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Dienstag, 3. Juni 2014

Zum Blauen Bock mit dem Recycling-Trolley: Rassistische Kontrolleure, snobistische Bio-Eltern und eine Selbstentlarvung!

Ein Teil meines Weltekels erfüllt sich in Bio-Supermärkten. Man soll mich nicht missverstehen: Ich halte ökologisch hergestellte Nahrungsmittel für überaus wichtig, ebenso nachhaltigen Anbau und artgerechte Tierhaltung. Wir sollten alles tun, um die Welt von Pestiziden, prophylaktischem Antibiotikaeinsatz und zertifiziertem Gemüseanbau á la Monsanto zu befreien, mitsamt ihren feisten Produzenten.

Man sollte also durchaus Farbe bekennen und Zeichen setzen. Also: so bio wie möglich leben, bio einkaufen, grüne Bahncard, der richtige Strom, Hybrid-SUV etc. etc. Doch man sollte das alles tun, weil man davon überzeugt zeugt ist und nicht wegen eines pubertären Distinktionsgewinnes, der alle guten Vorsätze pulverisiert und in gute wie auch schlechte Konsumenten trennt.

Doch genau das ist es, was ich in Bio-Supermärkten erlebe. Lauter super well-behaved Hipster, Student_innen mit Vaters Portemonnaie und Average People, die sich von ihrem Einkauf eine Aufwertung ihrer Persönlichkeit versprechen. Vergreiste Mamis und Papis, die mit ihren verzogenen, sich entfalten müssenden Bälgern auf Supermarkt-Rallyes gehen und Personal wie Kunden auf die selbe perverse Art belästigen wie sie mit ihren riesigen Familienkutschen die Straßen der Stadt dominieren.

Nur um zugleich auf die dummen Habenichtse herabzuschauen, die sich lieber ein LED-Fernsehgerät anschaffen, als sich endlich mal gesund zu ernähren. Sie könnten schließlich auch ihr gesamtes Geld für Nahrungsmittel ausgeben. Diese Armut und unterstellte Gedankenlosigkeit kotzt sie an, die wohlhabende, ökologisch bewusst lebende Bagage, die sich beim Supermarktleiter beschwert, weil die Einkaufswagen aus Metall und nicht aus recycletem Papier sind und die Kühltruhen nicht mit hybridgetriebenen Motor ausgestattet sind.

Ich fühle mich leidlich unwohl unter solchesgleichen. Und befinde mich daher in einem Dilemma. Liegt's an meiner Wahrnehmung? Bin ich grantelig? Kommt das mit fortschreitendem Alter? Sind mit Vorurteile nicht ein Gräuel? Warum möchte ich manchmal töten? Warum tue ich es nicht? Fragen über Fragen!

Andererseits: Ich kann Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht leiden! Bin ich allergisch gegen. Bei mir hat die Entnazifizierung ihre volle Wirkung entfaltet. Ich finde den Nationenbegriff kindisch, Nazis dumm und die bundesdeutschen Normalitätsbemühungen um Jahrhunderte verfrüht. Nicht dass ich gerne leide! Aber ich finde, es ist eine großartige Chance, wenigstens 80 Mio Bundebürgern dieses rassistische Geseier aufgrund früherer Untaten verbieten zu können. In Ungarn, Frankreich, Polen, Italien etc. gibt es schon genug davon, da braucht es unsere Deppen nicht auch noch.

Nein, von selbsauferlegtem Leid ist da nicht die Rede. Es ist die Rede von großer Erleichterung, dieses dumme Gewäsch von AfD, Sarrazin und NPD einfach als das bezeichnen zu dürfen, was es ist und ihren Apologeten im Smalltalk das Wort abschneiden zu können und damit moralisch im Recht zu sein. So viel zum Thema Distinktionsgewinn...

Kürzlich wurden wieder Fahrgäste nach Fahrscheinbesitz gefiltert und am Bahnsteig debattierten drei Kontrolleure mit einem südeuropäisch aussehenden Fahrgast, der sich lauthals radebrechend beschwerte. Er hatte wohl tatsächlich keinen Fahrschein dabei und ehe ich mich weiter verzettele, komme ich zum Punkt: Einer der Kontrolleure sagte im Disput: "Jaja, Ihr kommt daher und wollt hier leben und arbeiten, aber zahlen wollt Ihr nicht!"

Selbst der dreisteste Dienstleistungserschleicher hat diesen grob verallgemeinernden Rassismus nicht verdient! Worauf ich dem Kontrolleur zurief, er solle diese rassistische Scheiße einfach mal lassen. Er hat aber nicht darauf reagiert, wohl auch, weil er's gar nicht auf sich bezogen hat. Der vom Rassisten selbst nicht bemerkte Rassismus ist der Schlimmste!

Ich komme heute auch nicht ungeschoren davon: Bei einer Feier ging es darum, dass Heinz Schenk kürzlich verstorben sei. Für die Kleinen im Theater: Das war der volkstümliche Wirt vom Blauen Bock, der später auch mal etwas mit Hape Kerkeling gemacht hat. Als Kind mochte ich ihn nicht, auch später war er mir suspekt. Aus diesem Anlass hatte ich fallen lassen: "Der war ja Jude! Das hat man ihm gar nicht angemerkt."

Ja, so ist es: Ein paar Gläser Wein und man wird genau zu dem selben, unreflektiert Arschloch, das man sonst eigentlich verachtet. Wenn's wenigstens noch Äppelwoi gewesen wäre!

Sonntag, 25. Mai 2014

Next Stop Friedrichshain #14: Rednecks kullern im Kragenweit!

Ich sehe ja ganz gut aus. Das bestätigt mir jeden Morgen mein Spiegelbild. Selbst in der Frühe mit zerknittertem Gesicht sehe ich noch einigermaßen aus, dann eben würdevoll zerknittert. Was soll ich machen? Das liegt mir eben im Blut, ebenso wie ein guter Geschmack und ein nicht an Kurzlebigkeiten anbiederndes Modeverständnis.

Dies macht mich zum Modexperten in eigener Sache. Zumal ich als junger Mann, der ich vor 30 Jahren noch war, unsägliche Mode-Verbrechen an mir selbst begangen habe. Stichworte: Batik-T-Shirts, Latzhosen, lange Haare. Daher darf ich nun auch richten über andere, genauso wie Ex-Raucher überall ungestraft Raucher verprügeln und Veganer Tiere ausbeutende Menschen öffentlich kreuzigen dürfen.

Mein Modeverbrechen begann Mitte der 80er Jahre mit dem Aufkommen der Serie "Miami Vice". Kurz vor dem mittleren Schulabschluss begannen wir plötzlich mit pastellfarbenen Sakkos, Polo-Shirts und Bundfaltenhosen in Klassenzimmern herumzusitzen, den Lederaktenkoffer (schwarz mit goldenen Beschlägen) auf unseren Knien. Das hat zwar schön geschnappt beim Öffnen des Koffers und fein geklickt beim Schließen desselben.

Doch beim kilometerlangen Fußmarsch nach Hause wurden schnell die Arme lahm! Und die Mädchen haben es nicht goutiert. Es hätte aber auch schlimmer kommen können, z.B. wenn wir uns einige Zeit davor an Magnum orientiert hätten: Hawaiihemden, Shorts und OLiBa - im Grunde das Outfit eines durchschnittlichen Hipsters in Neukölln. Nun lebe ich aber in Friedrichshain und möchte daher ein modisches Sittenbild hierzuorte beschreiben:

Das Polo-Shirt ist zurück. Ich weiß, schon seit Jahren ist es wieder da. Kurz war ich versucht, mir selbst einige zuzulegen, erinnerte mich dann aber schlagartig an die Schrecken meiner eigenen Jugend. Wie es kommt, dass das Polo-Shirt jetzt erst schlagartig überhand nimmt in Friedrichshain, mag daran liegen, dass Modetrends, gute wie schlechte, immer ein paar Jahre brauchen, bis sie in der Provinz ankommen.

Und da Friedrichshain vor allem aus Zugezogenen aus der Restrepublik und den etwas biedereren, weil geschäftsreisenden oder enkelbesuchenden Touristen (Böblingen, Cochem, Heidelberg, Ostdeutschland) besteht, muss ich, wie ich meine, auch hierüber berichten, als sei der Ortsteil tiefe Provinz: In Friedrichshain also ist nun das Polo-Shirt angekommen!

Als wäre das aber nicht schon schlimm genug, muss auch noch der Kragen hochgestellt werden. Ich wiederhole: DER KRAGEN HOCHGESTELLT WERDEN! Was soll das denn? Der hochstehende Kragen ist ein Relikt aus dem hanseatischen, von mir aus auch französischem Bürgertum. Er war gesteift und lag eng am Hals an. Das hatte Chic und gab dem Körper eine etwas steife Haltung, hat aber den Bürger vom Hafenarbeiter unterschieden. Der war um einiges legerer.

Doch beim Polo-Shirt-Träger schaut der hochgestellte Kragen aus wie bei einem Hund, dem man frisch die Ohren kupiert hat und nun einen Kratzschutz am Hals trägt: Der Kopf wackelt lustig im Trichter herum! Das liegt beim Polo-Shirt daran, dass der Halsausschnitt viel weiter ist als zum Beispiel beim Hemd und der Kragen somit erst vom Schlüsselbein ab hochgestellt werden kann. Damit hat er einen relativ großen Durchmesser im Verhältnis zum Kopf. Ergebnis: Rednecks kullern im Kragenweit!

Wer so etwas trägt, schaut sich entweder bei der Anprobe nie von hinten an oder ist ästhetisch bereits so deformiert, dass er glaubt, Hässlich sei das neue Schön! Da kann er heute auch getrost CDU wählen und für die Randbebauung des Tempelhofer Flugfeldes stimmen. Seine Freundin macht das sowieso schon, wenn sie diesen Look bei ihrem Kerl noch toleriert oder gar fördert.

Ich darf mich nicht so aufregen! Das tut mir nicht gut! Aber wenn ich derart herausgefordert werde...

Donnerstag, 1. März 2012

Alt und distinguiert ohne Molotow- Cocktail- Affinität! LM und Clubmate als Szenegetränke!

kriegswichtig: kräftige, aromatische Getränke
Ich bin ganz offensichtlich ein Hipster. Ich bin auch ein Gentrifizierer. Ich bin sowieso ein Szenetyp. Unumstößliche Tatsachen, Herrschaften! Ich liebe den Brausedrink Clubmate, der sowohl den Gentrifizierern als auch der autonomen Hausbesetzerszene mit Molotow- Cocktail- Affinität zugerechnet wird.

Da ich jedoch zusätzlich auf Latte Macchiato stehe, gehöre ich eindeutig zu den Gentrifizierern, zu denen wiederum die Hipster gehören, die in Berlin- Neukölln nicht wohlgelitten sind, weil sie sehr häufig vorkommen und drei Euro für einen Latte Macchiato zahlen, weil es schick ist, drei Euro für einen Latte Macchiato zu zahlen. Und weil teuer = gut ist!

Nun, wahrscheinlich bin ich ein Türöffner für Gentrifizierer, weil ich vor zwölf Jahren nach Berlin gezogen bin, als alle noch dachten, in Berlin gäbe es zu viele "Ausländer" und alles sei so schmutzig. Das hat sich wegen mir und anderen Provinzflüchtlingen gründlich geändert. Freilich waren diese damals gemeinten "Ausländer" nicht jene, über die heute viele Berliner jammern. Heute kommen ja auch die "guten Ausländer", also jene, die ihr Geld nach Berlin "mitbringen" statt es dort "abzuholen". Das jedenfalls ist die reine Folklore, deshalb erscheint sie in "Gänsefüßchen".

Ich aber habe den Weg geöffnet für all die Gentrifizierer, die die Mieten in schwindelerregende Höhen haben treiben lassen, weil ich Landei, das ich war, garantiert schon damals zu viel Miete bezahlt habe und damit einen unumkehrbaren Trend eingeläutet habe, der unaufhaltsam Randgruppen noch weiter an den Rand drängt als der Rand überhaupt Kapazitäten hat. Und dann trinke ich auch noch Latte Macchiato und Clubmate. In Berlin! Geht's noch? Es ist zum auswachsen. Ich alte Sau, ich!

Was meine Schuld nicht gerade schmälert, ist die Tatsache, dass ich schon Darmstadt gentrifiziert habe. Denn schon dort, also vor mindestens dreizehn Jahren, habe ich schon am liebsten Latte Macchiato getrunken. Dies zwar nur der Beschaffenheit des Getränkes wegen: Im Gegensatz zum ordinären Milchkaffee, der aus ebenso ordinärem Kaffee gemacht wird, besteht der Latte Macchiato aus Espresso und Milch und schmeckt deshalb würziger. Darmstadt war jedoch schon vor meiner Zeit teuer. An meinem Konsum von LM mag's also nicht gelegen haben.

Clubmate mag ich schlicht und einfach deshalb, weil das Getränk nicht so süß ist wie andere Limonaden. Daher erfrischt es mich besser. Ich habe nun aber keine Lust, dem damaligen Innensenator Körting den Gefallen zu tun, seinem Bild eines Autonomen zu entsprechen. Deswegen sah ich stets davon ab, aus jeder Flasche Clubmate einen Molotow- Cocktail anzufertigen. Es ist quasi nur Körting zu verdanken, dass ich zu den Hipstern zähle, obwohl ich meine Wolllmütze gar nicht wie der Peter- Stuyvesant- Mann kurz über dem Pony trage und keine zu engen Hosen mit Fäkal- Reservoir am Hintern mein Eigen nenne.

Ich finde es allerdings etwas anmaßend, mich allein wegen meiner Trinkgewohnheiten einer Szene zuzuordnen, zumal ich Stofftaschen ästhetisch ablehne. Außerdem kann ich nichts dafür, dass bestimmte Personengruppen meine Lieblingsgetränke okkupiert haben. Aber ich lasse mir nun mal nicht gerne vorschreiben, was ich zu trinken habe und was nicht. Das unterscheidet mich übrigens vom Hipster: Ich trinke und trage etwas, weil ich es mag, und nicht aufgrund eines Modediktats.

Der Hipster findet Dinge cool, weil sie bereits als cool gelten. Er selbst gilt nicht als kreativ und schon gar nicht als beflissen. Der Hipster ist ein Nachahmer, er setzt keine eigenen Akzente. Er ist lediglich ein Abdruck der immer kürzer werdenden modischen Epochen und muss deshalb immer mit der Angst leben, plötzlich nicht mehr up-to-date zu sein. Zu schnell darf er aber auch nicht sein, sonst wäre er ja Avantgarde. Was? Du trägst immer noch Stofftaschen und Pullover mit V-Ausschnitt? Wie? Igitt! Was soll das denn sein, was Du da anhast?

Es beruhigt mich sehr, nicht dazu zu gehören. Allerdings ist es das Haupt- Wesensmerkmal eines jeden Hipsters, sich selbst nicht als Hipster zu bezeichnen. Hipster ist einzig und allein eine Fremdzuweisung. So ein Mist! Würde ich jedoch auf andere Getränke ausweichen, dann wäre ich ebenso fremdbestimmt wie ein Hipster. Was wäre ich dann?

Würde ich auf pappsüße Cola umsteigen, wäre ich ein Imperialist. Tränke ich nun aber Cola-Light oder Zero (was exakt dasselbe ist, nur klingt Zero irgendwie männlicher), dann würde ich als Huppie (Eigenkreation für: health urban professional) gelten. Bionade geht auch nicht. Erstens, weil's gar nicht so sehr bio ist und zweitens, weil man einem Konzern auf den Leim gegangen ist. Drittens schmeckt's sch....

Wenigstens finde ich, dass Becks- Bier zu trinken, zumal während des Fahrrad fahrens, eine ausgemachte Geschmacklosigkeit ist. Und den Shawl (sic!) als rein modisches und nicht halswärmendes Element um den Larynx zu winden ist eine hoffentlich krank machende Sünde. Mittels nichtpassender Hosen auch noch zu unterstreichen, dass man über keinen nennenswerten Hintern verfügt, ist nachlässig und sollte meines Erachtens nach mit Sex- Entzug nicht unter drei Kilo Gewichtszunahme bestraft werden. Bedruckte Stofftaschen geschultert zu tragen, mit oder ohne Einkäufe darinnen, gehört einfach verboten, genau so wie der protzige Kopfhörer als Accessoire.

In diesen Ablehnungen liegt meine Distinktion: Ich bin kein Hipster, kein Gentrifizierer und auch kein Ex- Yuppie: Ich bin einfach nur alt und mag meine Gewohnheiten nicht mehr ändern. Andere sollen gefälligst ihre Gewohnheiten zu meinen Gunsten ändern. Wenn ich schon mit keiner nennenswerten Rente zu rechnen habe, soll die Jugend wenigstens das für mich erledigen. Aaaaaaaaalt! Und an den hohen Mieten sind immer noch die Vermieter schuld. Niemand sonst!

Aaaaaaaaalt!