Donnerstag, 13. Juni 2013

Worte großer Geister, ungehört: Jetzt lasst die Puppen tanzen, macht auf der Bühne Platz!

Heimat: nicht immer gut!
Na, da bin ich dann kürzlich in diesem Blog eine Hasstirade gegen die Dummheit in dieser Welt losgeworden, und schon kommt der berechtigte Einwand: Was soll das? Bringt doch nichts!

Wenn dies auch nicht der brillanteste Text war, den ich hier hinterlassen habe, so kam er doch aus den dumpf dräuenden Eingeweiden meines Unterbewusstseins: Endlich mal wieder Dampf ablassen, endlich mal wieder blind um sich schlagen! Was es gebracht hat? Mir geht's besser, danke!

Hass predigen ist eine prima Sache, wenn damit keine Massen aufgehetzt werden, gegen eine Minderheit nur zum Beispiel. Nun sage ich es noch einmal deutlich: Bitte nicht auf die Straße gehen und vermeintlich dumme Menschen verhauen! Dies wäre eine äußerst dumme Handlung und zöge sofort Dresche nach sich - von Menschen, die denken: "Uii! Da kommt ein Depp daher! Attacke!"

Jetzt noch einmal zurück zum Thema "Schreiben, wenn's doch nichts bringt". Dann könnte man ja auch sagen, das alles Geschriebene oder Gesagte für die Katz ist. Denn jedes Wort, das nach außen dringt, will etwas sagen, etwas behaupten und sich vergewissern, dass es wahrgenommen wird.

Viele große Geister, angefangen von Tilo Sarrazin über Kristina Schröder bis zu Martin Walser, könnten es sich sparen, ihre Gedanken an die große Glocke zu hängen. Einpacken! Interessiert eh' nicht! Doch sogar abstruse Gedanken, einmal geäußert, können die Welt verändern. Warum sollen das klare Gedanken nicht können?

Nun habe ich diese Tage auch einen Post mit Link zu meiner Soundcloud veröffentlicht. Zumindest hat keiner geschrieben: Wozu? Bringt doch nichts! Es wurde nur geschrieben, von einem ehemaligen Freund: Song ist schleisse (sic!). Was soll ich nun darüber denken?

Nun weiß ich, dass jener alte, ehemalige Freund schon immer so eine Art hatte, die sich gefällt, indem andere diskreditiert werden bzw. Lob oder Kompliment schlicht unmännlich zu sein hat. Ich war ja selber einmal so, sonst wären wir ja schließlich keine Freunde gewesen. Da ist leider der Haken an solchen Kumpeleien: Man weiß nie genau, woran man ist. Und das ist Freundschaft nicht.

Zwischendurch hatten wir versucht, den Kontakt wieder herzustellen, jeder für sich. Und es hat nicht funktioniert. Dann ein kurzes Telefonat, dass darin gipfelte, sich zu treffen, um alter Zeiten willen, genauer gesagt zu deren Reproduktion. Um mich zu prädestinieren, wurde ich ersucht, in alte Lästereien über mir liebe Menschen einzustimmen. Ich entzog mich. Den Lästereien und dem Treffen.

Ich finde, alte Zeiten wieder aufleben zu lassen, hat etwas Verzweifeltes. Es impliziert die Sehnsucht nach etwas längst Vergangenem, Verlorenem, konstatiert den Verlust und damit eine Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Situation. Es täte mir leid für meinen ehemaligen Freund, sollte es tatsächlich so sein. Ich wünsche ihm, dass dies nur ein ungeschickter Versuch der Kontaktaufnahme war.

Aber ich freue mich für mich, der ich offenbar so zufrieden mit meiner Existenz bin, dass ich überhaupt keine Lust verspüre, in alten Zeiten zu schwelgen oder gar in einen veralteten Modus zurückzuspringen. Es gibt nichts zu bereuen, ich habe nichts verpasst und bin dem Glück nahe, wenn ich in der Gegenwart lebe.

Und umso froher bin ich, dass ich einen kleinen, aber feinen Freundeskreis habe, dem ich auf den Keks gehen kann und der sich trotzdem noch an meiner Person erfreuen kann. Wenn auch nur gelegentlich. Denn wir sind ja auch keine 20 mehr, haben (fast) alle einen Partner und so ein Bier abends ist viel anstrengender geworden, seitdem der alte Körper nicht mehr soviel davon verträgt.

Wir sind nun qualitative Trinker mit langen Trockenphasen geworden. Wir wünschen uns eine Social-Media, die weniger Wert auf Quantität legt und in der Freundschaft oder Zustimmung keine entwerteten Begriffe sind. Uns eint das Gefühl, nichts verpasst zu haben, wenn wir irgendwo nicht waren oder irgendwas (noch) nicht haben. Wir sind jedenfalls egaler, und es ist lediglich freundschaftliche Kritik, wenn ich mir wünsche, dass uns doch noch ein paar mehr Dinge nicht egal sein sollten.

Ich scheine also mit rundum zufriedenen, wenn nicht sogar glücklichen Menschen verbunden zu sein, und das freut mich. Umso mehr freut es mich, wenn einer meiner Freunde ein Jahr älter geworden ist, so wie RonJustice, mit dem ich seit ein paar Jahren fröhliches Distanztrinken praktiziere und mit dem die Vereinbarung getroffen wurde, sich gegenseitig die Grabrede zu halten, was lustig ist, weil das gar nicht geht!

In den langen Telefonaten spielt die Qualität des Weines so lange eine Rolle, bis sie egal ist und wir uns endlich der quantitativen Frage des Konsums erfreuen können, die uns noch eine zweite Flasche aus dem Regal nehmen lässt (was zumindest mich am nächsten Tag mattsetzt).

Wir sind dabei wie Waldorf und Statler von den Muppets (wobei ich nicht weiß, ob ich der Dicke oder der Hässliche sein mag), und wir lästern über all jene, die sich auf die (politische) Bühne drängen, um Unfrieden zu stiften oder Blödsinn zu kreieren. Oder wir lästern über den Mob, den dummen.

Wir lästern so gut wie nie über Personen aus unserem Bekanntenkreis oder arme "Schweine", die medial durch den Kakao gezogen werden. Wir treten nicht nach unten, wir stechen nicht zur Seite. Wir boxen nur nach oben! Wir sind antihegemoniale, emanzipierte, feministische Männer und wir wundern uns, warum die "anderen" nicht so sind.

Eben fällt mir auf, dass wir womöglich die letzte Generation sind, die das  Figurenensemble der Muppets noch kennt. Oh elende Kulturlosigkeit, was willst Du mir?

Alles Gute, RonJustice!

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