Sonntag, 25. November 2007

Schatz, lass uns mal nach Heidelberg fahren...

... das Wetter ist doch heut' so schön, und wir könnten dort am Neckar promenieren. So in etwa bewarb ich mein samstägliches Vorhaben, in der Hoffnung, meine liebe Frau C. könne mich auf ihr immer noch gültiges Jobticket mitnehmen. Ich kenne Heidelberg ja nur vom Schwimmbad-Club und vom Karlstorbahnhof her, die sonstigen Vorzüge der Stadt blieben mir bisher verborgen.

Gesagt getan, und schon befanden wir uns in der schwer überfüllten Bahn, saßen stocksteif und eingeklemmt zwischen dicken Senioren und noch dickeren jungen Menschen, deren Fahrtziel unserem entsprach. Der Heidelberger Hauptbahnhof sieht allerdings nur so mittel aus, er erinnerte mich doch sehr an jene abgelegenen Haltestellen um Berlin herum. Trotzdem sammelten sich dort Horden von Touristen jeder Ethnie und aller Schichtzusammenhänge.

Die ersten gesprochenen Worte in HD vernahm ich infolge von Straßenbahnrempeleien und entsprachen ebenfalls einem multikulturellem Charakter. Das ging genau so:

Aussteigender Fahrgast "Fuck you!"
Einsteigender Fahrgast "Arschloch!"

Damit war's erledigt und alles ging seinen gewohnten Gang. Daraus zu schließen, Heidelberg wäre ein Ort roher sozialer Abläufe, aber kein Ort der Kunst oder der Muse, möchte ich eher ablehnen. Stammt nicht der gute Wilhelm Genazino aus HD? Bin nicht auch ich durch diese Stadt gewandelt?

Ach fein, wie pittoresk das kleine Heidelberg ist. Man möchte eines abends die vielen angenehm kleinen Kneipen besuchen, bis man sich volltrunken an eine Hauswand anlehnt und daran einschläft. Man bekommt eine Ahnung davon, an was es in Mannheim mangelt: An einer gewachsenen Kneipenkultur in zentraler Lage.

In Mannheim gibt es fast nur Sperrbezirke, Puffs und vereinzelte öde und verkachelte Kneipen mit mieser Fensterarchitektur, dafür aber strunzdummen Möbelkonzepten. Kein Wunder in einer Stadt, in der traditonell BWL und Jura studiert wird! Folgende Gleichung gilt: Langweilige Studiengänge = langweilige Kneipen! Wie würde ein Mannheimer BWL- Student dieses Dilemma wohl ausformulieren? In Heidelberg jedoch, ja da philosophiert man noch, und der kluge Denker füllt sich das Bier direkt hinter die Stirn, da denkt er dann noch viel klüger!

Ein Muss war der Gang zum Schloss, zuerst wollte ich aber vorbei an den hübschen Villen der studentischen Verbindungen. Braune Soße, wenn man mich fragt. Auch wenn man es gerne leugnet und auf großartige Taten verweist: Strenge hierarchische Ordnung, chauvinistisches Frauenbild, schräger Blick auf Migranten, dämliche Uniformen, Nationalstolz und demütigende Rituale sind der perfekte Nährboden für Arschlochnazis! Und ultrarechts ist das alles sowieso.

Man ging bald etwas aufwärts, und endlich stand man an der Schlossmauer und blickte hinunter auf die Altstadt. Es stand die Frage im Raum: Warum heißt Heidelberg Heidelberg und nicht Heideltal? Einzig das Schloss steht auf'm Berg und war wohl auch zuerst da. Wo kommt also die Stadt her? Bei einem Gläschen Wein habe ich zusammen mit meiner lieben Frau C. das Rätsel gelöst!

Es war nämlich so: Als die neuen Mieter des Schlosses - nennen wir sie Schlossherrin und Schlossherr - ihre Räume bezogen, war alles eitel Sonnenschein und hätte schöner nicht sein können. Problematisch allerdings war die Zubereitung des Frühstücks, als die Schlossherrin verkündete: "Ich mach' den Kaffee, kümmer' Du Dich um die Brötchen!" Zuerst dachte sich der Schlossherr nichts dabei, aber als er erkannte, dass er ab jetzt für immer sagen wir mal nach Karlsruhe zum Bäcker musste, da wurde er beinahe trübsinnig und grübelte.

Er sprach nach langer Bedenkzeit zu seiner Frau, der lieben Schlossherrin: "Mir ist das alles viel zu anstrengend, und bei der miesen Taktung des hiesigen Verkehrsverbundes wird mir schlecht! Deshalb mache ich Dir einen Vorschlag und damit hoffentlich eine große Freude: Ich baue Dir zu unseren Füßen eine Altstadt, in der es Bäcker geben wird und kleine Cafe's, und lassen uns alles liefern bis ans Schloss. Den Weg hinauf zum Schloss nennen wir "Bäckergasse", damit sich tumbes Volk nicht verläuft und die Brötchen nicht trocken werden oder der Kaffee kalt!"

Da freute sich die Schlossherrin sehr und hüpfte im Westturm vor lauter Glück so heftig auf und ab, dass dieser seitlich barst und der dort ansässige niegelnagelneue Billardtisch in einem anderen Raum untergebracht werden musste. Aber das ist eine andere Geschichte, die in Scheidungskrieg mündete und zum Streit um die Kinder führte, soviel sei gesagt. Doch die Gründung der Altstadt folgte alsbald. Warum aber Heidelberg Heidelberg heißt und nicht Heideltal, ist damit leider immer noch ungeklärt.

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