Jetzt ist es wieder so weit: Menschen, die sonst zum Lachen in den Keller gehen; die weinen, wenn ihnen jemand einen Kratzer in den Kotflügel macht und entweder gar nicht wählen gehen oder aber, schlimmer noch, eine Volkspartei wählen; Leute, die einen irre Spaß daran haben, ihren Mitmenschen allen Mut und jede Zuversicht aus den Fontanellen zu blasen; die ihren Kolleg*innen die Butter auf dem Brot neiden - diese Leute werden die nächsten vier Wochen so tun als seien sie die allerlustigsten und lebensfreudigsten Menschen von der gaaaanzen Welt.
Zum Beweis ihrer Lebensfreude malen sie sich und ihren Kindern die scheuslichsten Farben ins Gesicht, und ja, sogar eine Vokuhila oder Vuvuzela oder wie der Mist heißt, ist schon gesichtet worden, geblasen von genau den Leuten, die sonst freudig Anzeige wegen Ruhestörung gegen Nicht-WM-Fans zu Nicht-WM-Zeiten erstatten und die deren öffentliche, durch Ordnungskräfte stante pede vollzogene Hinrichtungen verlangen.
Die WM: Ein Ausnahmezustand, während dessen sich jeder Vollpfosten zum Verteidiger der nationalen Ehre berufen fühlt. Ein jeder dieser fähnchenschwenkenden, flaggengeschminkten und zwangs-gut-drauf-seienden Blödmänner und -frauen ist sich sonst ausschließlich selbst der Nächste. Aber während der WM tun sie so, als sei die Nation der "Garant für völkischen Zusammenhalt", so wie sie die NPD gerne herbeiphantasiert. In solchen Zeiten ist also sogar deren Nazi-Agenda Bestandteil des demokratisierten Abendlandes. Nicht nur in den Köpfen, wohlgemerkt: Der Nazi will sich öffentlich zeigen. Zur WM kann er's ungehindert.
Der endlich nach außen gekehrte, sonst domestizierte Nazi im Schlafrock, ist naturgemäß erst dann zufrieden, wenn alle anderen von der aus massenhafter Phantasielosigkeit herbei imaginierten Nation ausgeschlossen und zum Feindbild stilisiert werden: "Der Brasilianer, der Spanier, der Ire und der Jud', die gehören einfach nicht zu uns! Und der Grieche schon gar nicht, denn der ist teuer und gehört uns höchstens! Der braucht also gar keine eigene Mannschaft!" Und im Grunde auch keine eigene Nation: Die ist für die Doofen!
Und überhaupt: Was ist das denn überhaupt, eine Nation? Eine Zwangsgemeinschaft, zusammengepfercht zwischen mit Leichen übersäten, unsichtbaren Grenzen, hinter denen sonst der Sepp nichts mit dem Friedrich und die Elisa Johanna nichts mit der Chantal zu tun haben möchte? Eine Nation, in der ein Länderfinanzausgleich als Teufelswerk erachtet wird und in der der größere, ärmere Teil der Bevölkerung die Hauptlast an den Fehlspekulationen einer dünnen Schicht sogenannter Leistungsträger trägt, kann man wohl kaum als einen Hort gemeinschaftlicher Glückseligkeit betrachten.
Um so verwunderlicher das dumpfe, nationale Glück schlecht angemalter Menschen, die Einkommensmillionären zujubeln, wenn sie den Ball mit den Füßen zu treten in der Lage sind und die verheult nach Hause kriechen, wenn "ihre" Mannschaft, die "Deutschen" einmal ein Spiel nicht gewonnen hat. Dann ist "Volkstrauer", und ein derbe sozialdarwinistischer Sermon begleitet die Nachfolgerdiskussionen bezüglich des Bundestrainers.
Es ist ein Ausnahmezustand, der vernünftigen Menschen starke Übelkeit bescheren muss. Ich möchte einfach nur kotzen, wenn Väter ihren Kindern Flaggen ins Gesicht malen, vergrämte Blockwarte gehässig die Vuvuzela blasen und systembedingt verdummte Arbeitnehmer*innen euphorisch ihre Fähnchen schwingen! Woher haben sie den Stock für ihre Fähnchen, fragt man sich und ahnt es schon: Sie tragen ihn jahrein, jahraus im Hintern und warten auf Gelegenheiten, ihn endlich herausziehen zu dürfen: Zum Beispiel zur WM! Oder bei der Ausländerhatz!
Und dabei wurde die unglückselige Rolle der oberkorrupten, antisemitischen und von alten Herren dominierten FIFA noch nicht einmal angesprochen. Doch da müsste sich mein Körper vor lauter Ekel völlig von innen nach außen stülpen und die Straße verkleistern. Niemand von diesem national-geilen Volk würde es wegwischen wollen, soviel ist sicher. Dafür gibt es: Die anderen!
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Montag, 16. Juni 2014
Donnerstag, 17. Juni 2010
Kaum ein Unterschied! Vokuhila ist gleich Vuvuzela!
Na? Wer kennt den Unterschied zwischen deutschen und nichtdeutschen Fußball- bzw. WM- Fans? Richtig: Deutsche Fans können nur freudlos "Schland" grölen und vielleicht auch noch zusätzlich "Olé Olé Olé" - je nachdem, wer ballermannsozialisiert ist und wer nicht. Fans aus Spanien grölen auch. Aber ihre Freude wirkt um so viel freundlicher und verspielter als die der Deutschen.
Keine Widerrede: Ich habe beide Fanvölker (wenn mir dieser Begriff einmal erlaubt sein sollte) erleben dürfen. Vor den Freunden der deutschen Nationalelf hatte ich richtiggehend Angst bekommen, nicht nur wegen der unsachgemäß mitgeführten und klangbedienten Vuvuzela. Nicht umsonst klingt der Name der WM- Tröte beinahe wie Vokuhila, der Frise des minderbegabten Proletariats. Und eben genau so wird sie auch benutzt.
Die Freunde der spanischen Mannschaft verbreiteten hingegen Spaß und Freude. Sie spielten in der U-Bahn Theater, persiflierten irgendwelche Spieler und lachten dabei. Sie gingen mir dann aber auch auf die Nerven, weil einer der Fans seinen Döner mit weit ausholender, doch durchaus nicht unfreundlicher Geste bedenklich nahe an meinem Brioni-Anzug vorbeischrammte. Trotzdem wäre auch diesem unvorsichtigen Enthusiasten niemals eingefallen, ein knutschendes Pärchen mit markigen Sprüchen zu belästigen wie das deutsche Proletariat ein paar Spiele vorher.
Die bundesrepublikanischen Fans scheinen nämlich gar keine echte Freude zu empfinden. Ganz offenbar baut ihre Freude auf einem Minderwertigkeitskomplex auf, der nur durch einen "Sieg" überwunden werden kann. "Deutschland" ist dadurch doch noch "etwas wert", das eigene Losertum verliert an Bedeutung und man fühlt sich besser, weil MAN bzw. die eigene Elf einfach BESSER als die ANDERE war. Penetrant auf der eigenen Wichtigkeit herumzureiten ist nicht fein.
Tatsächlich ist das die eigene Überhöhung dadurch, indem man andere kleiner macht. Die übelste Form von Nationalstolz ist das. Selbst wenn Nationalstolz ganz oben auf der Liste der verdammenswerten zivilisatorischen Errungenschaften steht, dann schaffen es die Eingeborenen dieser zufälligen Schicksalsgemeinschaft mittels willkürlicher Grenzziehung namens Bundesrepublik Deutschland, das noch zu toppen. Ganz prima!
"Wir" können alles außer Deutschland! Und deswegen motte ich mein altes T-Shirt aus. Da drauf steht: "Deutschland halt's Maul!" Wird auch Zeit.
Keine Widerrede: Ich habe beide Fanvölker (wenn mir dieser Begriff einmal erlaubt sein sollte) erleben dürfen. Vor den Freunden der deutschen Nationalelf hatte ich richtiggehend Angst bekommen, nicht nur wegen der unsachgemäß mitgeführten und klangbedienten Vuvuzela. Nicht umsonst klingt der Name der WM- Tröte beinahe wie Vokuhila, der Frise des minderbegabten Proletariats. Und eben genau so wird sie auch benutzt.
Die Freunde der spanischen Mannschaft verbreiteten hingegen Spaß und Freude. Sie spielten in der U-Bahn Theater, persiflierten irgendwelche Spieler und lachten dabei. Sie gingen mir dann aber auch auf die Nerven, weil einer der Fans seinen Döner mit weit ausholender, doch durchaus nicht unfreundlicher Geste bedenklich nahe an meinem Brioni-Anzug vorbeischrammte. Trotzdem wäre auch diesem unvorsichtigen Enthusiasten niemals eingefallen, ein knutschendes Pärchen mit markigen Sprüchen zu belästigen wie das deutsche Proletariat ein paar Spiele vorher.
Die bundesrepublikanischen Fans scheinen nämlich gar keine echte Freude zu empfinden. Ganz offenbar baut ihre Freude auf einem Minderwertigkeitskomplex auf, der nur durch einen "Sieg" überwunden werden kann. "Deutschland" ist dadurch doch noch "etwas wert", das eigene Losertum verliert an Bedeutung und man fühlt sich besser, weil MAN bzw. die eigene Elf einfach BESSER als die ANDERE war. Penetrant auf der eigenen Wichtigkeit herumzureiten ist nicht fein.
Tatsächlich ist das die eigene Überhöhung dadurch, indem man andere kleiner macht. Die übelste Form von Nationalstolz ist das. Selbst wenn Nationalstolz ganz oben auf der Liste der verdammenswerten zivilisatorischen Errungenschaften steht, dann schaffen es die Eingeborenen dieser zufälligen Schicksalsgemeinschaft mittels willkürlicher Grenzziehung namens Bundesrepublik Deutschland, das noch zu toppen. Ganz prima!
"Wir" können alles außer Deutschland! Und deswegen motte ich mein altes T-Shirt aus. Da drauf steht: "Deutschland halt's Maul!" Wird auch Zeit.
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