Mit der sexuellen Selbstbestimmung ist es nicht allzu weit her. Soweit ich mich erinnere, wurde die Verpflichtung zum Beischlaf durch Eheschließung noch gar nicht aufgehoben. Lediglich die Vergewaltigung in der Ehe ist strafbar. Vor nicht allzu langer Zeit war es üblich, dass der Mann sich von seiner Frau scheiden lassen konnte, wenn diese sich nicht gefügig zeigte. Was heißt hier: Na und? So kann man nur denken, wenn man nicht weiß, in welchem Maße Frauen in dieser Zeit ökonomisch von ihren Ehemännern abhängig waren. Es gab doch Unterhalt? Nicht wenn sich die Frau nicht an ihre ehelichen Pflichten gehalten hatte. Das letzte Urteil dazu fiel laut Wikipedia im Jahre 2000 und befreite den Ex- Ehemann von seiner lästigen Unterhaltspflicht. (hier...)
Heute kann sich jeder von jedem aus jedem Grund scheiden lassen. Darin liegt ein großer Vorteil für die Beteiligten. Wer unfähig ist, seinen eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten, genießt ein Recht auf Unterhaltszahlungen vom verdienenden Part der Geschiedenen. Wirft der einem sexuelle Passivität vor, dann kann der andere mit Vergewaltigung kontern. Darauf lässt sich keiner ein. Das ist von Vorteil, besonders wenn man sich von jemandem trennen mag, der einen sexuell missbraucht oder anderweitig misshandelt hat.
Ebenso war es in weiten Teilen der BRD noch weit in die 70er hineinreichend üblich, Liebenden die Ehe zu verweigern. Dies lag mitunter an den verschiedenen Konfessionen der Liebenden. Heute debattiert man mancherorts darüber, ob Eheschließungen zwischen Muslimen und Christen erlaubt sind. Damals ging es darum, ob Protestanten und Katholiken heiraten dürften. Vom Staate her war das erlaubt, doch was sollte die Gemeinde denken? Ich bitte Sie, wie soll das funktionieren: Protestanten und Katholiken?
Liebende hatten es also schwer, sich ihrer Liebe gegenseitig zu versichern. Vor allem in einem Umfeld, in dem Intimverkehr vor der Eheschließung ein Sakrileg darstellte. Für Menschen mit weniger autarken Verhaltensstrukturen war dies ein großes Unglück. Erzwungene Ehestiftungen dagegen waren trotz des sogenannten Kuppelparagraphen gang und gäbe. Die ist keine Erfindung von Islamisten, auch in der damaligen BRD blieb man gerne unter sich. Wie sollte Liebe denn eine Rolle spielen, wenn der Mehrwert der Verbindung zweier Menschen im Vordergrund stand? Und der Ruf der Familie? Ehrenmord? Ehrensache! In der BRD! Unter Deutschen!
Homosexualität galt noch bis zum Ende der 60er Jahre als krimineller Ausdruck persönlicher Sexualität. Man hat sie deswegen aber nicht immer gleich verhaftet, nein: Homosexuelle wurden nur abgeholt und zwangseingewiesen in die Psychiatrie. Noch heute haftet Homosexuellen der Ruf an, sie betrieben Sodomie und verführten Kinder beiderlei Geschlechts. Damit die Kirche auch heute noch den Homosexuellen die Ehe verbieten kann, beruft sie sich auf die Bibel, welche Sodomie (damals gängig für "abnorme" Sexualpraktiken) grundsätzlich verbietet. Ja, und auch das Weib soll bei dem Manne liegen, schon klar. Für einen Verein, der sich der Liebe verschrieben hat, eine seltsame Handlungsweise. Viele Menschen, auch in der BRD, glauben heute noch, Homosexualität sei eine Krankheit und deshalb heilbar.
Heute ist es dennoch um einiges leichter, seinen eigenen sexuellen Ausdruck zu finden und über den eigenen Körper weitgehend zu verfügen. Es sei denn, eine Frau möchte abtreiben lassen und sucht Rat bei der Kirche bzw. lebt in Polen oder in den USA. Aber auch dort hat jeder Mensch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit. Meiner Meinung nach sollte dem ein Recht auf geistige Unversehrtheit zur Seite gestellt werden. Ein Anti- Diskriminierungsgesetz reicht da nicht so recht aus.
Die Missbrauchsfälle innerhalb der Kirche, ob Vergewaltigung oder Züchtigung, ob heute oder gestern oder vorvorgestern, stoßen sich alle an gängigem Recht. Man darf aber nicht vergessen, dass das Recht auf körperliche Züchtigung von Kindern erst im Jahr 2000 abgeschafft wurde. Hätte der Pfarrer Mixa in der Vergangenheit also tatsächlich Heimkinder geschlagen, könnte man den Bischof heute nicht mehr belangen. Ein großes Unrecht wäre es aber dennoch gewesen. Gottes Hand, die Dich führt, des Pfarrers Hand, die Dich berührt!
Liest man heutzutage die Zeitung, fragt man sich, wie es um das Recht der körperlichen Unversehrtheit von Kindern tatsächlich bestellt ist. Kinder haben offenbar keinerlei Verfügung über den eigenen Körper. Und über die Entwicklung einer eigenen Sexualität. Jawohl: Auch Kinder haben eine Sexualität. Die ist für Erwachsene tabu! Doch auch Kinder müssen unter sich erste Erfahrungen austauschen dürfen. Und auch Grenzen kennen lernen.
Die sogenannte sexuelle Revolution der 68er hat die Grundlage dafür geschaffen, so einigermaßen selbstbestimmt über die Verwüstungen der Erde zu wandeln. Seitdem haben Politik und Religion immer wieder dagegen angesteuert und erreichten damit, dass heute das Sexuelle am Menschen verdruckst ist wie schon lange nicht mehr. Klassische Geschlechterrollen und -zuschreibungen dominieren die Medienlandschaft genauso wie die aller banalste Unterhaltung z.B. in Persona eines Mario Barth.
Es wird viel geredet um Sex, und man kann viel davon sehen. Aber versuchen Sie mal, welchen zu bekommen. Nackte, erotisierte Haut sind auf Plakatwänden öfter als im privaten Raum zu sehen. Wenn Sie vielleicht eine Partnerschaft anstreben, scheitern Sie womöglich an den viel zu hohen Ansprüchen des Partners bzw. seiner viel zu engen Definition, was denn Liebe sei. Sex gibt es oft nur mit dem Partner mit der höchsten Trefferquote bei der persönlichen Häkchenliste oder mit jemanden, der zufällig genauso geil ist wie man selber. Wie oft kommt das vor, wenn man nicht gerade zwanghaft nach Gelegenheiten sucht?
Die Gesellschaft ist sexualisiert, nicht sexuell! Denn dazu gehört nicht nur der Akt, sondern auch der Genuss. Wenn verlangt wird, es sich zu verkneifen, weil man z. B. in einer Partnerschaft lebt oder sonst als Schlampe da stünde, geht das gegen die Natur der Sexualität. Und das ist genau das, was die Kirche und kirchennahe Politiker verlangen: gegen die Interessen des eigenen Körpers ankämpfen. Der Körper ist der Tempel und die Arbeitskraft, ein Hort der Reproduktion. Da geht es nicht um Spaß, da geht es um Verwertbarkeit!
Hätten die 68er tatsächlich gesiegt, wie Bischof Mixa glaubt, dann könnten wir alle mit unserer Sexualität umgehen, hätten ein Gespür für die Grenzen anderer und für unsere eigenen und würden sowieso erkennen, das Sexualität nichts mit Macht und Verwertbarkeit zu tun hat. Denn widernatürlich kann die Sexualität nicht sein, sie ist überhaupt das Natürlichste am Menschen. Widernatürlich ist allein der Versuch der Einschränkung der Sexualität.
So aber blieb die Sexualität ein Machtinstrument für die Religionen. Sex wird gleichgesetzt mit Sünde, außer sie dient der Fortpflanzung. Die Sündenfreiheit ist oberstes Gebot für den Gläubigen. Wenn ich aber nur lange genug einhalte, dann sucht die Lust ihr Ventil. Unter diesem Druck spielt es gar keine Rolle mehr, wie sie sich kanalisiert: Lust, Sex ist ohnehin Sünde! Da kann ich auch Kinder missbrauchen. Es gibt schließlich keine Sündenhierarchie, nur Sündenzahl. Es gibt auch keine Liebe mehr, nur Macht und Ohnmacht. Es gibt den, der seine Lust befriedigt und den, der dafür herhält, was hergehalten werden muss. Oder, um in der Kirchenmetaphorik zu bleiben: Inkubus und Sukkubus!
Bischof Mixa hat einfach unrecht, wenn er die 68er für die Häufung von Missbrauchsfällen verantwortlich macht. Wenn er schon Schuldige sucht, dann muss er diese bei seinem eigenen Verein suchen! Im Klartext: Wenn Priester, ErzieherInnen, LehrerInnen, Familienangehörige usw. Jungen und Mädchen sexuell anziehend finden, dann leiden sie ganz offensichtlich unter einer verkorksten Sexualität! Die rührt aber nicht von der sexuellen Revolution her, sondern allein von deren Niederschlagung! Ihr Überbleibsel ist: Missbrauchte können über ihre Demütigungen heute frei reden. Und Täter gelten nicht mehr als Verführte, sondern tragen alleine die Verantwortung für ihr Handeln. Das ist aber auch schon alles!
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Mittwoch, 14. April 2010
Mixa, Bischof: Schuldige, verzweifelt gesucht! Die 68er waren's!
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Mittwoch, 11. November 2009
Dieser Witz hat ja sooo einen Barth! Aber ich behaupte ja wenigstens nicht, witzig zu sein!
Wer erinnert sich an Fips Asmussen? Dieser siebtklassige Witzeerzähler schockt die Menschheit noch immer mit Frauen, Homosexuelle und Migranten diskriminierenden Kalauern. Dieser Form der Schwachenschelte und Schadenfreude bedient sich auch ein Stefan Raab, wobei man von ihm wohl noch weitgehend behaupten kann, dass er ein kreativer Mensch, wenn nicht sogar ein Künstler zu sein scheint.
Während Asmussen noch kleinere Festzelte bespielen muss und Raab sein Glück im TV strapaziert, zieht Mario Barth die Massen in die diversen Arenen der Bundesrepublik. Auch er bedient sich allerlei Klischees, um Frohsinn zu evozieren. Bei ihm sind es offenbar extrem verfestigte Rollenbilder von Mann und Frau, die er vorgibt zu parodieren. Als Witzeerzähler nur mäßig originell, erfährt er zurzeit einen Erfolg sondersgleichen. Das ist ja schon rätselhaft genug. Doch neuerdings wirbt er auch für ein Elektronikkaufhaus, und der einzige Unterschied zu seinen Shows ist wohl, dass die Werbung vermutlich gar nicht wirklich komisch sein soll. Der Konzern jedenfalls ist bekannt dafür, billigen Trash gezielt zu Werbezwecken einzusetzen.
Dennoch treibt er dort das gleiche Spiel: Er testet Situationen, indem er sie fälscht und beleuchtet diese vom Standpunkt der Frau bzw. des Mannes aus. Was wunder, dass der Mann in Barths Universum technik-affin ist, während die Frau dem Verkäufer hinterher schmachtet. Männer sind rational, Frauen sind emotional, das ist die Botschaft. Gibt es hier irgendeine weitere Erkenntnis? Nein! Ist das lustig? Nicht unbedingt! Ich bin in der Lage, 30 Minuten Barth zu schauen und dabei gar nichts zu fühlen. Weder lache ich noch weine ich. Und ich kann weinen und lachen, obwohl ich ein Mann bin.
Das Schema ist immer gleich, und es reproduziert sich immer wieder. Indem Barth den Männern dieses und den Frauen jenes Verhalten konstatiert, zementiert er es gleichzeitig für immer und alle Zeiten. Er erzieht sein Publikum nicht, er hält es bei Laune allein durch die Bestätigung ihrer Wirklichkeit. Dass diese Wirklichkeit so ist wie sie ist, ist nicht Mario Barths Schuld. Es ist geradezu traurig, dass die meisten Menschen immer noch in der Vorstellung leben, die Geschlechter seien in ihren Vorlieben und Fähigkeiten grundverschieden.
Dem muss widersprochen werden: Die Menschen sind es, die in ihren Vorlieben und Fähigkeiten verschieden sind! Das Geschlecht spielt da nur eine kleine Rolle. Vielmehr ist es die Erziehung oder die soziale Sanktionierung, welche vorhandene Tendenzen verstärkt respektive abträgt. Es gibt zum Beispiel Männer, die finden tatsächlich Gefallen an der Farbe Rosa. Nur trauen sie sich nicht, eine rosa Mütze zu tragen, aus Angst, sie könnten als schwul gelten. Nicht alle Frauen aber mögen Rosa.
Dafür mögen sie gerne Taschen. Obwohl es in meinem Sortiment auch die Farbe Rosa gibt, bestellt kaum eine Frau eine Tasche in dieser Farbe. Männer hingegen finden - und das haben mir etliche erzählt - Umhängetaschen ganz generell schwul, Rucksäcke hingegen cool. Ich finde Rucksäcke nicht nur nicht cool, sondern unstylish. Deswegen stelle ich ja Umhängetaschen (übrigens die ursprünglichste Form aller Tragetaschen) her. Macht mich das irgendwie schwul, ist das unmännlich?
Das ist mir völlig egal. Ich lasse mir doch nicht ständig vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe. Nur um mich letztendlich zu irgendeiner Gruppe zählen zu dürfen, aus deren Riten und Kodexe es kein Entrinnen mehr gibt. Es ist mir gänzlich unverständlich, wie sich Menschen freiwillig in so eine Form pressen lassen können. Auf der Emotionen- und Fähigkeitenskala zwischen biologischem Mann und biologischer Frau gibt es einen Verlauf voller Farben und Graustufen.
Man zeige mir einmal DEN 100%igen MANN oder DIE 100%ige FRAU. Diese beiden Menschen sind mit aller Wahrscheinlichkeit so saublöd und langweilig, dass man sie am liebsten atomisieren möchte. Trotz all dieser Facetten, welche einen Menschen ausmachen, lässt er sich dennoch ausgerechnet auf die Geschlechterebene reduzieren. Das ist ja so viel einfacher. Und genau so ist der Erfolg eines Mario Barth zu erklären. Der selber übrigens auch nicht gerade ein Beispiel reiner Männlichkeit ist. Er trägt mehrheitlich weibliche Züge, und nur sein Bartversuch lenkt von dieser Tatsache ab.
Vermutlich leidet bzw. litt Mario Barth selbst sehr unter dieser Festschreibung der Geschlechtsrollen von Mann und Frau. Vielleicht ist seine Show eine Art Therapie, um sich künftig über Rollenzuschreibungen hinwegsetzen zu können? Eine Konfrontation mit der eigenen Angst? Oder handelt es sich um eine späte Form der Rache gegenüber dem anderen, ihn verschmähenden und dem eigenen, ihn verhöhnenden Geschlecht. Satire ist das jedenfalls nicht. Dazu fehlt seinem Humor die Intelligenz. Er ist auf seine Weise brachial und denunziatorisch. Fiele Barth nicht unter die Kategorie Künstler, man müsste ihn wegen Geschlechterdiskriminierung verklagen.
Und die zahlreichen ZuschauerInnen, die lösen nicht ihr Korsett, sondern schnüren es immer enger bis ihnen eines Tages die Luft weg bleibt. Sie lacht und zeigt auf ihren Partner: genau so isser! Und er ruft dazwischen: und alle Frauen sind ja sooo! Und jene, welche einmal verletzt wurden, rufen: so sind sie doch alle! Und dann sind sie's endlich zufrieden, noch einmal genau gesagt bekommen zu haben, was sie ohnehin schon zu wissen glauben. Das ist so unendlich traurig, weil ohne jede Perspektive. Es muss sehr schlimm sein, sich niemals niemals niemals aus der eigenen Scheiße erheben zu können.
Während Asmussen noch kleinere Festzelte bespielen muss und Raab sein Glück im TV strapaziert, zieht Mario Barth die Massen in die diversen Arenen der Bundesrepublik. Auch er bedient sich allerlei Klischees, um Frohsinn zu evozieren. Bei ihm sind es offenbar extrem verfestigte Rollenbilder von Mann und Frau, die er vorgibt zu parodieren. Als Witzeerzähler nur mäßig originell, erfährt er zurzeit einen Erfolg sondersgleichen. Das ist ja schon rätselhaft genug. Doch neuerdings wirbt er auch für ein Elektronikkaufhaus, und der einzige Unterschied zu seinen Shows ist wohl, dass die Werbung vermutlich gar nicht wirklich komisch sein soll. Der Konzern jedenfalls ist bekannt dafür, billigen Trash gezielt zu Werbezwecken einzusetzen.
Dennoch treibt er dort das gleiche Spiel: Er testet Situationen, indem er sie fälscht und beleuchtet diese vom Standpunkt der Frau bzw. des Mannes aus. Was wunder, dass der Mann in Barths Universum technik-affin ist, während die Frau dem Verkäufer hinterher schmachtet. Männer sind rational, Frauen sind emotional, das ist die Botschaft. Gibt es hier irgendeine weitere Erkenntnis? Nein! Ist das lustig? Nicht unbedingt! Ich bin in der Lage, 30 Minuten Barth zu schauen und dabei gar nichts zu fühlen. Weder lache ich noch weine ich. Und ich kann weinen und lachen, obwohl ich ein Mann bin.
Das Schema ist immer gleich, und es reproduziert sich immer wieder. Indem Barth den Männern dieses und den Frauen jenes Verhalten konstatiert, zementiert er es gleichzeitig für immer und alle Zeiten. Er erzieht sein Publikum nicht, er hält es bei Laune allein durch die Bestätigung ihrer Wirklichkeit. Dass diese Wirklichkeit so ist wie sie ist, ist nicht Mario Barths Schuld. Es ist geradezu traurig, dass die meisten Menschen immer noch in der Vorstellung leben, die Geschlechter seien in ihren Vorlieben und Fähigkeiten grundverschieden.
Dem muss widersprochen werden: Die Menschen sind es, die in ihren Vorlieben und Fähigkeiten verschieden sind! Das Geschlecht spielt da nur eine kleine Rolle. Vielmehr ist es die Erziehung oder die soziale Sanktionierung, welche vorhandene Tendenzen verstärkt respektive abträgt. Es gibt zum Beispiel Männer, die finden tatsächlich Gefallen an der Farbe Rosa. Nur trauen sie sich nicht, eine rosa Mütze zu tragen, aus Angst, sie könnten als schwul gelten. Nicht alle Frauen aber mögen Rosa.
Dafür mögen sie gerne Taschen. Obwohl es in meinem Sortiment auch die Farbe Rosa gibt, bestellt kaum eine Frau eine Tasche in dieser Farbe. Männer hingegen finden - und das haben mir etliche erzählt - Umhängetaschen ganz generell schwul, Rucksäcke hingegen cool. Ich finde Rucksäcke nicht nur nicht cool, sondern unstylish. Deswegen stelle ich ja Umhängetaschen (übrigens die ursprünglichste Form aller Tragetaschen) her. Macht mich das irgendwie schwul, ist das unmännlich?
Das ist mir völlig egal. Ich lasse mir doch nicht ständig vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe. Nur um mich letztendlich zu irgendeiner Gruppe zählen zu dürfen, aus deren Riten und Kodexe es kein Entrinnen mehr gibt. Es ist mir gänzlich unverständlich, wie sich Menschen freiwillig in so eine Form pressen lassen können. Auf der Emotionen- und Fähigkeitenskala zwischen biologischem Mann und biologischer Frau gibt es einen Verlauf voller Farben und Graustufen.
Man zeige mir einmal DEN 100%igen MANN oder DIE 100%ige FRAU. Diese beiden Menschen sind mit aller Wahrscheinlichkeit so saublöd und langweilig, dass man sie am liebsten atomisieren möchte. Trotz all dieser Facetten, welche einen Menschen ausmachen, lässt er sich dennoch ausgerechnet auf die Geschlechterebene reduzieren. Das ist ja so viel einfacher. Und genau so ist der Erfolg eines Mario Barth zu erklären. Der selber übrigens auch nicht gerade ein Beispiel reiner Männlichkeit ist. Er trägt mehrheitlich weibliche Züge, und nur sein Bartversuch lenkt von dieser Tatsache ab.
Vermutlich leidet bzw. litt Mario Barth selbst sehr unter dieser Festschreibung der Geschlechtsrollen von Mann und Frau. Vielleicht ist seine Show eine Art Therapie, um sich künftig über Rollenzuschreibungen hinwegsetzen zu können? Eine Konfrontation mit der eigenen Angst? Oder handelt es sich um eine späte Form der Rache gegenüber dem anderen, ihn verschmähenden und dem eigenen, ihn verhöhnenden Geschlecht. Satire ist das jedenfalls nicht. Dazu fehlt seinem Humor die Intelligenz. Er ist auf seine Weise brachial und denunziatorisch. Fiele Barth nicht unter die Kategorie Künstler, man müsste ihn wegen Geschlechterdiskriminierung verklagen.
Und die zahlreichen ZuschauerInnen, die lösen nicht ihr Korsett, sondern schnüren es immer enger bis ihnen eines Tages die Luft weg bleibt. Sie lacht und zeigt auf ihren Partner: genau so isser! Und er ruft dazwischen: und alle Frauen sind ja sooo! Und jene, welche einmal verletzt wurden, rufen: so sind sie doch alle! Und dann sind sie's endlich zufrieden, noch einmal genau gesagt bekommen zu haben, was sie ohnehin schon zu wissen glauben. Das ist so unendlich traurig, weil ohne jede Perspektive. Es muss sehr schlimm sein, sich niemals niemals niemals aus der eigenen Scheiße erheben zu können.
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