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Samstag, 1. November 2014

Trotz Kulturimport, Geschenken und Kindheitstraumata: Knutschen!

Die Welt ist seltsam und fremd! Die Menschen darauf auch! Ich gehe gerne mit C. spazieren. Wenn die Zeit knapp ist, auch durch Friedrichshain. Und manchmal sage ich zu ihr: "Schau mal, es gibt wieder Geschenke!" Denn: Neuerdings steht vor gefühlt jedem dritten Haus ein Haufen Sperrmüll, daran befestigt ein handgeschriebenes Zettelchen mit Blümchen darauf und der Aufschrift: Zu verschenken!

Das ist augenscheinlich nicht nett gemeint. Wer denkt, dass man fremden Menschen mit dem zerfledderten Krimskrams eine Freude macht, hat entweder ein seltsames Verhältnis zu der auch in der BRD vorhandenen Armut oder ist schlicht zu faul, seinen Müll dorthin zu verbringen, wo er hingehört: In den Sperrmüll! In Neukölln wird an der Straße abgestellter Sperrmüll übrigens ausschließlich den Sinti und Roma zugeschrieben: Wenn das mal kein Irrtum ist!

Ebenso merkwürdig ist das über den Umweg der USA zu uns geschwappte irische Kostümfest namens Halloween. In beiden Ländern hat dieses Fest eine gewisse Tradition. In jeder US-Serie taucht mindestens einmal der Moment auf, an dem der ganze Ort an Halloween unterwegs ist und sich gegenseitig erschreckt. Manchmal passiert auch wirklich Gruseliges: Ein Fest für Serienmörder!

In Friedrichshain, tatsächlich Hort protestantischer Enthaltsam- und Spießigkeit sowie spaßfremdelnder grüner Wähler*innen, tauchte gestern immer wieder mal ein anderes, vereinzeltes Kind in gekauftem Hexenkostüm gemeinsam mit seinen Helikoptereltern auf. Dies lief so ab: Die Eltern klingeln an fremden Türen und sagen artig auf: "Süßes oder Saures!" Das Kind ist stets schüchtern oder stumm (oder beides) und versteckt sich hinter Mamis Rockzipfel.

C. und ich sind natürlich nicht vorbereitet gewesen. Halloween gehört nicht zu unserem kulturellen Erbe, daher hatten wir nicht damit gerechnet, sumpfdumme Eltern mit ihrer Brut vor unserer Türe zu finden. Wir husteten also kurz ins Treppenhaus und sagten, dass wir in Trauer sind, weil gestern unser Mitbewohner an Ebola verstorben sei.

Nein, Halloween ist ein uns fremdes Franchise, damit die Erlebnisgastronomie und die Verkleidungsbranche in zeitlich gut platziertes, weiteres Event verbuchen darf. Denn vorher gab es zwischen Sommerferien und Weihnachten gar nichts, mit dem man hätte Geld verdienen können. Deswegen gibt es ja auch die Kneipen, in denen man jeden Tag Silvester, Fasching und Weihnachten zugleich feiern kann. Und nun eben auch Halloween.

Leute, die sonst kein gutes Haar an der USA lassen und jeden Kulturimport von dort der Unzulänglichkeit und des Zionismus zichten, sind plötzlich kaum zu halten: Endlich mal wieder verkleiden und was total Lustiges, Verrücktes tun! Diese Leute, sie sind ganz arme Würstchen, wenn sie so etwas brauchen, um ihrem tristen Alltag etwas entgegensetzen zu können.

Ich selbst habe die ganze Verkleiderei nie ganz verstehen können. Ich war wohl schon immer am Liebsten ich selbst. Ich muss zugeben: Als Kind habe ich mich gerne als Cowboy verkleidet. An Fasching hat man sich nämlich als solcher ausgegeben und dann wilde Schießereien zelebriert. Das hat mich davor bewahrt, in meiner Schule mit echter Munition um mich zu schießen. Es wäre interessant zu erfahren, ob die jugendlichen Amokschützen jüngerer Zeit von ihren Eltern gezwungen wurden, in pädagogisch wertvollen Kostümen herumzulaufen. Waldorf- Education made me a serial killer, my dear!

Manche Eltern zwangen ihre Kinder in Indianerkostüme. Leicht zu erraten, dass in einer durch Western von Gestern sozialisierten Jugend die Indianer erstens böse, zweitens Loser und deshalb drittens schnell tot waren. Meine Mutter, sonst nicht gerade ein pädagogisches Genie, hatte eines Tages die perfide Idee, mich in ein Clownskostüm zu zwingen. Grund: Weil ich bislang jedes Jahr Cowboy gewesen sei und sie das langweilig fand.

Was langweilig ist und was nicht, wusste ich immer selbst am Besten. Verheult und zitternd kam ich als Clown zum Maskenball. Obwohl ich bewaffnet war (Waffenschmuggel), kann man sich leicht vorstellen, dass ein Clown im Wilden Westen ein Opfer verschiedenster Todesarten ist. Cowboys und Indianer, sonst Erzfeinde, verbündeten sich einzig mit dem Ziel, mich auf diverseste Arten umbringen zu können.

Schlussendlich bin ich froh, dass meine Mutter nicht auf die Idee kam, mich als Blümchen oder Prinzessin zu verkleiden. Doch der Clown war schlimm genug: Dass ich danach nicht an meiner Grundschule Amok gelaufen bin, lag nur daran, dass meine Eltern nicht über Schusswaffen verfügten. Eine Axt wäre zwar auch effektiv gewesen, kam aber in Western von Gestern nicht vor. Daher bin ich auch nicht auf die Idee gekommen.

Seitdem habe ich es jedenfalls vermieden, mich zu verkleiden. Es war lange Zeit auch gar nicht nötig: Die Dorfjugend verkroch sich in ihre Jugendzimmer, um sich auf einem Kasten Bier sitzend langsam aber stetig Alkohol einzuflößen. Die Masken fielen, und wir waren ganz wir selbst. Letztlich rappelte ich mich auf, setzte die Maske der Zivilisation wieder auf und ging irgendwann nach meiner Ausbildung studieren. In D. waren leider Mottofeten der Hit.

Ich ging zwar gerne auf Partys, hatte aber keine Lust mich zu verkleiden. Die Menschen um mich herum fanden mich langweilig, weil ich nun mal am Liebsten ich selbst war: Ein Verkleidungsmuffel. Mein einziges Zugeständnis war ein Pappschild, dass ich mir eines Abends umhängte: "Ich bin Pamela Anderson, verkleidet als Holz E. von Bald"* (*Name geändert, die Red.). Selbstredend hat niemand die Genialität dieses Kostüms goutiert noch verstanden. Ich habe dann aber doch noch geknutscht, ganz ohne Dialektik. Das Pappschild hing an der Garderobe.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Aktive Sterbehilfe für das Weltklima! Es gibt kein Entrinnen!

Ach, wir sitzen alle in der Falle. Egal, wie sehr man sich bemüht, man kann im Grunde nichts richtig machen. Alles, alles, alles was wir tun und sagen, ist grundfalsch und kann nicht das Rechte sein. Das Gelbe vom Ei schon gar nicht, und das Weiße auch nicht. Es hebt sich sozusagen alles gegenseitig auf und verkehrt es nicht einmal, nein: Es wird lediglich nivelliert zur Bedeutungslosigkeit. Beispiele gefällig?

Geben wir unseren Kindern Süßigkeiten, dann werden sie fett, tun wir's nicht, dann vernachlässigen wir sie und sie werden zu noch soziopathischeren Monstern, als sie es ohnehin schon sind. Erziehung ist an sich schon ein Fehler, Anti-Education aber auch. Die Dichotomie der Verhältnisse verhindert jedes Zwischending. Es wundert und es wundert nicht zugleich, dass Erziehungsratgeber angesichts einer solchen Tatsache die Bücherborde überquellen lassen und erwachsene Menschen vom Schreiben solcher leben können.

Oder die Demokratie: Wählen wir beim nächsten Mal eine andere Partei, weil die jetzige völlig verblödet ist, dann ändert sich nichts zum Guten, sondern nur zu einem anderen Schlechten. Ich muss zugegeben, und das fällt mir nicht leicht, weil ich es immer für gefährlich falsch gehalten habe: Meine Eltern hatten völlig recht damit, wenn sie meinten, dass "die da oben" sowieso machen, was sie wollen. Egal, wer an der "Macht" ist: Es geht nie besonders gut für "die da unten" aus! Warum meine Eltern damals nicht mit der RAF sympathisiert haben, erscheint mir nun mehr als rätselhaft. Mit so einer Einstellung hätte ich wahrscheinlich selber Sprengsätze gelegt. Nicht so meine Eltern!

Ach, und das Klima erst: Schaffen wir unser Auto ab, dann ist das gut für's Klima. Aber dafür ist es ungesund, wenn wir uns stattdessen als Fußgänger oder Radfahrer versuchen. Wozu habe ich eigentlich mit dem Rauchen aufgehört, wenn ich täglich mehrere Tonnen Abgase einatmen muss? Was ist die Quintessenz davon? Sollen wir alle zu Hause hocken bleiben in unserer winterkalten Wohnung? Darinnen ist es aber kalt heutzutag'. Wir wissen jedoch: Heizen ist aktive Sterbehilfe für das Weltklima!

Und der Winter, der Freund von Gevatter Grimm? Er ist der Klimakiller Nummer 1, da folgende Faustregel gilt: Wer viel friert, heizt viel! Kann man sich dem Winter entziehen? Nein! Es sei denn, man fliegt nach dem warmen Süden und überwintert dort. Am Besten kehrt man danach nicht mehr zurück: Das schont die CO² Bilanz und reduziert sie um die Hälfte. Rückflug gespart = Kerosin gespart. Dafür geht man dann den dortigen Einwohnern mit Mülltrennung auf den Keks und lässt sich in national befreiten Wohnghettos nieder.

Aber selbst die Internetrecherche nach einem Reiseziel verbraucht schon so viel Energie, dass man stattdessen mit einer erhellenden, alten Glühbirne im Genick ein schönes Buch lesen könnte. Jeder Suchprozess beansprucht die Riesenrechner von Google so sehr, dass dafür zwischen 2 - 10g CO² verbraucht werden. Da kann man genauso gut Urwälder abholzen. Doch das ist auch schlecht für das Weltklima, von wegen Regeneration und grüne Lunge der Erde und so weiter.

Selbst sich aktiv zur Wehr zu setzen und die schöne, leider jedoch abflauende Sitte des Auto-Abfackelns zu pflegen, hat einen Nachteil: Autos wollen nicht einfach so rückstandslos verbrennen, dafür sind sie einfach nicht gebaut. Zudem zieht der Qualm direkt in die Stratosphäre und macht uns die Ozonschicht kaputt. Die wunderbare Idee, Autobesitzern einfach ein kleines Päckchen mit Anzünder und Streichölzern auf die Wagenräder zu legen, damit dieser sein Fahrzeug selber verbrennen möge, ändert daran nichts.

Wie gesagt: Wir sitzen alle in der Falle! Es gibt kein Entrinnen vor dem Übel, man kann lediglich das Kleinere darunter wählen. So wie meine Eltern damals: Sie waren zwar mit keiner Regierung zufrieden und sahen sich vom Staat um alles betrogen, was sie je geleistet hatten. Aber deswegen den Langhaarigen zu huldigen, die gar nicht einmal wissen, was es heißt, richtig zu arbeiten (das Studentenpack), wäre ihnen ein größeres Übel gewesen, als den lieben langen Tag von den im Grunde ja doch gottgewählten Großmächtigen verarscht zu werden.

Es gibt kein gutes Leben im dialektischen!