Sonntag, 28. September 2008

Einer dieser Tage! Alle sind krank heutzutage!

Es gibt so genannte Thementage nicht nur im Fernsehen, sondern auch im echten Leben. Das echte Leben lässt sich aber leider nicht so lässig ausknippsen wie die Bildermaschine der elektronischen Art. So ist ein Thementag nicht immer nur ein Thementag, sondern manchmal auch einfach nur "einer von diesen Tagen". Wie neulich, als FarmerBoy mit BionicWoman zusammen war.

Diese klagte über eine ihrer alltäglichen, zuerst sitzplatzfreien, Fahrten mit dem ICE. Denn trotz Montskarte hat man keinerlei Anspruch darauf. Nun ist BionicWoman einigermaßen gewieft und konnte doch noch ein leeres Abteil finden. Dummerweise gesellten sich alsbald zwei mittelalte Damen dazu, die sich als geschwätzige SeniorSportlerinnen entpuppten. BionicWoman ist es generell lästig, wenn sich Menschen allzu lautstark ihrer Umwelt mitteilen, und sei es nur im Zwiegespräch.

Als das Thema aber vom Sport zu Sportverletzungen wechselte, und die darin vorkommenden Stichworte um offene Knochenbrüche, schlecht verheilende Narben und Blutgerinnsel kreisten, wurde es BionicWoman zuviel. Die Gute ist dermaßen empfindlich, dass allein der Gedanke an eine zweckmäßig zur Gesundung nochmals gebrochene Nase sie ohnmächtig im medizinischen Sinne machen kann, Schwindelgefühl und Übelkeit aber auf jeden Fall evoziert.

BionicWoman bat die beiden Frauen, doch bitte bitte das Thema zu wechseln: "Sie wissen schon, mir wird da ganz fahl, knick-knack, zwinkerzwinker, Sie verstehen?". Tatsächlich war für knapp 30 Sekunden Ruhe. Offenbar aber war eine Widerwärtigkeit noch unausgesprochen und musste zur hemmungslosen Prahlerei missbraucht werden. BionicWoman aber konnte nicht anders, als das Abteil zu verlassen und fortan sitzplatzfrei weiter zu reisen. Davon wurde ihr auch nicht besser.

FarmerBoy lud sie daraufhin zum Essen ein, und die Bahnfahrt dahin gestaltete sich nicht besser: Drei junge, Männer unterhielten sich lautstark, jawohl, über ihre diversen Sportverletzungen. Im Restaurant hingegen unterhielt sich das einzige andere anwesende Pärchen nicht über durch Mördersport zugezogene Verletzungen, dort ging es eher um altersbedingte Krankheiten und heilende Operationen an Hüftgelenken und offenen Beinen. Und beim anschließenden Besuch in einer Galerie war ein ähnliches Gespräch zu vernehmen. Dann war aber gut, und das Thema "Krankheit" wurde durch einen Vollrausch zur Seite gedrängt und im Schlaf durch lautes Schnarchen übertönt.

Wie aber kommt es, dass ein Thema an einem besonderen Tag überproportional oft auftaucht? Wurde zuvor eine medizinische Fachtagung abgehalten, welche Interessierte und Betroffene dermaßen beeindruckt hat, dass sie all ihre körperliche Auffälligkeiten noch einmal rekapitulieren mussten? Dagegen spricht, dass es haufenweise öffentlich durchgekaute Themen gibt, die aber niemals im Privaten erörtert werden müssen.

Die weltweite Finanzkrise derzeit sollte doch wohl jeden betreffen, besonders die Besitzer unter uns. Trotzdem ist das für die Menschen in diesen Tagen kein Topthema. Merke: Was sich in den Köpfen der Menschen fest setzt, kann von außen nur schwer gesteuert werden. Und was vom Zuhörer registriert wird, kann auch eine Folge selektiver Wahrnehmung sein. Nehmen wir es also nicht ganz so genau!

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