Montag, 21. April 2014

Locked in Friedrichshain Part 1: Behave, Bullys!

Behave! Distinguiertheit ist hier Überlebensstrategie. In Neukölln leben ein paar grantige Altdeutsche, viel mehr aber Menschen mit Migrationshintergrund und Neuberliner mit Hund. Hier pendelt die dreiarmige Waage zugunsten von niemand aus und verharrt in der Mitte wie ein Frisbee im Vakuum und in Schwerelosigkeit.

In Friedrichshain jedoch sind alle mehr oder weniger angekommen. Die von konservativen PolitikerInnen so gefürchtete Gleichheit ist hier Normalität. Hier herrscht keine Wohnungsnot, hier herrscht Parkplatznot! Wer wohnen will und kein Geld hat, muss sowieso hier raus. Okay, im Nordkiez gibt es noch Bastionen linken Widerstandes, doch die Investoren bauen sich fort.

Man muss die Unterschiede im Kleinen und Feinen suchen: Es gibt die alten Friedrichshainer (oder indigenen Berliner) und es gibt die neuen Friedrichshainer. Erstere haben alle einen Hund und Berliner Schnauze. Die neuen Berliner eifern dem nach und rotzen und pöbeln wie die alten. Und doch ist etwas anders: Es ist nicht die Berliner Schnauze die hier spricht, sondern pure Ignoranz und Arschlochigkeit.

Ich bin vor etwas mehr als 14 Jahren nach Berlin gezogen, weil ich vor den Dorfprolls in dem, was man wohl Heimat nennt, flüchten wollte. In Berlin wurde ich nie gefragt, was ich denn so mache. Und man hat eher skeptisch meine Bestrebungen nach Berufstätigkeit betrachtet und sich gewundert, warum ich keine Kunst mache und warum ich nicht so schäbig gekleidet bin wie die meisten der ebenfalls Geflüchteten.

Nun habe ich eher den Eindruck, nach Berlin zieht es vorwiegend jene Vollpfosten, die man glaubte daheim gelassen zu haben. Dürfen sie dort ihre seltsamen Rituale und Bosheiten nicht mehr ausleben und gehen jetzt dahin, wo sie sich sicher glauben, ihre Borniert- und Beschränktheit voll ausleben zu dürfen? Hat die Vernunft in der Provinz derart zugenommen, dass die Bullys mit ihrem Deppentum nicht mehr wohlgelitten sind?

Schön für die Provinz, schlecht für alle Fahnenflüchtigen! Denn nun bekommen wir es mit Leuten zu tun, die zu denken scheinen: Hey, in Berlin, da ist doch so die lockere Schnauze, da darf man Arschloch sein und bleiben, fällt gar nicht auf.

Doch, liebe Bullys aus dem Hinterland, es fällt auf: Berliner Schnauze ist zwar auch leicht ignorant, hat aber immer noch Herz und Hirn! Hat rein gar nichts mit Arschloch zu tun. Ein Tipp: Man sollte generell nie so tun, als wäre man jemand, der man nicht sein kann. Das geht immer in die Hose. Daher probiere ich es erst gar nicht aus und sehe leicht deplaziert aus. Aber besser mit Stil deplaziert als stillose Anbiederung und Habits, die Ihr gar nicht versteht.

Mist, war jetzt doch nix mit Distinguiertheit und Behave. Denn: Ich selber bin der Proll, vor dem ich geflüchtet bin, und nun holt er mich wieder ein. Man kann dem nicht entkommen, was man ist! Alte CIA-Weisheit!

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