn sie einfach nach Gerechtigkeit rufen. Wohlgemerkt nicht mehr ein Ruf nach sozialer Gerechtigkeit, sondern einfach nach: Gerechtigkeit! Ging es denn die ganze Zeit etwa ungerecht zu?

Dienstag, 18. August 2009

Sei Arbeit, sei los, sei Berlin! Keine Träne für Mannheim!

Als ich nach Mannheim zog, vor zwei Jahren und acht Monaten, behauptete ein Spaßvogel, dass in Mannheim jeder Fremde zweimal weint: Wenn er kommt und wenn er wieder geht. Wahrscheinlich ist dieser Spruch auf jede andere der piefigeren Sorte Stadt anwendbar, aber er stimmt ganz und gar nicht! Denn das Kommen war eher erfreulich, kam ich doch hierher, um mit meiner damaligen Freundin C. zusammenleben zu können.

Ich betrachtete Mannheim mit neugierigen Augen. Die Stadt, die ich noch von früher als sehr lebendig kannte, konnte mir nichts anhaben. Nun, das war lange her: Mag Mannheim jüngeren Menschen attraktiv erscheinen, so wird die Luft für Mitt- und Enddreissiger doch arg dünn. Bars und Kneipen sind sehr altershomogen besucht, und die "Älteren" trinken ja allerhöchstens noch ein Gläschen überteuerten Weines nach dem Kino.

Ebenfalls feststellen musste ich, wie wenig man in Mannheim an meiner Person interessiert ist. Viel schlimmer fand ich jedoch, wie phantasielos viele Menschen in dieser Stadt ihr Leben fristen, wie wichtig sie sich dabei nehmen und wie verächtlich man über alternative Lebensentwürfe denkt. Mannheim ist die Stadt des Vollzeitjobs, der kapitalgedeckten Altersversorgung und der Abscheu vor einem selbstbestimmten Leben. Da ist kein Platz für Träume!

Der Ton in meinem Blog wurde zunehmend sarkastischer. Zuerst versuchte ich dem anwachsenden Hader in mir mit Humor zu entschärfen, doch fiel mir das zunehmend schwer. Ich möchte nicht vergessen, dass es auch sehr schöne Momente gab, und oft habe ich mich verzweifelt an ihnen festgehalten. Doch es überwog die Isolation innerhalb eines antikreativen Umfelds, so dass ich am Ende schon gar keine Projektvorschläge mehr machen wollte. Ohnehin würden sie auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben werden oder gar verächltich als "schon dagewesen, kenn' ich schon" abgetan.

Es ist immer leicht, dem Umfeld die Schuld für ein Scheitern zu geben. Tatsache ist, dass ich mich in Mannheim nie wohl, nie willkommen gefühlt habe, und jeder Tag dort ein Kampf war. Schützenhilfe gab mir meine liebe Frau C., bis sie dann kürzlich verwundet im Schützengraben lag und mich alleine weiterschickte. Selbst angeschossen schleppte ich mich weiter zu dem Entschluss, dass Mannheim ohne C. nicht mehr auszuhalten ist und eine Versetzung nach Berlin anstünde.

Ab November bin ich also wieder in der Stadt, in der ich leben kann. In der Stadt, in der ich jährlich zwei Ausstellungen hatte, in der begeisterungsfähige, neugierige Menschen leben. In der es noch Menschen gibt die träumen und die an ihren Träumen arbeiten. In der es so viel Armut gibt und auch so viel Wahnsinn, Egozentrik und Soziopathie. In der man kreativ und wach sein muss, will man überleben. Es ist ein enorm anregendes Umfeld. Wenn ich Mannheim verlasse, werde ich nicht weinen!

Blog vorerst geschlossen!