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Mittwoch, 19. Dezember 2012

Berufe, die unter die Haut gehen #3: Bankier vs. Plünderer

Auf der Suche nach der Saugstelle
Glaubt man dem Maya-Kalender und Roland Emmerich (?), dann geht die Welt am 21.12.2012 unter. Das wäre zufällig der 83. Geburtstag meines Vaters und der ist 3 Tage vor Heilig Abend. Woher aber hätten die Mayas (geschweige denn Roland Emmerich) wissen sollen, dass der Weltuntergang exakt am 83. Geburtstag meines Vaters stattfindet? Ich bezweifle ebenfalls, dass sie damals schon geahnt hatten, wann das liebe Christkind dem kirchlich naiven Glaube nach geboren war, so dass sie den Weltuntergang genau drei Tage vor dessen Wiedergeburt als verkaufsförderndes Maskottchen datieren konnten.

Für mich persönlich stellt sich natürlich die Frage, ob ich mich denn überhaupt noch nach einer beruflichen Tätigkeit umschauen soll. Man kann ja nie wissen, ob die Welt nicht doch am kommenden Freitag untergeht und die ganze Mühe umsonst war. Wie wird der Weltuntergang eigentlich ausschauen? Wird er langsam und zäh geschehen, so wie eigentlich schon die ganze Zeit? Oder geht einfach das Licht aus? Wird das Universum in den Urknall zurückgesaugt und welche physikalischen Probleme entstehen uns daraus? Endet dann die Zeit? Das wäre allerdings schade, gerade jetzt, wo ich endlich soviel davon habe.

Aber so war es schon immer. Jedesmal, wenn ich von etwas hätte profitieren können, endete es kurz zuvor. Ein Beispiel: Als ich das Arbeitsamt letztes Jahr besuchte, bot man mir zuerst einen Existenzgründerzuschuss an. Doch dann stellte sich heraus, dass meine letzte Förderung nicht lange genug in der Vergangenheit lag. Nächstes Jahr, prophezeite meine Beraterin, ginge das wieder. Nun, als ich kürzlich aus gegebenem Anlass noch einmal nachfragte, da ging es plötzlich nicht mehr: Diese Förderungsart sei bereits Anfang diesen Jahres extrem zurückgefahren worden, so meine Beraterin. Nun sei es für hochqualifizierte Arbeitnehmer nicht mehr möglich, sie in Anspruch zu nehmen.

Nun frage ich mich, wie sich die klugen Leute aus der Agentur für Arbeit die Selbständigkeit vorstellen. Ist das freie Unternehmertum nun auf minderqualifizierte Arbeitslose abonniert? Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz, irgendwie. Allerdings, schaut man sich mal unsere financial leader an, wer weiß ob das nicht System hat? Ich bin sicher, minderqualifizierte Arbeitslose könnten die selben Leistungen vollbringen, wenn nicht sogar bessere. Zumindest könnte man leichter verstehen, wenn sie doch einmal scheiterten. Man würde sagen: Hey, denen hat eben die Qualifikation gefehlt. Selber schuld, wer denen die Verantwortung über Geld und Reichtum gibt.

Seltsam nur, dass angebliche Hochqualifizierte genauso grandios scheitern. Dabei ist Qualifikation ja ein Merkmal der Beschränkung auf ein Fachgebiet. Ich bin für die Wirtschaft tatsächlich minderqualifiziert. Eine gute Zugangsberechtigung, wie ich finde. Vielleicht sollte ich Bankier (oder neudeutsch: Bänker) werden. Ich denke, das ist kein schlechter Job, und dabei so krisensicher. Wenn ich zum Beispiel Mist baue, ich ihn zudem gemeinsam mit anderen baue und er seltsamerweise völlig gesetzeskonform ist, dann kann mir gar nichts passieren. Dann kommt die Rettungsroutine und alles wird gut. Alles was man können muss, ist die Leute bequatschen. Dass kann ich gut. Da bin ich hochqualifiziert (was mich allerdings vom Existenzförderungszuschuss meilenweit entfernt).

Ich muss lernen, Sätze zu bilden wie: Das konnte man in dieser Form und in diesem Ausmaß nicht voraussehen oder: Das war alles völlig legal und in Übereinstimmung mit der derzeitigen Gesetzgebung. Schädlich ist auch nicht zu fragen: Wo steht der Champagner? und schließlich hilft es, zu wissen, dass die besten Reisebüros gar keine sind, sondern private Unternehmer, die gleichzeitig Kunden meines Instituts sind. Ich glaube, eine Gesellschaft, die sich Bankiers leisten kann, der kann es nicht so schlecht gehen. Ein Hirte, der um seine Existenz bangen muss, würde ja auch niemals einen Wolf in seine Herde lassen und ihm erlauben, so viele Schafe zu reißen wie es ihm beliebt.

Ein Hirte, der im Überfluss lebt, vielleicht schon. Wahrscheinlich ist ihm langweilig und er sucht nach dem speziellen Kick, will es vielleicht einfach einmal sehen, wie weit er gehen kann. Brot und Spiele eben. Doch dann ruft der Wolf nach seinem Rudel, weil: er ist ein Rudeltier, und gemeinsam metzeln sie die Herde im Blutrausch, bis kaum ein Schaf übrig bleibt. Da greift der reiche Hirte so oft zum Rettungsschirm und kauft neue Schafe, bis es zur Rettungsroutine wird. Kluge Hirten würden die Wölfe schießen, aber vielleicht ist der reiche Hirte gar nicht klug, sondern einfach minderqualifiziert? Ja, liebe Agentur für Arbeit, hast Du Dir das auch wirklich gut überlegt, hmmm?

Zurück zum Text: Bankiers sind die Hofnarren einer Republik. Man leistet sie sich und lässt sich gar vortrefflich von ihnen unterhalten. Der Unterschied zum Hofnarren ist der: Wenn der Hofnarr keinen Spaß mehr macht, dann landet er in Ketten. Wenn der Bankier keinen Spaß mehr macht, dann behauptet er einfach, das läge am Pöbel, dass er nicht mehr arg lustig sein kann. Und dann liegt der Pöbel in Ketten. Wird's dann aber immer noch nicht lustig, dann liegt's an der Regierung und den Ketten, die sie dem Pöbel anlegt. Bei uns heißt es dann: Neuwahlen. Ich habe das Prinzip im letzten Post hinreichend beschrieben.

Fakt ist: Am Ende ist für die, denen das ganze Geld gehört, nichts mehr übrig. Dann gehört es denen, denen es eigentlich gar nicht gehört, die aber versprechen, darauf aufzupassen. Und dann ist es aber auch irgendwie bei denen verschwunden, keiner weiß wohin. So ein Pech! Trotzdem ist der Beruf des Bankiers gut. Er verspricht Wohlstand und ist wie bereits erwähnt krisenfest. In der Krise nennt man ihn Plünderer, doch nicht die Berufung, einzig die Berufsbezeichnung ändert sich. Deshalb muss ich mich dieses Mal auch gar nicht entscheiden. Es kommt halt darauf an: Geht die Welt am Freitag unter oder nicht? Falls nicht, werde ich Bankier!

Mittwoch, 28. Juli 2010

Putzerfische zu den Waffen! Kapern ist ein Verb und keine eingelegten Blütenknospen!

Putzerfische führen ein ganz okayes Leben. Für patriarchal geprägte Zeitgenossen mag es verlockend klingen, dass die männlichen Exemplare einen eigenen Betrieb (Putzerstation) führen und sich einen Harem halten. Für Einkommen und Kopulationsmöglichkeiten ist allemal gesorgt. Größere Fische machen Station und lassen sich mal so ordentlich von innen und außen durch- und abschrubben. Putzerfische ernähren sich von Parasiten und abgestorbener Haut. Haben die beflossten "Kunden" genug, verlassen sie die Putzstation.

So kann Dienstleistung also aussehen: Völlig friedfertig finden sich Kunden ein, unter ihnen auch gewichtige Verbrecher, lassen sich verwöhnen und zahlen mit Naturalien, die sie selbst nicht brauchen können. Der Dienstleister indes ist es zufrieden und geniesst ansonsten sein Leben. Inwieweit Fische ihr Leben geniessen, mag einmal dahin gestellt sein. Inwieweit menschliche Dienstleister ihrem Leben etwas Freude abringen können, allerdings auch. Doch die Vorzeichen sind anders: Die großen Fische unter den Menschen (um im maritimen Bild zu bleiben) lassen die kleinen Fische zu sich kommen, und sie halten sie kurz.

Bei Hamburg findet derzeit eine von der Arbeitagentur finanzierte Qualifizierungsmaßnahme statt, in der Hartz IV Empfänger zu Servicekräften auf Luxusjachten qualifiziert (nicht ausgebildet!) werden. Das bedeutet: Zimmer putzen, Cocktails reichen, Deck schrubben, Nacken massieren - und das rund um die Uhr. Ein Privatleben dürfte bei solch einem Job eher Nebensache sein. Man könnte sich womöglich genausogut kastrieren lassen und als Eunuch einen Harem bewachen, statt ihn wie ganz ordinäre Putzerfische selbst zu unterhalten.

Also muss es ja das zu verdienende Geld sein, das einen Menschen zu solch einer Qualifizierung antreibt? Weit gefehlt: Mit knapp 2500 Euro brutto (für 9to5- Jobber klingt das verlockend) ist das Gehalt keine Entschädigung für ein ausschließlich den Superreichen gewidmetes Leben. Das ist in der Tat erniedrigend: Ein geringes Einkommen und den ganzen Tag schuften für einen halbdankbaren Blick des Arbeitgebers, wenn sein Drink ausnahmsweise einmal korrekt kredenzt wird. Den Stundenlohn jedoch möchte man sich erst gar nicht ausrechnen.

Anerkennung ist also der Lohn des Arbeitnehmers, nicht sein Gehalt. Dementsprechend wird der Wert der Arbeit von den Arbeitgebern festgesetzt: Er ist niedrig und wird zudem nach unten, und nicht nach oben, verhandelt. Arbeit wird tendenziell als eine vom Arbeitnehmer freudig erbrachte Dienstleistung betrachtet, einzig und allein dazu da, die Reichen noch reicher zu machen. Solange die NichtSoReichen und die FastArmen für ihre Distinktion und nicht für ein angemessenes Gehalt arbeiten, wird sich daran nichts ändern.

Kein Wunder, dass jene Reichen ihren Besitz als gottgegeben und sich selbst als Leistungsträger betrachten. Keiner von ihnen käme je auf die Idee, das sein Reichtum auf der schlechtbezahlten Arbeit seiner Angestellten gründet. Käme er darauf, müsste er sie ja an "seinem" Umsatz gleichberechtigt beteiligen - falls denn ein auf Ethik begründetes Verantwortungsgefühl vorhanden wäre. Dann aber wäre es essig mit der Jacht. Der Pöbel auf seine Plätze, mir zu wohlgefallen!

In schöneren Zeiten würde sich derselbe Pöbel erheben, die Piratenflagge hissen, den "Eigentümer" über die Planken springen lassen und einfach kapern, was er (sich!) mittels eigener Arbeitskraft erarbeitet hat und was ihm eigentlich auch gehören sollte. Klaus Störtebeker, seines Zeichens Likedeeler (Gleichteiler) und Todfeind der Hanse, gilt als volkstümlicher Held. Warum sollte man ihm nicht nacheifern? Wer aber würde uns dann jene so erflehte Anerkennung schenken? Der Arbeitgeber ist nun der Makler unseres Selbstwertgefühls... Traurig, dass selbst Fische da irgendwie weiter sind.