Samstag, 1. Mai 2010

Mein ConvenienceAlkoven ist bewohnt! Aus dem System, gegen das System zum 1. Mai!

"Wenn Du zuhause bleibst, wegen den ganzen Bullen und den ganzen Absperrungen und so, dann haben DIE erreicht, was sie erreichen wollten: Die Demonstranten sind isoliert und können leichter angegriffen werden..." 

Na und? Das ganze Jahr tut man mehr oder weniger das, was man gesagt bekommt. Will meinen: Wir tun mehr Dinge, die man von uns verlangt als Dinge, die wir für uns, wegen uns tun. Wir gehen arbeiten, wir zahlen Miete, wir streiken nicht, um den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht zu gefährden, wir kaufen Sachen zum Anziehen und zum Essen. Wir stehlen nicht, wir vergewaltigen nicht, wir morden nicht - auch wenn uns danach ist.

Und dann soll ich ausgerechnet zum ersten Mai, dem "Tag der Arbeit", meine Faust erheben und gegen das "Schweinesystem" protestieren? Weil andere das von mir verlangen? Machen wir uns doch nichts vor: Wir sind doch alle Teil dieser Wertegesellschaft! Die allermeisten Demonstranten wollen auch nichts weiter, als einen Job bekommen oder ihn zu behalten. Mehr Geld, das auch. Oder auch keinen. Selbst der allerpolitischte Alg2- Empfänger ist ein Rädchen im Getriebe. Erste Tradition des 1. Mai: Es geht um Arbeit oder Nichtarbeit!

Das habe ich das ganze Jahr über, und ich kann mich auch das ganze Jahr über zur Wehr setzen. Dafür muss ich nicht auf die Straße. Arbeit ist, wenn man es so will, der Zwang, die Notwendigkeit, etwas zu tun, um die Existenz zu sichern. Genau genommen ist der Ruf der Straße nichts anderes als ein Ordnungsruf eines anderen Arbeit- oder Sinngebers, eine Verpflichtung sozusagen, unbezahlte Überstunden zu leisten. Das erinnert mich zu sehr an viele der Beschäftigungsverhältnisse, die auch gerne am 1. Mai kritisiert, ja sogar "angeprangert" werden.

Warum sollte ich da mitmischen wollen? Oder gar Krieg führen gegen die Vertreter, die Arschkriecher des Schweinesystems, die "Bullenschweine"? Da war man hierzulande aber schon weiter und hat jene erschossen oder geautobombt, die wirklich die Verantwortung tragen für so manche Ungerechtigkeit und Sauerei. Vielleicht nicht immer die Richtigen, aber man hat es wenigstens probiert. Heute kippt man die Autos armer Leute in Kreuzberg um oder zündet jene von vermeintlichen Yuppies an.

Okay, nichts gegen Autozerstörung, durchaus sympathisch, und ich gebe zu, dass ich dazu viel zu feige bin. Damit sympathiere ich, geht es mir hier aber mehr um die Zerstörung eines Fetischs als um "Stadtteilpolitik". Soll jeder wohnen, wo er will. Yuppies können nichts dafür, dass die Mieten dort steigen, wo sie leben. Sie zahlen halt jeden Preis. Die Vermieter sind's, Eigentümer allesamt, die glauben, für eine Wohnung sei ein Preis zu entrichten. Okay: Manchmal sind Vermieter und Yuppie dieselbe Person. Trotzdem möchte ich in keinem Stadtteil leben, in dem nur pseudolinke Wursthaarspießer mit Revieransprüchen leben.

Angesichts dessen sitze ich doch lieber in meinem ConvenienceAlkoven und schreib' mir die Finger spitz und blutig. Sollen die anderen ihre gewaltlosen Festchen feiern oder für mehr Arbeit demonstrieren, auf die beknackten Nazis einschlagen oder sich mit Polizisten messen, sich die ach-so-linken Bands anhören und den Gewerkschaften folgen: Am Montag führen sie ihr Leben so weiter wie zuvor! Ich auch!

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