Montag, 23. März 2009

The kids are alright! Society not!


Es war ja nur mal wieder eine Frage der Zeit, bis die wahren Schuldigen ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden würden: Nicht ein Übermaß an Anpassungsdruck und emosozialer Problematiken sind verantwortlich für Amokläufe in Schulen, nein, es sind Computerspiele, aggressive Musik und Gewaltdarstellungen in Kino und Fernsehen. Man hat dabei noch vergessen, dass das Internet ebenfalls reichlich Menschenverachtendes in petto hält.

Fazit: Dies alles gehört verboten. Das ist jedoch einmal mehr viel zu kurz gedacht: sogenannte gewaltverherrlichende Spiele oder Filme veranlassen niemanden dazu, bewaffnet eine Schule zu überfallen. Sie zeigen allerhöchstens, wie das geht. Und dabei darf man nicht Papas Waffen vergessen. Mit der Wasserpistole wäre es zwar schöner, aber nicht so effektiv.

Das ist natürlich alles ein großer Quatsch! Wenn wie zuletzt Eltern aus Winnenden solche Verbotswünsche in einem offenen Brief ausdrücken, dann mag man das als erste, unreflektierte Reaktion in Folge eines Schocks werten. Wenn aber Politiker wie uns aller BuPrä Köhler ins gleiche Horn tuten, dann ist das lächerlich. Denn vernünftige Menschen wissen, dass jedes System DropOuts produziert, die sich darinnen nicht auszukennen vermögen und mitunter mit Gewalt darauf reagieren. Manche töten nur sich selbst, manche töten andere und dann sich selbst. Da ist kein Spiel, kein Film daran schuld!

Verbote gehören verboten! Im Umkehrschluss kann man nämlich sagen, dass Millionen von Kids Ballerspiele spielen und trotzdem nicht Amok laufen. Tausende von Menschen besitzen Waffen und töten niemanden. Andere schauen sich Metzelfilme an, die allermeisten ohne jeden Zwang zum Metzeln zu verspüren. Allen Amokläufern der letzten Tage ist ja noch eines gemein: Sie waren alle einmal Schüler! Keiner würde jedoch deswegen auf die Idee kommen, Schulen zu verbieten.

Gewaltdarstellungen sind so besehen Kartharsis, die Abfuhr ekelhafter und niedriger Gefühle, wie es die antiken Theater bezweckt hatten: Es ist dies die Verarbeitung von Gewalt durch Beobachtung und emotionaler Teilnahme daran. Gewalt kann auch bilden, wenn sie offensiv reflektiert wird. Ganz offenbar aber ist diese Gesellschaft unfähig zu dieser Reflektion, sie verdrängt lieber: Es kann nicht sein was nicht sein darf! Und sie hinterfragt nicht einmal das Selbstverständnis des Staates, der schließlich auf Gewalt gegründet ist, noch dessen Ideologie. Wäre aber besser sie täte es!

Ein guter Ansatz wäre es, den omnipräsenten Leistungsdruck zu vermindern, der auf Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen lastet. Wie der Staat gedenkt, mit seinem Souverän umzugehen, wäre ebenfalls eine Debatte wert, denn demokratische Staaten brauchen letztlich auch demokratische Verhältnisse! Auch die konsumistische Haltung des "haste was, biste was!" sollte einmal kritisch überdacht werden, dies eine große Aufgabe für die Apologeten des unendlichen Wirtschaftswachstums, welche den Menschen nur noch als Zielgruppe betrachten. Und letzten Endes kämen Eltern und Pädagogen einmal daran zu überlegen, ob es nicht besser wäre, Kinder zu erziehen statt sie sich selbst zu überlassen.

Möglicherweise könnte man mal wieder zum Vorbild werden, das seine Vorbildfunktion selbstverständlich und regelmäßig kritisch beäugt. Denn auch hieran fehlt es gemäß einer scharfen Wahrnehmung: Man kann nicht ernst genommen werden, wenn man Regeln aufstellt und sich nicht selber daran hält oder gar Konsequenzen bei Regelmissachtung fehlen. Derart bequeme Eltern brauchen sich nicht zu wundern, wenn ihnen die Brut dereinst auf der Nase herumtanzt. Und da sind dann auch nicht die LehrerInnen oder die ErzieherInnen schuld, liebe Eltern. Das seid ihr ganz alleine!

Das alles hilft zwar nicht gegen Amokläufe, schützt aber vor blindem Aktionismus. Aufgescheuchte Hühner nutzen niemandem etwas, ein gemeinsamer Plan hingegen schon. Einfache Lösungen sind nie die besten und man könnte noch ein paar Binsenweisheiten mehr platzieren, doch die sollen einmal genügen. The kids are alright! Society not!

Sonntag, 8. März 2009

Bei Rente muss ich weinen! Wo bleibt das bedingungslose Grundeinkommen?

Als ich kürzlich meinen vorläufigen Rentenbescheid überflog, musste ich ganz arg weinen. Dann schneuzte ich mich in ein Papiertaschentuch und las ihn eingehend. Daraufhin schluchzte ich noch mehr legte mich sofort in mein Bett: So macht es ja gar keinen Sinn mehr, überhaupt noch vor die Türe zu treten und irgendetwas zu arbeiten. Um mir zuzustimmen, nisteten sich Erkältungserreger bei mir ein und überzeugten mein Immunsystem, ihnen endlich nachzugeben.

Dabei habe ich bis auf die 4jährige Unterbrechung wegen eines Studiums immer brav gearbeitet, seit meinem 16ten Lebensjahr. Dass einige Menschen eine vergleichsweise hohe Rente zu erwarten haben, andere dagegen eine sehr mickrige, liegt in dem Trugschluss begründet, es gäbe in D eine soziale Markwirtschaft, also Tarifpartnerschaften, gerechte Einkommen und dergleichen. Tatsächlich stimmen die Einkommensverhältnisse schon lange nicht mehr!

Generell geht man davon aus, dass derjenige, der im Erwerbsleben ein hohes Einkommen erzielt hat, dieses auch "verdient". Er wird danach mit einer entsprechenden Rente "belohnt". Im Umkehrschluss heißt das aber: Wer ein geringes Einkommen hat, der "verdient" eben nicht mehr, weil er womöglich weniger arbeitet oder einen geringeren Bildungssabschluss o.ä. hat. Wenn dessen Rente gering ist, trägt er also selbst die Schuld daran.

Das kann so sein, muss es aber nicht. Natürlich steht bei manchen Menschen die Überlegung im Vordergrund, kein eintöniges Leben führen zu wollen und dafür real Einkommensverluste und dementsprechend eine Rentenminderung in Kauf zu nehmen. In der Regel aber suchen sich nur wenige Menschen ihre Zukunft selber aus, sondern reagieren entsprechend der Möglichkeiten innerhalb ihrer sozialen Kasten. Es steht hier also eher Glück als tatsächlicher Verdienst im Vordergrund.

Wer nun möchte, dass ich wieder ganz gesund werde und wieder lächle, muss sofort das bedingungslose Grundeinkommen durchsetzen. Alle dämlichen und unsozialen Transferleistungen wie ALG I + II sowie Rente und Sozialhilfe fielen weg, dafür hätte aber jeder Mensch ausreichend Geld, um ein sorgenfreies Leben führen zu können, frei von jeder Angst vor Arbeitslosigkeit oder Altersarmut. Nur der stressbefreite Mensch vollbringt gesellschaftliche und kulturelle Höchstleistungen.

Jaja, die Einwände kennt man: So etwas liesse sich gar nicht finanzieren, es würde dann ja keiner arbeiten usw. usf. Wie das funktionieren kann, zeigt der Film "Grundeinkommen" von Daniel Häni und Enno Schmitt. Dort wird sehr einleuchtend argumentiert, Fehleinschätzungen werden relativiert und die richtigen Fragen gestellt, wie z.B.: Wozu brauchen wir noch eine Arbeitsgesellschaft, wenn diese ohnehin nicht mehr in der Lage ist, ihre TeilnehmerInnen zu ernähren? Und - oh Wunder: 90% aller Befragten würden trotzdem arbeiten, auch wenn sie es nicht mehr müssten!

Selbst wenn das bedingungslose Grundeinkommen etwaige Probleme und unbekannte Risiken in seiner Umsetzung birgt: Immerhin handelt es sich um eine positive Vision für dieses Jahrtausend. Letzten Endes ist es immer besser, etwas Neues zu probieren. Das Risiko eines Scheiterns ist zwar immer und überall dabei. Ganz schlecht aber ist es, aus lauter Furcht und Zauderei an einem System festzuhalten, das bereits gescheitert ist! Film angucken, selber urteilen!

Sonntag, 1. März 2009

Den Geruch bekommt man nie wieder raus! Tiere und Menschen!

Der Frühling ist da, endlich! Und damit werden die Neckarwiesen wieder von allerlei Menschenvolk frequentiert: Kinderwagen schiebende Herrchen und Frauchen, ihre Hunde begleitende Mütter und Väter, singulär auftretende Personen wie auch Pärchen - mit beseeltem Blick schreiten sie voran, dem Ende eines Tages entgegen, einem Sonntag noch dazu. Allein das Unbehagen vor der bald beginnenden Arbeitswoche lässt sie leicht frösteln. Was soll's? Des Lewwe geht weider, wie man hier gerne sagt.

Wären Kinder wirklich die Zukunft einer Gesellschaft, man würde sie endlich ernst nehmen und für ihre Entwicklung Sorge tragen mit vernünftigen Schulen und einer Erziehung zur Mündigkeit. Doch wieviel Drang zur Selbstverwirklichung, wieviel Projektion eigener Wünsche steckt in einer Elternschaft, dass hier das Wesen des Kindes verschütt gehen mag? Man will es gar nicht wirklich wissen.

Ein Kind zu erziehen ist ein äußerst kniffliger Job, und daher mögen sich manche Menschen lieber für einen Hund entscheiden. Der singt das Lied dessen, der ihn füttert, entwickelt ebenfalls einen Charakter, bleibt aber immer treu. Teure Klavierstunden fallen weg, ebenso hat man keinen Ärger mit Lehrern und den Beamten von der Drogenfahndung. Hunde lassen sich im Gegensatz zu Kindern, den späteren Erwachsenen also, im Alter noch knuddeln, riechen dafür allerdings etwas strenger.

Ich selbst mag keine Hunde! Das ist eine Frage des Charakters dieser Tiere, denn Rudeltiere sind unkritisch und obrigkeitshörig. Außerdem ist meine Abneigung auch eine Frage des Geruchs. Im wahrsten Sinne des Wortes kann ich diese Tiere nicht riechen, auch wenn sie manchmal meine Aufmerksamkeit auf äußerst charmante Weise zu erlangen versuchen: Tatsächlich finde ich einige Hunde irgendwie sympathischer als andere. Aber für sie gibt es keinen Platz in meinem Herzen, und am allersympathischten sind sie mir in sicherer Entfernung.

Meine liebe Frau C. liebt Hunde und hätte am liebsten auch einen gehabt. Als sie mir dies einmal mitteilte, erschrak ich sehr: Den Geruch dieser Tiere bekommt man nicht mehr aus der Wohnung und der Kleidung heraus, und dauernd wird man angehechelt und vollgesabbert. Kinder hingegen ziehen irgenwann einmal aus, und es bleibt nur ein leeres Zimmer. Ich schaffte es, C. glaubhaft zu vermitteln, dass ich lieber ein Kind mit ihr hätte. Am Ende stand die Vereinbarung, dass wir weder Hund noch Kind haben würden. Dies war eine der typischen WinWinSituationen, wie ich sie manchmal für mich herbeizuführen vermag.

Ich denke, dass wir beide dennoch glücklich sind, und es mangelt uns an nichts. Alles ist vorhanden: Es gibt Kinder im Haus, deren Eltern unsere Nerven tagtäglich strapazieren, unsere Vermieterin hat eine Katze, die um unsere Fahrräder schleicht und Hunde gibt es in der Neckarstadt überall. Das großartige Erlebnis, ein Kind beim Erwachsenwerden zu begleiten, wenn auch nur die ersten Jahre, habe ich ebenfalls hinter mich gebracht, und was soll ich sagen: Elternschaft kann schön sein, aber es ist dem Urknall sei Dank nicht das letzte große Abenteuer im Leben eines Menschen!

Dies behaupten nur vom Leben gelangweilte, phantasielose Menschen mit stark begrenztem Erlebnishorizont. Von einem Kind erwarten sie dann, wenigstens ein Abenteuer zu sein. Was aber ist, wenn das Kind kein Abenteuer sein möchte? Sondern lieber ein undankbarer Psychopath oder ein unbegabter Plagegeist, der dem von den Eltern ausgeleuchteten Pfad gar nicht folgen möchte? Die Schwelle, ein Kind ins Heim zu stecken ist allerdings etwas größer als sie bei einem Hund wäre. Trotzdem gilt: Niemand möchte nur ein Abenteuer sein, auch kein Hund!

Bevor ich meine liebe Frau C. kennenlernte, war ich zu einigen Experimenten bereit: Da war auch die schöne Modeschöpferin aus Berlin, deren einziger Makel es war, einen sehr großen Hund ihr zugehörig zu zählen. Ich muss sagen, dass ich aufgrund mangelnden Willens und dem daher rührenden Unwissen die Rasse nicht benennen kann, so wie ich auch z.B. bei Zeugenvernehmungen bei Verkehrsdelikten nie den Fahrzeugtyp benennen kann. Etwas in mir blockiert die Aufnahme und Verarbeitung solch wichtiger Einzelheiten. Es ist dann für mich einfach ein blaues Auto, oder eben ein großer Hund.

Ich traf mich also mit der schönen Modeschöpferin und ihrem großen Hund, und bald küssten wir uns auch, also ich die Modeschöpferin, nicht den Hund (wer bis jetzt aufgepasst hat, ahnt das). Eines Tages ward ich zum Dinner eingeladen, in ihr nach Hund riechendes Apartment. Der anschließende Beischlaf war so lange angenehm, bis sich der Hund zu uns gesellte und mir einen kummervollen Blick zuwarf, während sein Schweif ausdauernd gegen das Bettgestell schlug. Nach dieser Erfahrung pflegten die schöne Modeschöpferin und ich einen freundlichen, aber distanzierten Umgang miteinander.

Sonntag, 22. Februar 2009

Alles was man selber nicht ist! Fasching, Alltag, Mannheim, Berlin!

Es wäre leider nicht so erquicklich gewesen, über die Fastnacht in ein weitgehend karnevalsresistentes Berlin zu flüchten: Echte Freundschaften sind wegzugsbedingt auf einen kleinen, aber umso erfreulicheren Haufen Menschen zusammengeschrumpft, welche der Umstand eint, gerne einmal die Stadt, die sie so froh macht, zu verlassen: für Tage, Wochen, Monate. Diesbezüglich hätte es ein Problem mit der Unterbringung meiner Person gegeben. Außerdem wird mir die ehedem vertraute Stadt zunehmend fremder, so dass ich immer weniger Lust verspüre, dort alleine lustzuwandeln.

Der Künstler Holger E. (nicht verwandt mit dem Autor) findet ohnehin positive Aspekte an dem alljährlichen Umstand des Karnevals: Man könne sich dort bekleiden und etwas sein, was man sonst nicht sein könnte. Daher handele es sich um eine doch recht angenehme Veranstaltung. Ich teile die Meinung von E. nicht! Erstens verkleiden sich die wenigsten Menschen zu Fasching, sondern kleben sich nur Herzele auf die Backen und ziehen sich grüne Perücken auf's Haupt. Dies geht kaum als Verkleidung durch, sondern fällt wohl eher in den Rahmen des Vermummungsverbots, um ungestraft saufen und belästigen zu können. Fremde, die einen ohnehin nicht kennen, kann ungestraft an den Hintern gefasst werden, allein die Freunde der streng Feierwilligen erkennen den Menschen hinter der Fassade: Es ist derselbe, der sonst 51 Wochen im Jahr vor seinem Chef buckelt und sich auf die eine Woche freut, in der er lustig sein darf.

Meine liebe Frau C. hatte heuer das Vergnügen, einer Gruppe Mönche zu begegnen, die sie begrapschten und leutselig zu einem Irgendwas einladen mochten. Man muss dazu sagen, dass C. nur mal eben ein Ticket für W. Genazino in der Feuerwache kaufen mochte und selbst keinerlei Verkleidung an sich hatte, außer ihrem dezenten Lippenstift und ein wenig Lidschatten. Sie hatte sich die Grapscherei energisch verbeten, sagte sie schnaubend nach ihrer Rückkehr. Was sich diese Lackaffen denn einbilden täten, schließlich sollen sie sich an Ihresgleichen, also andere Verkleidete, halten und die neutralen, Unverkleideten, in Ruhe lassen! Ich musste meiner lieben Frau C. uneingeschränkt recht geben.

Selbst kann ich es mir auch nicht vorstellen, mich zu verkleiden, denn ich sehe genau so aus, wie ich mich gerne hätte. Dies ist ein großes Glück, das nicht jeder teilt! Bei genauerer Betrachtung allerdings stellt sich heraus, dass ich meinem Äußeren zum Fischgrätenanzug (Größe 52, leicht untersetzt) und den Lederschuhen (dunkelbraun, Größe 43) gerne noch einen weißen Knaufstock mit silberner Kugel und ebenso silberner Spitze hinzufügen würde, ich mich dies aber nicht so recht traue, da in Mannheim CamouflageKlamotten und CheMützen dominieren und man so gekleidet in den Ruf eines Dandys gerät! Von literarischen Zusammenhängen ausgehend frönt man hier eben weniger einem T. Woolfe oder G. Vidal, korrekt gekleidete Autoren immerhin. Welche Schriftsteller tragen gleich noch Schlabberlook? Ach, T. Meinecke, aber gegen diesen kann man wenig einwenden, mehr noch bewundern (trotz mieser, mannheimaffiner Kleidung). Zugeben muss ich allerdings, dass ich mich bisweilen auch schon verkleidet habe!

Ende letzten Jahres hatte ich Sorge für ein neues Einkommen zu tragen, weswegen ich mich auf diverse Stellen beworben hatte. Einer meiner Leser fand einmal, dass mir mehr Arbeit als vier Stunden täglich gut täte, und weniger Schreiben meinerseits den LeserInnen nur zuträglich sei. Daraufhin entschied ich mich, es einmal mit sechs Stunden täglich zu probieren. Es machte mich leider nicht glücklicher, und meine LeserInnen bekamen statt weniger nur schwierigeren Stoff zu lesen. Bevor nun einige LeserInnen wegdämmern, kommt nun endlich die Sache mit dem Verkleiden: Der 30StundenJob ging zuende, also schrieb ich ganz toll formulierte Bewerbungen. Trotzdem wurde ich zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Dafür fügte ich mir völlig andere, mir fremde Persönlichkeiten hinzu und tat so, als interessierte ich mich tatsächlich für diese Stellen. Man sah mir meine Verkleidung genau in dem Moment an, in dem ich mich selber zu fragen begann, was ich hier eigentlich mache und wo mich das überhaupt hinführen soll. In beiderseitigen Einvernehmen kündigte man mir also schon, bevor ich überhaupt eingestellt war.

Nur ein Arbeitgeber in Frankenthal war zäh und bombardierte mich mit Einstellungsgesuchen. Es täte mir furchtbar leid, ihn, den Arbeitgeber, so enttäuschen zu müssen, doch leider sei ihm ein für mich geeigneterer Lebensentwurf zuvor gekommen, so dass ich mich leider gegen ihn entscheiden müsse, schrieb ich ihm daraufhin. Ich wünsche ihm noch viel Glück auf seinem weiteren Weg usw. usf. Nach diesem Schreiben legte ich meine Verkleidung als Arbeitnehmer endlich zur Seite und zog mich als Freiberufler an, der Anzug passt mir wenigstens. Die Arbeitnehmerverkleidung war mir stets zu eng und zu klein. Sie hat kein Phantasierevers und keine Freiheitsknöpfe. Die Schuhe entbehren jeglicher Spontaneität und der Hut versperrt mir die Sicht auf das Wesentliche. Der Stock, den ich hier tragen muss, weist stets in die Richtung, welche mein Arbeitgeber vorgibt, und diese läuft meinen Interessen meist zuwider. Ich bin nun frei zu tun was mir beliebt, und das freut mich und meine liebe Frau C.

Da haben wir also den Kopf frei für das Literaturfesival lesen.hören. Als dann der Herr Genazino am heutigen Abend noch bemerkt hatte, dass er das Faschingstreiben sogar als ExMannheimer ganz befremdlich fände, fühlte ich mich einmal mehr verstanden. Und nachdem er aus seinem neuen Buch gelesen hatte, und ich mich daraufhin an ein paar frühere Bücher von ihm erinnerte, fühlte ich mich auch sonderbar nahe seinen Protagonisten, welche stets durch die Zustände dieser Welt verwirrt und deshalb äußerst sensibel wirken. Das wollte ich an dieser Stelle noch anmerken.

Dienstag, 17. Februar 2009

Eins, zwei, viele Arbeitsmärkte! In Ludwigshafen wird man geholfen!

Bei diesem Mistwetter macht sich schnell Langeweile breit: Man möchte nicht mehr vor die Tür, gräbt sich lieber zuhause unter der Bettdecke ein und sinnt seltsame und hanebüchene Dinge aus. So ähnlich muss es auch dem Sozialdezernenten Wolfgang van Vliet aus Ludwigshafen ergangen sein. Der hat sich ganz viele Gedanken machen müssen, weil nun jedes vierte Kind in der BASF-Town von Hartz IV lebt, und das geht nun gar nicht, auch wenn es irgendwie trendy in der BRD ist. Also ab zum Interview mit einer Mannheimer Zeitung:

Sein Rezept gegen die Folgen der Kinderarmut heißt Ganztagsschule und Hausaufgabenbetreuung. Soweit so gut, klingt spitze, funktioniert aber nur, wenn Geld fließt und nicht irgendwelche Freigesetzte dies ehrenamtlich tun müssen. Fachpersonal braucht's da schon, von wegen der Bildungsgerechtigkeit. Aber man ist ja dabei in Ludwigshafen und anderswo, ist ja längst dabei, ist ja dabei, jaja, ist ja gut!

Die Ursache von Kinderarmut ist zuerst einmal die Armut der Eltern. Offenbar verdienen viele Menschen einfach zu wenig und brauchen daher finanzielle Unterstützung vom Staat bzw. den Kommunen. Andere wiederum sind zu schlecht qualifiziert für eine ordinäre Arbeit. Für diese hat man den sogenannten zweiten Arbeitsmarkt geschaffen. Leider verdienen die Arbeitnehmer dort noch weniger und brauchen deshalb - richtig: erst recht staatliche Unterstützung. So kommen die Kinder aber nicht aus der Armut heraus.

Irgendwie ist da laut Herrn van Vliet auch nicht die Hartz IV-Gesetzgebung dran schuld, nein: Schuld ist einzig und allein die Tatsache, dass "...für gewisse Tätigkeiten keine Arbeit mehr da ist." Aha! So ist das also! Aber genau deswegen hat sich der Herr van Vliet etwas besonders Innovatives ausgedacht: Wenn erster und zweiter Arbeitsmarkt nicht ziehen, dann muss ein dritter Arbeitsmarkt her - ist doch logisch! Da gibt's auch nichts dran zu rütteln! Damit es für gewisse Tätigkeiten wieder Arbeit gibt!

Allein dieses Satzkonstrukt ist so dermaßen interessant, dass man gar nicht mehr fragen mag, was denn diese gewissen Tätigkeiten eigentlich sein sollen. Vor allen Dingen, wenn es für diese im dritten Arbeitsmarkt, der ja noch zu schaffen sei, Arbeit gäbe. Das ist jetzt aber irgendwie verwirrend, Herr van Vliet! Gibt's dafür jetzt Arbeit oder nicht? Außerdem wäre da noch zu klären, wie ein Arbeitnehmer seinen Kindern ausgerechnet via Arbeitsmarkt III (AM III) aus der Armut helfen soll, wenn AM II schon nicht ausreicht.

Kaum vorzustellen, ob Arbeitgeber dafür überhaupt noch was zahlen müssten, möglicherweise wäre der Job voll aus Steuern finanziert? (Wer sein Unternehmen darauf gründen mag, der soll bitteschön Pleite gehen und selber Leistungsbezieher werden!) Nicht auszudenken, dass in ein paar Jahren immer noch ein paar Menschen zu gering qualifiziert sind, um in AM III unterzukommen. Dann erfindet der Herr van Vliet ganz schnell den vierten Arbeitsmarkt, da dürften die Arbeitnehmer dann sogar noch Geld mitbringen. Wäre das nicht super?

Man sollte den allesamt erfundenen Göttern der Weltreligionen dankbar sein, dass Herr van Vliet nicht eigenhändig Arbeitsmärkte erschaffen darf. Sein Verständnis von sozialen Leistungen geht ohnehin kaum über den Wohlfahrtsgedanken hinaus: Die Vereine sollen's richten, wenn es um kulturelle Teilhabe und Bildung geht, und wer Hunger hat, geht einfach zur Tafel. Schön, dass sich die Stadt Ludwigshafen so einen wie den Herrn van Vliet überhaupt leisten mag, denkt man da. Denn ein Sozialdezernent, das wäre doch wirklich auch ein Job für den dritten Arbeitsmarkt, oder nicht? Damit es für gewisse Tätigkeiten endlich wieder Arbeit gibt!

Donnerstag, 5. Februar 2009

Wie die Welt geht oder auch nicht! SAP und der SV Waldhof!

Wer hätte das gedacht? Endlich kommen wir mal zusammen, der Fußball und ich! Sonst finde ich das Getöse um den Lederdoppsball ja eher öde und sogar ein wenig peinlich, auch irgendwie mentallegasthenisch. Dass sich so viele Menschen weltweit darum scheren, ist mir daher stets unverständlich gewesen. Millionäre spielen für viel Geld Fußball, geben unmittelbar danach, schwitzend, stinkend und stotternd, strunzdumme Interviews und machen dann auch noch grottenschlechte Werbung für Autos und Streichschokolade. Was soll das?

Nun aber hat der Klassenkampf Einkehr in den Stollenschuhsport gehalten, was mich persönlich sehr freut. Dönn dörr Doitttttsche Monnn kömpft oigentlöch nöcht gögön soine Orbeitgöberrr! Zumindest tut er das nur selten, und somit ist mir jeder Streik willkommen, solange es nicht sogenannte "notleidende Banken" sind, die streiken, sondern Menschen, die laufende Rechnungen, Eigentumswohnungen und uneheliche Kinder bezahlen müssen, wie es der Fall bei den Spielern und deren Betreuer des SV Waldhof sein könnte. Ich betone, dass dies eine reine Mutmaßung ist und keinerlei Wahrheitsgehalt beinhalten muss!

Zu den Fakten: Der HSV Waldhof ist schon seit Ende des letzten Jahres in der Bredouille, weil offenbar niemand in diesem Verein mit Geld umgehen kann. Vor vier Jahren erst musste beinahe Insolvenz angemeldet werden, nun schon ist der Verein schon wieder knapp bei Kasse. Wie kommt das? Ist ein beknackter Kassenwart dafür verantwortlich, sind zu wenige zahlende Zuschauer oder ist eine größenwahnsinnige Planung, die Geld verpulvert, das man nicht hat, schuld? Viel eher besteht der starke Verdacht, dass ehemalige Funktionäre ein- bis zweimal in die Vereinskasse gelangt haben. Warum auch nicht? In der Korrupto-BRD ist dies durchaus üblich! Die Staatsanwaltschaft Mannheim ermittelt jedenfalls.

Wo Geld fehlt, spart man selbstverständlich beim Personal! Und zwar, bei Regionalligisten ist das zumindest so, bei den Spielern. Sind eh nicht so wertvoll! Warum soll das hier, beim VRN Waldhof, auch anders sein? Und so stehen etliche Gehälter der Spieler des ICE Waldhof samt Tross aus. Und dies ist wahrlich ein Grund zum streiken, die befußballschuhten Füße in die Luft zu strecken und beim anstehenden Training Pina Colladas (zu schwul für Fußballer?) oder eher noch Fassbier zu bölken. Man sieht sie schon in ihren knappen Trikots, wie sie mit Streikplakaten durch die Stadt ziehen und die zuvor einem Schiedsrichter entwendeten Trillerpfeife betätigen.

In der ganzen Fußball-BRD hätte es Solidaritätsbekundungen und Spielerkrawalle geben können. Stell Dir vor, es ist Fußball und keiner geht hin? Doch der SAP-Milliardär Hopp sponsorte dem SSK Waldhof schnell noch einen sechstelligen Betrag, die Gehälter können nun ausgezahlt werden. Und da soll man noch sagen, ein Streik nütze nichts? Bei der SAP ist ja jetzt ohnehin Geld für allerlei SchnickSchnack übrig - dank unserem Landesvater, dem göttlichen und unfehlbaren, aber sehr gesprächigen Herrn Oettinger wissen wir nun versehentlich, dass SAP ein paar Arbeitsstellen abbaut.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) überprüft gerade, ob da ein Rechtsverstoß vorliegt. Ist auch gut so! Wenn ich nun aber in meiner Phantasie einmal vermischen darf, was nicht wirklich zusammen gehört: Schön, dass die SAP nun wenigstens Arbeitsplätze outsorced. Wäre ja auch zu blöd: Stell Dir vor es gibt Fußballverein, aber kein Spieler spielt mit! Zur Not könnte man ja auch ein paar Arbeitslose Ex-SAPler - als Streikbrecher- einsetzen. Schlechter würde der Fußball wahrscheinlich nicht! Für alle anderen Brötchenverdiener aber gilt es, daraus zu lernen: Stell Dir vor, es gibt gierige Halsabschneider und keiner arbeitet für sie!

Streik! Streik! STREIK! STREIIIIIIIK!

Montag, 2. Februar 2009

Ausbeuten oder Lottojackpot knacken! Wo der Winter Hausverbot hat!


Wie FarmerBoy schon einmal bemerkte, konzentrieren sich nur äußerst fade Menschen ausschließlich auf das Behelfswarentauschmittel namens "Geld". Da FarmerBoy aber ganz und gar nicht fade sein möchte, seine nähere Zukunft jedoch in einem Land ohne Winter und dafür mit Meerblick zu verbringen gedenkt, "staring-at-the-sea-alike", wie er zu sagen pflegt, steckt er in einem tiefen Dilemma. Denn dafür benötigt er einen relativen Reichtum an Geld, und somit müsste er seine Kräfte ausnahmslos faden Zeitläuften widmen.

Zudem steckt in dem Wort "Reichtum" ja schon das andere, nämlich "Armut" mit drin, was ja ganz einfach bedeutet, dass es ohne das eine das andere nicht geben kann und die Bedeutungen beider Wörter ja nur abklänge, wenn jeder Mensch gleich viel besäße, so dass Geld fürderhin obsolet sei, weil auch Besitz keinen Wert mehr an sich hätte und so weiter und so fort. Würde er also, FarmerBoy, irdgendwie reich an Geld, beinhaltete dies die Armut wenigstens einer, wahrscheinlich aber gleich mehrerer Personen.

Ergo gibt es überhaupt keine humane Form der Geld- und Wertanhäufung, selbst wenn man mal das ganze Finanztohuwabohu und dessen Ursachen beiseite lässt. Diesbezüglich sei übermäßiger Gelderwerb eine unsoziale, weil chauvinistische Tätigkeit. Dem großen Erdmännchen sei Dank, dass die meisten Menschen gar nicht in der Lage sind, ihre Mitbewerber monetär zu überbieten und zu übervorteilen. Doch leider gibt es einen kleinen Teil der Gesellschaft, der sein überbordendes Gehalt nicht nur über die Knochenarbeit vieler ärmerer Menschen erzielt und hinterher auch noch der Meinung ist, er habe dies irgendwie "verdient".

Das ist aber pfui! Unternehmer dürften nach dem FarmerBoy-Act nicht mehr Einkommen erzielen als ihre Mitarbeiter, und höchstens ein Spielgeld für den Ausbau der Unternehmungen dürfte einbehalten werden. Erhöht der Unternehmer seine Bezüge, muss er die seiner Mitarbeiter ebenfalls erhöhen, muss er sparen, spart er auch bei sich. Wie kann man überhaupt auf die Idee kommen, es gäbe eine andere Möglichkeit als diese, wenn man ernsthaft so etwas wie soziale Gerechtigkeit im Schilde führt? Gut, das riecht nach Sozialismus, aber es wäre dieses Mal ein guter!

Jetzt ist FarmerBoy wieder etwas vom Thema abgekommen. Wir leben ja nicht in einem Sozialismus und die meisten Menschen weltweit finden das auch gut so - worauf auch immer diese seltsame Erkenntnis beruht, äußerste Verwirrung, mangelndes Urteilsvermögen und Kadavergehorsam sind ein Teil davon. Da das Leben nun also keine immerwährende Geburtstagsfeier ist, und einfache Erwerbsarbeit kaum über Spiesserträume hinausführen kann, bleibt doch nur noch Lotto:

Lotto ist zur Zeit die einzige Form des legalen Gelderwerbs, bei der Aufwand und Einsatz sozusagen sozialisiert sind und ein Minimum an Risiko birgt, dafür aber ein Maximum an Ausschüttung ermöglicht. Der Haken daran: Es ist statistisch wahrscheinlicher, vom Blitz getroffen zu werden, als eine Lottomillion zu gewinnen. Der Zuckernuckel daran ist, dass alle Mitspieler dies freiwillig tun, also keiner zum Lotto spielen gezwungen wird. Wie am vergangenen Samstag sind sie deswegen dazu bereit, insgesamt 127 Mio. Euro einzusetzen, um sich in Massenhysterie einen fast unmöglichen Gewinn zu erträumen.

Erwerbsarbeit lässt diesen Enthusiasmus missen! Kein Wunder: Man wird dort stets unfair bezahlt, dafür aber schwer ausgebeutet, bekommt das vor-sich-hin-träumen verboten und wird noch dazu intellektuell ausgebremst. Und das alles nur, damit die Chefs das ausleben können, wovon die Arbeiter sonst nur abends träumen können. Das ist so unsexy wie sonst nur was, deswegen haben CountryGirl und KollegInnen die unfaire Variante des Lottospiels - Systemspielen - probiert und leider, wie soll ich es sagen, verloren stimmt ja nicht: Nein, ihr Einsatz wurde heute erst wieder privatisiert, das klingt besser! Es gibt zwei neue Multimillionäre zu vermelden, und dies in Zeiten der Finanzkrise! FarmerBoy sagt dazu: Herzlichen Glückwunsch!

Er selber spielt seit Jahren bei der Aktion Mensch mit und hat jetzt schon lange nichts mehr gewonnen. Allmählich ärgert er sich darüber, dass die anderen viel öfter gewinnen als er. Das kann wohl kaum mit rechten Dingen zugehen. So wird das nichts mit dem Haus an der ägäischen Küste, vor dem er abends sitzt und den Gezeiten Beachtung schenkt, während er mit dem Gehstock rhythmisch gegen die Bank schlägt und seine gepflegte, leichte Kleidung in den milden Winden leicht flattert. Seine Daunenjacke steht nun als Denkmal inmitten deutscher Lande, kalt und steinern. An der Ägäis ist sie nicht vonnöten: Der Winter hat dort Lokalverbot!