Samstag, 9. Juni 2012

Ich bleibe fremd! EM- induzierte Impressionen!


kriegswichtig: klare Fronten
Es muss ein Fußballspiel stattfinden. Irgendwo. Ach ja: EM. Irgendwer hat gewonnen. Oder einfach nur ein Tor geschossen. Was weiß ich? Ein kollektiver, kleiner Jauchzer schallt durch die Häuserschluchten. Irgendwer freut sich also. Eine kleinere Gruppe Menschen. Wahrscheinlich sind's keine Bundesbürger. Trotzdem wirkt die Freude irgendwie teutonisch: Der Jubel ist kläglich, kurz, abgewürgt. Wie ein kleiner, schlechter Orgasmus, während dessen man sich darüber bewusst wird, dass man seinen Nachbarn stören könnte mit allzuviel Lust. Also verkneift man sich's lieber.

Ersatzweise holt man die extra für den Anlass gekauften Böller, womöglich sind sie noch eingeschweißt, zündet sie an und schmeißt sie mit stumpfem Blick in die Gegend. Ein hohles Ritual nur. Wenn man sich schon nicht mehr über irgendetwas freuen kann, und auch nichts mehr fühlt außer der Verbitterung über ein irgendwie fehl gegangenes Leben, dann muss man der Umwelt seine Existenz mit aller Kraft beweisen: Es knallt, es kracht, und da heult auch eine Rakete in den leeren Himmel. Der Himmel, so leer wie die Seelen der Menschen unter ihm, die alles klaglos hinnehmen, was man ihnen zumutet. Außer Benzinpreiserhöhungen, Ausländerkriminalität und Pleitegriechen, freilich.

Brot und Spiele für eine zu sedierende Bevölkerung. Mehr nicht. In der Nähe Bodrums gibt es ein Ressort, das heißt "Sedative". Das scheint mir ehrlich. Doch hier werden die Menschen ruhig gestellt durch einen völlig imaginären Nationalismus, der ihnen ein Gefühl von Zugehörigkeit vermitteln soll. Für dieses Land, so geht die Legende, tun wir unser Bestes. Schaut Euch die Spieler an! Rackern sie nicht schwer für Euch? Tut auch ihr Euer Bestes. Vielleicht nicht gerade für Geld. Aber für das Gemeinschaftsgefühl. Und für den Einzelhandel. Das Versprechen des Kapitalismus ist ja auch das Versprechen des uneingeschränkten Konsums. Vergesst das Einkaufen nicht!

Donnerstag, 7. Juni 2012

Quo vadis, Fremder? Ein Plädoyer für das Nicht-Dazu-Gehören!

kriegswichtig: ein Gefühl der Fremdheit
Ich habe kürzlich in einer Berlin- Reportage gelesen, wie zwei junge Frauen Mitte 20 versuchen, so auszusehen wie typische Berlinerinnen. Sie wollen sich abheben von all den Touristen und Neuberlinern. Dabei sind sie erst kürzlich aus Süddeutschland hierher gezogen. Nun schaulaufen sie durch die Cafés der Stadt und haben Dress- und Sozialcodes im Schnellkurs verinnerlicht. Vielleicht sind sie gar nicht mehr sich selbst, wer weiß?

Wenn ich einen der 1000 mit Wohnungsauflösungen bestückten Läden nach Schallplatten durchstöbere und tatsächlich eine finde, dann verlangt der Händler stets 3 Euro dafür. Hoho, sage ich dann, Touripreis, wa? Ich geb' Dir maximal einen Euro dafür, so sieht's aus. Der Händler will dann maximal einen Euro dafür, trotzdem hält er mich nur für einen preiskundigen Touristen aus dem nichtberliner Großraum. Wenn auch für einen gewieften Touristen.

Ich tue ja nun auch alles dafür, nicht wie ein Berliner zu wirken: Ich wohne zwar mit Unterbrechungen seit 12 Jahren in Berlin, aber kleide mich gar nicht wie ein typischer Berliner (Hosenboden in den Knien und Schlabbershirt) und verhalte mich auch nicht wie einer (desinteressiert UND schnoddrig, viele Projekte). Ich verhalte mich nämlich wie ein Fremder. Ich verweigere mich jeglichen Idioms und ich kenne keine niedlichen Abkürzungen für Orte (Görli, Kotti, Alex etc.). Alles in Allem: Ich bin ein Fremder geblieben.

Das ist nicht neu: Auch in meinem Geburtsort, während meiner Ausbildung in Ludwigshafen, später in Darmstadt, sogar während des Studiums und zwischendurch in Mannheim, war ich ein Fremder und bin es heute immer noch. In Bodrum, in Neu Delhi, auf Sardinien oder auf Malta, in Spanien und in Portugal: Ich bleibe fremd. Ich gehöre einfach nicht dazu. Ich verstelle mich nicht, ich verkleide mich nicht, ich tue nicht so als ob.

Obwohl: Ich ertappe mich manchmal dabei, wie sich mein Blick beschränkt auf die paar Meter vor mir, wie ich gezielt Sehenswürdigkeiten (Schuhe über der Straßenlaterne, der Blick von der Oberbaumbrücke über die Spree, Straßenmusiker etc.) ignoriere, wie ich bewusst keine Fotos mache von Dingen, die mich eigentlich interessieren. Nur, damit die Touristen nicht denken, ich sei einer von ihnen. Ach was: jeder soll sehen: Ich gehöre hierher, wohne hier, bin vielleicht auch hier geboren. Nur deshalb interessiert mich der ganze Rummel hier auch nicht.

Ich bin so fucking cool Berlin, so fucking cool geht es eigentlich gar nicht. Doch dann weiß ich: Cool sein zu wollen geht nicht. Es ist sogar das Gegenteil von cool. Denn cool ist man einfach. Dafür tut man nichts, und man tut auch nicht bewusst nichts. Also bleibt alles beim Alten: Ich bleibe fremd, noch dazu uncool fremd. Außerdem sehe ich so viel weniger. Denn das Schöne am fremd sein ist doch: Das zu sehen, was der Nichtfremde gar nicht mehr wahrnimmt. Clint Eastwood spielte in vielen Filmen einen Fremden. Er war fremd, wo immer er auch hinkam. Trotzdem war er irgendwie cool. Er hat das Wesentliche immer erkannt.

Ich weiß nicht, ob ich ewig in Berlin bleiben werde. Vielleicht will ich bald einfach mal woanders fremd sein. Vielleicht ist mir Berlin nicht mehr fremd genug. Wo ich doch schon gelegentlich versuche, wie ein Berliner zu wirken. Ich finde, fremd sein dürfen sollte in den Katalog der Menschenrechte aufgenommen werden. Denn im Grunde ist es herrlich, die Welt mit den Augen eines Fremden zu betrachten. Der Versuch, irgendwo dazu zu gehören, scheint mir hingegen so klein. So vergeblich. So fremd.

Dienstag, 5. Juni 2012

Achtung: Gejammere auf hohem Niveau!

Nennen Sie mir drei positive Eigenschaften. Und nun nennen Sie mir eine ihrer negativen Eigenschaften. Wieso bewerben Sie sich ausgerechnet bei unserem Unternehmen? Was erwarten Sie von einem Arbeitgeber? Was können SIE für UNS tun? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Hilfe! So ähnlich lauten die Fragen, die man mir derzeit stellt. Richtig: Wer zwischen den Zeilen lesen kann, der hat bemerkt, dass ich wieder einmal auf Arbeitsuche bin. Es ist kein Spaß: All diese Leute, die sich ihren Fragenkatalog bei diversen Online- Anbietern zusammenstellen. Oder schlimmer noch: Die irgendeinen dieser kreuzdämlichen Kurse zum Thema "Bewerbungsgespräche" mitgemacht haben.

Nicht, dass diese Fragen sämtlich einfallslos seien oder eventuell den Kontext der eigentlich angebotenen Stelle erfassen. Nein! Die Fragesteller sind oft noch absolut farblose Kreaturen. Man kann erahnen, dass sie nur auf ähnliche Weise eingestellt worden sein können, so wie sie dasselbe nun an den offenkundig zahlreichen Bewerber_innen versuchen.

Natürlich muss man lügen. Die Wahrheit ist diesen Leuten zu banal: Kaum jemand kann sich vorstellen, dass man die Arbeit, mit der man betraut werden könnte, eventuell todlangweilig findet. Wäre ich nämlich ehrlich, müsste ich folgendermaßen antworten:
  • Meine drei positiven Eigenschaften sind: Ich habe dreimal mehr auf der Pfanne als Sie. Ich bin allerdings so beherrscht, dass ich nicht augenblicklich aufstehe und gehe. Und ich schaue Ihrem kläglichen Versuch zu, den Personalchef zu spielen, und das ohne mit der Wimper zu zucken. Negativ ist, dass ich diesen Impulsen nicht einfach nachgebe.
  • Ich bewerbe mich bei Ihnen, weil Sie eine Anzeige aufgegeben haben und der angebotene Job mich vielleicht nicht völlig zu Tode langweilt. Doch wenn ich Sie so betrachte...
  • Ich erwarte ein ordentliches Gehalt und die Zusicherung einer beruflichen Perspektive im Unternehmen.
  • Für SIE tue ich schon gar nichts. Ich trete Menschen, die sich voll mit ihrem Unternehmen identifizieren, stets mit Argwohn entgegen. Ich kann generell versprechen, dass sich meine Leistungen an der Höhe des Gehalts orientieren. Viel können Sie also nicht erwarten.
  • In fünf Jahren sehe ich mich wieder auf Arbeitssuche, ggf. bei einem Vollpfosten wie Ihnen. Denn allein die Frage, wo ich mich in fünf Jahren sehe, obwohl Sie mir nur eine befristete Stelle über maximal ein Jahr anbieten (bei mieser Bezahlung), ist impertinent. 
Ich sollte daran arbeiten, in solchen Fällen tatsächlich einfach aufzustehen und zu gehen bzw. darauf hinweisen, wenn mir ein Gespräch zu doof wird. Es fällt mir immer schwerer, Kolleg_innen und Vorgesetzte ernst zu nehmen. Das ist allerdings kaum ein Wunder. Es gibt ohnehin kaum Jobs, die nicht völlig verzichtbar wären. Man sollte im Grunde in das gute alte Handwerk wechseln. Dieser ganze Dienstleistungsscheiß', Verwaltungsdreck und das juristische Gewese kotzt doch nur noch an. Okay, ich hab' ne Sinnkrise. Aber nur, was das Arbeiten betrifft.

Samstag, 2. Juni 2012

Sklave und Gott zugleich! Ein neues Weltbild und ein Transit!

kriegswichtig: ein Schöpfungsmythos
Neulich rief mich mein bester Freund RonJustice während seiner Mittagspause an und konstatierte: Wir sind alle Sklaven! Sag ich doch die ganze Zeit, hob ich an und leitete den Begriff "Arbeit" aus dem Altgermanischen und dem Alt- Osteuropäischen semantisch her: Arbeit IST Sklaverei. Wäre interessant, die Herleitung des anglizistischen Begriffs "Work" zu beWERKstelligen.

Ach, im Englischen klingt eben einfach alles Besser. Da wird aus Arbeit ein Werk. Demnach ist Arbeit beinahe Kunst? Zumindest, bevor der Dienstleitungssektor oder die Manufaktur erfunden wurde, mag dies zutreffend gewesen sein. Die Fachbereiche Medizin, Philosophie, Architektur, Malerei etc. wurden in der Antike von ureigenen Musen begleitet (das sind neun von Zeus einvernehmlich mit Mnemosyne gezeugte Nymphen) und galten daher als hohe Künste. Im Englischen heißen Abschlüsse auch deshalb "Masters of Arts". Es wird deutlich, welches Verständnis von "Arbeit" die Deutschen der Welt oktroyieren wollen und warum sich der denkende Teil der Menschheit so beharrlich (und berechtigt) weigert.

Im gemeinsamen Urlaub mit C. in der Türkei wurde obiges Bild geschissen geschossen. Nun hänge ich einer neuen Glaubensrichtung an, die eine Neuordnung des uns bekannten Universums erforderlich macht: Gott ist ein riesenhafter Mistkäfer, der aus einem großen Haufen Scheiße die Erdkugel formt, sie hernach zu einem unbekannten Bestimmungsort rollt und dort seine Nachkommenschaft hineinsetzt. Wir sind also alle göttlichen Ursprungs und die Milchstraße müsste eigentlich braun sein. Ein göttlicher, optischer Trick macht sie " milchig", auch um der schlechten Konnotation mit der braunen Scheiße seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu entgehen. Was nur davon zeugt, wie gut informiert der "GodBug" schon zu Anbeginn der Zeiten über das, was noch kommen würde, war.

Aber sind wir alleine im Universum? Wieviele Kugeln Mist rollt so ein "GodBug" eigentlich in die Unendlichkeit hinein, bis ihm die Ewigkeit zu fad wird und er einen der Unsrigen erwählt, sein Werk fortzuführen? Rühren wir dann selber in den Fäkalien der universalen Kloake? Entdecken wir den Kubus der Kugel (die 3D- Version der Quadratur des Kreises)? Was machen wir mit der "Resterde?" Wie jede anständige Religion birgt auch das darin enthaltene fäkaliozentrische Weltbild den ein oder anderen Makel. Den Venustransit gibt es aber auch hier und der versetzt mich in Staunen:

Am 6. Juni kriecht der Abendstern zum letzten Mal in diesem Jahrhundert über die Sonnenscheibe und wird zum Morgenstern. Oder so ähnlich. Der Reihe nach berichteten alle anständigen Zeitungen darüber und über sämtliche Perioden der Beobachtung des Venustransits vom 18. Jahrhundert bis heute. Bis auf die Süddeutsche haben sie allesamt die durch Thomas Pynchon verewigten Astronomen und Landvermesser Mason und Dixon vergessen, was ich sträflich finde, zumal sämtliche Artikel ins Feuilleton verbannt wurden und nicht ins Reich des Wissens.

Der Venustransit! Ich finde sowas ja toll. C. daraufhin: Und das soll irgendwie spannend sein oder was? Eine kleine Kugel, die über die Sonne rollt? Ich musste mich nach dieser als Frage getarnte Aussage spontan an eine andere Person erinnern, der ich vor Jahren einmal den besonders nahen Mars gezeigt hatte. Sie hatte daraufhin sehr lange den Himmel abgesucht und zeigte sich hernach enttäuscht: Ach so, der kleine trübe Stern da oben. Ich hab' mir den größer vorgestellt. Woraufhin ich bemerkte, dass ich eigentlich ganz beruhigt sei, dass er nicht noch größer sei, der PLANET!

Nun findet also auch C. ein kosmisches Ereignis, dass aufgrund der Dimensionen nur wenig Spektakel hervorruft, irgendwie langweilig. Man hat den Eindruck, die Menschen hätten alles lieber viel GRÖSSER. XXL. Doch dazu müsste man auch sehr viel NÄHER sein, was irgendwie beunruhigend ungesund wäre und man dann wohl auch andere Sorgen hätte. So wie im Film "Melancholia" von Lars von Trier, den C. (und ich auch) sehr gut fand. Der herannahende Planet war am Ende so dermaßen groß und spektakelig, dass er die Erde einfach verschluckt hat. Nun denn, vielleicht wär es das Beste.

Jedenfalls meinte ich, so ein Transit sei auf jeden Fall aufregender als so Zeug wie das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, Gaucks Israelbesuch samt Deutschland- Attest ("Ja, mittlerweile dürfen wir wieder stolz auf Schland sein..."), der drohenden EM und den unterbezahlten Schlecker- Mitarbeiterinnen, die auf 12 Prozent ihres lausigen Gehalts verzichten würden, wenn sie dafür ihre Arbeitsplätze behalten dürften, zusammen. Ja, meinte ich, sowas ist in der Tat spannend: Es ist ein verlässliches und vor allem berechenbares Ereignis, dazu noch ist es selten. Es findet nämlich jedes Jahrhundert zweimal im Abstand von ca. 8 Jahren statt.

Das ist souverän, daran sollte sich mal einer wie der Gauck, der Herr Sarrazin, der Herr GraSS, der Herr Henkel, oder der Herr Sinn oder oder oder ein Beispiel nehmen. Und die Schlecker- Mitarbeiterinnen haben nun Glück im Unglück: Sie müssen sich nicht weiter ausbeuten lassen und können mal eine ruhige Kugel schieben: Die Gläubiger schicken das Unternehmen in den Orkus des Kapitalismus. Ja, auch in der Arbeitslosigkeit steckt ein Körnchen Göttlichkeit. Die Verkäuferinnen werden dies leider nicht erkennen und sich alsbald neu einstellen lassen, gerne auch für weniger Geld. Man kann halt nicht beides zugleich sein: Sklave und Gott!

Donnerstag, 24. Mai 2012

Ein Rinderhacksteak bringt den Total Recall! Der nacherzählte Film!

Ja! Zwei Wochen Urlaub. In der Türkei. Kapitalismus pur. Trotzdem schön. Weil die Menschen dort noch so etwas wie Herzensbildung kennen. Sowas kann man knicken in der BRD. Ein hässlicher Mensch mokierte sich einmal über ein junges Mädchen in der Berliner U-Bahn. Wegen des Kopftuchs. Ich sagte zu ihm ungefähr: Das Mädchen ist auch mit Kopftuch hübsch. Sie aber bleiben hässlich. Innen wie außen.

Willkommen in der Hölle. Zur Einstimmung lief im Flugzeug ein amerikanischer Schmonzesfilm. Sie wollen wissen, was ein amerikanischer Schmonzesfilm ist? Er geht so: Junger, äußerst gut trainierter und höchstsensibler Mann (vom Typ Football-Stipendiat, einer der in jedem anderen Film den hässlichen College- Boys die Nasen in den Schlamm rammt), der zudem Musiker ist, trifft zufällig eine tolle Frau (freilich Künstlerin und im Nebenberuf Kellnerin) und verliebt sich in sie.

Sie tun völlig verrückte Sachen zusammen. Zum Beispiel nackt im Meer baden (was in den prüden USA wahrscheinlich der Gipfel der Verrücktheit ist) und heiraten alsbald. Ein dummer Unfall zeigt auf, dass die Frau früher schon einmal einen Gedächtnisverlust hatte und sich nun an ihr früheres Leben erinnert. Leider aber nicht mehr an ihren Ehemann (der in allen anderen Filmen vielleicht Fliesenleger oder Bankkaufmann wäre, aber auf keinen Fall ein Musiker). Der unternimmt allerlei (natürlich verrückte) Dinge, um die Liebe seines Lebens zurückzugewinnen, was ihm am Ende auch gelingt.

Man muss dazu sagen, dass ich die Handlung erfasst habe, ohne den dazugehörigen Ton zu hören und unter dem Aspekt gelegentlichen Einnickens. Ich habe mir, sollte die Romantic- Comedy ein Erfolg werden, schon ein paar Fortsetzungen überlegt:

Teil II: Hier erleidet der junge Mann (der in anderen Filmen vielleicht glaubhaft den Hulk verkörpern könnte, aber auf keinen Fall einen Musiker) einen Gedächtnisverlust und kann sich nicht mehr an seine Frau erinnern. Vorher erleben die beiden natürlich eine unglaublich verrückte Ehe. Mit viel Liebe und lustigen Tricks gewinnt die Frau das Herz des jungen Mannes zurück, doch erst ein Rinderhacksteak bringt den Total Recall. Eine Schwangerschaft deutet einen dritten Teil an.

Teil III: Das Kind wird geboren und hat keinerlei Erinnerung an sein vorheriges Leben. Nach einem Unfall mit dem Sandwich- Toaster (Elektroschock!) beginnt es sich wieder daran zu erinnern und entwickelt suizidale Gedanken. Dieser Teil wird wohl zum Tiefsinnigsten der Reihe gerechnet werden, obwohl das Drehbuch (wie bei allen anderen Teilen davor auch) Lücken in der Handlung aufweist. Leonardo di Caprio bekommt für die Darstellung des Babies einen Oscar. Der Regisseur (Spike Lee) verzichtet übrigens konsequent auf eine Tonspur, was das Publikum nicht gut aufnimmt. Das Einspielergebnis ist mager.

Teil IV: Trotzdem wird dem Vertrag entsprechend ein vierter Teil gedreht. Das gemeinsame Kind des Musikers (der in anderen Filmen als College- Trottel durchgeht, auf keinen Fall aber als Musiker) und der Künstlerin (nun gespielt durch Ellen Barkin, die leider nur noch in Romantic- Comedies alternde Mütter spielen darf - seufz) wurde durch völlig verrückte Umstände geheilt und darf sich nun als "normales" Kind entwickeln (Leonardo di Caprio hat die Rolle für dieses Mal abgelehnt). Zur Unterstützung bekommt der nun Fünfjährige einen Hund geschenkt. Durch einen Unfall verliert der Hund (verrückterweise hört er auf den Namen "Kater Carlo". Hihi... verstanden? Kater... Dabei ist das doch ein Hund!) das Gedächtnis und reagiert nun nicht mehr auf den völlig verrückten Namen "Kater Carlo". Was alle schade finden. Nur durch viel Liebe und natürlich total verrückte Dinge gewinnt der Junge das Vertrauen seines Hundes zurück. Er lässt sich nun jedoch "Furzi" (der Hund) nennen, was das Publikum zwar insgesamt missbilligt, aber weil der Hund so drollig ist (Adam Sandler in einer Paraderolle!) und dauernd lustige und völlig verrückte Dinge macht (im Central Park an einen Baum pinkeln und so weiter), wird dieser Teil zum Erfolgreichsten der Quadrologie.

Teil V: Wurde nicht gedreht. Die Produzenten wollten die vorherigen Teile toppen und dieses Mal sämtliche Familienmitglieder das Gedächtnis verlieren bzw. ein anderes wieder zurückgewinnen lassen. Daraufhin traten die Drehbuchautoren in Streik. Sie wiesen unter anderem darauf hin, dass, wenn sich keiner mehr erinnert und andere nun eine völlig andere Erinnerung an ihr vorheriges Leben hätten, es gar nicht mehr zu einer Wiedervereinigung der Familie kommen könne. Irgendwie fehle das Bindeglied bei der ganzen Sache. Tatsächlich hatten die Produzenten vor, fünf völlig neue Handlungsstränge zu entwerfen und daraus genauso viele Spin-Offs zu machen.

Militante Liebhaber der Film- Serie erschossen aus Protest 12 von 17 Drehbuchautoren, woraufhin die NRA "Autoren-Schießen" als neue Sportart anerkannt hat. "Produzenten-Schießen" wäre zwar ein weitaus interessanterer Wettkampf gewesen, doch der Verband hatte sich bereits für die sozial verträglichere Variante entschieden. Vielleicht kann man mittlerweile auch in der BRD über die Legalisierung des "Intendanten-der-öffentlich-rechtlichen-Sendeanstalten-Beschießens" debattieren. Ein Prozedere müsste jedoch erst noch entwickelt werden. Vielleicht könnte ein Punktestand über die erreichten Quoten des Angeschossenen ermittelt werden. Dies könnte im Rahmen eines Triathlons stattfinden und würde die Qualität des Fernsehens auf Dauer erhöhen.

P.S. Ich weiß übrigens nicht, wie der Film im Flugzeug heißt.

Montag, 7. Mai 2012

Von Putin lernen heißt siegen lernen! Von zarter Frauenhand regiert!

Downwards
Installation von Ute Vauk-Ogawa
Man soll ja niemanden aufgrund von Äußerlichkeiten bewerten oder gar verurteilen. Das ist nämlich voll nazimäßig. Die Geschichte lehrt uns, wo das hinführt: Es führt zu äußerst dummen Menschen, die voraussichtlich 20 Generationen brauchen, um wieder einigermaßen zu Verstand zu kommen, und zu Leichenbergen.

Das fängt schon beim einfachen Schubladendenken an: Hach, hier hat einer Sicherheitsnadeln in der Nase? Bunte Haare? Schäbige Klamotten und Knobelbecher um die Zehen? Muss ein Punk sein! Falsch: Kann ein Punk sein, müsste es heißen. Vielleicht verkürzt er den ansonsten löblichen, punkigen Lifestyle, nämlich die Gesellschaft auszubeuten, auf den Gedanken, sich ausschließlich bei seinen Freunden durchzuschnorren. Dann aber wäre er ein durchtriebener Kapitalist, dem nur der kapitalistenmäßige Background fehlt, um voll durchzustarten.

Oder das: Uniform, lustige Mütze, Pistolenhalfter und Kelle? Ja, das ist offensichtlich ein Polizist. Polizisten sind allesamt wahrheitsliebende Berufsenthusiasten, staatstreu und dem Bürger ein Freund und Helfer? Kann sein, muss nicht. Auch unter Polizisten, man glaubt es kaum, gibt es unaufrichtige Gesellen die zum eigenen Vorteil arbeiten und dann wegschauen, wenn's knifflig wird. Oder sie stehen unter dem Verdacht, sich zu verbrüdern mit rechten Fanatikern. Solchen aus Sachsen zum Beispiel.

Die gemeinste Vorverurteilung ist die Rollenzuweisung qua Geschlecht. Frauen sind alle so und so und Männer sind alle blah blah blah, Frauen = Venus, Männer = Mars usw. usf. Wer's braucht, schätzt bestimmt Frau Schröder als feministische Ministerin und Frau Merkel als besonders feinsinnige Bundeskanzlerin. Schon alleine, weil sie eine Frau ist, macht sie vieles anders. Und damit auch besser?

Nun, alles, was Frau Staatsratvorsitzende Merkel macht (aussitzen, wegmobben, alternativlos handeln etc.) hat sie von Helmut "Bimbeskanstler?" Kohl gelernt. Es wäre sicherlich ein positives Signal für die Gleichstellung von Mann und Frau, wenn man sagen dürfte, dass Frauen genau solche Arschlöcher wie Männer sein können. Und das auch sein dürfen. Das ist das, was man einfach mal sagen dürfen muss und was auch gehört werden muss.

Denken wir einmal an Putin: Sieht aus wie ein Demokrat, spricht wie einer, und: schwupps! ist er wieder in der Duma. Dabei ist er aber selber gar nicht so besonders demokratisch. Er macht nur alles richtig: Nörgler in der Medienlandschaft, die alles immer nur mies machen, werden vorsorglich mundtot gemacht, und die Staatsbediensteten werden so schlecht bezahlt, dass sie für Bakshish gerne mal in die Urne greifen. Vielleicht liegen ja ein paar Banknoten drin, wer weiß? Oder eine Beförderungsanweisung? Es ist außerdem hilfreich für die Außenwirkung, ein bisserl Erdgas im Land zu haben.

Tja, da hat Sarkozy wohl ein bisserl gepennt, der freche Franzose. Irgendwie will's nämlich mit der Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit sowie der Internetzensur nicht so schnell gehen wie gewünscht. Das wäre aber nötig gewesen. Und über Ressentiments Wählerstimmen zu gewinnen, scheint auch nicht so dolle funktioniert zu haben. Und schwupps! ist er weg. Dafür kommt nun Hollande und wird nichts, aber auch gar nichts an der marktfreundlichen Politik in Europa ändern.

Dafür wird die mit zarter Frauenhand agierende Frau Merkel schon sorgen. Und bevor in der BRD wieder gewählt werden darf, werden bestimmt schon wieder ein paar demokratische Prinzipien über den Haufen geworfen sein. Mittlerweile bekommt man ja von einigen MdB schon mehr als deutliche Wahlempfehlungen. Und wer da alles mit wem nicht koalieren wird... Das ist natürlich Demokratie pur, wenn der Wählerwille dermaßen geschlachtet wird.

Aber solange der Wähler glaubt, er habe verloren, wenn seine Partei nicht gewinnt, macht er ohnehin aus jeder Wahl eine Lotterie. Denn offenbar hat er noch nie etwas von einer Opposition gehört und von deren Funktion im Bundestag. Nur so kann er glauben, dass es gar nichts bringt, die Partei zu wählen, an deren Programm er gerade noch glaubt. Nein: Er wählt aus Protest nicht oder einfach irgendwas. Oder er setzt aus taktischen Gründen auf den "Gewinner", weil sein eigentlicher Favorit dem sonst die Stimmen "klauen" würde. Dann würde ja alles noch schlimmer!

Ja, man hat's hierzulande auch wirklich leicht mit der Manipulation. Bis dahin aber gilt es, noch ein paar Gesetze durchzuwinken, deren Handschrift irgendwie russisch oder ungarisch ausschaut. Was man jedoch bestimmt noch nicht erledigt haben wird, ist die Sache mit den Überhangsmandaten. Aber hey, was soll's? Wenn's doch hilft? Wir lernen jedoch: Ein Sozialist muss nicht unbedingt ein Sozialist sein und ein Demokrat muss nicht unbedingt ein Demokrat sein. Eine Frau ist nicht besser als ein Mann. Aber: Von Putin lernen (oder von Orban) heißt, siegen lernen.

Donnerstag, 3. Mai 2012

Die reine Notwehr! Kinder an die Macht?

Ich musste erst ca. 30 Jahre alt werden, bis ich endlich in Erfahrung gebracht hatte, dass elterliche Prügel nicht allgemeiner Konsens waren, sondern selbst zu meiner Kindheit recht selten vorkamen. Von all meinen Bekannten kenne ich nur zwei Personen, die zu ihrem eigenen Besten gezüchtigt wurden. Selbstverständlich tat es den Eltern mehr weh als den Kindern, schließlich standen sie ja unter enormem, gesellschaftlichem Druck. Kann man sich heute gar nicht mehr ausmalen. Meine Mutter sagt: Wir wussten es nicht besser!

Na denn, man hat jedoch eine Wahl. Ich darf mich rühmen, mein Kind nicht einmal geschlagen zu haben, obwohl Prügel für mich als Kind zur Normalität gehört haben. Irgendwie muss ich geahnt haben, dass es wohl doch nicht so gut ist, wenn man jemanden schlägt, ich weiß es nicht. Wenn ich jedoch ganz ehrlich bin: Meine damals fast zweijährige Tochter hat mich einmal im Zorn geboxt. Ich habe sie daraufhin leicht geschubst, und da fiel sie auf ihren gut gepolsteren Hintern. Das Geheule war groß. Aber es war die reine Notwehr, und hernach hat mich meine Tochter nie mehr geboxt. Waffenstillstand.

Trotzdem hatte ich während einiger ihrer unerklärlichen, endlosen Schrei- und Panikattacken das starke Bedürfnis, sie einfach aus dem Fenster zu werfen. Sie hatte die nervtötende Eigenheit aller Säuglinge, ihren weit klaffenden, lauthals schreienden Mund direkt an mein Ohr zu halten, egal wie herum ich sie hielt. Selbst wenn ich den Arm wechselte, der Kopf wandt sich stets meinen empfindlichen Gehörgängen zu. Aus reiner Hilflosigkeit hatte ich oft nur diesen einen Gedanken: Kind weg, Lärm weg, (aber auch) Freiheit weg: Guter Deal!

Der Trick dabei war jedoch, es nicht zu tun. Ich habe jedoch bis heute großes Verständnis für Väter und Mütter, die ihre Kinder getötet haben: Ich kann die Verzweiflung und Hilflosigkeit, die diese Menschen dazu treibt, wehrlose Kinder zu töten (meist im Affekt) gut nachvollziehen. Was nicht bedeutet, ich würde die Tat gutheißen. Sie kannten bedauerlicher Weise den Trick nicht. Wer hier nun entrüstet die Nase rümpft über solche Gedankengänge, ist ein selbstgerechter und vor allen Dingen unaufrichtiger Mensch.

Tatsächlich habe ich lange Zeit darunter gelitten, solche Gedanken zu haben. Ich schrieb sie der elterlichen Gewalt zu, die sich sozusagen weitervererbt hatte und nur darauf wartete, sich in mir voll zu entfalten. Erst als ich mit anderen Vätern und Müttern darüber gesprochen hatte, war ich beruhigt: Offensichtlich bin ich nicht völlig pervers, sondern gehöre zu einem zwar nicht repräsentativen, aber dafür recht liebevollen, halb perversen Haufen Mensch, der es sich zugesteht, auch einmal böse Gedanken gehabt zu haben und froh darüber gewesen zu sein, den Trick zu kennen, es nicht zu tun.

Warum ich das schreibe? Mir begegnen aktuell einige Menschen, vor allem Frauen, die sich schuldig fühlen, wenn sie ihrem Kind nicht ständig die liebevolle Aufmerksamkeit bieten können. Sind die Kinder unleidlich, haben sie schlechte Laune, echte Schmerzen oder sonstige Probleme, die es ihnen unmöglich machen, einfach nur mal nett zu sein, dann sollen Eltern trotzdem ungemindert ihren Dienst am Kind tun und dürfen keinen Moment an der Liebe zu ihrem Kind zweifeln. So ein Humbug!

Es ist ganz normal, sein Kind zu hassen. Vor allem, wenn es sich hassenswert zu verhalten beliebt. Ebenso normal ist es, sein Kind zu lieben. Die intensive Beziehung zu einem Menschen, egal ob zum Partner oder zum Kind, ist von einem Wechselbad aus Gefühlen geprägt. Alles andere ist emotionale Folklore, ein räudiges Knäuel aus Verlogenheit und Unaufrichtigkeit. Wir lernen aus der Ablehnung und Zusprache durch andere Menschen, uns innerhalb der Gesellschaft zu verorten. Erleben wir nur Zusprache, fehlt uns ein wichtiges Sensorium für die Bedürfnisse andere Menschen.

In diesem Sinne werden Kinder gefördert, ohne ihnen etwas abzuverlangen oder zuzumuten. Das elterliche Unterfangen, dem Kind alles zu ermöglichen, was es sich wünscht und alles auszuschalten, was es nicht wünscht, führt zu dreijährigen Erwachsenen, in deren Welt die Eltern nichts mehr verloren haben außerhalb ihrer Rolle als 24/7 Dienstleistungsgemeinschaft. Erstaunlich ist nicht, dass solche geförderten Kinder, wie sie Frau von der Leyen und Frau Schröder wohl waren, nun darüber befinden dürfen, wie die Eltern heutiger Kinder zu agieren haben. Erstaunlich ist vor allem, dass weite Teile der Gesellschaft diesem Diktat folgen möchte.

Geigen Sie Ihrem Kind mal öffentlich die Meinung: Es findet sich immer jemand, der meint, dass man mit einem Kind so nicht reden darf! Ach ja, aber das Kind darf das? In welcher Welt leben wir eigentlich? Es ist sicherlich gut, dass Kinder heute über ihre Rechte bescheid wissen. Ihre Pflichten bekommen sie schon noch früh genug von der dumpfen Leistungsgesellschaft eingeimpft. Aber Eltern sind ganz gewiss nicht die Prügelknaben der Kleinsten, und im Zweifelsfall (der immer auch ein Gefahrenfall ist) muss das Kind einfach spuren. Und nicht umgekehrt.

Ein paar Beobachtungen gelungener Erziehung: Kleinkinder, die ihre Eltern anherrschen, wenn sie für einen Augenblick nicht genügend Aufmerksamkeit bekommen. Grundschüler, die maulen, wenn Papa ihnen nach der Schule nicht schnell genug die Schnürsenkel zubindet. Kinder, die ihren Eltern mit Liebesentzug drohen, wenn sie kein Eis bekommen. Alleinerziehende, die ihren Kindern Mitspracherecht bei der Partnerwahl einräumen. Eltern, die sich für ihr "Fehlverhalten" entschuldigen bzw. sich von ihren Kindern maßregeln lassen. Mütter, die ihrem (Klein)Kind geduldig und völlig ruhig erklären, warum es nicht gut ist, ein anderes Kind mit der Schippe zu hauen. Und dann traurig dreinschauen, wenn ihr Kind mitten im Satz weg geht. Und all das nur, weil man glaubt, sein Kind nicht gelegentlich hassen zu dürfen!