Donnerstag, 19. Juli 2012

Verheerende Talibanisierung! Gott von Versicherungsgesellschaft getötet!

Engel mögen Eis, der Papst Limo und Schoki!
Der Gottesglaube basiert im Grunde auf drei als ungünstig zu bezeichnenden Charaktereigenheiten der Menschen: 1. dem Wunsch, das Unerklärliche schnellstmöglich und einfach erklärbar zu machen, 2. dem Drang, die persönliche Freiheit zu veräußern, indem man sie einer Gemeinschaft samt ihrer unververrückbaren Ritualen unterordnet und 3. dem Unwillen, persönliche Verantwortung bzw. Haftung für sein Handeln bzw. Eigentum übernehmen zu wollen.

Im Grunde wurde Gott längst von den Versicherungsgesellschaften ersetzt: Kaum ein gläubiger Christ, Jude, Muslim, der nicht irgendwie gegen die Unwägbarkeiten des Lebens versichert ist. Unwägbarkeiten, Unerklärliches, Katastrophen, Schadenshaftung, Vertragsausschlüsse, Klauseln, Mitwirkungspflicht: Das war früher God's own domain! Eigentlich ist das Abschließen einer Police blasphemisch: Mit richtig echtem Gottesglauben ausgerüstet, würde man dem Schöpfer sonst doch bis in die Ewigkeit hinein vertrauen. Man würde sogar dessen biblische Plagen ertragen und doch extra doll an ihn glauben. Haus kaputt? Bau' ich mir halt ein neues, besseres. Sohn tot (ich hab' ihn erschlagen sollen)? Egal, Gott ist trotzdem super! Mach' ich mir halt 'nen neuen Sohn! Für dies alles sorgt jetzt Ihre Versicherung!

Glaube und Versicherung sind jedoch zwei sich gegenseitig ausschließende
Prinzipien. Würde Gott zu den Menschen sprechen und ihnen einen Glaubensbeweis abverlangen, die Prüfung wäre, ohne Haftpflicht- , KFZ- Vollkasko- und Hochwasserschutzversicherung auszukommen. Dann folgten die göttlichen Katastrophen ohne Schutz und doppelten Boden. Doch was würde Noah heute dazu sagen? Hoffentlich Allianz versichert? Was denken Christen heute über Gott, wenn dessen Schadensregulierungsstelle nicht gerade die Bestnote erhält und sämtliche Policen in den Kellern des Vatikans vor sich hin modern? Er hat ja noch nicht einmal einen Briefkasten, und ans Telefon geht niemand ran.

Wäre ich Gott, ich wäre angesichts der professionellen Konkurrenz eingeschüchtert und würde von allen Ämtern zurücktreten, weil ja noch nicht einmal mein Vorstand mir das Vertrauen ausspricht. Wie würde sich das in, sagen wir mal, der Deutschen Bank ausnehmen? "Herr Ackermann, wir glauben zwar an Sie, aber sicherheitshalber... Sie wissen schon... okay: Wir vertrauen Ihnen nicht! Eigentlich bräuchten wir nun jemanden mit moderneren Ideen"

Gut, Ackermann ist mittlerweile passé, während der Vorstandsvorsitzende der heiligen katholischen Kirche vor allem dadurch auffällt, dass er seine schützende Hand über die ins Trockene gebrachten Schäfchen hält. Transparenz, das ist nicht nur der Leitgedanke der Deutschen Bank. Päpstliche Unfehlbarkeit setzt jedoch Vertrauen voraus. Und das ist so dermaßen groß, dafür gibt's dann sogar vorauseilenden Gehorsam, weil ein Satireblatt den Papst von vorne mit ausgeschütteter Limo und von hinten mit draufgesessener Schokolade zeigt.

Nun die Überraschung: Selbst der Papst überlässt es nicht Gott, das Blatt zu rügen und eine Katastrophe biblischen Ausmaßes über es zu schicken, sondern erwirkt eine einstweilige Verfügung. Ganz weltlich, wo man doch sonst gerne ausschließlich intern ermittelt. Zumindest, solange es um Geldwäsche und Kindesmissbrauch geht. Doch bei einer solchen Verunglimpfung erhält der Papst auch Schützenhilfe von den üblichen Verdächtigen aus Presse und Politik. Die sind ja irgendwie auch alle Papst, jetzt wo's dieses Mal endlich ein deutscher Hitlerjunge geworden ist.

Unvergessen ist noch der spitze Aufschrei der Gerechten wegen der Fatwa gegen die Zeichner und Publizisten der Mohammed- Karikaturen. Was wurde da geschimpft gegen unlustige Muslime und Zensur. Es kommt halt doch a bisserl drauf an, wer da "verunglimpft" wird, nicht wahr? Und der Papst ist ja nicht irgendwer, er ist schon was Besonderes. Da ist sich der Herr Goppel von der CSU sicher: "So geht man mit Menschen nicht um, mit dem Papst schon gar nicht".

Alle sind gleich, nur manche sind halt noch a bisserl gleicher, nicht wahr? Die Obszönitäten, die der Boulevard tagtäglich absondert, ficht die feinen Herrschaften nicht an. Dessen Häme richtet sich doch nur gegen den Bodensatz der Gesellschaft: Erwerbslose, Alleinerziehende, Minderheiten, Asylbewerber, verschuldete Euro- Staaten mitsamt ihren Bürger_innen, kleinkarierte Bundespräsidenten, Gestrauchelte sowieso. Jene also, die noch weniger gleich sind als die Gleichen. Kann man ruhig drauf rumtreten. Liegen ja ohnehin schon im Dreck.

Die Talibanisierung der Gesellschaft schreitet indes munter voran: Die Berliner Zeitung schließt sich nun im Allgemeinen der tollen CDU- Idee an, feierlustigen Jugendlichen das Bier zukünftig von der Getränkekarte zu streichen. Diesbezüglich geht man auch die Spätis an, die ja so heißen, weil man dort auch spät noch was kaufen kann. Die Berliner CDU hat dieses einfache Prinzip noch nicht so ganz verstanden und möchte daher die Öffnungszeiten einschränken. Ausgerechnet sonntags sollen die Spätverkäufe dicht gemacht werden. Wenn's um den Konsum geht, zeigt man sich sonst ja nicht so katholisch. Aber hier geht's nicht um Designer- Toaster und Kühlschränke, sondern um volksverderbendes Gebräu!

Als grandioses Beispiel hält Baden- Württemberg her. Genau: Das ist das saubere und strunzlangweilige Bundesland, in dem das Kapital der Politik gerne die Hand zur Unterschrift führt und aus dem die Scharen nach Berlin strömen, um der Hauptstadt Blockwartmentalität, Gottgefälligkeit und Prüderie einzubleuen. Wenn es BW nicht gäbe, Joachim Gauck müsste es erfinden. Dort gilt seit 2010 ein generelles Verkaufsverbot von Alkoholika ab 22 Uhr an Tankstellen und Kiosks. Freilich kann man sich vorher schon eindecken. Doch werden zunehmend private Freiheiten zugunsten einer kommerziellen Nutzung eingeschränkt: Es ist nicht verboten, sich in Kneipen, auf Volksfesten oder bei Sportveranstaltungen zu besaufen. Wohl dem, der über ausreichend Geld verfügt.

Aber es war ja klar, dass es nach den Rauchern den Trinkern an den Kragen gehen soll. Man richtet durch Verbote eine (im Grunde sogar gotteslästerliche) Vollkaskogesellschaft ein, in der alles, was sich außerhalb der Norm bewegt und gegebenenfalls eine Gefahr für Kinder, Erwachsene und Wirtschaft darstellen könnte, reguliert und drangsaliert wird. An so einem Bundesland braucht man sich nicht zu orientieren, liebe Berliner Zeitung. Heißt es nicht so: Lieber bunt als braun? Aber was kommt eigentlich dabei heraus, wenn man die Farbe Rot mit Schwarz mischt?

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