Dienstag, 17. Februar 2009

Eins, zwei, viele Arbeitsmärkte! In Ludwigshafen wird man geholfen!

Bei diesem Mistwetter macht sich schnell Langeweile breit: Man möchte nicht mehr vor die Tür, gräbt sich lieber zuhause unter der Bettdecke ein und sinnt seltsame und hanebüchene Dinge aus. So ähnlich muss es auch dem Sozialdezernenten Wolfgang van Vliet aus Ludwigshafen ergangen sein. Der hat sich ganz viele Gedanken machen müssen, weil nun jedes vierte Kind in der BASF-Town von Hartz IV lebt, und das geht nun gar nicht, auch wenn es irgendwie trendy in der BRD ist. Also ab zum Interview mit einer Mannheimer Zeitung:

Sein Rezept gegen die Folgen der Kinderarmut heißt Ganztagsschule und Hausaufgabenbetreuung. Soweit so gut, klingt spitze, funktioniert aber nur, wenn Geld fließt und nicht irgendwelche Freigesetzte dies ehrenamtlich tun müssen. Fachpersonal braucht's da schon, von wegen der Bildungsgerechtigkeit. Aber man ist ja dabei in Ludwigshafen und anderswo, ist ja längst dabei, ist ja dabei, jaja, ist ja gut!

Die Ursache von Kinderarmut ist zuerst einmal die Armut der Eltern. Offenbar verdienen viele Menschen einfach zu wenig und brauchen daher finanzielle Unterstützung vom Staat bzw. den Kommunen. Andere wiederum sind zu schlecht qualifiziert für eine ordinäre Arbeit. Für diese hat man den sogenannten zweiten Arbeitsmarkt geschaffen. Leider verdienen die Arbeitnehmer dort noch weniger und brauchen deshalb - richtig: erst recht staatliche Unterstützung. So kommen die Kinder aber nicht aus der Armut heraus.

Irgendwie ist da laut Herrn van Vliet auch nicht die Hartz IV-Gesetzgebung dran schuld, nein: Schuld ist einzig und allein die Tatsache, dass "...für gewisse Tätigkeiten keine Arbeit mehr da ist." Aha! So ist das also! Aber genau deswegen hat sich der Herr van Vliet etwas besonders Innovatives ausgedacht: Wenn erster und zweiter Arbeitsmarkt nicht ziehen, dann muss ein dritter Arbeitsmarkt her - ist doch logisch! Da gibt's auch nichts dran zu rütteln! Damit es für gewisse Tätigkeiten wieder Arbeit gibt!

Allein dieses Satzkonstrukt ist so dermaßen interessant, dass man gar nicht mehr fragen mag, was denn diese gewissen Tätigkeiten eigentlich sein sollen. Vor allen Dingen, wenn es für diese im dritten Arbeitsmarkt, der ja noch zu schaffen sei, Arbeit gäbe. Das ist jetzt aber irgendwie verwirrend, Herr van Vliet! Gibt's dafür jetzt Arbeit oder nicht? Außerdem wäre da noch zu klären, wie ein Arbeitnehmer seinen Kindern ausgerechnet via Arbeitsmarkt III (AM III) aus der Armut helfen soll, wenn AM II schon nicht ausreicht.

Kaum vorzustellen, ob Arbeitgeber dafür überhaupt noch was zahlen müssten, möglicherweise wäre der Job voll aus Steuern finanziert? (Wer sein Unternehmen darauf gründen mag, der soll bitteschön Pleite gehen und selber Leistungsbezieher werden!) Nicht auszudenken, dass in ein paar Jahren immer noch ein paar Menschen zu gering qualifiziert sind, um in AM III unterzukommen. Dann erfindet der Herr van Vliet ganz schnell den vierten Arbeitsmarkt, da dürften die Arbeitnehmer dann sogar noch Geld mitbringen. Wäre das nicht super?

Man sollte den allesamt erfundenen Göttern der Weltreligionen dankbar sein, dass Herr van Vliet nicht eigenhändig Arbeitsmärkte erschaffen darf. Sein Verständnis von sozialen Leistungen geht ohnehin kaum über den Wohlfahrtsgedanken hinaus: Die Vereine sollen's richten, wenn es um kulturelle Teilhabe und Bildung geht, und wer Hunger hat, geht einfach zur Tafel. Schön, dass sich die Stadt Ludwigshafen so einen wie den Herrn van Vliet überhaupt leisten mag, denkt man da. Denn ein Sozialdezernent, das wäre doch wirklich auch ein Job für den dritten Arbeitsmarkt, oder nicht? Damit es für gewisse Tätigkeiten endlich wieder Arbeit gibt!

3 Kommentare:

Lisbeth hat gesagt…

Hallo Holger,
Da ich erst vor Kurzem wieder nach Mannheim gezogen bin, bin ich da leider nicht auf dem Laufenden. Daher einige Fragen:
bitte was ist der AM II?
Gibt es eigentlich noch diese 1 € Jobs?
lg

holz e. von bald hat gesagt…

Hallo Lisbeth,
willkommen in Mannheim. Ich hoffe, Du bist freiwillig hier ;-)
Der Zweite Arbeitsmark ist hier ganz treffen erklärt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Zweiter_Arbeitsmarkt
Und ja, die 1€-Jobs gibt es noch! wo kämen wir denn hin, wenn Arbeit tatsächlich entlohnt würde?
Viele Grüße
Holger

Lisbeth hat gesagt…

Danke für die Auskunft.