Posts mit dem Label Jah Wobble werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Jah Wobble werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 6. August 2012

Der Vigilant in mir! Von der Verlegenheit und von Alternativen!

austauschbar: Dielen!
Ich habe Berlin nie wirklich geliebt. Es ist nur so, dass ich so ziemlich alle anderen Orte in der BRD noch schlimmer finde. Nach Berlin zu ziehen ist für mich etwa das Gleiche wie Wählen zu gehen. Mit dem Unterschied, dass man nicht wirklich wählen muss, wohnen hingegen schon. Man fragt sich auch dauernd, jedenfalls tue ich das, was noch alles auf der Schmutzkugel namens Erde aus reiner Verlegenheit und mangelnden Alternativen geschieht?

Hier wie dort kann kaum einer Auto fahren. Alle haben es überall furchtbar eilig. Eiliger als andere. Einige sind noch dazu viel wichtiger als alle anderen. Wievielen Menschen würde eine Welt zerbrechen, erführen sie, wie ersetzbar sie im Grunde doch sind. Ich bin sicher: Die meisten Leute haben nur einen Job, weil ihre Chefs zu bequem sind, sich dauernd neues Personal zu suchen. Sonst würden sie gefeuert. Weil's nun aber schlecht für's Ego ist, wird's nicht verraten. Aber: Man muss doch auch sagen dürfen, was gesagt werden muss!

Es ist leider so: Man ist ersetzbar, variabel austauschbar, und man hat nur wenige Möglichkeiten, Maßstäbe zu setzen oder Bleibendes zu schaffen. Gut: Kinder. Die bleiben. Bis sie einen ins Pflegeheim verstoßen. Aber sonst: Geschäfts- und Lebenspartner werden ausgetauscht, Arbeitskräfte ersetzt und ganze Wälder ersatzlos gestrichen, wenn's dem Profit dient. Aber auch die Gierigen sind nicht gefeit vor Tausch und Ersatz. Fragen Sie Bruce Wayne! Der weiß da mittlerweile auch bescheid!

Der dritte Batman- Film der Nolan- Reihe ist leider etwas langatmig und neigt zur Verkitschung. Okay: Zwischendurch ist er richtig gut. Trotzdem: Ich werde ihn einfach durch den besseren, brillanten, zweiten Teil ersetzen. Denn: Gönnt man Batman wirklich einen geruhsamen Lebensabend? Ich weiß nicht. Ohne seine skurrilen Gegenspieler ist er nur noch Privatier. Etwas langweilig, wenn sie mich fragen. Gut für Bruce, ohne Zweifel. Schlecht für den Vigilanten in mir. Naja, zum Privatier wird er erst zum Schluss (auch am Anfang und sogar zwischendurch). Vielleicht ist's aber besser so: Denn eigentlich kämpft er auf der falschen Seite. Aber so ist das, wenn Milliardäre mit ihren Milliarden die Welt verbessern wollen: Sie brauchen die Milliarden! Batman wäre nichts mit selbsgebasteltem Klapprad und Gaffer- Tape um'n Kopp!

Tolle Filme gehen anders: Da gibt es Wes Andersons "Moonrise Kingdom" mit einem gut schlecht aufgelegten Bill Murray und superduftem Humor, trotz Kinderbeteiligung. Weil diese Kinder im Grunde Erwachsene sind. Oder umgekehrt. Allein die Kamerafahrt am Anfang des Films ist den Eintritt wert. Und dann läuft da noch die Verfilmung von Hunter S. Thompsons "Rum Diaries" mit Johnnie Depp in der Hauptrolle (was sonst?). Nicht zu vergessen: Iron Sky ist ein tolles, weil aberwitziges, B- Movie, das es irgendwie schafft, die bösen Mondnazis zum Ende des Films als die alleinigen Guten darzustellen (u.a. weil sonst keiner mehr übrig ist und Mondnazis heutzutage vielleicht die geringere Bedrohung darstellen).

Na, und da gibt es doch all diese Programmkinofilme, die in Niederbretzelbach nicht laufen. Und tolle Konzerte, in die ich es nie schaffe. Dieses Jahr verpasst: Weekend, Lee Ranaldo, Peaking Lights, Kid Kongo, Papercuts, Anika. Gesehen: Jah Wobble's und Keith Levene's Metal Box in Dub (sehr laut, seeehr Postpunk und(!) sehr konzertant). Gern verpasst: Joan as Policewoman. Obwohl ich die eigentlich ganz gut finde. Aber nur eigentlich. Ist halt LaLa mit bestimmt supertollen Texten. Aber wen interessieren schon die Texte, wenn die Musik nur so LaLa ist? Herbert Grönemeyer- Fans vielleicht.

Ach so: Ich arbeite wieder entgeltlich und habe deshalb weniger Zeit für alles, was mir wichtig ist. Ist doch auch was! Das Beste daran ist die Befristung, das Zweitbeste die Bezahlung! Und das meine ich durchaus positiv!
P.S. völlig vergessen, und zu unrecht: "Cosmopolis" von David Cronenberg. Hier wird die Absurdität des Kapitalismus formalsprachlich völlig neu inszeniert. Wie anders kann man diesen Irrsinn auch sonst beschreiben? Jedenfalls schon der zweite reiche Bubi im aktuellen Kino, dem erst sein Fall menschliche Züge entlockt. Diesmal aber in gut!

Mittwoch, 11. August 2010

Keine rosige Zukunft mehr! Mein verschmitzt zwinkernder, lieber "alter Sony"!

Leserinnen und Leser meiner letzten Posts könnten den Eindruck bekommen, dass ich mit Eigentum "Probleme" hätte oder sogar "neidvoll" auf den Besitz anderer blicke. Tatsächlich habe ich "Probleme" mit Eigentum, was wohl nicht zuletzt daran liegt, dass meines Vaters Baufirma pleite gegangen war und meine Eltern daraufhin um ihr Eigenheim bangen mussten. Um als Kind selbst keine Sorgenfalten ins Gesicht gemeiselt zu bekommen, musste ich mich ja geradezu von jedem Gedanken an Besitz lossagen.

Alles war gut gegangen, und meine Eltern haben ihr Haus halt noch einmal bezahlt. Aber ich selbst war von da an für jegliches Eigentum versaut: Mit Autos z.B. stand ich eh und je auf Kriegsfuß, und das diese Dinger gepflegt, betankt und gewartet werden mussten, war mir stets zuviel des Guten. Die Scheibenwischer z.B. mussten sehr sehr lange die Frontscheibe verschmieren, ehe ich es mir erlaubte, neue zu besorgen und zu montieren.

Besitz belastet mich in der Tat enorm, und somit sei der Vorwurf des Neides hinfort gewischt wie Blütenstaub mit verbrauchten Scheibenwischern. Einmal um die Weihnachtszeit, es muss im letzten Jahrtausend noch gewesen sein, bekam ich Post von der Polizei, man hätte mein Auto vor ca. zwei Wochen gefunden. Diebe hatten es offenbar zur Spritztour missbraucht - weit waren sie nicht gekommen: Die Tankfüllung reichte nur für ungefähr 30km Spassfahrt.

Ich hatte jedoch den Diebstahl gar nicht bemerkt, weil ich mein Auto erstens: immer an verschiedenen Plätzen geparkt hatte und zweitens: ich dieses Ding sowieso die letzten Wochen gar nicht gebraucht hatte. Da ich nun aber mein Auto auch in den nächsten Wochen nicht brauchen würde, ließ ich es noch zwei weitere Wochen bei der Polizei und war dann recht überrascht, dass ich für einen vollen Monat Standgebühr entrichten musste. Und dann folgte die Reparatur...

Wer etwas hat, der muss sich um etwas kümmern. Wer nichts hat, muss sich auch um nichts kümmern. Dieses Credo ist viel zu einfach um falsch zu sein. Trotzdem gibt es Dinge, die mir lieb sind: Ich hatte bis vor kurzem einen Pflegefall, um den ich mich bis zum Ende liebevoll und mit Geduld kümmerte: Mein lieber Sony 5 Disc CD- Changer, den ich mir zwischen 1988 und 1990 als ersten und einzigen CD- Player gekauft hatte. Seit 2006 hatte er die kleine Macke gehabt, sehr spät "anzuspringen", und tatsächlich brauchte er zuletzt beinahe 15 Minuten, bis er einsatzbereit war.

Zudem verweigerte er zusehends die Nahrung. Am Ende spielte er nur noch gebrannte CDs, die Originale verschmähte er stets. Zu meiner Freude schien er in hohem Alter noch ein konsumkritisches Verhalten zu entwickeln und zeigte zivilen Ungehorsam. So manches Mal zwinkerte er mir kurz mit dem Display zu, um so seine Renitenz unter Beweis zu stellen. Mein lieber "alter Sony" hat mir bis zum März dieses Jahres gute Dienste geleistet, immerhin begleitete er mich über 20 Jahre als kompetenter Verwalter musikalischer Angelegenheiten. Dann erlosch das verschmitzt zwinkernde Display auf ewig...

Ihn nun reparieren zu lassen wäre genauso grausam wie einen Rentner arbeitstauglich zu operieren. Er wäre dann ein anderer, nicht mehr mein "alter", sondern mein "reparierter Sony". Mein "alter Sony" hat sich seinen Ruhestand verdient. Ihm kondoliert auszugsweise folgende (manchmal etwas peinliche) Playlist:
Cassandra Complex, Skinny Puppie, Philip Boa and the Voodooclub, Einstürzende Neubauten, Abwärts, Alien Sex Fiend, Flowerpornoes, Public Enemy, Pop will eat itself, Yo la Tengo, The Shamen, Baby Ford, Bernd Begemann, F.S.K., Momus, Sonic Youth, Wire, Stereolab, Laila France, Jah Wobble, Tortoise, So, F.M. Blumm, Burger, Scott Horsecroft, Antonelli Electronics, Jan Jelinek uvm.
Jetzt besitze ich einen DVD-Player zum Abspielen meiner CDs. Einen Fernseher habe ich allerdings nicht, will ich auch nicht. Das Haus meiner Eltern werde ich irgendwann einmal erben. Was soll ich damit nur machen? Meine Zukunft ist etwas weniger rosig ohne meinen "alten Sony".