Dienstag, 3. April 2012

Wenn die Jahreszeiten der Kapitalismus ist (sic!): Was sind (sic!) dann das Wetter?

kriegswichtig: neue Verkehrswege
Man stelle sich vor, die BürgerInnen eines Landes würden sich jedes Jahr auf's Neue über die Kälte des Winters und die Hitze des Sommers beschweren. Politiker aller Parteien würden dann in einem Wahljahr (und Wahlen gibt es ja dauernd) Steuervergünstigungen auf Klimaanlagen fordern, um die BürgerInnen zu entlasten. Andere würden auf mehr Transparenz drängen und die konkurrierenden Jahreszeiten dazu zwingen, auf größere Temperaturschwankungen am selbigen Tage zu verzichten.

Nun könnte man den BürgerInnen auch sagen, dass sie, wenn ihnen das Wetter nicht passt, irgendwohin ziehen sollen, wo es besser ist. Es gibt äquatoriale Länder, in denen die Jahreszeiten schlicht nicht stattfinden. Die Chance einer Verbesserung ist somit wenigstens gegeben. Jeder (vernünftige) Mensch wird wohl annehmen können, dass die Politik das Wetter nicht beeinflussen kann - wenn überhaupt, dann nur langfristig. Kluge Politiker würden sagen: Das Wetter ist da! Macht was draus!

Wenn nun Winter oder Sommer für den Kapitalismus stünde und das Wetter für Benzin, wie verhielte sich die Sache dann? Der Kapitalismus weiß, dass die BürgerInnen der Bunzreplik Schland in den Ferien gerne in den Urlaub fahren. Und zwar mit dem Auto. Dumm isser ja nich, der Kapitalismus, und nutzt deshalb die steigende Nachfrage (z. B. vor den Osterferien) nach dem begehrten Kraftstoff für eine saftige Preiserhöhung. Dieser Preis bleibt freilich bis zu den Sommerferien - da wird er abermals erhöht, weil er weiß: Der Bürger fährt gerne in den Ferien in den Urlaub. Und zwar: mit dem Auto!

Über dieses Naturgesetz jammert dann der Autofahrer, der außerhalb der Ferienzeiten gerne zur Arbeit fährt. Und zwar: mit dem Auto. Und die Politik fordert (in einem Wahljahr), dass die Preise der Mineralölkonzerne im Sinne der Transparenz feststehen soll und am Tage nicht verändert werden darf, damit der arme Konsument nicht zusätzlich zum Arbeitsalltag unnütz verwirrt wird und ggf. zu viel zahlen muss, wenn er vergessen hat, am Vormittag zu tanken und dies nun am Nachmittag nachholen muss. Da lacht dann der Kapitalismus und sagt: Ätsch! Wenn Ihr Sprit braucht, dann liefere ich ihn. Und zwar zu dem Preis, den ich Euch diktiere. Danke übrigens, liebe Politik, für die äußerst liberale Marktwirtschaft. Ich freu mich jedenfalls riesig, dass es mich gibt!

Da bleibt der Politik nur noch übrig, denen, die viel Auto haben und auch viel Weg damit zurücklegen müssen, weil ihr Eigentum oder ihre Mietwohnung so schön weit weg von der Arbeit liegt, dass man geradezu auf ein Auto angewiesen ist, einen Vorschlag zu machen, den sie nicht ablehnen können: Dann erhöhen wir halt die Pendlerpauschale! Denn der dauernd arbeitende und daher dauernd pendelnde Bürger muss vor der rücksichtslosen Preistreiberei der Mineralölkonzerne geschützt werden.

Blöd ist halt, dass auch der nicht Auto fahrende Bürger von den Preissteigerungen betroffen ist. Doch kein Politiker kümmert sich darum, dass die Bahnpreise ebenfalls völlig naturgesetzmäßig jedes Jahr erhöht werden, nur mal so unbemerkt und ganz nebenbei. Der pendelnde Bürger merkt's jedenfalls nicht. Er fährt ja an sich gerne zur Arbeit. Am liebsten halt mit dem Auto, so ist das halt mal. Bahnfahren ist ja auch so unbequem und dauert möglicherweise auch länger. Außerdem ist man da ja auch so unflexibel, zeitmäßig betrachtet. Und darauf hört wiederum die Politik. Denn wer Bahn fährt, der unterstützt ja nicht die maroden und völlig unnützen Automobilkonzerne. Höchstens die Umwelt. Hach, wie banal!

Ja, wir scheißen auf die Umwelt, wenn deren Schutz uns irgendwelche Umstände macht! Blöde Umwelt, das hast Du's! Weg mit dem unnützen Kroppzeug, nieder mit den Bäumen an den Alleen. Die sind ohnehin gefährlich, besonders nach der Disco. Die Klimaziele sind uns völlig egal, solange jeder Bürger das Menschenrecht auf ein eigenes KFZ hat. Jawoll, ein's auf's Maul! Moment mal? Es gibt gar kein Menschenrecht auf den Besitz und das Führen eines KFZ? Aber es gibt sehr wohl die staatliche Verpflichtung, eine funktionierende Infrastruktur zu schaffen? Also sowas wie ein klug ausgebautes Streckennetz für Bus und Bahn? Für Pendler wie für Urlauber?

Warum sagt die Politik seinen BürgerInnen dann nicht: Wenn Euch das Auto fahren zu teuer wird, dann lasst es doch. Dann steigt doch um auf die Bahn. Im Gegenzug dazu erhöhen wir die Pendlerpauschale für Bahnfahrer und bauen das Streckennetz weiter aus. Fahrt doch auch mal einfach WENIGER Auto. Radelt doch zum Zigarettenautomaten oder ins Fitnessstudio. Ich weiß, klingt pervers. Doch das ist gesund und hält Euch fit. Im Schwimmbad fahrt Ihr doch auch nicht mit dem Motorboot herum! Oder etwas doch? 

Nein, stattdessen legt die Politik Bahnstrecken lahm, weil die Pendler viel lieber Auto fahren und das Bahnnetz deshalb nicht voll ausgelastet ist. Straßen werden erweitert und unsinnige Großprojekte wie zusätzliche Autobahnstrecken gefördert. Und hernach jammern die selben Deppen immer und immer wieder über steigende Benzinpreise. Weniger gefahren wird trotzdem nicht. Selbst da nicht, wo man ohne weiteres einmal verzichten könnte. Doch solange es sich die Leute noch leisten können, ihr KFZ stundenlang im Leerlauf vorm Haus vor sich hinbrummen zu lassen, statt den Zündschlüssel einmal zu viel herumzudrehen, kann's so schlimm nicht sein. Das wissen vielleicht sogar Politiker. Aber Wahlen sind halt immer irgendwo, nicht wahr?

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