Donnerstag, 30. Juli 2009

Autos töten Natur und Mensch! Von Alkohol muss man meistens nur kotzen!


Nun hat also das Verwaltungsgericht in Mannheim das Alkoholverbot in der Freiburger Innenstadt gekippt. Geklagt hatte ein Jurastudent, und er hat recht bekommen. Was sonst? Grundsätzlich ist es ja in Frage zu stellen, ob Verbote überhaupt etwas nützen: Gesoffen wird so oder so, dann eben zu Hause oder an nicht gar so öffentlichen Plätzen. Das Problem der Freiburger war denn wohl auch gar keines bezüglich des Suchtverhaltens von Jugendlichen, sondern eines der Sicherheit.

Untereinander gab es offenbar schwere Prügeleien, randaliert wurde sowieso, und auch ansonsten verhielt man sich nicht adäquat an die Regeln beschaulichen Bürgertums. Das fühlte sich mitunter so gestört, dass sich der "anständige" Bürger schon gar nicht mehr in die Innenstadt hinein traute, zumindest abends nicht mehr. Selbst die Stadtsprecherin von Freiburg spricht von ihrer Angst diesbezüglich. Die German Angst vor unordentlichen Verhältnissen, man kennt sie ja.

Nun, wie die Sache mit der Angst funktioniert, sollte ja allen bewusst sein: Da passiert irgendwo, z.B. in einem Stadtpark, irgendetwas. Dieses Erlebnis, was ja immer nur jemand, der jemanden kennt, dem dieses Irgendwas passiert ist, kolportiert, wird dann an phantastische Beinahe-Erlebnisse von irgend jemanden, der jemanden kennt, dem eben beinahe ähnliches passiert sei, wenn nicht der Hund oder der Polizist zugegen gewesen wäre, gereiht. Ächz!

So wird ein verhältnismäßig ruhiger öffentlicher Platz zu einer NoGoArea. Der "anständige" Bürger bleibt ihm fern, der Platz kann jenseits sozialer Kontrolle tatsächlich zum extremen Gefahrenort werden, der nun doppelt gemieden wird. So ist es eben auch mit Innenstädten: Wo das "Normalvolk" sich rar macht, dorthin begeben sich Gruppierungen, die außerhalb der Norm stehen (wollen). Ein Kreislauf, der effektiv nur durchbrochen werden kann, wenn das Mischverhältnis der verschiedensten Gruppen wieder stimmt.

Ob es nun Jugendliche sind, die saufen und randalieren oder Erwachsene, ist in vielerlei Hinsicht unerheblich. Generell ist der unbehelligte Besuch von Flaniermeilen wünschenswert. Mit Verboten kommt man da nicht weit, viel eher werden daseinsberechtigte Lebens- und Ausdrucksformen verdrängt. Da ist die Forstwirtschaft viel weiter: Mischwälder sind en Vogue, da Monokulturen für Krankheiten anfälliger sind und deshalb zur Verödung führen. In Mischwäldern wird auch einmal ein Baum herausgeschlagen, aber niemals steht nur eine Sorte zur Debatte.

Natürlich ist das ein heftiger Vergleich. Doch letzten Endes funktioniert es nur so: Wer auffallend stört, muss damit rechnen, des Platzes verwiesen zu werden. Da muss jeder Fall einzeln und für sich entschieden werden. Man muss den Handlungsbedarf allerdings der Realität anpassen: Auf den Boden spucken oder ein Bierchen trinken sollte allein kein Grund für einen Platzverweis sein dürfen, Gewaltandrohung oder -ausübung hingegen schon. Es gilt das Gebot des Miteinanders und der Toleranz.

Denn in der Freiburger Innenstadt war ja Alkohol keineswegs verboten. Er durfte nur außerhalb der Lokalitäten nicht konsumiert werden. Wenn mir jemand auf die Fresse haut, ist es mir aber egal, ob er volltrunken aus der Kneipe stürzt oder auf der Straße sitzt. Obwohl: Vor dem solventen Kneipengast und seiner bornierten Phantasielosigkeit fürchte ich mich mehr als vor dem bankrotten Straßensäufer!

Und damit sei ein weiteres Problem angesprochen, dass mir selbst nicht ganz unbekannt ist: Wer kein Geld hat, kann eben gerade nicht teuer Geld für Alkohol ausgeben. "Vorgeglüht" habe auch ich mit Freunden, bevor wir uns einen Club aufsuchten. Und im Krankenhaus war ich deswegen auch schon einmal. Das war vor 15 Jahren so und ist auch heute noch Usus bei jungen Menschen. Nur wird der öffentliche Raum seither viel restriktiver gehandhabt. Der Rest der begehbaren Flächen ist privatisiert, was zur Folge hat, dass schon einfaches Herumlungern vor den Geschäften genügt, um verjagt zu werden.

Wo soll man denn bitteschön hin, wenn man jung ist und kein Geld hat? Was soll man anderes tun, als sich die Birne volllaufen zu lassen? Zumal Alkohol ein anerkanntes Suchtmittel einer Gesellschaft darstellt, in der kein Lokalpolitiker Stimmen sammeln kann, ohne ein Bier- oder Weinfass anzustechen? Mit dem Schoppen in der Hand wird dann ein Bevölkerungsteil des maßlosen Alkoholkonsums bezichtigt, während der andere Teil im Bierzelt zustimmend, aber garantiert besoffen, gröhlt.

Ich möchte hier nichts verharmlosen. Wenn aber einige Jugendliche Alkoholprobleme haben, dann ist dies nicht durch Verbote zu lösen. Dazu bedarf es etwas mehr. Wie wäre es mit einer Perspektive oder wenigstens ein bisschen Verständnis für diese endlose Warteschleife so called "Jugend"? Jugend ist ja nichts anderes als das Warten darauf, als erwachsen angesehen zu werden. Dazu braucht es einen Initiationsritus, und Alkoholgenuss ist einer. In einer auf Leistung ausgerichteten Gesellschaft muss es dann halt viel Alkohol sein, denn nur viel ist gut!

Man könnte also auch einmal ein Gesellschaftsbild neu überdenken. Bis dahin will ich mein Bier auch außerhalb von Lokalitäten genießen dürfen, ohne mit einer Strafe belegt zu werden. Denn das ist die Kehrseite der Medaille: Die "friedlichen Trinker" werden ebenfalls ihrer Möglichkeiten beraubt, wenn man (angeblich) zum Schutze der Jugend Alkoholverbote ausspricht. Dies an die Adresse verbotsgeiler Kommunalpolitiker und geldgeiler Kneipenwirte (0,4l Apfelsaftschorle ist übrigens fast überall immer noch teurer als 0,5l Bier!).

Niemand kommt schließlich auf die Idee, beispielsweise den Straßenverkehr lahmzulegen: Dort gab es 2008 bundesweit immerhin über 400.000 Verletze, dazu ca. 4.500 Tote. Demgegenüber stehen 23.000 Jugendliche, die im selben Jahr wegen übermäßigem Alkoholgenuss behandelt werden mussten. Nur eine handvoll starb daran. Beides ist vollkommen unnötig, weil vermeidbar. Nur gilt das eine als Kollateralschaden, das andere aber als endzeitliches, zivilisationsauslöschendes Desaster. Es ist eine seltsame, fremde Welt!

Donnerstag, 23. Juli 2009

Sinnlose Zerstörung! Alles Schöne kaputt gemacht!


Natürlich müssen es Jugendliche gewesen sein. Sinnlose Zerstörung war's! Gleich drei Mal hintereinander hätten sie ihre Eisdiele am Stadtklinikum verwüstet, und jetzt habe sie einfach keine Lust mehr, den Wagen anständig aufzuhübschen. Nun gäbe es halt EinsZweiDrei-Einbauschränke und einen Kühlschrank, der leider die Sicht auf die Karte mit den Eissorten versperre. Das muss reichen! Die Jugendlichen, so schließt sie, machen einfach alles kaputt, was schön ist. Basta!

Nun, auf diese Diskussion lassen wir uns mit der alten Dame nicht ein. Tapfer erraten wir vier Eissorten, die wir uns auf zwei Waffeln pflanzen lassen und zahlen die sehr jugendgerechten zwei Euro dafür, verlassen aber alsbald die Szenerie, um uns ein paar Meter weiter auf eine der großzügig über die Fläche verteilten Parkbänke zu setzen. Die runden Luftschächte der unterirdischen Parkfläche erinnern uns an die Behausungszustiege der Morlocks aus H.G. Wells "Zeitmaschine".

Seien wir also einmal die oberirdisch lebenden, naiven Eloys und denken einmal in ganz kindgerechter Weise: Die Jugendlichen (wer sind denn überhaupt DIE JUGENDLICHEN?) machen also alles kaputt, was schön ist? Nun, woher kommt denn überhaupt ein Schönheitsbegriff, von wem wird er definiert und wie wird er vermittelt? Schönheit an sich ist eine individuell auf den Charakter angepasste Behauptung, um den Dingen zum materiellen noch einen ideellen Wert hinzuzufügen. So kann ein Gartenzwerg durchaus den Wert eines Gartens erhöhen - zumindest für den Eigentümer oder Besitzer.

DIE JUGENDLICHEN (die ja keineswegs individuelle Charaktere und deswegen ALLE gleich sind) finden andere Dinge schön, welche für DIE ERWACHSENEN oder DIE AUTOFAHRER oder DIE AUSLÄNDER überhaupt keinen ästhetischen Wert besitzen. Wenn DER JUGENDLICHE also etwas zerstört, dann weil er es wahrscheinlich gar nicht selber SCHÖN findet, und noch dazu weiß, dass ANDERE es SCHÖN finden und es genau deshalb zerstört werden müsse, zumindest aber zerstört werden könne. Das ist keine ästhetische Frage, sondern eine des gegenseitigen Respekts.

Von der Schönheit der Dinge
Natürlich würden DIE JUGENDLICHEN gar nicht zugeben wollen, etwas sei schön - denn dann wäre ja alles, was man gut findet, auch irgendwie schwul. Schwul sein aber ist nicht schön, sondern gilt in der sexuell noch nicht gefestigten Welt eines Teenagers (und auch bei vielen Erwachsenen) als KRANK oder einfach: SCHWUL! Woher mag das nur kommen? Es folgt ein kleiner Erklärungsversuch:

In der westlichen Hemisphäre wird der Wert des Materiellen über den ästhetischen gestellt. Ein gutes Beispiel hierfür sind Wohnanlagen, die überall in Europa gebaut wurden und werden: Sie sind nicht schön, aber bewohnbar (in den Augen der Bauherren), ergo garantieren sie zwar Profit, verursachen aber bei genauerer Betrachtung Übelkeit. Dieselben Bauherren leben aber keineswegs in den von ihnen hingeschluderten Bauwerken (zumindest jene nicht, welche sich einen Sinn für Ästhetik leisten können).

Die Auffassung nun, der Mensch solle sich um den Beruf, die Familie und das Eigenheim kümmern, ist einzig und allein diesem Profitgedanken geschuldet: Was bringt mir etwas ein? Eine bange Frage. Kulturleistungen sind darin nicht formuliert. Erstaunlicherweise war uns der sogenannte "Urmensch" da sogar überlegen: Für ihn gab es keine Probleme, existenzielle Gegebenheiten mit Kulturleistungen zu verbinden. Die Pfeilspitze war idolisiertes Werkzeug und Kunst(Handwerk) zugleich, dessen Herstellung erlernt werden musste. Kultur ist hierbei der Motor der menschlichen Entwicklung gewesen. Einfache Reproduktion hingegen macht nur satt, lässt aber den Motor der geistigen Entwicklung im Leerlauf brummen.

Heute haben die Menschen TV zum Behufe der kulturellen Erbauung, das muss reichen. Die tatsächlich geleistete Arbeit ist weitgehend davon befreit, einen weiteren Wert als den der Beschäftigung um der Beschäftigung willens darzustellen, ist eine abstrakte Tätigkeit, mit der ein notwendiges Einkommen simuliert wird, das aber auch anderweitig zu erlangen wäre. Das ist kompliziert ausgedrückt, einfach gesagt ist dies so: Arbeit ist stupide und kein Mensch weiß genau, was er da überhaupt macht und wozu er es tut!

In einer solchen Welt ist kein Platz für Schönheit, und wo kein Platz für Schönheit ist, da ist auch keiner für Respekt. Es ist das pure Überleben in einer ansonsten nutzlosen, weil ausschließlich ressourcenverschleudernden Gemeinschaft. Sie produziert nichts von Wert, zerstört den Wert der Dinge sogar, da sie konsumierbar gemacht werden, nicht aber erlebbar. Ein Gegenstand ohne ideellen Wert ist ein toter Gegenstand, kalt und austauschbar. Der Konsument verliert den Respekt davor.

Fordert man bei DEN JUGENDLICHEN also einen Respekt vor DEM SCHÖNEN ein, dann fordert man etwas, was gar nicht gefördert wird. Der Sinn für Schönheit ist unterentwickelt, und wer als Kind noch Schönes produziert (Bilder, Blumensträuße etc.), der erntet zwar Dankbarkeit, eventuell aber auch Belustigung und den Hinweis, dass Beverly-Anne oder Paul-Eugen vielleicht trotz ihrer ästhetischen Weichlichkeit noch in ein Berufsleben hineinpassen mögen: Denn erst kommt die Arbeit, und dann das Hobby!

Alles, was also schön ist, ist nur ein schwules Hobby, das hoffentlich irgendwann einmal zugunsten einer SINNVOLLEN Tätigkeit aufgegeben wird. Bestenfalls wird Kreativität in der Kunst als Softskill für die Erwerbstätigkeit betrachtet. Wenn dem so ist, wird das sehr gerne gefördert. Man sieht sie vor sich, die Akademikereltern, wie sie ihre Kinder frühfördern, damit aus ihnen einmal voll verwertbare Leistungsträger für die Gesellschaft werden.

DIE JUGENDLICHEN indes sind ja nicht dumm und bemerken die Kälte und die Berechnung, und sie spüren auch, dass ihre Eltern tatsächlich aus einer anderen Zeit, aus einer anderen Welt kommen. Sie merken, dass sie selbst nicht mehr gebraucht werden von dieser Gesellschaft, auch wenn sie ständig darauf vorbereitet und damit einsetzbar gehalten werden: Je weniger Jugendliche ausgebildet werden, desto mehr Berufsorientierungsmaßnahmen gibt es. Je kleiner die Perspektive, ein eigenständiges Leben führen zu können, jenseits staatlicher Gängelung, desto mehr Gängelung gibt es und desto mehr steigt der Leistungsdruck.

Schlaue Kinder entziehen sich dem und sind dabei viel realistischer als ihre Alten. Sie wissen: Selbst wenn wir alle gute Noten haben und ahnen, welchen Beruf wir ausüben möchten, gibt es längst nicht genug Platz für alle von uns. Wir müssten uns also gegenseitig Konkurrenz machen. Lieber aber hocken wir beisammen und vertreiben uns die Zeit. Das ist sozial! Manche von uns zerstören etwas, aber dies ist keine SINNLOSE ZERSTÖRUNG. Es ist Zerstörung, welche durchaus einen Sinn hat: Wir bauen damit unseren Frust ab! Dies tun wir, indem wir die Werte unserer Alten in Stücke hauen! Denn wir haben den Respekt vor ihnen längst verloren!

Sonntag, 12. Juli 2009

Mannheim ist keine Kulturstadt! Vom sozialdemokratischen Verständnis der Kunst!

Meine liebe Frau C. hat mich wieder mit Neid erfüllt: Sie war kürzlich in Frankfurt zu besuch bei einer Kollegin, und nach eingehenden Tapas-Studien traf sie andere KollegInnen und einen alten, in die Mainmetropole umgezogenen, Freund, die gerade auf dem Weg zu einem Konzert waren. Nun hatte meine liebe Frau C. an diesem Abend alles: gutes Essen, Freunde und ein CasualConcert.

Nun ist NoMeansNo nicht unbedingt mein TopFavorit, wenn es um musikalische Ereignisse geht. Doch leider muss ich sagen, dass es tatsächlich eines der Interessanteren in letzter Zeit gewesen wäre, und ich mich hier in Mannheim schon seit längerem nach einem Konzert, das der Rede wert wäre, sehne! Denn fassen wir einmal ins Auge, was denn hier so ansteht: Ach nein, ist mir doch zu doof und viel zu traurig! Langeweile steht an, und zwar bis Dezember - und das ist nicht gelogen!

Wenn schon ein Auftritt von Andreas Vollenweider & Friends im September das erträglichste Event darstellt, dann liegt es mit der hiesigen musikalischen Erbauung im Argen. Selbigen hatte ich in den 80ern einmal in einer seriösen Musiksendung gesehen. Seine albernen Verrenkungen an der Harfe stießen mich zwar ab, doch die Musik tat ihr Übriges: Nun ja, zu der Zeit fand ich auch Mike Oldfield gut! In den Zeiten vor gigantischen MP3Sammlungen gab es eben auch nicht so viel Musik wie heute - da durfte man nicht wählerisch sein.

Soviel zu den faulen Ausreden! Bleibt aber eines festzustellen: Mannheim ist kein Ort gehobenen (Pop)Musikgeschmacks! Lärmten vor Jahrzehnten noch die Einstürzenden Neubauten durch den Rosengarten oder John Cale im Capitol, ist heute Tristesse angesagt. Das nun wohl jährlich stattfindende Festival im Schlosshof bietet - mit Verlaub gesagt - abgestandenen PopRock, wobei Pink im letzten Jahr tatsächlich noch etwas wie Glamour geboten haben mochte (Superstardom eben), aber am Samstag mit Raemonn (OneHitWonder/ öd) und Silbermond (Deutschrock/ brav) definitiv in den Niederungen seichter Unterhaltung angelangt ist.

Für eine Stadt, die sich rühmt eine PopAkademie zu haben, bietet Mannheim recht wenig. Einzig positiv mag man den Feuerwachenableger "Brandherd" werten, hier organisieren Kenner inmitten von Banausen recht nette Konzerte. Aber schon die Feuerwache nimmt einfach, was überhaupt nach Mannheim kommen will (na gut, Wire und Notwist waren sich nicht völlig zu schade, mussten ihre Konzerte leider aber inmitten meines MaltaTrips verlegen). Die SAP-Arena muss allerdings so wirtschaftlich sein, dass sie gar kein Risiko eingehen kann.

Mein Physiotherapeut klagt über mangelnde Auftrittsgelegenheiten für seine Band: Es gäbe in M. wirklich kaum Orte, an denen man zu fairen Konditionen auftreten könne. Man ist es ja gewohnt, dass alternative Musikformen Schwierigkeiten haben, ein Forum zu finden. Aber dass selbst Heavyrocker das nicht hinbekommen, spricht Bände (mich würde nun das Bild interessieren, dass Ihnen jetzt als adäquate Beschreibung meines PT durch den Kopf geistert).

Wenn aber nun selbst die PopAkademie für ihre Bands kaum andere Auftrittsgelegenheiten hat als in den eigenen Räumen, dann beweist das doch, wie halbherzig die ganze Sache angelegt ist: Der Mannheimer möchte abends Totenstille haben, aber trotzdem stolz darauf sein dürfen, dass sein provinzielles Kaff irgendwas mit Kultur zu tun hat! Dieses Missverhältnis ist geradezu lächerlich!

Wie möchte unser aller liebster OB denn bitte seine vielbeschworene Kreativwirtschaft anziehen, wenn Kreativität im Ansatz schon erstickt wird? Das ist nun wiederum keine Frage nur von PopMusik, sondern betrifft das ganze, sozialdemokratische Verständnis von Kunst und Kultur. Da ist es dann ganz natürlich, dass Künstler genauso viel Ladenmiete entrichten müssen wie kommerzielle Unternehmungen. Dafür gibt es doch Kulturförderung?

Tja, die armen Schweine (siehe Kunstladen) müssen dafür aber Integrationsarbeit im Stadtteil leisten - Kunst im Auftrag der Politik. Das ist, einfach gesagt, eine große Scheiße! Wiederum andere können Projektgelder beantragen, müssen aber 75% der geförderten Summe gegenfinanzieren. Wer von der Stadt 1000 Euro erhält, muss dann 3000 Euro entweder einnehmen oder diese Summe investieren. Künstler können das: Die schwimmen in Geld und verkaufen ihre Kunst im Dutzend!

Das alles könnte so einfach sein: Leerstand gibt es schließlich genug, da sei einmal das Stichwort "Zwischennutzung" genannt. Dann wäre einmal über eine sinnvolle Kunstförderung nachzudenken - schließlich kommt Kreativwirtschaft dahin, wo Kreativität auch eine Basis hat, nicht umgekehrt! Ich jedenfalls biete mich der Stadt Mannheim als Kulturbotschafter an - und das für ein lächerliches, jährliches Salär von nur 50.000 Euro und einem Etat von 70.000 Euro. Das ganze wäre auf fünf Jahre angelegt und brächte der Stadt mehr ein als nur leeres Geschwätz und irgendwelche verzweifelten PrestigeFestivals!

Solange muss ich aber warten, bis wenigstens eine Band wie NoMeansNo nach Mannheim kommt. Ganz ehrlich: Ich selber wollte dort auch nicht spielen!

Montag, 29. Juni 2009

An der Quelle der Konjunktur! Narcissus versus Neckermann!

Also ist Quelle vorerst mal gerettet. In einem halben Jahr sehen wir weiter, dann ist Weihnachten und man wird wissen, ob der Millionenkredit sich pulverisiert hat oder nicht. Meine Prognose: Die Millionen sind verplempert, die sehen wir nie wieder! Mein Vorschlag: Mir geht es finanziell auch nicht gut, und meine Bank möchte mir keinen Kredit mehr geben. Statt 50Mio. möchte ich denn auch nur 5.Mio Öcken Kredit haben.

Gut, dieses Geld wird ebenfalls auf Nimmerwiedersehen verschwinden, aber dafür geht es mir dann auch mehr als nur ein halbes Jahr gut. Ich würde sogar behaupten: Das reicht bis zu dem Tag, an dem Gevatter Tod an meine eichengetäfelte Tür klopfen mag und mich mit sich nehmen möchte. Endlich mal eine sinnvolle Investition! Leider ist Gevatter Staat nur für sinnlose Investitionen zuständig wie für Energieparks in der Sahara, Konjunkturprogramme, Rolltreppen ins Nichts und Ministerien aus purem Gold.

"Quelle" ist übrigens ein super Name. "Quelle" ist die Quelle vielerlei Konsumgüter, der Ursprung von Träumen und Phantastereien. Ich habe dort ein Bett und eine Waschmaschine bestellt, sogar bezahlt. Und auch bekommen! Die Quelle, Schicksalsort für Narcissus, ein Spiegeltrug. Geburtsort der Kentauren, wenn ich mich nicht irre. Verwandt mit dem Füllhorn. Der Quelle klares Wasser.

Doch was verspricht der Konkurrent Neckermann? Der ist noch nicht einmal in der Lage, auch nur irgendwas Banales wie Kleidung ohne Vorkasse anzuliefern. Der Name klingt denn auch nach Biedermann, nach spießbürgerlichem Misstrauen, nach deutschem Mief der 50er Jahre und nach Pauschalurlauben in Hotelwüsten, wo Meernähe allenfalls bedeuten mag, dass das Land überhaupt ans Meer grenzt, nicht aber die Residenz oder die Stadt. Sogar die idyllischen Fischerdörfer, so darf man sicher sein, liegen im Landesinnern. Das bedeutet "Neckermann".

Und dass dies das erfolgreichere Versandhaus ist, spricht für eine Bevölkerung, die selber voller Misstrauen und Missgunst ist, die ihr Geld für Pauschalreisen ausgibt und streikende ArbeitnehmerInnen ärger beargwöhnt als es deren Lehnsherren - Verzeihung! - Dienstherren tun. Am Streik der ErzieherInnen an den Kindertagesstätten wird es wieder deutlich: Streik ja, aber es darf halt niemand merken. Ein Streik darf nichts und niemanden belasten.

Und da ist es, das Dilemma, in dem ArbeitnehmerInnen innerhalb der sozialen und gesundheitlichen Berufe sich befinden: Der Streik geht immer zulasten der Armen und Kranken, der Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen, den Kindern und deren Eltern! Eine LeserIn der Frankfurter Rundschau findet es zwar richtig, das ErzieherInnen mehr verdienen müssten, aber das ihre Kinder nun frühmorgens Trillerpfeifenkonzerten und Sprechchören ausgesetzt seien, wirke doch nur verstörend!

Mal abgesehen davon, dass man diese hochsensiblen, ihre ErzieherInnen krankmachenden, Kinder von jedem Fasching oder anderem Volksgedöns fernhalten müsste, was ja die eben gleiche Verstörung bei ihnen hervorrufen würde: Immer "das Wohl der Kinder" hervorzukramen, wenn es mal ungemütlich wird, ist ja wohl das Hinterletzte! Nehmt Eure Kinder doch mit zu Eurem heißgeliebten Arbeitsplatz. Dann werdet Ihr schon sehen, was Ihr Euren Chefs wert seid und wie flexibel die sind. Aber nein: Lieber werden "Notgruppen" eingerichtet, und die Streiks im Sommer ausgesetzt - damit es nicht so weh tut!

Streik, liebe Streikende, ist die reine Erpressung! Anders macht das alles keinen Sinn. Wer kuscheln will, soll in die Kuschelgruppe. Und Solidarität, liebe Streikbetroffene, hört nicht da auf, wo es persönlich ungemütlich wird! So erreicht am Ende niemand was, wenn jeder nur vor sich selbst hinwurschtelt. Wenn die Fleischfachverkäuferin streikt, dann braucht sie auch Unterstützung von dem Mythenwesen "Opelaner", der Krankenpflegerin, dem Studenten und dem Fachwirt für Abfallwirtschaft. Wenn sie diese Unterstützung nicht bekommt, dann hat sie umsonst gestreikt!

Aber so sind sie, die Bundesrepublikaner: keine Ahnung von Nichts, und den Rest lassen sie sich von denen erklären, die für ihre missliche Lage verantwortlich sind. Schön blöd! Dabei ist selber denken doch so einfach: Man braucht bloß den Kopf einmal zu öffnen und frische Luft ans Hirn lassen. Ach geht ja nicht, wegen der Kinder und dem Job und dem ganzen Stress! Noch 'ne Idee, was man mit 50Mio. Euro anfangen kann? Wäre ein guter Grundstock, um mal so eine richtige Bildungsoffensive zu starten. Womöglich werden die Kinder ihrer Eltern dann zu klug für die Neckermänner dieser Welt?

Mittwoch, 24. Juni 2009

Mutterschaft als Persönlichkeitsdefizit! Beleidigungen, Anklagen und eine Gutfindung!

G. aus B. wunderte sich kürzlich darüber, dass ihre eigene Kinderlosigkeit und der damit verbundene Wunsch, dies möge auch so bleiben, mit ungläubigem Staunen quittiert werde. Und dies in Zeiten, in denen man sich durchaus entscheiden könne, Pille und so, knick knack, Sie wissen schon! Entscheidbar ist durch den hormonellen Eingriff wohl nur der Zeitpunkt der Mutterschaft, nicht aber deren Bestand.

Letztlich sagte G., sie sei nun wirklich etwas angepisst von der Arroganz solcher Muttertiere, die eine persönliche Entscheidung gegen "etwas" einfach nicht akzeptieren möchten. Denn ein Kind sei doch sowas Schönes, und auch gut für das Rentensystem! Das ist ganz so, als rate eine vergewaltigte Frau einer anderen dazu, doch auch einmal vergewaltigt zu werden, denn als existentielle Erfahrung sei das unverzichtbar - und gut für die Sexualmoral der Frau. Vorausgesetzt natürlich, der Zeitpunkt der Vergewaltigung sei frei wählbar und der Tatbestand auch durch reine Willenskraft vermeidbar.

Sie sehen schon, der Vergleich hinkt, provoziert aber ungemein. Jetzt habe ich wieder einmal irgendwelche Gefühle verletzt, vielleicht auch Ihre Intelligenz - sofern vorhanden! G. riet ich übrigens, Müttern von Anfang an die Frage zu stellen, warum sie sich denn - um Himmels Willen - für Kinder entschieden hätten. Daraufhin solle sie ihnen einfach unterstellen, dass sie ihre Kinder generell zu Projektionszwecken missbrauchen, das Motiv der Mutterschaft also ein Persönlichkeitsdefizit darstellt.

Der religiöse Glaube ist auch so ein Ausdruck persönlicher Defizite. Menschen, die sich selber genug sind, benötigen so etwas nicht. Sie sind deswegen nicht weniger sozial oder asozial als andere. Von dem abgesehen, dass gesellschaftliche Grundwerte von allen Bevölkerungsanteilen getragen werden - ob die nun gut sind oder nicht. Jemand aber, der voller Glauben ist, wird sich in seinem Glauben nicht irritieren lassen? Weit gefehlt, denn es gibt natürlich haufenweise Gläubige, deren religiöses Gefühl andauernd verletzt wird!

Wie zuletzt bei einem Theaterstück im Ludwigshafener Corso, in dem es eigentlich um Liebe ging, und auch um Glauben. Ein muslimischer Selbstmordattentäter wird vom Mahdi zur Liebe bekehrt und verzichtet daraufhin auf Gewalt. In der Aussage etwas platt, genügte dies dennoch, eine Muslima in ihren religiösen Gefühlen zu verletzen: Warum der "Held" ausgerechnet ein Muslim sein müsse, das sei doch wohl sowas von klischeehaft! Natürlich hätte man auch einen christlichen Fundamentalisten dafür nehmen können, der einen Abtreibungsarzt erschießen möchte.

Nur hätte man die Handlung dann in die USA verlegen müssen, und aus dem Mahdi würde dann ein Engel. Doch hätte diese Perspektive ganz enorm meine Gefühle zu den USA verletzt, das wollte ich dann auch nicht. Ich möchte sagen: Liebe Gläubige aller Religionen, seid fest in Eurem Glauben und seid nicht dauernd beleidigt, wenn jemand mal was kritisiert. Und hört auf, andere ständig bekehren zu wollen. Das Recht auf freie Ausübung der Religion beinhaltet eben auch das Recht darauf, keine Religion auszuüben.

Wer mich deswegen kritisiert oder gar tadelt, der beleidigt meine Intelligenz. Wie bis vor kurzem der muslimische Junge aus der Nachbarschaft, der kein Wort mehr mit mir spricht, weil ich ihm auf seine Frage nach meinem Glauben ehrlich geantwortet hatte. Ich sei der Teufel, rief er mir kleinlaut hinterher. Das habe ich nun davon! Ich finde aber die Frage anderer Mitmenschen, warum man denn nicht an einen Gott glaube, impertinent und auch etwas dumm: Wer nicht glaubt, der glaubt halt nicht, basta!

Ich halte Religionen für gefährlich, weil sie zu Mord und Totschlag führen. Dabei spielt es keine Rolle, um welche Religion es sich handelt. Und wer sich aufgrund einer religiösen oder anderen Zugehörigkeit über andere erhebt, ist nicht gläubig, sondern ein hinterfotziger Chauvinist! Und wenn man Zwangsverschleierung, Mord und Genitalverstümmelung nicht kritisieren darf, ohne beleidigte Gesichter zu ernten, dann stimmt was mit mindestens zwei Menschenrechten nicht!

Insofern mag man von Sarkozy halten was man will: Dass er die Burka in Frankreich verbieten möchte, ist ein mutiger und richtiger Schritt (Ich halte ja schon das Kopftuch für ein Unterdrückungsinstrument). Wer es aber anderen ermöglicht, seine Frau(en) hinter eine Käsereibe zu verbannen, der verrät alles, was eine freie, demokratische (und leider auch kapitalistische) Welt verspricht. Etwas mehr Mut gegen religiöse Verbände wäre hierzulande schon angebracht. Die sprechen sowieso nur für einen Teil ihrer Schäfchen!

Sonntag, 21. Juni 2009

Stante pede, subito, instantly! Wo Frisöre mit Kamm und Schere abstürzen!


Mir träumte einmal, ich bekäme eine Glatze. Schlimm daran war gar nicht der Gedanke, zukünftig kahlköpfig zu sein, sondern der, die ganze Zeit schon lichtes Haar gehabt zu haben, ohne dieses zu bemerken. Hinterhältig war das und gemein, peinlich ohnehin. Denn die naturgeborene Tonsur entstand im Zentrum meines Scheitelbeins, wo man sie ohne Spiegel selber gar nicht erkennen kann. Im Traum allerdings entdeckte meine liebe Frau C. die große Schande.

Nun, in Wirklichkeit könnte mir das nie passieren! Ich selber untersuche meinen Körper ständig auf Makel, aus reiner Eitelkeit selbstredend. Und man glaube mir: Fände ich auch nur eine Leerstelle auf (nicht in) meinem ohnehin schon feinen Haupthaar, ich rasierte mir aber sowas von sofort eine Vin-Diesel-Frisur, noch sofortiger ginge es nicht mehr. Denn es gibt kaum Peinlicheres zu unternehmen als den Versuch, eine unbehaarte Kopfhaut mittels umliegendem Resthaar zu kaschieren.

Jedermann ist gut beraten, sich sofort des restlichen Haupthaars zu entledigen. Weniger eitle Menschen brauchen selbstverständlich ein ehrliches Umfeld, welches ihm unmissverständlich über den Sachverhalt aufklärt. Dann muss aber sofort der Kurzhaarschneider her, der sonst zum Scheren des Pudels herhalten muss. Stante pede, subito, instantly! Doch was ist, wenn das Umfeld versagt? Man wird zum Opfer falsch verstandener Freundschaft!

Neulich im Vienna gab es ein Trio von Maschinenbaustudenten zu observieren. Woher ich weiß, dass es sich um Maschinenbaustudenten handelte? Nun: Sie waren Mitte zwanzig und hatten allesamt NichtFrisuren. Sie sahen dabei aus, als würden ihre Eltern immer noch ihre Kleidungsstücke zusammenstellen, und sie spielten ein Gesellschaftsspiel, dessen Regelwerk erst noch akribisch erforscht werden musste. Mit einer bei Technikern üblichen Stoik verplemperten sie ihre Freizeit. Sie sahen nicht aus wie Menschen, die sich um ihr Äußeres scheren.

Sie sahen aus wie: Maschinenbaustudenten! Und der Student, welcher mit dem Rücken zu mir am Tische saß und fortwährend seine Spielsteine sortierte, hatte trotz seines Alters bereits ein besonders lichtes Fleckchen dort, wo weniger begabte Frisöre mit Kamm und Schere abstürzen und sich am Ende eines Kopfes wähnen! Doch oh Schande: Weder sein Freund mit dem aus dem roten Sweatshirt hervorlugenden ButtonDownKragen noch sein Kumpel mit dem RegattaPoloshirt und den Bundfaltenhosen schienen ihn energisch genug auf seinen beklagenswerten Zustand hingewiesen zu haben.

Also oblag es meiner Wenigkeit, den Armen auf den Zustand seines Hinterkopfes hinzuweisen. Mit etwas Freundlichkeit und Raffinesse würde es mir schon gelingen, diese delikate Aufgabe zu lösen. Dem Maschinenbaustudenten sollte die Peinlichkeit, welche mir in meinem Traum widerfuhr, erspart bleiben. Um mir Mut zu machen, orderte ich ein Bier, und dann noch eines und darauf einen Schnaps. Und wie ich da so saß, mit schwummerigen und geäderten Augen, da erkannte ich plötzlich die Schönheit des filigran umflorten Hinterkopfes und die Ästhetik der freigelegten Haarwurzel. Ich weinte eine Freudenträne!

Dienstag, 16. Juni 2009

Schillerlocken! Schillerglocken! Und zur Feier eine 3. Teilüberschrift: Schillertage!


Schiller hier, Schiller da! Geht man einkaufen, bekommt man Schillerdollar aufgeschwatzt wie nichts Gutes. Damit soll man "Dinge" kaufen können. Dinge, die der Mensch braucht? Ein Rabattsystem ohne Kundendatenerfasssung, wie sympathisch! Eines ist klar: Schiller's on the road again. Und zwar: in Mannheim! What's up with Schiller in Mannheim?

Seien wir ehrlich: Der Großteil der Menschheit musste "Die Glocke" nie lesen beziehungsweise auswendig lernen. Genauso viele Menschen kennen die Fischverballhornung "Schillerlocken" nicht - und das mit gutem Grund! Ach, Hamlet ist nicht von Schiller, genauso wenig wie die Schillerlocken? Wieviele Menschen wissen das überhaupt? Und das man Shakespeare nicht trinken kann?

Der Mannheimer kennt Schiller gut! Er kennt ihn so gut, dass er weiß, wie Schiller aufgeführt werden muss! Er weiß es sogar besser als Schiller selbst. Manchmal zumindest. Wenn mal wieder ein Gastspiel ansteht, von Leuten, die Schiller überhaupt nicht verstehen können,, eben weil sie nicht aus Mannheim sind. Schließlich hat Schiller ganze drei Jahre in Mannheim verbracht: Geduzt und ausgebuht, um hier einmal den hochverehrten Max Goldt in fremdem Kontext zu zitieren.

Der Herr Schiller: Musste aus Stuttgart flüchten und bekam in Mannheim ein Jahr lang einen Job als Theaterdichter. Damals gab es noch keinen 1-Euro-Job und auch noch kein Jobcenter. Der Herr Dalberg vom Nationaltheater hat den Flüchtling aufgenommen und ein Jahr später wieder gefeuert. Warum nur? Vielleicht wegen der Malaria-Anfälle oder auch wegen der expliziten Aufsässigkeit des jungen Dichters. Beides keine besonders guten Voraussetzungen für einen Job auf Lebenszeit. Das war früher so wie heute!

Dann kam die ganz große Armut, beinahe wie mit Hartz IV, nur ohne Geld und ohne Sachleistungen. Wenn der Herr Schiller nicht in Leipzig aufgenommen geworden wäre, wäre er in Mannheim wohl elendig verreckt. Ich sehe da Parallelen zum Schaffen und Dasein des Autors dieser Zeilen. Auch nur geduzt und ausgebuht. Und dann? Ein Jahr lang zeigt man heuchlerisches Interesse, und dann: Pustekuchen, heiße Kartoffel und Undank allenthalben. Drohender Umzug in den Osten der Republik.

Wenn er dann tot ist, und postmortem berühmt, dann sagt Mannheim: Der war mal bei uns, ein ganz Großer! Richten wir ihm doch ein paar E. Karst-Tage aus und huldigem dem armen Tropf zwei Wochen, indem wir seine Texte, Lieder und Gedichte spielen (der konnte schließlich mehr als nur bloggen!). Wilhelm Genazino hat das früher begriffen und ist rechtzeitig nach Heidelberg ausgewandert. Ob ihm das etwas genutzt hat? Nun, er wird nicht arm in Mannheim vergammeln, das ist sicher!

So hat auch Schiller arg gehustet und viel gefiebert, bis er Mannheim endlich verlassen hat und fortan in Saus und Braus sein kurzes Leben geniessen durfte. Man möchte sich vorstellen, dass ihn die Mannheimer mit Schimpf und Schande aus dem Ländle getrieben haben, bewaffnet mit Fackeln und Mistgabeln. Händler der bäuerlichen Genossenschaften riefen auf zur Vertreibung und vertickten ihre landwirtschaftlichen Gerätschaften zu diesem Behufe.

Mannheim biss sich hinterher in den Arsch: Wieder einmal hat man jemanden weggejagt, der kurz darauf woanders berühmt wurde. So ein Mist aber auch! Doch strategische Denke vermochte aus der Not heraus eine Tugend zu machen und dem Herrn Schiller zu Gedenken ein Fest zu bereiten, zwei Wochen lang: Theater, Oper, Konzerte und Vorträge - was ganz was Feines und besser als nix!

Leider gibt es die bis in die 60er Jahre hinein stattfindenden Schilleraustreibungen nicht mehr: Das ist natürlich Geschichtsrevisionismus der übelsten Sorte! Denn was gibt es Schöneres, als noch einmal zu sehen, wie der Schiller von den Mannheimern fortgejagt wird. Am Ende der Schillertage wäre dies ein würdiges, ein ehrliches Spektakel. Schade drum!